OGH 3Ob131/16k

OGH3Ob131/16k23.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei DI Mag. H*****, vertreten durch Dr. Christoph Naske, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte und widerklagende Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Berlin & Partner Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Feststellung (7 Cg 81/14v) und 66.600 EUR sA (7 Cg 126/15p), über die Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. Mai 2016, GZ 3 R 35/16m‑21, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 9. Jänner 2016, GZ 7 Cg 81/14v‑17, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00131.16K.1123.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Berufungsurteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit 11.323,76 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 978,96 EUR an USt und 5.450 EUR an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Vorinstanzen gingen vom nachstehenden – um unstrittigen Urkundeninhalt ergänzten – Sachverhalt aus:

Sechs Personen waren Miteigentümer einer Liegenschaft am Wörthersee und hatten die Absicht, diese zu verkaufen; einer von ihnen, U*****, trat als Vertreter der Eigentümergemeinschaft (in Hinkunft: der Verkäufer) auf.

Am 27. Februar 2012 schlossen die beklagte und widerklagende Immobilienmaklerin (in Hinkunft: Beklagte) und der Verkäufer einen Alleinvermittlungsauftrag für den Zeitraum bis 31. Mai 2012 sowie einen einfachen Vermittlungsauftrag am 8. März 2012. Für die Dauer des Alleinvermittlungsauftrags stellte die Beklagte ein Schild auf der Liegenschaft auf, die sie als Vermittlerin dieser Liegenschaft auswies.

Schon vor Jahren hatte der Kläger und Widerbeklagte (in Hinkunft: Kläger) begonnen, eine Liegenschaft am Wörthersee zu suchen. Nachdem er von dritter Seite erfahren hatte, dass diese Liegenschaft möglicherweise zu verkaufen sei, erkundigte er sich über das Grundbuch über die Eigentümer und wandte sich mit Schreiben vom 5. September 2009 an den Verkäufer mit dem Wunsch nach Ankauf einer Liegenschaft am Wörthersee. Darin bekundete der Kläger sein Interesse an der Liegenschaft und ersuchte um einen Rückruf (von der Beklagten in der Berufung bekämpft). Auf diesen Brief reagierte der Verkäufer nicht.

Etwa Anfang 2012 hatte der Kläger wieder von dritter Seite erfahren, dass über den Verkauf der Liegenschaft verhandelt werde; er hatte auch über längere Zeit verschiedene Schilder von Immobilienmaklern auf dieser Liegenschaft gesehen. Der Verkäufer hatte im Laufe der Zeit mehrere Immobilienmakler mit der Vermittlung des Verkaufs beauftragt. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass der Kläger auch bewusst das Schild der Beklagten wahrgenommen hatte. Nachdem er neuerlich vom Verkaufsinteresse erfahren hatte, wandte er sich per E‑Mail vom 23. März 2012 direkt an den Verkäufer, dessen Adresse er über Grundbuch und Internet herausgefunden hatte. Darin stellte er sich vor, gab sein Interesse am Ankauf der Seeliegenschaft bekannt und ersuchte um eine Antwort. Der Verkäufer leitete dieses E‑Mail am 26. März 2012 der Beklagten als Schreiben eines weiteren Interessenten weiter. Es kann nicht festgestellt werden, ob es neben dem genannten E‑Mail‑Verkehr Ende März 2012 noch einen mündlichen Kontakt zwischen dem Verkäufer und dem Kläger gab oder nicht.

Nach Erhalt dieses E‑Mails richtete die Beklagte noch am 26. März 2012 ein E-Mail an den Kläger und stellte sich dabei als Exklusiv-Vermittlerin mit der Frage vor, ob der Kläger persönliches Interesse am Erwerb der Liegenschaft habe oder diese für einen Kunden suche. Nach einem an diesem Tag geführten Telefonat zwischen dem Kläger und der Beklagten übermittelte diese am selben Tag um 19:56 Uhr ein E‑Mail. Darin teilte die Beklagte auch mit, dass es noch weitere Interessenten für die Liegenschaft gebe und auch Besichtigungen durchgeführt würden. Schließlich wies sie noch darauf hin, dass für den Eigentümer wichtig sei, wer zuerst ein Kaufanbot über zwei Mio EUR schicke und das Geld auf das Treuhandkonto eines Anwalts überweise; ein von einem Anwalt ausgearbeitetes Anbot sollte am nächsten Tag übersandt werden. Dem E‑Mail war eine Broschüre über die Liegenschaft angeschlossen, in der ua erwähnt ist:

Der Holzsteg ist sanierungsbedürftig, es ist jährlich Pacht an die Bundesforste zu bezahlen. Kaufpreis: € 2.000.000,-- Vermittlungsprovision: 3 % des Kaufpreises zzgl. Ust. “ (Beilage ./7).

Am Vormittag des nächsten Tages (27. März 2012, 10:42 Uhr) schrieb der Kläger an die Beklagte folgendes E‑Mail: „ Bitte um Übermittlung eines Anbotes um alle wichtiges Punkte von Seiten der Verkäuferin zu kennen, würde vor Einigung sämtlicher Punkte im KV/unterfertigtem Angebot sämtlicher Eigentümer kein Geld anweisen; fällte im Falle des Kaufes auch die volle Provision 3 plus UST für Sie an ?“ (Beilage ./8).

Noch am 27. März 2012, 14:21 Uhr, übermittelte die Beklagte dem Kläger per E‑Mail ein im Auftrag der Eigentümergemeinschaft von einem Anwalt erstelltes Kaufanbot, unterfertigt vom Verkäufer am 27. März 2012. In diesem E‑Mail informierte die Beklagte den Kläger auch über die Eigentums- und Benützungsverhältnisse im Uferbereich und an dem in den See führenden Steg sowie über einen Pachtvertrag dazu mit den Österreichischen Bundesforsten und die Ansprechstelle dort; weiters wies sie auf die fehlende Kollaudierung des 1980 erbauten Hauses hin und nannte den Zuständigen bei der Baubehörde sowie die notwendige Maßnahme. Das mitgesendete Kaufanbot enthielt ua folgende Bestimmungen:

2. Dem Käufer ist bekannt und wurde er von den Verkäufern darüber aufgeklärt, dass sowohl der Uferstreifen hin zum Wörthersee als auch der Bootssteg nicht im Eigentum der Verkäufer, sondern im Eigentum der Österreichischen Bundesforste, stehen, und von der Verkäuferseite bislang gepachtet wurden und hat sich der Käufer im Falle eines Kaufvertragsabschlusses eigenständig um die allfällige Verlängerung und/oder Rechtsnachfolge dieses Bestandvertrages für den/auf den Käufer zu sorgen. Das auf dem Kaufgegenstand errichtete Gebäude (Wohnhaus) ist noch nicht kollaudiert bzw fehlt eine Bauvollendungsanzeige an die örtliche Baubehörde. Die bestehende und in der Natur ersichtliche Grundgrenze hin zum Grundstück […] wurde vom Grundnachbarn einseitig gezogen und von den Verkäufern noch nicht genehmigt.

3. Als Kaufpreis für den Kaufgegenstand gilt ein pauschaler Fixkaufpreis von EUR 2,0 Mio . [...]. Der Käufer erklärt im Wege einer eigenständigen Garantiezusage bei sonstiger Schad- und Klagloshaltung [...] , dass die Zahlung des Kaufpreises samt Nebenkosten und Gebühren ( […], 3 % Maklerprovision Käuferseite zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer) gesichert ist. “ (Beilage ./9).

Etwa eine Stunde nach Erhalt des E-Mails (um 15:22 Uhr) antwortete der Kläger ebenfalls per E-Mail, bedankte sich für die Übermittlung, erklärte aber, dass einige Punkte für ihn nicht in Ordnung seien und er nicht mehr weiter mitbieten werde (Beilage ./10).

Während des E-Mail-Verkehrs zwischen den Streitteilen im März 2012 gab es auch ein oder zwei Telefonate zwischen dem Kläger und der Geschäftsführerin der Beklagten. Dabei kam auch die mögliche Käuferprovision für die Vermittlung zur Sprache; allerdings kann nicht festgestellt werden, ob es von Seiten des Klägers dazu eine konkrete Aussage gab oder nicht. Nach dem März 2012 kam es zwischen den Streitteilen zu keinem Kontakt mehr.

Im September 2012 stellte der Kläger beim Vorbeifahren an der Liegenschaft fest, dass diese nach wie vor offenbar unbewohnt war und wandte sich telefonisch an den Verkäufer. Es folgten Verhandlungen zwischen den beiden. Dabei legte der Kläger auch ein von ihm erstelltes Kaufanbot vor. Als Ergebnis dieser Verhandlungen, in welche die Beklagte in keiner Weise involviert war, kam es am 14. Dezember 2012 zum Abschluss eines Kaufvertrags mit einem Kaufpreis von 1.850.000 EUR (Beilage ./C).

Die Beklagte fragte beim Verkäufer im September 2012 an, wie es mit dem Verkauf aussehe. Dieser antwortete, dass er noch keinen konkreten Käufer habe und bejahte die Frage der Beklagten, ob sie alle bisher bekannten Interessenten noch einmal anschreiben solle. Die Beklagte schrieb alle einmal genannten Personen, auch den Kläger, direkt an, erhielt von diesem aber keine Antwort.

Auf eine weitere schriftliche Anfrage der Beklagten vom 4. Jänner 2013 antwortete der Verkäufer mit E-Mail vom 15. Jänner 2013, dass der Kaufvertrag vor kurzem abgeschlossen worden sei. Die Beklagte hat dem Kläger am 17. März 2014 eine dreiprozentige Vermittlungsprovision über 66.600 EUR brutto verrechnet, die er mit E‑Mail vom 19. März 2014 als unberechtigt zurückwies.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Feststellung, dass der Beklagten ihm gegenüber kein Anspruch auf Maklerprovision aus dem Abschluss des Kaufvertrags vom 14. Dezember 2012 zustehe. Mit ihrer Widerklage fordert die Beklagte vom Kläger Zahlung der Maklerprovision von 66.600 EUR. Das Erstgericht verband die beiden Verfahren mit Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und erklärte das Verfahren über die Klage zu 7 Cg 81/14v zum führenden Verfahren.

Der Kläger brachte zusammengefasst vor, die Beklagte habe zur Vermittlung der Liegenschaft tatsächlich nichts beigetragen. Mangels irgendeiner Verdienstlichkeit stehe ihr keine Provision zu. Der Kläger sei nicht durch Leistungen der Beklagten auf die Liegenschaft aufmerksam geworden. Er habe die Liegenschaft im Jahr 2011 erstmals besichtigt und Anfang 2012 neuerlich Kontakt mit dem Verkäufer aufgenommen. Über Ersuchen des Verkäufers habe die Beklagte ihm als einzige Leistung die Verkaufsbroschüre und das Kaufanbot weitergeleitet. Aufgrund dieser Unterlagen habe der Kläger einen Ankauf der Liegenschaft abgelehnt, weil ihm der Kaufpreis zu hoch gewesen sei und er weitere Anbotsbedingungen (betreffend Kaufpreiszahlung und Gewährleistung) nicht akzeptiert habe. Lange nach Ende des Vermittlungsauftrags der Beklagten und nach Scheitern des Kaufinteresses habe der Kläger erneut den Verkäufer kontaktiert, um über den Erwerb der Liegenschaft zu sprechen. Schlussendlich sei es zur Einigung auf einen Kaufpreis von 1.850.000 EUR und modifizierte Gewährleistungsbestimmungen gekommen. Die Beklagte sei in keiner adäquaten Weise verdienstlich geworden. Jedenfalls habe der Kläger nicht erklärt, mit einer Provisionszahlung einverstanden zu sein.

Die Beklagte begründete den Anspruch auf Provision im Wesentlichen mit dem E-Mail des Klägers an den Verkäufer vom 23. März 2012, aus dem hervorgehe, dass der Kläger weder Preis noch Konditionen oder andere Einzelheiten gekannt und sogar die Kaufgelegenheit als solche in Frage gestellt habe. Sie habe dem Kläger wunschgemäß die Verkaufsbroschüre über die Liegenschaft, in der auf die Provisionspflicht ausdrücklich hingewiesen werde, übermittelt und Details genannt. Dann habe der Kläger die Beklagte um Übermittlung eines anwaltlichen Kaufanbots ersucht und sich dabei auch erkundigt, ob für die Beklagte die volle Provision anfalle. Dies habe die Beklagte in einem darauffolgenden Telefonat bestätigt. Die Beklagte habe dem Käufer das Kaufanbot samt den im Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft relevanten Informationen übermittelt. Am 27. März 2012 habe der Kläger erklärt, dass für ihn einige Punkte nicht okay seien, und dass er auch nicht weiter bieten möchte. Letztlich sei es am 14. Dezember 2012 während der Dauer des Vertragsverhältnisses zwischen den Streitteilen ohne Wissen der Beklagten zum Kaufvertrag gekommen. Sie sei verdienstlich geworden; ihre Tätigkeit sei für den Geschäftsabschluss kausal und adäquat gewesen, weil sie den Kläger auf die Kaufmöglichkeit aufmerksam gemacht habe und er alle für eine Ankaufsentscheidung relevanten Informationen erhalten habe. Ohne die umfangreiche Tätigkeit der Beklagten wäre das Kaufgeschäft nie zustande gekommen. Der Kläger habe weniger als vier Monate nach nochmaliger Kontaktaufnahme der Beklagten die Liegenschaft um nur 150.000 EUR unter dem ursprünglich avisierten Kaufpreis erworben.

Das Erstgericht gab der vom Käufer erhobenen negativen Feststellungsklage statt und wies das auf Zahlung gerichtete Widerklagebegehren der Maklerin ab. Es verneinte einen zumindest konkludent abgeschlossenen Maklervertrag und eine verdienstliche, für den Geschäftsabschluss adäquat kausale Tätigkeit der Beklagten.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinn der Abweisung des Feststellungs- und der Stattgabe des Zahlungsbegehrens ab. Die ordentliche Revision wurde mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zugelassen.

Die zweite Instanz bejahte das schlüssige Zustandekommen eines Maklervertrags zwischen den Streitteilen, weil der Kläger die Erwähnung der Vermittlungsprovision in der Verkaufsbroschüre als einen Hinweis auf die Provisionserwartung der Beklagten verstanden und deshalb angefragt habe. Daher sei für den Kläger erkennbar gewesen, die provisionspflichtige Tätigkeit eines Vermittlers in Anspruch zu nehmen. Der ihm obliegende Beweis, dass er der Provisionserwartung der Beklagten widersprochen habe, sei ihm wegen der dazu getroffenen Negativfeststellung misslungen. Die Beklagte sei auch verdienstlich geworden, weil der Kläger von ihr nicht nur ein Exposé über die Liegenschaft mit verkaufsrelevanten Daten, sondern – über seine ausdrückliche Aufforderung noch am selben Tag – auch ein vom Verkäufer bereits unterfertigtes Kaufanbot erhalten habe. Gleichzeitig habe sie ihm zwei wesentliche Informationen erteilt: Zu den Eigentums- und Benützungsverhältnissen im Uferbereich und an dem in den See führenden Steg sowie zur fehlenden Kollaudierung des 1980 erbauten Hauses, also zu für die Kaufentscheidung und die Kaufpreisbildung entscheidenden Details. Der letztlich abgeschlossene Kaufvertrag habe auch keinen gänzlich anderen Inhalt als das Kaufanbot. Die von der Beklagten bekämpfte Feststellung sei rechtlich nicht relevant. Es bedürfe auch keiner ergänzenden Feststellungen.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Revisionswerber macht zusammengefasst geltend, das Berufungsgericht habe ihn mit der Berücksichtigung des Inhalts des E-Mails Beilage ./9 überrascht, weshalb das Berufungsverfahren mangelhaft sei. Es sei auch zu Unrecht vom schlüssigen Zustandekommen eines Maklervertrags ausgegangen. Die Beklagte habe den geschlossenen Kaufvertrag nicht durch vertragliche Tätigkeit adäquat verursacht. Davon ausgehend, dass es bei der Provision um die Abgeltung des maklerspezifischen Know-how gehe, sei für die Bejahung der adäquaten Kausalität (und auch der Verdienstlichkeit) notwendig, dass die Tätigkeit des Maklers maklerspezifische Expertise erfordert habe, die in den Vertrag eingeflossen sei. Eine Namhaftmachung sei nicht erfolgt. Es komme nur auf Tätigkeiten an, die während des aufrechten Maklervertrags erbracht worden seien. Dieser habe nur am 27. März 2012 für wenige Stunden bestehen können, sodass Aktivitäten der Beklagten sowohl davor (Übermittlung der Verkaufsbroschüre) als auch danach (neuerliches Anschreiben im September 2012) unerheblich seien. Damit bleibe nur das E-Mail Beilage ./9 und das damit übermittelte Kaufanbot übrig, womit nicht auf die Willensbildung des Verkäufers eingewirkt worden sei. Die begleitenden Hinweise über den Steg und die fehlende Kollaudierung seien als Information bereits aus dem Kaufanbot ersichtlich gewesen. Das gelte auch für die Übermittlung des nicht von der Beklagten erstellten Kaufanbots, zu dem sie nur als reine Botin tätig gewesen sei. Zwischen der in Frage kommenden Tätigkeit der Beklagten und dem Abschluss des Kaufvertrags sei der Kausalzusammenhang auch wegen dazwischen verstrichener Zeit, endgültigen Scheiterns der Verhandlungen und gänzlich anderen Vertragsinhalts unterbrochen worden.

Die Beklagte erstattete nach Freistellung eine Revisionsbeantwortung , in der sie primär die Zurückweisung der Revision begehrt, ihr aber auch inhaltlich entgegentritt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist klarzustellen, dass das Feststellungsbegehren der Klage keiner Bewertung durch das Berufungsgericht bedurfte. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich das auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Geldforderung gerichtete Begehren nicht gemäß § 500 Abs 2 ZPO zu bewerten; entspricht doch in solchen Fällen der Streitwert dem jeweils zugrundeliegenden Betrag (zuletzt 7 Ob 102/14x; RIS-Justiz RS0042439; vgl RS0042401), hier also ebenfalls 66.600 EUR, sodass auch im Verfahren über die Klage die funktionelle Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs gegeben ist.

Die Revision ist zulässig und berechtigt , weil die Bejahung der Provisionspflicht des Klägers eine aus Gründen der Rechtssicherheit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung darstellt.

1.  Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2.  Nach § 6 Abs 1 MaklerG ist der Auftraggeber zur Zahlung einer Provision für den Fall verpflichtet, dass das zu vermittelnde Geschäft durch die vertragsgemäße verdienstliche Tätigkeit des Maklers mit einem Dritten zustande kommt. Voraussetzung für einen Provisionsanspruch ist daher zunächst ein allenfalls auch nur schlüssig zustande gekommener Maklervertrag ( Gartner/Karandi MaklerG 2 § 6 Rz 2; RIS-Justiz RS0063026; RS0062685 [zu §§ 6, 29 HVG]). Ist keine bestimmte Vertragsdauer vereinbart, so kann der Maklervertrag von jedem Vertragspartner jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden (§ 13 MaklerG).

3.  Der ausdrückliche Abschluss eines Maklervertrags zwischen dem Kläger und der Beklagten ist aus den Feststellungen nicht abzuleiten.

Nach der Rechtsprechung ist für das konkludente Zustandekommen eines Maklervertrags zumindest erforderlich, dass der Interessent die von einem Immobilienmakler für ihn entfaltete Tätigkeit kennt und ihr nicht widerspricht; selbst das reicht jedoch nicht aus, wenn der Immobilienmakler – wie hier – erkennbar bereits für einen anderen Auftraggeber (den Verkäufer) handelt. In diesem Fall muss der Immobilienmakler deutlich zu erkennen geben, für seine Bemühungen (auch) eine Provision von seinem Gesprächs-/Verhandlungspartner zu erwarten (RIS-Justiz RS0062234 [T3]; RS0062684 [T2]; RS0062658 [T9]).

4.  In diesem Zusammenhang zeigt die Revision zutreffend auf, dass nach den Feststellungen (aber auch nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten) ein Hinweis auf eine Provisionserwartung erstmals der mit E-Mail Beilage ./7 übermittelten Verkaufsbroschüre zu entnehmen war. Da es sich dabei um eine wesentliche Voraussetzung für das konkludente Zustandekommen eines Maklervertrags zwischen den Streitteilen handelte, konnte es erst im Anschluss daran zum Vertragsabschluss kommen, und zwar mit der nächsten Reaktion des Klägers in Gestalt seines E-Mails vom 27. März 2012, 10:42 Uhr. Darin lehnte der Kläger vorweg die von der Beklagten zuvor bekannt gegebenen Vorstellungen des Verkäufers zu Zahlungsmodalitäten ab, fragte wegen (der Höhe ?) der Käuferprovision nach und ersuchte um Übermittlung eines schon davor angebotenen, nicht von der Beklagten, sondern von einem Rechtsanwalt verfassten konkreten Anbots von Verkäuferseite (Beilage ./8). Es kann aber dahingestellt bleiben, ob darin die Inanspruchnahme einer Vermittlungstätigkeit der Beklagten zu erblicken ist, weil die einzige von ihr geforderte Tätigkeit (nur) in der Übersendung eines von dritter Seite formulierten Schriftstücks bestand:

Denn ein (mangels jeder Thematisierung seiner Dauer) unbefristeter Maklervertrag konnte – wie bereits erwähnt – jedenfalls erst am späten Vormittag des 27. März 2012 geschlossen worden sein; während die der wunschgemäß veranlassten Übersendung des Verkaufsanbots folgende Mitteilung des Klägers (im E-Mail vom selben Tag, 15:22 Uhr), mit dessen Inhalt nicht einverstanden zu sein und nicht mehr weiter mitzubieten, von der Beklagten nur dahin zu verstehen war, dass der Kläger sie nicht mehr weiter benötige, weil er unter den mitgeteilten Bedingungen kein Interesse an der Liegenschaft habe (Beilage ./10). Darin lag aber eine – rechtlich zulässige (§ 13 MaklerG) – fristlose Kündigung des (allenfalls) zustande gekommenen Maklervertrags. Dass die Beklagte dies ohnehin so verstanden hat, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass sie überhaupt keine weiteren Tätigkeiten für den Kläger entfaltete (wie zB Arrangierung eines Besichtigungstermins oder Anbahnung eines Gesprächs mit dem Verkäufer).

5.  Es ist zwar nicht erforderlich, dass der Abschluss eines vermittelten Geschäfts in den Zeitraum des aufrechten Maklervertrags fällt (RIS-Justiz RS0062800 [T1]), wesentlich ist aber, dass der Makler seine vertragsgemäße Vermittlungstätigkeit während des Bestehens des Maklervertrags erbracht hat (6 Ob 71/07w = RIS-Justiz RS0121626 [T2]; 6 Ob 246/05b = RIS-Justiz RS0062800 [T2]; RS0062799; Gartner/Karandi MaklerG 2 § 6 Rz 9). Eine Tätigkeit vor Abschluss des Maklervertrags oder nach dessen Widerruf (oder sonstigen Beendigung) entbehrt einer maklervertraglichen Grundlage und kann den Provisionsanspruch nicht auslösen, auch wenn sie kausal für einen Hauptvertragsabschluss werden sollte ( Fromherz Kommentar zum MaklerG §§ 6, 7 Rz 10 mwN).

Der provisionsrelevante Zeitraum bestand hier somit nur aus wenigen Stunden, die am 27. März 2012 zwischen den E-Mails Beilage ./8 und ./10 vergingen, also zwischen 10:42 Uhr und 15:22 Uhr. Die einzige, in diesen Zeitraum fallende Tätigkeit der Beklagten bestand in der Übersendung ihres E-Mails Beilage ./9 samt dem Verkaufsanbot. Sowohl die frühere Übersendung der Verkaufsbroschüre als auch das spätere neuerliche Anschreiben des Klägers (über Auftrag des Verkäufers) im September 2012 müssen außer Betracht bleiben.

6.  Dieses Verkaufsanbot wurde aber gar nicht von der Beklagten verfasst, sondern im Auftrag der Eigentümergemeinschaft von einem Anwalt erstellt und vom Verkäufer unterfertigt. Es enthält – wie den (ergänzten) Feststellungen zu entnehmen ist – eine Offenlegung nicht nur der Eigentumssituation im Uferbereich der Liegenschaft, sondern auch der fehlenden Kollaudierung des Hauses und der Unklarheiten bezüglich des Grenzverlaufs. Den im begleitenden E-Mail der Beklagten enthaltenen Hinweisen zu den beiden erstgenannten Themen kommt daher kein selbständiger Informationswert für den Kläger zu, sodass nur die Verschaffung der Kenntnis von den konkreten Ansprechpersonen bei den Österreichischen Bundesforsten und der Baubehörde berücksichtigt werden kann.

Zu prüfen bleibt, ob in dieser Leistung eine provisionsbegründende Tätigkeit der Beklagten zu erblicken ist.

7.  Voraussetzung für den behaupteten Provisionsanspruch der Klägerin iSd § 6 Abs 1 MaklerG ist der Nachweis einer verdienstlichen, für den Geschäftsabschluss adäquat kausalen Tätigkeit. Eine verdienstliche Tätigkeit liegt dann vor, wenn sie den Anforderungen des Vermittlungsvertrags entspricht und ihrer Art nach geeignet ist, für den Geschäftsherrn Vertragspartner aufzufinden bzw diese zum Vertragsabschluss zu bewegen (RIS-Justiz RS0062747 [T1]).

7.1.  Im Geschäftszweig der gewerblichen Immobilienmakler reicht dabei die Namhaftmachung des potentiellen Geschäftspartners (Nachweisung einer Vertragsabschlussgelegenheit) gemäß § 6 Abs 2 MaklerG aus (RIS-Justiz RS0062747 [T2]; RS0062723; RS0121626). „Namhaftmachung“ im hier interessierenden Sinn ist die erstmalige Nennung eines bisher unbekannten Interessenten für den Vertragsabschluss. Die Vorkenntnis der namhaft gemachten Person als Individuum schadet allerdings nicht; wesentlich ist nur, dass die Person in ihrer Eigenschaft als potentieller Vertragspartner unbekannt ist. Der namhaft Gemachte muss soweit individualisiert werden, dass sich der Auftraggeber mit ihm in Verbindung setzen kann (1 Ob 42/12a mwN; RIS-Justiz RS0119614; jüngst 3 Ob 110/16x mwN).

Da der Kläger nach den Feststellungen nur aufgrund Informationen Dritter und eigener Erhebungen – also ohne jedes Zutun der Beklagten – im März 2012 Kenntnis von der Gelegenheit des möglichen Kaufs der Seeliegenschaft erhielt und in die Lage versetzt wurde, an den Verkäufer heranzutreten und ihm sein Kaufinteresse mitzuteilen, scheidet eine Namhaftmachung im soeben dargestellten Sinn als verdienstliche Tätigkeit der Beklagten aus.

Ob der Kläger schon im Jahr 2009 in derselben Situation war, ist dafür ohne jede Bedeutung. Die Nichterledigung der dazu erhobenen Beweisrüge der Beklagten durch das Berufungsgericht schadet daher nicht.

7.2. Von der Rechtsprechung wird die verdienstliche Tätigkeit des Immobilienmaklers durch vertragsgemäße, auf den Vertragsabschluss gerichtete Vermittlungstätigkeiten auch dann anerkannt, wenn zwar dem Auftraggeber die Vertragsgelegenheit schon bekannt war, der Immobilienmakler danach aber durch seine Bemühungen den Abschluss des Geschäfts unterstützte und der Auftraggeber diese Hilfestellung in Anspruch nahm (1 Ob 42/12a mwN).

Der Makler ist ein Geschäftsvermittler. Die Vermittlungstätigkeit selbst entzieht sich einer gesetzlichen Definition, da die an sie zu stellenden Anforderungen je nach Geschäftszweig und Lage des Falls sehr variieren. Selbstverständlich ist, dass der Begriff „Vermitteln“ bedeutet, zwei potentielle Vertragspartner zusammenzubringen und zum Geschäftsabschluss zu bewegen. Inwieweit der Makler dabei beratend und aufklärend tätig sein muss, hängt von vielen Umständen ab (RIS-Justiz RS0118755). Zur Vermittlung gehört, dass der Vermittler auf den Entschluss des Gegners mindestens einwirkt, dass er ihm das Vertragsanbot schmackhaft zu machen sucht, indem er fördernde Vorstellungen erweckt und bekräftigt und hemmende beseitigt oder entkräftet. Diese Tätigkeit ist es, die den Vermittler vom bloßen Boten unterscheidet (RIS-Justiz RS0062825; vgl 7 Ob 92/06i). Der Makler hat die Verhandlungen nicht nur einzuleiten, sondern auch zu fördern (vgl RIS-Justiz RS0062874).

7.3. Hält man sich diese Kriterien einer verdienstlichen Vermittlungstätigkeit vor Augen, zeigt sich, dass die Übermittlung des E-Mails Beilage ./9 samt dem Verkaufsanbot einem „Vermitteln“ im dargestellten Sinn in keiner Weise entspricht. Das Abfordern und die Übersendung eines im Auftrag (und daher wohl auch auf Kosten) der Eigentümergemeinschaft von einem Anwalt erstellten und vom Verkäufer unterfertigten Verkaufsanbots stellt in Wahrheit einen bloßen Botendienst der Beklagten dar, weshalb die sich aus dem Inhalt des Verkaufsanbots ergebende Information des Klägers nicht der Beklagten zuzurechnen ist. Die einzigen, der Beklagten zurechenbaren Neuinformationen (Nennung von Ansprechpersonen im begleitenden E-Mail) mögen zwar für den Kläger nicht völlig wertlos (sondern zeitsparend bei weiteren Erkundigungen) gewesen sein; für die Prüfung der Vertragsgelegenheit kommt ihnen aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Viel wichtiger für eine Kaufentscheidung war die – schon zum Teil der Verkaufsbroschüre und zur Gänze dem Verkaufsanbot entnehmbare – Darstellung der Eigentumssituation im Ufer- und Stegbereich sowie der fehlenden Kollaudierung des Hauses.

7.4.  Weitergehende Maßnahmen, Tätigkeiten oder Informationen hat die Beklagte für den Kläger nicht erbracht. Es kam weder zu einer Besichtigung der Liegenschaft noch zu einer Vermittlungstätigkeit im engeren Sinn (also zum Einleiten und Führen von Verhandlungen zwischen Kläger und Verkäufer oder zur Einwirkung der Beklagten auf den Verkäufer, von den vom Kläger nicht akzeptierten Bedingungen des Verkaufsanbots – allenfalls teilweise – abzugehen).

8.  Die festgestellte einzige Leistung der Beklagten während eines (allenfalls) – kurzfristig – aufrechten Maklervertrags am 27. März 2012 stellt daher keine verdienstliche Vermittlungstätigkeit der Beklagten für den ca neun Monate späteren Abschluss des Kaufvertrags vom 14. Dezember 2012 (zu unstrittig zugunsten des Klägers geänderten Bedingungen gegenüber dem Verkaufsanbot) dar.

Da eine Provisionspflicht des Klägers schon aus diesem Grund zu verneinen ist, stellen sich die Fragen, ob ein Maklervertrag schlüssig zustande kam, und ob ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit der Beklagten und dem Abschluss des Kaufvertrags besteht (vgl 3 Ob 110/16x), gar nicht.

9.  Auch die von der Beklagten in ihrer Berufung gerügten Feststellungsmängel liegen nicht vor.

9.1.  Das Berufungsgericht hat von der nach der Judikatur bestehenden Möglichkeit, den Inhalt einer im Verfahren vorgelegten Urkunde, die ihrem Inhalt nach unstrittig ist, zu verwerten (RIS-Justiz RS0040083 [T1]; RS0121557 [T3]), zulässig Gebrauch gemacht und den Inhalt der Verkaufsbroschüre zur Vermittlungsprovision ohnehin berücksichtigt.

In diesem Sinn waren auch die im eingangs wiedergegebenen Sachverhalt enthaltenen Ergänzungen zu den E-Mails Beilagen ./8, ./9 und ./10 sowie zum Verkaufsanbot vorzunehmen.

9.2.  Die Ausführungen in der Berufung zum Grundbuchsstand der Liegenschaft im Jahr 2009 stellen unzulässige Neuerungen dar.

9.3.  Die Forderung der Beklagten nach einer Vermittlungsprovision auch vom Kläger ergibt sich ohnehin klar aus der Verkaufsbroschüre, die ausschließlich an Kaufinteressenten gerichtet ist; solche mussten sich daher von der darin erwähnten Vermittlungsprovision angesprochen fühlen.

10.  Der Revision des Klägers ist daher Folge zu geben und das Ersturteil einschließlich der unbeanstandet gebliebenen Kostenentscheidung wiederherzustellen.

11.  Die Kostenentscheidung zum Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten der Berufungsbeantwortung (für die nur ein Einheitssatz von 150 % zusteht [§ 23 Abs 9 RATG]) und der Revision zu ersetzen.

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