OGH 8Ob141/17v

OGH8Ob141/17v20.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Tarmann‑Prentner, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Mag. Korn und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Martina Hackl, Rechtsanwältin in Mödling, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr. Werner Neuner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 6.348,97 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 3.938,46 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 4. September 2017, GZ 19 R 30/17y‑48, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00141.17V.1220.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gelten die wertmäßigen Revisionsbeschränkungen des § 502 Abs 2 und Abs 3 nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird. Zweck der Sonderregelung ist es, die in Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 5 JN gefällten Entscheidungen in Fällen, in denen der Verlust des Bestandobjekts droht, unabhängig von Bewertungsfragen revisibel zu machen (RIS‑Justiz RS0120190).

Die Entscheidung über ein Mietzinszahlungsbegehren kann durch die Erlassung eines Teilurteils nicht einer Anfechtung in dritter Instanz entzogen werden, wenn im gleichen Verfahren noch über die Rechtswirksamkeit einer gerichtlichen Kündigung oder Räumung zu erkennen ist (vgl RIS‑Justiz RS0042977).

Dem Beklagten ist daher insoweit zuzustimmen, als – wovon das Berufungsgericht ohnehin auch ausgegangen ist – die Revision unabhängig vom Streitwert nicht jedenfalls unzulässig ist. Er übersieht aber, dass die Zulässigkeit der Revision zusätzlich vom Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängig ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Da das Berufungsgericht die Ansicht vertreten hat, dass eine solche Rechtsfrage im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen ist, hat es die ordentliche Revision nicht zugelassen (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO). Dem Beklagten steht daher nur die Möglichkeit der Erhebung einer außerordentlichen Revision (§ 505 Abs 4 ZPO) zu. Das Rechtsmittel ist daher– unabhängig von der Bezeichnung „ordentliche Revision in eventu außerordentliche Revision“ – als außerordentliche Revision zu behandeln.

2. Auch das Berufungsgericht kann Prozessvorbringen wegen Verschleppungsabsicht als unstatthaft erklären (4 Ob 163/98v ua). Hat das Erstgericht eine verfahrensrechtliche Entscheidung gemäß § 179 ZPO nicht getroffen und von der beantragten Beweisaufnahme aus materiell-rechtlichen Gründen Abstand genommen, die zweite Instanz aber das neue Vorbringen gemäß § 179 ZPO für unstatthaft erklärt, so kann diese Entscheidung des Berufungsgerichts in dritter Instanz zwar überprüft werden (RIS‑Justiz RS0036739). Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 179 Abs 1 ZPO im konkreten Fall erfüllt sind, hat aber regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (4 Ob 163/98v ua). In der Revision wendet sich der Beklagte aber ohnehin nur gegen die Zulässigkeit einer Zurückweisung durch das Berufungsgericht. Eine inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung wird dagegen nicht geltend gemacht.

3. Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsacheninstanz. Die Frage, auf welcher Beweisgrundlage Feststellungen getroffen wurden, betrifft den vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Tatsachenbereich (vgl RIS‑Justiz RS0108449 ua).

4. Nach § 266 Abs 1 ZPO bedürfen ausdrücklich zugestandene Tatsachen keines Beweises. Dass solche Tatsachen der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden, kann für eine anwaltlich vertretene Partei nicht überraschend im Sinn des § 182a ZPO sein. Soweit der Beklagte davon ausgeht, dass die Vorinstanzen der Außerstreitstellung einen zu weit gehenden Inhalt beigemessen hätten und dies hätte erörtert werden müssen, legt er nicht dar, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RIS‑Justiz RS00120056 [T12]). Insoweit ist die Verfahrensrüge in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt.

5. Nach den Feststellungen erfolgten Rückzahlungen durch die Klägerin an den Beklagten entgegen der Revision gewidmet. Soweit damit Forderungen des Beklagten getilgt wurden, wurden sie vom Erstgericht richtig berücksichtigt. Inwieweit die darüber hinaus rückgezahlten Beträge zu einer Tilgung der eingeklagten Forderungen hätten herangezogen werden müssen, wird in der Revision nicht konkretisiert. Ebenso wenig lässt sich entnehmen, welche gewidmeten oder ungewidmeten Zahlungen von den Vorinstanzen unrichtig bzw nicht berücksichtigt wurden.

6. Die Revision ist daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht.

7. Wird die außerordentliche Revision vor einer Zulassungsmitteilung im Sinn des § 508a Abs 2 ZPO beantwortet, die Revision dann aber als unzulässig zurückgewiesen, so sind die Kosten der Revisionsbeantwortung nicht zuzuerkennen (RIS‑Justiz RS0043690 [T7]). Die Klägerin hat daher die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Stichworte