European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00122.16M.0922.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.
Begründung:
Der Minderjährige wurde am ***** 2008 außerehelich geboren und wird seit seiner Geburt im Haushalt der Mutter betreut. Seine Eltern beendeten ihre Beziehung bereits in der Schwangerschaft.
Im Pflegschaftsverfahren traten (und treten) insbesondere Probleme bei der Ausübung des Kontaktrechts des Vaters in Bezug auf die Modalitäten und das Ausmaß, aber auch hinsichtlich der Dauer und Gestaltung des Ferienkontaktrechts auf.
Über Anregung des Erstgerichts gaben die Eltern am 21. 3. 2012 bekannt, eine Mediation in Anspruch nehmen zu wollen.
Die Familiengerichtshilfe legte bereits in einem Clearingbericht vom 11. 9. 2012 dar, dass beide Eltern zwar einer Mediation eher skeptisch gegenüberstünden, grundsätzlich aber dazu bereit seien. Die Mutter spreche sich für eine Steigerung der Besuchsfrequenz des Vaters aus, was im Übrigen auch der Vater dringend fordere. Im Gespräch mit der Sachbearbeiterin der Familiengerichtshilfe äußerte der Vater allerdings, eine außergerichtliche Streitbeilegung setze für ihn voraus, dass die Mutter Mediation ohne äußeren Zwang in Anspruch nehme und es nicht zu lange dauere. Da er nicht wisse, was dabei (Mediation) herauskomme, stelle er einen Obsorgeantrag.
Am 12. 3. 2013 teilte der Vater mit, dass die von den Eltern in Anspruch genommene Mediation gescheitert sei. Er stellte einen Antrag auf Obsorge beider Eltern.
Das eingeholte kinderpsychologische Sachverständigengutachten von März 2014 gelangt zu folgendem Ergebnis: Beide Eltern sind grundsätzlich erziehungsfähig; der Minderjährige ist die vorrangige Betreuung durch seine Mutter und die mütterliche Großmutter gewöhnt, aber auch mit dem Vater besteht Alltagserfahrung; die Kindesmutter verfügt über eine gute Bindungstoleranz; der Minderjährige selbst ist noch nicht in der Lage, zielorientierte Willensäußerungen zur Gesamtproblematik abzugeben, genießt aber die Kontakte zu beiden Elternteilen und ist an beide Elternteile gut gebunden; die Obsorge beider Eltern entspricht grundsätzlich den Bedürfnissen des Minderjährigen nach engen Kontakten zu beiden Elternteilen; problematisch ist allerdings, dass die Eltern wenig Strategien haben, strittige Fragen selbst zu lösen, dass also immer das Gericht gefordert ist, Konflikte in Detailfragen zu klären; auf der Erwachsenenebene scheint eine Obsorge beider Eltern wenig zweckmäßig bzw erst dann zu empfehlen, wenn es den Eltern gelingt, Einigkeit bezüglich der Schulfrage des Minderjährigen zu erzielen (ON 137 in Band II).
Das Erstgericht sprach mit Beschluss vom 3. 10. 2014 (ON 156 in Band II) aus, dass die Obsorge für den Minderjährigen beiden Eltern zukommt und legte den Haushalt des hauptsächlichen Aufenthalts bei der Mutter fest (Punkt 1. des Beschlusses). Es trug den Eltern auf, Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen und die Teilnahme an einem Erstgespräch binnen drei Monaten nachzuweisen (Punkt 2. des Beschlusses), sowie an einem Erstgespräch für eine Mediation teilzunehmen und dies dem Gericht ebenfalls binnen drei Monaten nachzuweisen (Punkt 3. des Beschlusses). Die – für das Revisionsrekursverfahren nicht relevanten – Punkte 4 und 5 des Beschlusses betreffen die Regelung eines Kontaktrechts des Vaters und eines Ferienkontaktrechts.
Über Rekurs der Mutter bestätigte das Rekursgericht mit Beschluss vom 16. 12. 2014 (ON 165 in Band II) den erstgerichtlichen Beschluss mit der Maßgabe (zu Punkt 2.), dass den Eltern aufgetragen wurde, Erziehungsberatung bei derselben Person oder Institution in Anspruch zu nehmen, wobei das Rekursgericht dem Erstgericht auftrug, den Eltern geeignete Personen bzw Institutionen zur Durchführung der aufgetragenen Erziehungsberatung namhaft zu machen.
Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, zwischen den Eltern sei nach dem gesamten Akteninhalt zumindest zeitweise eine sachliche Gesprächsbasis und Kooperationsbereitschaft vorhanden; so hätten die Eltern etwa zuletzt das Ferienkontaktrecht im Sommer 2014 außergerichtlich vereinbart. Mit Unterstützung durch eine Erziehungsberatung und dem neuerlichen Versuch zur Einleitung einer Mediation könne eine – für die Obsorgeausübung durch beide Elternteile notwendige – sachliche Gesprächsbasis und ausreichende Kooperationsbereitschaft gewährleistet werden. Die Maßgabebestätigung begründete das Rekursgericht damit, es sei sinnvoll und zweckmäßig, dass die Erziehungsberaterin oder der Erziehungsberater den Standpunkt des jeweils anderen Elternteils kenne.
In Entsprechung des Auftrags des Rekursgerichts machte das Erstgericht mit Note vom 7. 1. 2015 mehrere ihm geeignet erscheinende Institutionen für die Durchführung einer Erziehungsberatung namhaft und verwies darauf, dass unter „www.familienberatung.gv.at “ weitere Beratungsstellen auffindbar seien.
Der Vater teilte bei einer Vorsprache beim Amtstag am 21. 4. 2015 mit, er habe die Mutter wegen Terminen für Mediation und Erziehungsberatung kontaktiert, sie habe darauf nicht geantwortet.
Mit Note vom 27. 4. 2015 trug das Erstgericht der Mutter auf, dem Gericht binnen 14 Tagen den Nachweis der Erstgespräche vorzulegen bzw sich zur Stellungnahme des Vaters zu äußern.
Die Mutter brachte in ihrer Äußerung vom 13. 5. 2015 vor, der Vater habe weder einen Mediationstermin noch einen Termin für Erziehungsberatung, sondern lediglich einen Termin bei der Familienberatungsstelle der MA 11 vorgeschlagen, in deren Fokus aber Rechtsberatung und nicht Erziehungsberatung oder Mediation liege.
Mit Beschluss des Erstgerichts vom 15. 5. 2015 (ON 182 in Band II) wies das Erstgericht einen Antrag der Mutter auf Teilentziehung der Obsorge des Vaters im Bereich Medizin und Gesundheitsversorgung bzw Gesundheitsvorsorge ab und trug in Punkt 2. beiden Eltern auf, dem Gericht binnen zwei Wochen den Nachweis über die absolvierten Erstgespräche vorzuweisen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter gegen den Beschluss des Erstgerichts nicht Folge.
Der erkennende Senat wies mit Beschluss vom 17. 9. 2015, 3 Ob 166/15f (ON 201 in Band II), den Revisionsrekurs der Mutter zurück: Soweit er sich gegen den Auftrag wandte, dem Erstgericht binnen zwei Wochen den Nachweis über die absolvierten Erstgespräche vorzuweisen, mangels Beschwer; und im Übrigen mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage.
Anlässlich einer Vorsprache beim Amtstag am 2. 6. 2015 teilte der Vater unter Vorlage einer Bestätigung mit, dass er am 30. 4. 2015 bei der Familienberatungsstelle der Stadt Wien (MA 11) gewesen sei. Die Mutter habe diesen Termin nicht wahrgenommen. Er habe einen neuen Termin für 18. 6. 2015 vereinbart und der Mutter bekannt gegeben. Die Mutter habe auf diesen Terminvorschlag nicht reagiert.
Am 17. 11. 2015 gab der Vater bekannt, dass er sich mit der Mutter bezüglich des Weihnachtskontaktrechts geeinigt habe. Er habe im Übrigen einen neuerlichen Termin zur Erziehungsberatung für 19. 11. 2015 vereinbart und diesen der Mutter mitgeteilt.
Das Erstgericht verhängte über die Mutter zur Durchsetzung des rechtskräftigen Beschlusses vom (richtig:) 3. 10. 2014 (ON 156) eine Geldstrafe von 500 EUR. Die Mutter sei dem gerichtlichen Auftrag zur Vorlage der Nachweise über die absolvierten Erstgespräche bislang nicht nachgekommen. Es sei daher gemäß § 79 Abs 2 Z 1 AußStrG eine Geldstrafe zu verhängen. Da die Mutter trotz gerichtlicher Aufforderung ihre Einkommensverhältnisse nicht bekannt gegeben habe, sei bei der Bemessung der Höhe der Geldstrafe von der Tätigkeit der Mutter als Turnusärztin auszugehen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur zwangsweisen Durchsetzbarkeit eines Auftrags zur Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation fehle. Es sei auch noch nicht geklärt, wie die Auswahl eines gemeinsamen Erziehungsberaters zu erfolgen habe, wenn eine Einigung der Eltern auf eine bestimmte Person oder Stelle nicht gelinge.
Rechtlich vertrat das Rekursgericht zusammengefasst die Auffassung, trotz der unterschiedlichen Formulierung in § 107 Abs 3 AußStrG – gemäß Z 1 könne der verpflichtende Besuch einer Familien‑, Eltern‑ oder Erziehungsberatung aufgetragen werden, in Z 2 fehle der Terminus „verpflichtend“ – sei jenen Literaturmeinungen zu folgen, die von einer Vollstreckbarkeit des Auftrags gemäß § 107 Abs 3 Z 2 AußStrG ausgingen. Das gelte jedenfalls auch für den Auftrag zum Besuch einer Erziehungsberatung. Die Mutter lehne zwar den Besuch einer Erziehungsberatung nicht grundsätzlich ab, setze jedoch – im Unterschied zum Vater – keine konkreten Initiativen, um ein Erstgespräch über Erziehungsberatung zu ermöglichen. Sie habe gar nicht behauptet, eine bestimmte Person oder Stelle zur Durchführung der Erziehungsberatung vorgeschlagen zu haben, sondern lediglich beantragt, das Gericht solle eine Person oder Stelle bestimmen, was jedoch gar nicht vorgesehen sei. Angemessene Zwangsmittel seien daher zutreffend verhängt worden. Richtig sei zwar, dass das Erstgericht vor einer zwangsweisen Durchsetzung immer zu prüfen habe, ob eine Maßnahme nach den aktuellen Verhältnissen immer noch dem Kindeswohl entspreche. Allerdings zeige die Mutter nicht auf, welche Umstände sich geändert hätten.
Die Mutter macht in ihrem Revisionsrekurs geltend, der Auftrag zur Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation sei nicht zwangsweise durchsetzbar. Die vom Erstgericht vorgeschlagenen Einrichtungen zur Inanspruchnahme einer Erziehungsberatung hätten sich aus im Revisionsrekurs näher dargestellten Gründen als ungeeignet erwiesen. Eine Zwangsstrafe könne nicht verhängt werden, solange nicht die Umstände des „Nichtzustandekommens der Erziehungsberatung“ geprüft würden. Wie die Mutter den Vorinstanzen mehrfach dargelegt habe, liege der Grund für das Nichtzustandekommen einer Erziehungsberatung darin, dass der Vater hartnäckig Termine mit einer Stelle vereinbare, die zwar vom Erstgericht in seiner Note vom 7. 1. 2015 erwähnt worden sei, die aber dennoch keine Erziehungsberatung anbiete (MA 11). Mit diesem Vorbringen hätten sich die Vorinstanzen auseinandersetzen müssen. Die Mutter sei – wie sie auch in ihrem Rekurs erklärt habe – zur Teilnahme an einer qualifizierten Erziehungsberatung, bereit. Dabei müssten allerdings die entsprechenden Voraussetzungen für die Durchsetzbarkeit (Kostenteilung, Termine) geklärt sein. Zur Mediation führte die Mutter in ihrem Revisionsrekurs aus, sie und der Vater hätten bereits 2012 eine Mediation und nicht nur ein Erstgespräch durchgeführt und dabei ausreichend Gelegenheit gehabt, sich mit dieser Form der Konfliktbeilegung auseinanderzusetzen.
Der Vater beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; hilfsweise, ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Mutter ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.
1. Beschwerdegegenstand bei Geldstrafen ist nicht die Strafe als Geldwert des Strafbetrags, sondern die Bestrafung als solche (RIS‑Justiz RS0038625). Damit handelt es sich bei einer Geldstrafe um einen Gegenstand, der iSd § 62 Abs 3 und 4 AußStrG nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist. Der Revisionsrekurs ist daher wertunabhängig grundsätzlich nach Maßgabe des § 62 Abs 1 AußStrG zu behandeln (RIS‑Justiz RS0038625 [T2]; 10 Ob 61/15s iFamZ 2015/170, 203 [Thoma‑Twaroch]).
2. Im Vollstreckungsverfahren nach § 110 AußStrG iVm § 79 Abs 2 AußStrG ist zwar nicht ausdrücklich eine Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens vorgesehen, doch wird im vorliegenden Fall vom Obersten Gerichtshof die Einräumung eines rechtlichen Gehörs des Vaters für geboten erachtet (RIS‑Justiz RS0120860 [T16, T17]). Seine Revisionsrekursbeantwortung ist daher zulässig.
3. Ob die den Gegenstand des Revisionsrekurs-verfahrens bildenden Aufträge zur Inanspruchnahme von Erziehungsberatung und der Teilnahme an einem Erstgespräch für eine Mediation gerechtfertigt waren, kann nicht mehr überprüft werden.
3.1 Der Auftrag des Erstgerichts in seinem Beschluss vom 3. 10. 2014 an die Eltern, an einem Erstgespräch für eine Mediation teilzunehmen, ist ebenso in Rechtskraft erwachsen wie die Maßgabebestätigung des Rekursgerichts zu Punkt 2. des erstgerichtlichen Beschlusses vom 3. 10. 2014, wonach die Eltern Erziehungsberatung bei derselben Person oder Institution in Anspruch zu nehmen haben und die Teilnahme an einem Erstgespräch für Erziehungsberatung binnen drei Monaten nachzuweisen haben.
3.2 Nach ständiger Rechtsprechung sind auch im außerstreitigen Verfahren ergangene Entscheidungen der materiellen und formellen Rechtskraft fähig und binden die Betroffenen und das Gericht (RIS‑Justiz RS0007171; 10 Ob 61/15s).
3.3 Ob im Hinblick darauf, dass nach dem gesamten Akteninhalt und dem kinderpsychologischen Gutachten beide Eltern keinerlei Erziehungsdefizite aufweisen, sondern lediglich Konflikte miteinander haben, der verpflichtende Besuch einer gemeinsamen Erziehungsberatung sinnvoll war, ist wegen der Rechtskraft der Aufträge einer Überprüfung durch das Revisionsrekursgericht entzogen.
3.4 Aus diesem Grund ist auch nicht auf den Einwand der Mutter einzugehen, eine bereits durchgeführte Mediation sei gescheitert; die Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation sei zwecklos.
4. Die erteilten Aufträge sind grundsätzlich einer Vollstreckung zugänglich.
4.1 Mit § 107 Abs 3 AußStrG idF des KindNamRÄG 2013 (BGBl 2013/15) erweiterte der Gesetzgeber den Katalog der dem Pflegschaftsgericht zur Sicherung des Kindeswohls zur Verfügung stehenden Maßnahmen. Als derartige Maßnahmen kommen nun gemäß § 107 Abs 3 AußStrG insbesondere der verpflichtende Besuch einer Familien‑, Eltern‑ oder Erziehungsberatung (Z 1), die Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation oder über ein Schlichtungsverfahren (Z 2), die Teilnahme an einer Beratung oder Schulung zum Umgang mit Gewalt und Aggression (Z 3), das Verbot der Ausreise mit dem Kind (Z 4) und schließlich die Abnahme der Reisedokumente des Kindes (Z 5) in Betracht.
4.2 Dabei sollen nach dem Willen des Gesetzgebers bei inhaltlich unverändertem § 176 Abs 1 ABGB aF (nunmehr § 181 Abs 1 ABGB nF) mit einer– verfahrensrechtlichen – Norm, nämlich § 107 Abs 3 AußStrG, (auch) materiell‑rechtlich wirkende Eingriffe in die Persönlichkeits‑ und Obsorgerechte der Eltern ermöglicht werden (Höllwerth, Obsorgeverfahren und Durchsetzung der Obsorge, in Gitschthaler, KindNamRÄG 2013 [2013] 211 [217]).
4.3 Zu der in § 107 Abs 3 Z 2 AußStrG vorgesehenen Möglichkeit der Anordnung der Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation oder über ein Schlichtungsverfahren beziehen sich die Materialien (ErlRV 2004 BlgNR 24. GP 38 f) darauf, dass in vielen europäischen Rechtsordnungen sowie in den USA zur Erzielung eines Einvernehmens in Obsorge‑ und Besuchsrechtsverfahren zunehmend auch auf Mediation gesetzt werde. Dabei sei mitunter auch die Möglichkeit vorgesehen, Mediation bindend vorzuschreiben. Jedenfalls dürfte sich eine positive „Umgebungshaltung“ auf die Bereitschaft zur Mediation sehr förderlich auswirken. Ordne nun das Gericht die Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation an, wofür § 107 Abs 3 Z 2 AußStrG die Grundlage biete, bringe es damit sehr deutlich zum Ausdruck, dass es diese für sinnvoll halte. Dies bewirke einen Anstoß, sich mit dieser Form der Konfliktbeilegung auseinanderzusetzen. Von einer echten „Zwangsmediation“ der Eltern werde dagegen Abstand genommen, weil eine solche wohl mit der Grundidee der „Verführung zum konstruktiven Miteinander“ nicht vereinbar sei.
4.4 Die hier interessierenden Maßnahmen (verpflichtender Besuch einer Erziehungsberatung und Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation) zeichnen sich durch eine auffallend geringe Determinierung aus (Höllwerth, Obsorgeverfahren 217).
a) Die erste Unklarheit ergibt sich daraus, dass § 107 Abs 3 Z 2 AußStrG weder nach dem Wortlaut noch in den Materialien klarstellt, ob der Beschluss nach § 107 Abs 3 Z 2 AußStrG in (analoger) Anwendung des § 110 Abs 2 Satz 2 AußStrG zwangsweise durchsetzbar ist.
b) Gegen die Durchsetzbarkeit könnte ins Treffen geführt werden, dass § 107 Abs 3 Z 2 AußStrG – anders als § 107 Abs 3 Z 1 AußStrG, der den verpflichtenden Besuch einer Familien‑, Eltern‑ oder Erziehungsberatung vorsieht –, den Hinweis auf eine verpflichtende Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation nicht enthält. Gewichtiger als dieses Argument ist der Hinweis in den Materialien, der Gesetzgeber habe sich an § 135 Abs 1 dFamFG orientiert: Die genannte Bestimmung sieht allerdings (nur) vor, dass die Ehegatten einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung anhängiger Folgesachen bei einer von dem Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen und eine Bestätigung hierüber vorlegen. Die Anordnung ist nach der ausdrücklichen Regelung in § 135 dFamFG letzter Satz nicht selbständig anfechtbar und nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar.
c) Demgegenüber ist die hier zu beurteilende Regelung des § 107 Abs 3 Z 2 AußStrG dadurch gekennzeichnet, dass die Kostenfreiheit nicht erwähnt wird und insbesondere keine Benennung eines geeigneten Mediators durch das Gericht vorgesehen ist. Es stellt sich die Frage, ob die Hinweise in den Materialien auf die deutsche Regelung und die Abstandnahme von einer „echten Zwangsmediation“ dahin zu verstehen sind, dass auch der gerichtliche Auftrag zur Teilnahme an einem Erstgespräch über Mediation unverbindlich bleibt.
d) Gegen diese Auffassung sprechen allerdings die gewichtigeren Argumente: Zum einen wäre nicht erklärlich, warum es der Gesetzgeber für erforderlich halten sollte, eine bloß unverbindliche Anordnung ausdrücklich gerade in den Katalog des § 107 Abs 3 AußStrG aufzunehmen, der in Z 1 und Z 3–5 jedenfalls durchsetzbare Verpflichtungen regelt.
Zum anderen bestehen jene Bedenken, die gegen eine verpflichtende Zwangsmediation (und gegen eine verpflichtende Erziehungsberatung) ins Treffen geführt werden könnten, nicht auch gegen Erstgespräche: Es trifft zwar zu, dass der Erfolg gerade einer Mediation von der Kooperationsbereitschaft der Eltern abhängt (Thunhart, Können Eltern gegen ihren Willen zur Zusammenarbeit mit außergerichtlichen Institutionen gezwungen werden? Mediation, Erziehungsberatung, Familientherapie und Besuchsbegleitung im pflegschaftsgerichtlichen Verfahren, iFamZ 2011, 139 [144]).
Auch mögliche Bedenken im Hinblick auf iSd Art 8 Abs 1 EMRK grundrechtsrelevante Eingriffe sind bei einer „Zwangsmediation“, aber auch bei einer verpflichtenden Erziehungsberatung nicht von vornherein auszuschließen (Leischner, Ist die richterliche Befugnis zur Anordnung einer verpflichtenden Erziehungsberatung verfassungskonform? Interessenabwägung zwischen Persönlichkeitsrecht der Eltern und Sicherung des Kindeswohls, iFamZ 2011, 244 ff; Bedenken gegen die Verfassungskonformität der in § 107 Abs 3 AußStrG geregelten Maßnahmen verneinend jedoch 9 Ob 17/16i mit dem Hinweis, die Anordnung sämtlicher Maßnahmen iSd § 107 Abs 3 Z 1 bis 5 AußStrG setze ohnedies eine Verhältnismäßigkeitsprüfung voraus).
Gegen den verpflichtenden Auftrag zur Teilnahme an einem Erstgespräch zur Mediation bestehen derartige Bedenken nicht: Ist doch ein Erstgespräch selbst noch nicht Mediation, sondern dient dazu, den vom Konflikt Betroffenen eine Chance zu geben, sich mit den Voraussetzungen und Spielregeln eines Mediationsverfahrens tiefer auseinanderzusetzen, um dann auf ausreichender Informationsbasis zu entscheiden, ob das Mediationsverfahren für sie geeignet ist. Durch diese Entscheidung aufgrund des lediglich Informationszwecken dienenden Erstgesprächs wird letztlich sichergestellt, dass das eigentliche Mediationsverfahren nur zustande kommt, wenn die Parteien ihm zustimmen. Die so verstandene und geforderte Freiwilligkeit einer Mediation bleibt also intakt (Kleindienst‑Passweg, Die Verpflichtung zum Erstgespräch einer Mediation in Barth/Deixler‑Hübner/Jelinek, Handbuch des neuen Kindschafts‑ und Namensrechts 305 [309]). Die verpflichtende Teilnahme (bloß) an einem Erstgespräch zur Mediation bzw zur Erziehungsberatung stellt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzten schwer-wiegenden Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Eltern dar, dienen diese Gespräche doch lediglich der Information.
4.5 Die grundsätzliche Vollstreckbarkeit eines Auftrags gemäß § 107 Abs 3 Z 2 AußStrG in (analoger) Anwendung des § 110 Abs 2 Satz 2 AußStrG ist daher zu bejahen (Höllwerth, Obsorgeverfahren, in Gitschthaler, KindNamRÄG 2013 [2013] 222; Beck, Kindschaftsrecht2 [2013] Rz 1132).
4.6 Dass die Anordnung der Erziehungsberatung (§ 107 Abs 3 Z 1 AußStrG) grundsätzlich mit den Zwangsmitteln des § 79 Abs 2 AußStrG durchgesetzt werden kann, ist schon durch den Gesetzeswortlaut „verpflichtender Besuch ...“ klargestellt.
5. Eine Auslegung der zu vollstreckenden Anordnungen ergibt, dass die aufgetragenen Erstgespräche von den Eltern nicht bei derselben Institution bzw Person geführt werden müssen.
5.1 Gemäß dem (analog) anzuwendenden § 110 Abs 1 Z 1 AußStrG kann die zwangsweise Durchsetzung einer Regelung nur dann erfolgen, wenn eine gerichtliche Entscheidung vorliegt (die weiteren in § 110 Abs 1 Z 2 und 3 AußStrG genannten Fälle sind hier ohne Relevanz).
5.2 Voraussetzung der zwangsweisen Durchsetzung einer Anordnung nach § 110 AußStrG ist, dass diese hinreichend bestimmt und so klar und eindeutig formuliert ist, dass ihrer zwangsweisen Durchsetzung kein Hindernis entgegensteht (9 Ob 35/08z; Beck in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG [2013] § 110 Rz 9 – jeweils zu Kontaktregelungen).
5.3 Wenngleich daher in § 110 Abs 2 Satz 1 AußStrG ein ausdrücklicher Ausschluss der Vollstreckung nach der Exekutionsordnung angeordnet ist, ist die Anforderung an die Bestimmtheit des Titels nach den Grundsätzen der EO zu beurteilen.
5.4 Die geschuldete Leistung muss im Exekutionstitel insofern bestimmt bezeichnet sein, als sie allein aus den Angaben im Exekutionstitel mit ausreichender Sicherheit ableitbar ist. Bloße Bestimmbarkeit aufgrund von Kriterien, die von außerhalb des Exekutionstitels ermittelt werden müssen, reicht nicht (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 7 Rz 35/2 mwN). Bei der hier vorliegenden Anordnung einer Verpflichtung zu einer unvertretbaren Handlung ist es zwar in vielen Fällen schwierig, die Handlung ausreichend zu umschreiben. Die Grenze der Auslegung des Exekutionstitels bildet aber jedenfalls die im Exekutionstitel gewählte Umschreibung der Art der geschuldeten Leistung (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 7 Rz 60 und 63 mwN).
5.5 Unter sinngemäßer Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für die Anordnungen, deren Vollstreckung nun Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist, dass den Eltern die Teilnahme an einem Erstgespräch für Erziehungsberatung und an einem Erstgespräch für eine Mediation aufgetragen wurde, den Aufträgen aber nicht zu entnehmen ist, dass die Eltern bereits diese Erstgespräche gemeinsam zu absolvieren hätten. Da es nur auf den objektiven Inhalt der angeordneten Maßnahme ankommt, nicht aber auf das subjektive Verständnis der Vorinstanzen, das keinen Eingang in die Aufträge zu den Erstgesprächen (durch den Zusatz „gemeinsames Erstgespräch bei derselben Institution oder Person“) fand, ist unerheblich, ob die Vorinstanzen davon ausgingen, dass die Erstgespräche bei derselben Institution oder Person geführt werden müssen. Ebensowenig enthalten die Aufträge eine Verpflichtung, die Erstgespräche bei einer bestimmten Institution oder Person zu absolvieren. Diese Vorgangsweise entspricht auch der Rechtslage, weil der österreichische Gesetzgeber – anders als der deutsche Gesetzgeber, den er sich zum Vorbild nahm – keine Kompetenz des Gerichts vorsieht, eine geeignete Institution oder Person für das Erstgespräch zur Mediation oder für die Erziehungsberatung zu benennen.
5.6 Daraus folgt, dass es den Eltern freisteht, selbst eine geeignete Institution oder Person für die Absolvierung der aufgetragenen Erstgespräche zu wählen und diese Erstgespräche auch einzeln bei verschiedenen Institutionen oder Personen zu führen. Dass nicht nur für die Erziehungsberatung, sondern auch für das Erstgespräch zur Mediation die Durchführung eines Einzelerstgesprächs durchaus sinnvoll sein kann, ergibt sich aus der dargestellten deutschen Regelung, die ausdrücklich derartige Einzelgespräche vorsieht. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Mediation selbst naturgemäß bei derselben Institution oder Person stattfinden muss und dass auch die Erziehungsberatung beider Elternteile in der Regel zweckmäßigerweise bei derselben Institution oder Person durchgeführt werden soll (Beck, Kindschaftsrecht2 Rz 1131), weil die Erstgespräche aus den dargelegten Gründen nur Informationen über Inhalt und Ablauf von Mediation und Erziehungsberatung bieten sollen.
5.7 Es bedarf daher hier keiner Prüfung, ob überhaupt und gegebenenfalls wie Aufträge vollstreckt werden können, die den Eltern den verpflichtenden Besuch einer gemeinsamen Erziehungsberatung oder eines gemeinsamen Erstgesprächs über Mediation auftragen, wenn sich die Eltern nicht auf eine Institution oder Person einigen. Mangels entsprechender Entscheidungskompetenz des Gerichts ist jedenfalls eine verbindliche Anordnung einer Person oder Institution für das Erstgespräch über Mediation bzw über die Erziehungsberatung ausgeschlossen (Beck, Kindschaftsrecht2 Rz 1131).
6. Für den konkreten Fall folgt daraus, dass die verhängte Beugestrafe aufzuheben ist.
6.1 Zwar sollen nach der Rechtsprechung Zwangsmittel nach § 79 Abs 2 AußStrG auch bei unverschuldeter Nichtbefolgung eines gerichtlichen Auftrags verhängt werden können (7 Ob 159/11z EF‑Z 2012/40, 72 [Beck] = iFamZ 2012/52 [Thoma‑Twaroch]; 10 Ob 61/15s; RIS‑Justiz RS0007310; aA Pimmer in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 79 Rz 32).
6.2 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Anordnungen nicht um Strafen für die Missachtung einer gerichtlichen Verfügung handelt; sie sollen lediglich dazu dienen, der Anordnung in Zukunft zum Durchbruch zu verhelfen. Sie müssen daher als ultima ratio für den Fortgang des Verfahrens notwendig sein und dürfen nur nach dem Prinzip des gelindesten Mittels eingesetzt werden (RIS‑Justiz RS0007330 [T3]; 10 Ob 61/15s).
6.3 Von einer bestimmten Vollzugsmaßnahme ist nicht nur dann abzustehen, wenn sie dem Kindeswohl zuwiderläuft, sondern auch dann, wenn sie nach den konkreten Umständen zur Erreichung des angestrebten Zwecks untauglich – oder auch unverhältnismäßig – und in diesem Sinn „untauglich“ ist (RIS‑Justiz RS0008614; 7 Ob 503/93; zur tunlichsten Vermeidung materiell unangemessener Vollzugsakte auch 3 Ob 273/00v mwN).
6.4 Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falls ist die Verhängung einer Strafe über die Mutter, deren Vorbringen zur behaupteten Untauglichkeit der vom Vater vorgeschlagenen Institution für die Inanspruchnahme von Erziehungsberatung ungeprüft blieb, schon deshalb unangemessen, weil es aus den dargelegten Gründen der – hier nicht vorliegenden – Einigung der Eltern über die Institution oder Person, bei der das Erstgespräch für Erziehungsberatung und Mediation zu absolvieren ist, gar nicht bedarf. Da die Mutter nach dem Akteninhalt zur Führung der Erstgespräche durchaus bereit ist, jedoch (bloß) den entsprechenden Vorschlägen des Vaters nicht folgen wollte, wäre die Verhängung einer Zwangsmaßnahme jedenfalls überschießend.
Die Eltern können die erteilten Aufträge nämlich auch dadurch befolgen, dass sie Nachweise allein besuchter Erstgespräche erbringen. Der Vater ist dem Auftrag zu einem Erstgespräch über Erziehungsberatung bereits nachgekommen (ON 211). Nur wenn die Mutter den so zu verstehenden Aufträgen des Gerichts in Zukunft nicht nachkommen sollte, käme die Verhängung einer Strafe in Betracht, wobei überdies zu beachten wäre, dass die Angemessenheit von Zwangsmitteln bei Nichtbefolgung solcher Anordnungen jedenfalls streng zu prüfen ist (generell die Angemessenheit verneinend Thunhart, iFamZ 2011, 139 [144]; vgl auch Fucik, Verfahren in Ehe- und Kindschaftsangelegenheiten nach dem KindNamRÄG 2013, ÖJZ 2013, 303 [304]; Kleindienst‑Passweg, Handbuch des neuen Kindschafts‑ und Namensrechts 305 [312], die zutreffend darauf verweist, dass sich ein Elternteil, der entsprechende Anordnungen nicht befolgt, für den weiteren Verfahrensverlauf zumindest ein Glaubwürdigkeitsproblem einhandelt).
7. Dem Revisionsrekurs der Mutter ist daher durch ersatzlose Behebung der Beschlüsse der Vorinstanzen Folge zu geben.
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