OGH 7Ob221/16z

OGH7Ob221/16z26.4.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. M***** D*****, vertreten durch Dr. Georg Birkner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Senator KR Prof. DI Dr. A***** D*****, vertreten durch die Lanker Obergantschnig Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt, wegen Feststellung und Unterlassung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. Oktober 2016, GZ 4 R 57/12h‑98, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 26. Jänner 2016, GZ 69 Cg 169/12h‑93, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0070OB00221.16Z.0426.000

 

Spruch:

I.  Der Schriftsatz der beklagten Partei vom 25. Jänner 2017 („Urkundenvorlage“) wird zurückgewiesen.

II.  Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder -gegenschrift zu. Weitere Rechtsmittelschriften und -gegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind unzulässig (RIS-Justiz RS0041666).

II.1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

II.2. Die Frage, ob eine Schenkung vorliegt, ist ebenso einzelfallbezogen (RIS-Justiz RS0019356 [T9]) wie jene nach der richtigen Auslegung von Verträgen (RIS‑Justiz RS0042936) oder der Schlüssigkeit einer Klage (RIS‑Justiz RS0116144). Einzelfallbezogene Fragen sind einem Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof nur zugänglich, wenn die Vorinstanzen bei ihrer Beantwortung einer groben Fehlbeurteilung erlegen sind (RIS‑Justiz RS0044088). Die Revision zeigt keine solchen Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf.

a. Ihr gelingt es insbesondere nicht, Bedenken gegen die Auffassung der Vorinstanzen dahin zu erwecken, dass sie sich in Widerspruch zur Vorentscheidung 8 Ob 107/05a gesetzt hätten.

Der Oberste Gerichtshof hat im genannten, zwischen dem Beklagten und der A***** Privatstiftung (in der Folge: „die Stiftung“) geführten Vorverfahren die Widmungserklärung als nichtige bedingte Schenkung auf den Todesfall beurteilt und festgehalten, dass der Beklagte über seine Aktien an der D***** Holding AG (in der Folge: „die Holding“) frei verfügen dürfe. Dieses Urteil bindet den Kläger schon mangels Parteienidentität nicht (vgl RIS‑Justiz RS0108828; RS0041340).

Im Übrigen ergibt sich aus dieser Entscheidung, dass der Kläger keinen Anspruch aus der Widmungserklärung erworben hat. Die Aussage, dass der Beklagte frei über seine Holding-Aktien verfügen darf, bezieht sich auf die damalige Feststellungslage (wobei der hinter der Übertragung stehende Plan nicht entscheidungswesentlich war). Dies ist zufolge der nunmehr feststehenden mündlichen Vereinbarung zwischen den Parteien hier jedoch anders zu beurteilen, sodass kein Widerspruch zur Vorentscheidung vorliegt.

Die festgestellte Vereinbarung zwischen den Parteien ist gerade nicht auf eine Schenkung auf den Todesfall gerichtet und daher mit dem Abschluss eines Vorvertrags, der den künftigen Abschluss eines GmbH-Gesellschaftsvertrags zum Gegenstand hat, oder der Vereinbarung über die künftige Abtretung von Gesellschaftsanteilen einer GmbH – welche jeweils der Notariatsform bedürfen (RIS-Justiz RS0059756) – nicht zu vergleichen. Nach den Feststellungen verpflichtete sich der Beklagte, die Holding-Aktien spätestens mit seinem Tod zu übertragen (vgl § 904 ABGB). Dass er diese Übertragung mit einer – unwirksamen – Schenkung auf den Todesfall an die Stiftung sicherstellen wollte, schlägt nicht auf das hier zu entscheidende Grundgeschäft zwischen den Parteien durch, zumal darin die Form der Übertragung nicht festgelegt ist. Namensaktien können gemäß § 62 Abs 1 AktG durch Indossament übertragen werden.

b. Auch gegen die Auffassung der Vorinstanzen, das Geschäft sei entgeltlich, führt die Revision keine überzeugenden Argumente ins Treffen. Nur wenn sich die Parteien einig sind, dass die Sache ohne Gegenleistung und nicht in Erfüllung einer Verbindlichkeit überlassen wird, handeln sie in Schenkungsabsicht. Eine Gegenleistung muss nicht eine geldwerte Leistung sein; es genügt, dass auf der Seite des Leistenden ein Interesse an einem bestimmten Verhalten des Empfängers der Leistung besteht (RIS‑Justiz RS0018852; vgl RS0050235). Für Entgeltlichkeit genügt also ein Interesse des einen Vertragsteils an einem vom anderen zugesagten Verhalten (RIS-Justiz RS0018846; RS0017193 [T4]). Entgeltliche Verträge, auch wenn sie erst mit dem Tode des Vertragspartners zu erfüllen sind, sind nicht als Schenkung auf den Todesfall (§ 603 ABGB idF ErbRÄG 2015 ab 1. 1. 2017; davor § 956 ABGB) anzusehen und deshalb auch nicht den für diese geltenden Formvorschriften unterworfen (RIS-Justiz RS0019166).

Das Rechtsgeschäft hat nach den Feststellungen insgesamt den Zweck, eine Vereinbarung über die Sicherung und das weitere Schicksal eines Großkonzerns dahin zu treffen, dass beide Parteien alle Aktien der Holding und damit die Kontrolle über das Unternehmen in die Stiftung einbringen, um eine Zersplitterung im Erbweg zu vermeiden, dem Beklagten die Verfügung darüber zu entziehen („Alterswahnsinn“) und so den langfristigen Bestand des Unternehmens zu sichern. Nach der Beurteilung der Vorinstanzen handelt es sich insgesamt um einen entgeltlichen Vertrag, da beide Streitteile ein Interesse daran hatten, dass der jeweils andere seine Anteile einbringt, und sie ohne die jeweilige Gegenleistung ihre eigene Leistung nicht erbracht hätten.

c. Zur Leistung an die Stiftung ist auszuführen, dass Aktivlegitimation dann gegeben ist, wenn der Kläger zur Geltendmachung des konkreten Klagsanspruchs in eigener Person materiell berechtigt ist (RIS-Justiz RS0035165). Nach den Feststellungen ist der Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Namensaktien der Holding zu übertragen; insofern ist dieser aktiv legitimiert.

d. Ein Mangel rechtlichen Interesses an einer Feststellung wurde von den Vorinstanzen vertretbar verneint. Kann der Kläger alles, was er mit der Feststellungsklage erreichen kann, auch durch eine Leistungsklage erwirken, ist die Feststellungsklage abzuweisen (vgl RIS‑Justiz RS0039021). Bestreitet jedoch der Beklagte ein vom Kläger behauptetes Recht und besteht die Gefahr einer Leistungsvereitelung, hat dieser regelmäßig ein Interesse an der begehrten Feststellungsklage (RIS-Justiz RS0038968; vgl auch RS0039265, RS0038917, RS0039007).

Hinsichtlich der Verpflichtung zur Übertragung der Aktien ist das Feststellungsinteresse schon deshalb gegeben, weil sie der Kläger mangels Fälligkeit noch nicht begehrt (§ 904 ABGB), aber durch die Feststellungsklage die Klärung der Rechtslage jetzt (und nicht erst mit dem Tod des Beklagten) erwirken kann, und der Beklagte bereits anderweitig über die Anteile verfügte (vgl 2 Ob 137/16k).

Dass der Zeitpunkt der Übertragung nicht hinreichend bestimmt und der „Zeitfaktor völlig unklar“ gewesen wäre, entfernt sich vom festgestellten Sachverhalt, wonach die Übertragung spätestens mit dem Tod des Beklagten zu erfolgen hat.

e. In erster Instanz wurde ein Wegfall der Geschäftsgrundlage darauf gestützt, dass dem Beklagten gegebene Zusicherungen (insbesondere Büro, Sekretärin, Betriebspension) nicht eingehalten worden seien; darauf kommt die Revision nicht mehr zurück. Der – zudem erstmals in der Berufung ins Treffen geführte – Umstand, dass eine steuerbegünstigte Übertragung von Aktien nicht mehr möglich sei, begründet keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage, weil die Parteien übereinstimmend darauf abzielten, das Unternehmen vor Zersplitterung zu schützen, während die steuerliche Begünstigung nur für die Art der Ausführung– teilweise – maßgebend war.

f. Dass aus einer Anfrage des Klägers, ob der Beklagte trotz der Unwirksamkeit der Widmungserklärung bereit wäre, ihm seinen 10 %‑Anteil entgeltlich oder unentgeltlich zu überlassen, oder aus in diese Richtung laufenden Parteiaussagen kein im Sinne des § 863 ABGB zweifelsfreier konkludenter Verzicht auf den nunmehr eingeklagten, aus der festgestellten Vereinbarung abgeleiteten Anspruch abgeleitet werden kann, wurde bereits von den Vorinstanzen vertretbar dargelegt, ohne dass die Revision dem zusätzliche Argumente entgegensetzt.

g. Soweit sich der Revisionswerber auf den Vergleich zwischen der Stiftung und dem Errichter der nichtigen Widmungserklärung bezieht, lässt sich schon aus seinem Vorbringen nicht schlüssig ableiten, aufgrund welcher Umstände oder Vereinbarungen mit einer Zahlung des Vertragserrichters für Fehler bei der Verfassung der Widmungserklärung an die Stiftung auch der Beklagte davon befreit worden sein sollte, seiner nunmehr festgestellten Verpflichtung gegenüber dem Kläger aus einer mit diesem getroffenen Vereinbarung (und gerade nicht aus der Widmungserklärung) nachzukommen. Grundsätzlich ist bei einem Vergleich mit einem Solidarschuldner im Zweifel nicht anzunehmen, dass dieser auch für den anderen wirkt (RIS‑Justiz RS0017344 [T3]). Aufgrund konkret welcher Umstände ein solcher Vergleich auch den daran nicht beteiligten Beklagten insbesondere in Ansehung der Übertragung des Aktienrests an den Kläger leistungsfrei machen sollte, wird auch in der Revision nicht dargelegt. Es stellt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar, wenn die Vorinstanzen aus der bloßen– vom Gegner bestrittenen – Behauptung, der Kläger habe aus diesem Vergleich Geld erhalten, weder einen Verzicht des Klägers gegenüber dem Beklagten noch eine diesen begünstigende „Abfertigung“, welche den hier eingeklagten Ansprüchen entgegenstehen, schlüssig ableiten konnten.

h. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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