European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120845
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 914,40 EUR bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin 152,40 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Klägerin macht, soweit im Rekursverfahren relevant, den Schenkungspflichtteil wegen Übergabe einer bäuerlichen Liegenschaft geltend (§ 785 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015). Bei der Liegenschaft handelte es sich um einen Erbhof im Sinn des Kärntner Erbhöfegesetzes. Die Bewertung ist daher analog § 12 Abs 1 KrntErbhöfeG „nach billigem Ermessen“ so vorzunehmen, dass der Übernehmer am Hof „wohl bestehen“ kann (RIS-Justiz RS0012934).
Das Berufungsgericht hob die Entscheidung des Erstgerichts zur (neuerlichen) Ermittlung des Übernahmewerts auf. Den Rekurs ließ es mit der Begründung zu, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, wie der Übernahmewert nach dem Kärntner Erbhöfegesetz tatsächlich zu ermitteln sei, insbesondere ob im Fall eines krassen Missverhältnisses zwischen Ertrags- und Verkehrswert – wie nach der Rechtsprechung zum Tiroler Höfegesetz – ein Mittelwert anzusetzen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs der Klägerin ist nicht zulässig.
1. Zwar hat sich der im Anerben- und Höferecht maßgebende Übernahmewert grundsätzlich am Ertrag des Hofes zu orientieren (2 Ob 151/16v mwN). Der Verkehrswert darf aber nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn Ertragswert und Verkehrswert weit auseinanderklaffen (RIS-Justiz RS0063847 [T4]; zuletzt etwa 2 Ob 220/16s mwN). Diese Rechtsprechung hat sich zwar zum Tiroler Höfegesetz herausgebildet, sie gilt aber in gleicher Weise für das auf denselben Wertungen beruhende Kärntner Erbhöfegesetz. Anders als vom Berufungsgericht bei der Zulassung des Rekurses angenommen hat das der Oberste Gerichtshof bereits ausdrücklich ausgesprochen (6 Ob 121/12f = RIS‑Justiz RS0063847 [T11]).
2. Die Ermittlung des Übernahmewerts ist eine vom Einzelfall abhängige Ermessensentscheidung (2 Ob 129/16h mwN). Das gilt auch für die Frage, ob und wieweit dabei der Verkehrswert zu berücksichtigen ist (6 Ob 109/11i; 6 Ob 156/13d; 2 Ob 220/16s). Die Ausübung des Ermessens obliegt – auf der Grundlage des einzuholenden Bewertungsgutachtens – den Vorinstanzen; der Oberste Gerichtshof kann insofern nur bei einem Überschreiten des Ermessensspielraums angerufen werden (2 Ob 220/16s). Ein solcher Fall liegt hier schon deswegen nicht vor, weil das Berufungsgericht dem Erstgericht in diesem Punkt keine bindenden Vorgaben gemacht hat. Der Rekurs der Klägerin ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
3. Zur Klarstellung ist die (an sich zutreffende) Begründung des Berufungsgerichts dahin zusammenzufassen, dass für die Ermittlung des Schenkungspflichtteils zunächst die Schenkungsquote zu ermitteln ist (2 Ob 96/16f mwN). Dafür ist der Übernahmewert im Übergabezeitpunkt den nach versicherungsmathematischen Grundsätzen für denselben Zeitpunkt zu bewertenden Gegenleistungen (Ausgedinge) gegenüberzustellen, wobei für Letztere auf das für den Unvergleichsfall vereinbarte monatliche Geldäquivalent abzustellen ist. Für die Bemessung des Schenkungspflichtteils ist dann – im Ausmaß der Schenkungsquote – der Übernahmewert im Zeitpunkt des Erbanfalls maßgebend, wobei es aber nach allgemeinen Grundsätzen auf den Zustand des Hofes im Zeitpunkt der Übergabe ankommt und auf den Empfänger zurückgehende Wertsteigerungen unberücksichtigt bleiben (6 Ob 108/97v; 7 Ob 248/11p; 8 Ob 55/13s). Die davon abweichende Regelung in § 788 ABGB idF des ErbRÄG 2015 ist hier zufolge § 1503 Abs 7 Z 2 ABGB noch nicht anwendbar. Die der Klägerin gemachten Schenkungen sind nach § 787 Abs 2 ABGB aF auf den Schenkungspflichtteil anzurechnen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Wird ein nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO erhobener Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen, so sind die Kosten nicht nach § 52 ZPO vorzubehalten; es findet vielmehr ein Kostenersatz statt, wenn der Rechtsmittelgegner – wie hier der Beklagte – auf die fehlende Zulässigkeit hingewiesen hat (RIS-Justiz RS0123222).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)