European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00012.16X.1025.000
Spruch:
Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.268,90 EUR (darin 378,15 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung
Die Klägerin war beim beklagten Land als Hilfskraft mit den Aufgaben einer Reinigungskraft in einer Krankenanstalt beschäftigt. Das Dienstverhältnis unterlag dem Oö Landes-Vertragsbedienstetengesetz (Oö LVBG).
Die Klägerin litt seit Jahren an gesundheitlichen Problemen und befand sich mehrfach in mehrmonatigen Krankenständen. Am 20. 9. 2011 wurde die Klägerin bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und musste in der Folge neuerlich bis 14. 3. 2013 im Krankenstand bleiben. Die Klägerin war auch danach nur mehr zu leichten, vorwiegend im Sitzen zu verrichtenden Arbeiten in der Lage und konnte die bisherige Tätigkeit einer Reinigungskraft weiterhin nicht mehr ausüben. Eine andere Einsatzmöglichkeit für die Klägerin als Hilfskraft bestand weder beim beklagten Land selbst, noch im Bereich des ausgegliederten Krankenanstaltenträgers, bei dem sie davor tätig war. Es bestehen auch (dislozierte Feststellung) keine Anhaltspunkte für eine Möglichkeit, die Klägerin bei anderen ausgegliederten Rechtsträgern der beklagten Partei als Hilfskraft einzusetzen.
Das beklagte Land wies die Klägerin mit Schreiben vom 17. 6. 2013 darauf hin, dass ihr Dienstverhältnis voraussichtlich wegen einjähriger Dienstunfähigkeit gemäß § 29 Abs 9 Oö LVBG durch Zeitablauf am 20. 9. 2013 enden werde. Mit Schreiben vom 20. 9. 2013 teilte die beklagte Partei der Klägerin mit, dass sie das Dienstverhältnis nunmehr für beendet erachte.
Die Klägerin ist begünstigte Behinderte. Der Behindertenausschuss beim Bundessozialamt erklärte gemäß § 8a BEinstG, dass er eine Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter den gegebenen Umständen nicht für zweckmäßig erachte.
In der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr Dienstverhältnis über den 20. 9. 2013 hinaus aufrecht sei, sowie die Nachzahlung von Bezügen ab März 2013. Sie habe sich nach Beendigung des Krankenstandes arbeitsbereit erklärt; die beklagte Partei wäre verpflichtet und ohne weiters in der Lage gewesen, ihr eine leichte Tätigkeit zuzuweisen, die sie mit ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit noch verrichten könnte.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach den Feststellungen sei die Klägerin mehr als ein Jahr lang nicht mehr imstande gewesen, die Tätigkeit einer Reinigungskraft zu verrichten. Mangels geeigneter offener Stellen sei auch eine Beschäftigung in einem anderen Bereich der beklagten Partei oder des Krankenhausträgers nicht mehr möglich gewesen. Die Fürsorgepflicht des Dienstgebers gegenüber partiell dienstunfähigen Mitarbeitern gehe nicht so weit, dass er für diese geeignete Arbeitsplätze neu schaffen oder Dienstverhältnisse mit anderen Mitarbeitern beenden müsse. Andere ausgegliederte Unternehmen der Beklagten seien – abgesehen davon, dass es auch dort keinen Anhaltspunkt für geeignete Stellen gebe – nicht in die Suche einzubeziehen, weil es sich dabei um rechtlich eigenständige Gesellschaften handle und eine einseitige Zuweisung von Vertragsbediensteten an sie nicht möglich wäre.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zur Frage, wie weit die Fürsorgepflicht von Dienstgebern im öffentlichen Sektor reicht und ob auch ausgegliederte Rechtsträger einer Gebietskörperschaft in die Prüfung von Weiterverwendungsmöglichkeiten eines partiell dienstunfähigen Bediensteten einzubeziehen sind, noch keine eindeutige höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Die Klägerin strebt mit ihrer Revision die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im klagsstattgebenden Sinn an. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen, eventualiter ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts unzulässig, weil in Wahrheit keine für das Ergebnis erheblichen, in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung noch ungeklärten Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgeworfen werden.
1. Die Revision wendet sich sowohl mit ihrer Mängelrüge als auch mit der Rechtsrüge inhaltlich nur gegen die Ansicht der Vorinstanzen, dass die beklagte Partei nicht verpflichtet gewesen sei, für die Klägerin auch Beschäftigungsmöglichkeiten in sämtlichen ausgegliederten ehemaligen Landesbetrieben zu suchen.
Ob ein Dienstgeber ausreichende Anstrengungen unternommen hat, um für den gesundheitlich beeinträchtigten Dienstnehmer einen geeigneten Ersatzarbeitsplatz zu finden, betrifft typisch den Einzelfall und begründet keine erhebliche Rechtsfrage (zB 8 ObA 69/12y; 9 ObA 145/15m), sofern dem Berufungsgericht nicht ausnahmsweise eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Dies ist hier nicht der Fall.
Nach der Rechtsprechung ist der Dienstgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht verhalten, einem partiell dienstunfähigen Arbeitnehmer nach Möglichkeit eine leichtere Arbeit zuzuweisen, zu deren Verrichtung er weiterhin in der Lage ist (RIS-Justiz RS0082303). Diese Obliegenheit erstreckt sich aber nur auf solche Verweisungstätigkeiten, die auch dem Arbeitgeber vernünftigerweise zumutbar sind (vgl 8 ObA 21/03a). Er ist nicht verpflichtet, seine Arbeitsorganisation umzustrukturieren, um einen nicht existierenden Arbeitsplatz erst neu zu schaffen, um der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Bediensteten gerecht zu werden (RIS-Justiz RS0082303 [T4, T7]; RS0031393).
Diese Rechtsprechung wird aber von der Revision ebensowenig in Frage gestellt wie der Umstand, dass das beklagte Land nicht einseitig die Zuweisung einer Vertragsbediensteten an ein ausgegliedertes, wirtschaftlich und rechtlich selbstständiges Unternehmen veranlassen kann. Selbst wenn, wie die Revision meint, der Beklagten faktisch Mittel und Wege – bis hin zur Gesetzesänderung (!) – zur Verfügung stehen sollten, auf die Leitung eines ausgegliederten Unternehmens derart einzuwirken, dass sie einer Beschäftigung der Klägerin zustimmen würde, würde ein solches Vorgehen – von den dagegen sprechenden rechtlichen Bedenken abgesehen – über die zumutbaren Fürsorgepflichten des Dienstgebers hinausgehen.
Soweit die Revision moniert, dass partiell dienstunfähige Vertragsbedienstete, die in einem kleineren ausgegliederten Betrieb tätig waren, damit schlechter gestellt wären als Vertragsbedienstete in Großbetrieben, wird einerseits übergangen, dass auch der Verwaltungsbereich der beklagten Partei selbst als mögliches Einsatzfeld zur Verfügung steht und überlassene Vertragsbedienstete damit gegenüber Dienstnehmern, die direkt im ausgegliederten Betrieb angestellt sind, bevorzugt werden. Dass es sich im Übrigen bei dem hier betroffenen Krankenanstaltenträger nicht bloß um ein kleines Unternehmen handelt, ist notorisch und wird von der Revision gar nicht in Frage gestellt.
2. Soweit die Klägerin diverse fehlende Feststellungen rügt, unternimmt sie in Wahrheit den im Revisionsverfahren unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen. Eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge hat auch dann von den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen auszugehen, wenn sie den Vorstellungen des Berufungswerbers zuwiderlaufen (vgl RIS-Justiz RS0043603 [T3]).
3. Ob die noch im Juni 2013 formal erklärte Versetzung der Klägerin an einen anderen Dienstort, deren Grund in der Schließung des bisherigen Betriebsstandorts lag, bei objektiver Betrachtung als „contrarius actus“ zur Beendigungsankündigung zu verstehen sein konnte, betrifft die Auslegung einer Willenserklärung, die stets einzelfallabhängig und damit im Regelfall nicht revisibel ist. Die Vorinstanzen haben diese Frage keineswegs unvertretbar gelöst.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 2 ASGG, 41 und 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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