OGH 3Ob66/17b

OGH3Ob66/17b10.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen A*****, geboren am ***** 2008, *****, vertreten durch die Mutter R*****, diese vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in Feldkirch, Vater A*****, vertreten durch MMMag. Dr. Franz Josef Giesinger Rechtsanwalt GmbH in Götzis, wegen Kontaktrechts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 21. Februar 2017, GZ 3 R 47/17k‑49, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00066.17B.0510.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Für die Regelung des Kontaktrechts ist allein das Wohl des Kindes ausschlaggebend (RIS‑Justiz

RS0047958). Die Aufrechterhaltung des Kontakts zu beiden Elternteilen ist grundsätzlich für eine gedeihliche Entwicklung des Kindes erforderlich und liegt daher im wohlverstandenen Interesse des Kindes (RIS‑Justiz

RS0048072). Eine Unterbindung der persönlichen Kontakte ist nur in Ausnahmefällen und nur aus besonders schwerwiegenden Gründen zulässig, etwa wenn die Ausübung des Rechts das Wohl des Kindes gefährdet (RIS‑Justiz RS0047754).

1.2. Die Ablehnung der von der Mutter beantragten Aussetzung des Kontaktrechts des Vaters durch die Vorinstanzen stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar. Mit ihrem Hinweis auf den vom Minderjährigen mehrfach geäußerten Wunsch, keinen Kontakt mehr zum Vater zu haben, übergeht die Mutter die Feststellungen, wonach das Kind auf diese Weise versucht, dem Loyalitätskonflikt, dem es aufgrund des hohen elterlichen Konfliktniveaus ausgesetzt ist, zu entgehen.

2.1.

 Das Gericht hat auf Antrag oder von Amts wegen auch im Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung des Rechts auf persönlichen Kontakt angemessene Zwangsmittel nach § 79 Abs 2 AußStrG anzuordnen (§ 110 Abs 2 AußStrG).

Beschwerdegegenstand bei Geldstrafen ist nicht die Strafe als Geldwert des Strafbetrags, sondern die Bestrafung als solche (RIS‑Justiz

RS0038625). Damit handelt es sich bei einer Geldstrafe um einen Gegenstand, der iSd § 62 Abs 3 und 4 AußStrG nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist. Der Revisionsrekurs ist daher wertunabhängig grundsätzlich nach Maßgabe des § 62 Abs 1 AußStrG zu behandeln (RIS‑Justiz

RS0038625 [T2]; jüngst 3 Ob 122/16m).

2.2. Der mit einem Kontaktrechtstitel Belastete muss über die Abstandnahme von einer negativen Beeinflussung des Kindes hinaus alles ihm zumutbare unternehmen, um in aktiver Weise dem daraus Berechtigten den persönlichen Verkehr mit dem Kind selbst gegen dessen Willen zu ermöglichen (RIS‑Justiz

RS0007336). In der Regel kommt der Frage, ob im Einzelfall eine Zwangsmaßnahme zu verhängen ist, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS‑Justiz

RS0008614 [T4]).

2.3. Die Verhängung einer Beugestrafe von 250 EUR über die Mutter, die die Ausübung des Kontaktrechts des Vaters an mehr als zehn aufeinanderfolgenden Terminen (laut dem von den Eltern geschlossenen gerichtlichen Vergleich) vereitelt hat, indem sie der – durch ihr eigenes Verhalten hervorgerufenen – Weigerung des Minderjährigen, seinen Vater zu besuchen, nachgab, ist nicht zu beanstanden. Die Verhängung dieser Strafe wird auch nicht dadurch unverhältnismäßig, dass der Mutter zusätzlich aufgetragen wurde, drei Sitzungen einer Erziehungs- bzw Elternberatung zu besuchen; ist doch deren Ziel (ebenso wie jenes der Beugestrafe), die Mutter zur Reflexion zu bewegen, dass die vom Minderjährigen geäußerte Ablehnung des Kontakts mit dem Vater nicht mit dem Kindeswillen und dem Kindeswohl korrespondiert.

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