OGH 15Os3/17f

OGH15Os3/17f24.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Melounek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ali A***** wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 15. September 2016, GZ 23 Hv 56/16s‑61, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00003.17F.0524.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der irakische Staatsangehörige Ali A***** des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er sich zumindest seit (US 9: Sommer) 2014 bis zumindest Frühling 2015 in Tikrit (Irak) und andernorts (§ 64 Abs 1 Z 9 lit b StGB) als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung in dem Wissen beteiligt, dass er dadurch die Vereinigung oder deren strafbare Handlungen fördert (§ 278 Abs 3 StGB), indem er sich der Miliz Asa'ib Ahl al‑Haqq anschloss und für diese mehrfach, darunter jedenfalls auch im Frühjahr 2015 im Zusammenhang mit Kämpfen in und nahe Tikrit zumindest Versorgungslieferungen unternahm und solcherart verschiedenste Güter für die genannte Miliz lieferte.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Anregung der Generalprokuratur, das Urteil aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde von Amts wegen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) ohne Eingehen auf das Rechtsmittel wegen des Fehlens von Feststellungen zur Beurteilung der Frage inländischer Gerichtsbarkeit aufzuheben (vgl Salimi in WK 2 StGB § 64 Rz 113 und 67; in diesem Sinn auch, bislang allerdings vereinzelt geblieben 11 Os 137/16f), war – so gleich vorweg – nicht aufzugreifen:

Zufolge § 64 Abs 1 Z 9 StGB gelten die österreichischen Strafgesetze unabhängig von den Strafgesetzen des Tatorts ua für im Ausland begangene Taten nach § 278b StGB (terroristische Vereinigung), wenn bestimmte Anknüpfungspunkte im Sinn der lit a bis f erfüllt sind. Während lit a und lit f dieser Bestimmung explizit auf einen In- bzw Ausländerstatus zur Zeit der Tat abstellen, verlangt deren lit b bloß, dass „der Täter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat“. Für die von der Generalprokuratur vertretene einschränkende Auslegung des klaren und hinsichtlich der einzelnen Fälle der Z 9 differenzierenden Wortlauts dahin, dass sich auch in lit b das jeweilige Anknüpfungskriterium (Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland) auf den Tatzeitpunkt beziehen soll, bieten weder der erkennbare Gesetzeszweck noch die Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1166 BlgNR 21. GP  21 f) hinreichende Anhaltspunkte.

Vor dem Hintergrund des internationalen Kampfes der liberal-demokratischen Gesellschaften gegen Terrorismus und Extremismus mittels präventiver und repressiver (darunter auch kriminalstrafrechtlicher) Maßnahmen zum Schutz der Demokratie, der freien Ausübung der Menschenrechte und der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung (vgl etwa die einleitenden Erwägungen des Rates der Europäischen Union zum Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung; ABl L 2002/164, 3) ist ein spezifisch österreichisches Interesse an der Ahndung von derartigen Auslandstaten (unabhängig von den Gesetzen des Tatorts) gerade auch solcher Personen auszumachen, die sich aktuell (i.e. zumindest im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens) auf österreichischem Staatsgebiet niedergelassen haben. Denn mit der Begründung eines Wohnsitzes oder eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland ist stets auch die Absicht verbunden, einen bleibenden Aufenthalt in Österreich zu nehmen oder beständige und dauerhafte Beziehungen in Österreich zu knüpfen (vgl § 1 Abs 6 und 8 MeldeG; § 66 JN; vgl auch RIS-Justiz RS0109116). Damit ähnelt das – von Zwecken der General- und Spezialprävention sowie dem Schutz des öffentlichen Friedens und der inneren Sicherheit mitgetragene – Strafverfolgungsinteresse des Staates Österreich in Fällen der lit b jenem des zweiten Falls der lit a, wenn der Täter zwar zur Tatzeit noch nicht Österreicher war, die österreichische Staatsbürgerschaft aber später erworben hat und zur Zeit der Einleitung des Verfahrens noch besitzt. Hinsichtlich in Österreich betretener (sonst „aufhältiger“) Personen, die weder zur Tatzeit noch aktuell österreichische Staatsbürger waren oder sind (lit a) und auch keinen (aktuellen) Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben (lit b), reicht es mangels Berührung (aktueller) spezifisch österreichischer Interessen hingegen aus, den Täter aufgrund des Weltstrafrechtsprinzips bloß dann zu verfolgen, wenn er nicht ausgeliefert werden kann (lit f).

Nach den Urteilsannahmen lebte der Angeklagte im Tatzeitraum im Ausland, hält sich aber nunmehr als Asylwerber in Österreich auf (US 1, 2, 9, 13). Zu Recht ist das Erstgericht (US 1) daher aufgrund des zuletzt genannten Umstands – wie schon die Anklagebehörde (ON 31 S 1, 11) und das Oberlandesgericht Innsbruck in seiner Entscheidung über den Anklageeinspruch (AZ 11 Bs 206/16f; ON 41 S 11 f) – vom Vorliegen inländischer Gerichtsbarkeit nach § 64 Abs 1 Z 9 lit b StGB zufolge gewöhnlichen Aufenthalts in Österreich ausgegangen.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) bekämpft die Urteilsannahmen, wonach es sich bei den im Irak kämpfenden Volksmobilisierungseinheiten (al-Hashd ash-Sha'bi) und insbesondere der Gruppierung Asa'ib Ahl al‑Haqq (Liga der Rechtschaffenen; im Folgenden AAH) gerade nicht um „staatliche Institutionen“ oder „staatliche irakische Gruppierungen“ handelt (US 3 ff, 10 ff), nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung als „völlig unzureichend“ begründet, indem sie unter eigenständiger Bewertung von Zeugenaussagen aus dem Umfeld der irakischen Botschaft (Zeugen Al ***** und Dr. J*****) sowie von – im Übrigen prozessordnungswidrig nicht durch entsprechende Fundstellen in den Akten bezeichneten (RIS-Justiz RS0124172) – Urkunden die Überzeugungskraft des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Guido St***** in Frage stellt (RIS‑Justiz RS0097433, RS0097733 [T4]). Der Vorwurf, dieses Gutachten enthalte bloß „substanzlose Unterstellungen“ ohne Quellenangaben, orientiert sich mit Blick auf in Fußnoten ausgewiesene Belegstellen (ON 16) und mündliche Erläuterungen des Sachverständigen zu seinen Quellen (ON 60 S 18, 20 ff) auch nicht am Akteninhalt.

Mit sich in Widerspruch (Z 5 dritter Fall) ist ein Urteil, wenn das Gericht entscheidende Tatsachen als nebeneinander bestehend feststellt, die einander nach den Kriterien logischen Denkens ausschließen oder nicht nebeneinander bestehen können (RIS-Justiz RS0117402). Eine solche Divergenz ist zwischen den Annahmen, die sogenannten Volksmobilisierungseinheiten (ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen von etwa 40 bis 70 fast ausschließlich schiitischen Milizen mit meist islamistischer Ausrichtung) würden zwar „formal und faktisch“ dem irakischen Innenministerium unterstehen, bei diesen handle es sich aufgrund des tatsächlich geringen Einflusses der irakischen Regierung auf die wichtigsten Teilgruppierungen wie die AAH, die ihrerseits so stark von den iranischen Revolutionsgarden abhängen, dass sie zum Instrument des Nachbarstaates (Iran) geworden sind, jedoch um keine staatlichen irakischen Institutionen (US 3 ff, 10 f), gerade nicht gegeben.

Dass die Tatrichter aus den Beweisergebnissen nicht die vom Angeklagten gewünschten Schlüsse in Bezug auf entscheidende Tatsachen (für den hier allein relevanten Zeitraum von Sommer 2014 bis Frühjahr 2015) gezogen haben, begründet keine Nichtigkeit iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO (RIS-Justiz RS0098471).

Soweit der Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge auf Basis seiner Prämisse, bei der Miliz AAH handle es sich um eine staatliche irakische Behörde oder Einrichtung, die (rechtliche) Einstufung derselben als terroristische Vereinigung iSd § 278b StGB in Frage stellt (der Sache nach Z 9 lit a), vernachlässigt er die gegenteiligen Urteilsfeststellungen (US 4 f, 8) zum nichtstaatlichen Charakter der Miliz im hier relevanten Tatzeitraum (RIS‑Justiz RS0099810; in diesem Sinn bereits 11 Os 137/16f mwN).

Weiters übergeht er die Annahmen, wonach sich die ab 2006 mit Anschlägen gegen die amerikanische Besatzung kämpfende Miliz AAH seit 2014 zwar an den meisten größeren militärischen Aktionen der irakischen Sicherheitskräfte gegen die sunnitische Terrororganisation „Islamischer Staat im Irak und Syrien“ (ISIS, IS oder Daesh) beteiligt hat, die vom gemeinsamen Ziel getragen waren, „Land, Volk und Heilige Stätten des Irak zu schützen“ und den IS zu bekämpfen, nach diesen zur Rückeroberung von besetzten Gebieten getätigten Kampfhandlungen mit dem IS allerdings aus kriminellen und religiös-politischen Motiven vor allem in Amerli und Tikrit die lokale sunnitische Zivilbevölkerung durch Hinrichtungen, Morde, schwere Körperverletzungen, Entführungen, Lösegeldforderungen, schwere Sachbeschädigungen und Brandstiftungen sowie systematische Plünderung und Zerstörung von Häusern zu terrorisieren und zur Aufgabe oder Flucht zu zwingen trachtete, um gemischt-konfessionelle Gebiete religiös „zu säubern“ (US 3, 6–9). Weshalb solche von der Absicht (auch des Angeklagten, US 7 ff), die sunnitische Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, getragene Handlungen nicht geeignet sein sollen, eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens (im Irak) herbeizuführen, oder etwa gar auf die Herstellung oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet gewesen sein sollen (§ 278c Abs 1 und 3 iVm § 278b Abs 3 StGB), lässt die Beschwerde offen.

Die allfällige Tötung von IS-Kämpfern im Zuge von Kampfhandlungen zwischen staatlichen Streitkräften sowie auf deren Seiten gegen den IS kämpfenden Milizen und dem IS ist nicht Gegenstand des Verfahrens gegen den Angeklagten, sodass die darauf bezogenen Einwände dahinstehen können. Im Übrigen ist ein Wesensmerkmal von „Kriegsverbrechen“ (§§ 321a ff StGB), dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Tathandlung und den Zielen der Kampfführung einer Partei eines bewaffneten Konflikts bzw einer Besatzungsmacht besteht (vgl ErläutRV 348 BlgNR 25. GP  7). Weshalb erst nach der Befreiung von zuvor vom IS besetzten Gebieten erfolgte Angriffe der Miliz AAH auf die dort ansässige sunnitische Zivilbevölkerung in einem Zusammenhang mit dem erklärten gemeinsamen Ziel (von Regierungstruppen und Volksmobilisierungseinheiten) der Bekämpfung der Terrororganisation IS stehen sollten, erhellt auch die Beschwerde nicht (RIS-Justiz RS0116565).

Der Nichtigkeitsbeschwerde beigeschlossene Unterlagen, die den Beschwerdestandpunkt stützen sollen, bei den Volksmobilisierungseinheiten und der AAH habe es sich im entscheidungsrelevanten Zeitraum (Sommer 2014 bis Frühling 2015) tatsächlich um (staatliche) irakische Streitkräfte gehandelt, haben aufgrund des Neuerungsverbots im Nichtigkeitsverfahren auf sich zu beruhen (RIS-Justiz RS0099708, RS0098978).

Dem Vorwurf unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall, bloß nominell auch Z 5 zweiter Fall) zuwider ist die Ableitung der Annahmen zu terroristisch ausgerichteten Aktionen (auch) der Miliz AAH gegen die sunnitische Zivilbevölkerung nach Abschluss der „regulären“ Kämpfe mit dem IS aus dem – insoweit auf Berichten von Menschenrechtsorganisationen, wissenschaftlichen Arbeiten und Gesprächen mit betroffenen Personen beruhenden – Gutachten Dris. St***** (US 12 iVm ON 16 S 18 f und ON 60 S 18 ff, 20 ff) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden. Die in diesem Zusammenhang in der Beschwerde angestellten Beweiswerterwägungen erschöpfen sich in einer Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung.

Ebensowenig erweisen sich die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 9 f) als mangelhaft (Z 5 vierter Fall). Die Tatrichter stützten diese (insbesondere auch das Wissen des Angeklagten um die terroristische Ausrichtung der Miliz zum Zeitpunkt seiner Versorgungsleistungen im Frühjahr 2015) auf eine vernetzte Betrachtung von mehreren Umständen. Dies unter Beleuchtung von Angaben des Angeklagten und Aussagen von Zeugen in Zusammenschau mit beim Angeklagten gefundenen Fotos und von diesem eingestellten Postings, aus welchen sich für das Gericht eine Mitgliedschaft bei der Miliz AAH und eine Förderung derselben durch Versorgungslieferungen insbesondere im Frühjahr 2015 bei Tikrit ergab (US 9, 13 ff). Im Hinblick auf die erklärte Bewunderung des Angeklagten für den auf Terrorlisten aufscheinenden Qasem S*****, die zugestandene und auch durch Fotos belegte Anwesenheit bei Tikrit im Frühjahr 2015, die zugestandene Kenntnis vom Tötungsbefehl des Anführers der Miliz AAH, Qais al-Kh*****, und dessen Ankündigung von Rache bereits vor der Rückeroberung von Tikrit, aber auch mit Blick auf die durch Zeugen und Facebook-Einträge sowie Postings belegte radikale Einstellung des Angeklagten erachteten sie seine (auch) die subjektive Tatseite leugnende Verantwortung für nicht stichhältig (US 15 f).

Angesichts des Gebots zur gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) waren die Tatrichter in diesem Zusammenhang nicht verhalten, sich mit allen Details der Verantwortung des Angeklagten auseinanderzusetzen (RIS-Justiz RS0098541, RS0106642). Abermals unternimmt die Beschwerde mit eigenständigen Beweiswerterwägungen bloß einen unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.

Auch die Feststellungen, wonach der Angeklagte die Miliz AAH und deren strafbare Handlungen (als deren Mitglied) förderte, indem er insbesondere im Frühjahr 2015 im Zusammenhang mit den Kämpfen in und nahe Tikrit Versorgungslieferungen für diese unternahm (US 9), sind nicht unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall; vgl abermals die bereits dargestellte Begründung US 13 ff). Ob eine terroristische Vereinigung neben ihrer vereinigungsspezifischen Zweckausrichtung auch noch andere (allenfalls legale) Ziele (hier: Bekämpfung des IS; US 3, 9) verfolgt, ist für eine allfällige Strafbarkeit nach § 278b Abs 2 StGB im Übrigen nicht von Bedeutung (vgl Plöchl , WK 2 StGB § 278b Rz 7; Wessely , Zu den neuen Terrorismustatbeständen im StGB, ÖJZ 2004, 827 ff [Pkt D.3]).

Da die Depositionen der Zeugen At*****, H***** und Sw***** (ON 30, 32, 33 in ON 2) zu Angaben des Angeklagten in Bezug auf dessen Zugehörigkeit zu den sogenannten Volksmobilisierungseinheiten (al-Hashd ash-Sha'bi), denen (unter anderen) auch die Miliz AAH angehört (US 3, 5), ohnehin erörtert wurden (US 13), geht auch der insoweit erhobene Vorwurf unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) ins Leere. Dass die Tatrichter aus den von der Beschwerde angesprochenen Beweisergebnissen nicht die vom Rechtsmittelwerber gewünschten Schlussfolgerungen gezogen haben, ist als Akt freier Beweiswürdigung mit Mängelrüge nicht bekämpfbar (RIS-Justiz RS0098400).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet unter Berufung auf eine Stelle im Schrifttum ( Plöchl in WK 2 StGB, Vorbem §§ 274 ff Rz 4, 8) einen Rechtsfehler mangels Feststellungen zufolge Fehlens von Urteilsannahmen in Bezug auf eine durch die Beteiligung an der Miliz AAH im Irak allenfalls bewirkte Bedrohung des Gemeinschaftsfriedens gerade in Österreich.

Damit leitet er aber nicht aus dem Gesetz ab (RIS-Justiz RS0118416, RS0118429), weshalb eine derartige – implizite – Einschränkung der Strafbarkeit der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) vorgesehen sein sollte, obwohl die genannte Bestimmung vor dem Hintergrund verstärkter internationaler Bestrebungen zur Bekämpfung des Terrorismus eingeführt wurde und gleichzeitig mit § 64 Abs 1 Z 9 StGB ein Regime geschaffen wurde, solche Straftaten unter näher bezeichneten Voraussetzungen unabhängig von den Gesetzen des Tatorts auch in Österreich zu ahnden (vgl Kienapfel/Schmoller , StudB BT III 2 Vor §§ 274 ff Rz 18 ff).

Im Übrigen sprechen auch weder die Materialien (ErläutRV 1166 BlgNR 21. GP  21 f, 37 ff) noch der Gesetzeskontext für eine solche Auslegung, zumal in der Definition einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs 3 StGB) auf die Ausrichtung zur Begehung ua von terroristischen Straftaten (§ 278c StGB) Bezug genommen wird. Solche wiederum sind ua dadurch gekennzeichnet, dass sie geeignet sind, auch die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen „eines Staates oder einer internationalen Organisation“ ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören, womit der Gesetzgeber klar zum Ausdruck brachte, dass es ihm gerade nicht bloß um den Schutz des Gemeinschaftsfriedens in Österreich ging. Diese Wertung ergibt sich weiters aus § 278c Abs 3 StGB, wonach eine Tat dann nicht als terroristische Straftat gilt, wenn sie auf die Herstellung oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet ist. Bei der Normierung dieser Negativdefinition ging es dem Gesetzgeber nämlich insbesondere um Tathandlungen, die „in nicht demokratischen Gesellschaften außerhalb der Europäischen Union begangen werden und gegebenenfalls in Österreich abzuurteilen sind“ (ErläutRV 1166 BlgNR 21. GP 21 f, 39).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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