OGH 8ObA69/12y

OGH8ObA69/12y24.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Schleinzer und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. A***** S*****, vertreten durch Mag. Peterpaul Suntinger, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Land Kärnten, 9020 Klagenfurt, Arnulfplatz 1, vertreten durch Mag. Johannes Mutz, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert 21.800 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. September 2012, GZ 7 Ra 51/12t-31, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1 § 58 des Kärntner LVBG enthält - zur Überschrift „Ansprüche bei Dienstverhinderung“ - folgende Bestimmungen:

„(1) Ist der Vertragsbedienstete nach Antritt des Dienstes durch Unfall oder frühestens 14 Tage nach Dienstantritt durch Krankheit oder Gebrechen an der Dienstleistung verhindert, ohne dass er die Verhinderung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, so behält er den Anspruch auf das Monatsentgelt und die Kinderzulage bis zur Dauer von 42 Kalendertagen, wenn aber das Dienstverhältnis fünf Jahre gedauert hat, bis zur Dauer von 91 Kalendertagen, und wenn es zehn Jahre gedauert hat, bis zur Dauer von 182 Kalendertagen.

...

(7) Wird der Vertragsbedienstete nach wenigstens einmonatiger Dienstleistung durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert, so gebühren ihm das Monatsentgelt und die Kinderzulage für die ersten 15 Kalendertage in voller Höhe, für weitere 15 Kalendertage in halber Höhe.

...

(9) Haben Dienstverhinderungen aus Gründen der Abs 1 oder 7 ein Jahr gedauert, so endet das Dienstverhältnis mit Ablauf dieser Frist, es sei denn, dass vorher seine Fortsetzung vereinbart wurde. Die einjährige Dauer der Abwesenheit vom Dienst wird durch einen Urlaub sowie durch eine ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst nicht unterbrochen. Bei der Berechnung der einjährigen Frist gilt eine Dienstverhinderung, die innerhalb von sechs Monaten nach Wiederantritt des Dienstes eintritt, als Fortsetzung der früheren Dienstverhinderung.“

§ 60 des NÖ LVBG enthält in Abs 1 lit d und Abs 2 ähnliche Bestimmungen über die Beendigung des Dienstverhältnisses durch eine Dienstverhinderung in der Dauer eines Jahres. Zudem wird in § 58 des NÖ LVBG Folgendes normiert:

„(1) Einem Vertragsbediensteten, der für die vereinbarte Tätigkeit gesundheitlich nicht mehr geeignet ist, jedoch ihm zumutbare Aufgaben im Rahmen der Landesverwaltung erfüllen kann, sind solche Aufgaben schriftlich anzubieten. Der Vertragsbedienstete hat zu diesem Angebot binnen einem Monat Stellung zu nehmen. ...“

1.2 In der Entscheidung 8 ObA 43/09w (RIS-Justiz RS0125344) hat der Oberste Gerichtshof festgehalten, dass im gegebenen Zusammenhang allgemein zwei Beendigungsfragen auseinander zu halten sind, und zwar die Dauer des Krankenstands als „Resolutivbedingung“ für die ex-lege-Auflösung des Dienstverhältnisses (RIS-Justiz RS0081505; 8 ObA 178/00k; 9 ObA 159/01z) einerseits und die „Dienstunfähigkeit“ etwa als Kündigungsgrund der Dienstunfähigkeit nach § 32 Abs 2 Z 2 VBG andererseits. Aus dem Sachzusammenhang zwischen § 60 und § 58 des NÖ LVBG hat der Oberste Gerichtshof den Schluss gezogen, dass den Dienstgeber die Verpflichtung trifft, dem gesundheitlich beeinträchtigten Dienstnehmer einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz anzubieten. Da der Dienstgeber nicht verpflichtet ist, seine Arbeitsorganisation umzustrukturieren oder sogar nicht existierende Arbeitsplätze neu zu schaffen, nur um der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Vertragsbediensteten gerecht zu werden (RIS-Justiz RS0082303; 9 ObA 57/07h), muss ein solcher Ersatzarbeitsplatz aber tatsächlich vorhanden sein. Aus den allgemeinen Grundsätzen, dass sich in einem Vertragsverhältnis niemand zu seinen Gunsten auf den Eintritt einer Bedingung berufen kann, wenn er deren Eintritt selbst gegen Treu und Glauben herbeigeführt hat (RIS-Justiz RS0012720; RS0015330), und auch niemand aus dem eigenen rechtswidrigen Verhalten einen Vorteil ziehen darf (8 ObS 107/01w; 9 ObA 50/03y), hat der Oberste Gerichtshof im Weg eines Analogieschlusses weiters abgeleitet, dass (nach Antrag des Vertragsbediensteten auf Zuweisung einer anderen Aufgabe) eine Verletzung der Anbotspflicht durch den Dienstgeber (unter der Voraussetzung, dass der Vertragsbedienstete bei der zuzuweisenden Aufgabe keinen Krankenstand gehabt hätte) dazu führt, dass sich der Dienstgeber auf die ex-lege-Beendigung des Dienstverhältnisses nicht berufen kann.

2.1 Selbst wenn man zugunsten des Klägers auch ohne spezielle Anordnung im anzuwendenden Vertragsbedienstetengesetz von einer den Überlegungen in der Entscheidung 8 ObA 43/09w Rechnung tragenden allgemeinen Gestaltungsverpflichtung des Dienstgebers im öffentlichen Sektor ausgeht, wofür durchaus gute Gründe bestehen, wurden von den Vorinstanzen keine unzutreffenden Rechtsgrundsätze angewendet. Die Beurteilung, ob der Dienstgeber in einem solchen Fall ausreichende Anstrengungen unternommen hat, um für den gesundheitlich beeinträchtigten Dienstnehmer einen geeigneten Ersatzarbeitsplatz zu finden, betrifft typisch den Einzelfall und begründet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage. Die Schlussfolgerungen der Vorinstanzen, dass die zahlreichen Versetzungsversuche aus personenbezogenen Gründen des Klägers gescheitert seien und für ihn keine geeignete Ersatzplanstelle zur Verfügung gestanden sei, stellen keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar, die ein Einschreiten des Obersten Gerichtshofs erforderlich machen würde. Das Gleiche gilt für das sich daran anknüpfende Ergebnis, dass der Beklagten weder eine Verletzung der Fürsorgepflicht noch Mobbinghandlungen vorgeworfen werden könnten und das Dienstverhältnis des Klägers infolge seines einjährigen Krankenstands gemäß § 58 Abs 9 des Kärntner LVBG ex lege geendet habe.

2.2 Mit den neuerlichen Ausführungen, wonach auch in Bezug auf die zugrunde liegende Beendigung des Dienstverhältnisses die Formvorschriften für eine Auflösung nach Vertragsbedienstetenrecht einzuhalten seien und eine Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit zulässig sein müsse, spricht der Kläger ebenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung an.

3. Mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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