OGH 8ObS107/01w

OGH8ObS107/01w29.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Dr. Martha Seböck und Mag. Christa Marischka als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Emin A*****, vertreten durch Dr. Paul Sutterlüty ua, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Bundessozialamt Vorarlberg, 6901 Bregenz, Rheinstraße 32, nunmehr: IAF-Service GmbH, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 2.193,-- netto, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Februar 2001, GZ 25 R 23/01w-9, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. Oktober 2000, GZ 35 Cgs 213/00s-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger machte gegen seine ehemalige Dienstgeberin, die spätere Gemeinschuldnerin, Ansprüche auf rückständigen Lohn und anteilige Sonderzahlungen geltend. Mit rechtskräftigem Zahlungsbefehl vom 15. 10. 1998 wurde die spätere Gemeinschuldnerin verpflichtet, zu einem dem Kläger den Nettobetrag von S 25.180,-- samt 8,5 % Zinsen seit 1. 7. 1998 zu bezahlen und S 990,-- an Prozesskosten zu ersetzen und zum anderen der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Vorarlberg den Betrag von S 2.000,-- an pauschaliertem Aufwandersatz iSd AufwandersatzG zu bezahlen. In der Folge beantragte der Kläger Exekution gegen die nunmehrige Gemeinschuldnerin, wobei er seine vollstreckbare Forderung wie folgt darlegte: Kapitalforderung S 25.180,--; Zinsen pro Jahr 8,5 % seit 1. 7. 1998 aus S 25.180,--; Kosten S 2.990,--. An Kosten des Exekutionsantrages verzeichnete er S 2.393,84. Die Exekution wurde vom Exekutionsgericht antragsgemäß bewilligt. In der Ausfertigung der Exekutionsbewilligung ist bei der Aufstellung des Gesamtbetrages auch ein Kostenbetrag für das Titelverfahren mit S 2.990,-- ausgewiesen. Am 24. 2. 1999 leistete die spätere Gemeinschuldnerin an den Gerichtsvollzieher eine Zahlung von S 16.000,--.

In der Folge machte der Kläger Insolvenz-Ausfallgeld in der Gesamthöhe von S 18.050,-- geltend. Die beklagte Partei erkannte dem Kläger Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von S 15.587,-- zu und wies ein Mehrbegehren von S 2.193,-- ab; hiebei handelt es sich um den pauschalierten Aufwandersatz der gesetzlichen Interessenvertretung samt Zinsen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger den zuletzt genannten Betrag mit der Begründung, es sei unrichtig, dass es sich um einen Rechtsanspruch der gesetzlichen Interessenvertretung selbst handle; er, der Kläger habe lange vor Konkurseröffnung aus der erlangten Teilzahlung diesen Betrag an die gesetzliche Interessenvertretung weitergeleitet; überdies liege eine rechtskräftige Exekutionsbewilligung vor, in der dieser Betrag enthalten sei.

Das Erstgericht sprach dem Kläger diesen Betrag zu.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung im klagsabweisenden Sinn ab. Die Revision ließ es mangels oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der Sicherung der Aufwandentschädigung zu.

Der Kläger beantragt in seiner Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung die Abänderung der Entscheidung im Sinn der Wiederherstellung des Ersturteiles.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach der eindeutigen Gesetzeslage gebührt einer gesetzlichen Interessenvertretung sowie einer freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigung gegenüber dem Gegner der von ihrem Funktionär oder Arbeitnehmer vertretenen Partei der Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes iSd § 1 Abs 2 und 3 AufwandersatzG, der im Verfahren nach § 58a ASGG geltend zu machen ist (§ 1 Abs 1 und 4 AufwandersatzG). Nach § 58a ASGG hat die gesetzliche Interessenvertretung oder die freiwillige kollektivvertragsfähige Berufsvereinigung in dem Verfahren über ihren Anspruch auf Aufwandersatz die Stellung einer Partei. In ein von der Partei übergebenes Kostenverzeichnis sowie von ihr erhobenes Rechtsmittel können auch das Verzeichnis des Aufwandes bzw das Rechtsmittel der gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigung betreffend deren Anspruch auf Aufwandersatz aufgenommen werden (§ 58a Abs 1 und 2 ASGG). Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass in Verfahren in Arbeitsrechtssachen - der Kostenersatz in Sozialrechtssachen ist in § 77 ASGG gesondert geregelt - Arbeitnehmer oder Funktionäre einer gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigung Parteien vertreten (§ 40 Abs 1 Z 2 ASGG), wodurch der Interessenvertretung ein von ihr zu tragender Aufwand entsteht, der von einem Außenstehenden - nämlich dem Prozessgegner - verursacht wird. Dieser Prozessgegner soll nach Maßgabe des zivilprozessualen Kostenersatzrechtes zum Kostenersatz an die Interessenvertretung herangezogen werden. Dieser Ersatzanspruch soll nicht der vertretenen Partei, sondern der Interessenvertretung zustehen. Es handelt sich um einen eigenen Anspruch der gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen Berufsvereinigung. Der Kostenersatzanspruch der vertretenen Partei bleibt davon grundsätzlich unberührt, sodass sie etwa ihre Barauslagen als Kostenersatz verlangen kann. Gleiches gilt für die Exekutionskosten, die vom Pauschalbetrag nicht erfasst sind. Es handelt sich somit bei dem Anspruch auf Aufwandersatz nach § 58a ASGG um keinen Anspruch des Arbeitnehmers (8 ObS 14/94 = ecolex 1994, 706 = RZ 1995/51; Kuderna, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz2 369 f).

Nach der ebenfalls deutlichen Regelung des § 1 Abs 2 Z 4 IESG sind nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Arbeitnehmers, nicht aber dritter Personen gesichert, spricht doch § 1 Abs 2 Z 4 IESG von Prozesskosten, die dem Arbeitnehmer zur Durchsetzung seiner Ansprüche nach Abs 2 Z 1 bis 3 rechtskräftig

zugesprochen ... wurden (lit a), von tarifmäßigen Prozesskosten (lit d), Barauslagen und Kosten, die dem Arbeitnehmer ... entstanden sind

(lit e) etc. Der pauschalierte Aufwandersatz, der der gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen Berufsvereinigung zusteht, ist (zu Recht) nicht erwähnt. Zweck des IESG ist die Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstiger aus dem Dienstverhältnis erwachsener Ansprüche des Arbeitnehmers in einem gewissen Umfang; dazu gehören auch akzessorische Ansprüche wie Prozesskosten. Nicht gesichert ist jedoch der von der gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen Berufsvereinigung zu tragende Aufwand; deren wirtschaftliche Situation ist nicht mit der des Arbeitnehmers vergleichbar. Es ist daher auch keine analoge Ausweitung des IESG auf diesen Aufwand angebracht, zumal der Kostenersatzanspruch der gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen Berufsvereinigung nicht in den Katalog der gesicherten Ansprüche aufgenommen wurde, obwohl das IESG seit Erlassung des AufwandersatzG bzw des § 58a ASGG mehrfach novelliert und vor allem durch das IRÄG 1994 der Katalog der zu ersetzenden Kosten erweitert wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass es der Gesetzgeber mit voller Absicht unterlassen hat, eine entsprechende Regelung in das IESG aufzunehmen. Infolge dessen kommt eine Überwälzung der Kosten des pauschalierten Aufwandersatzes auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds nicht in Frage.

Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers hat auf die vom Kläger betriebene Forderung im Exekutionsverfahren S 16.000,-- bezahlt; wie der Kläger diesen Betrag verwendet, ist ausschließlich seine Angelegenheit und kann nicht dazu führen, dass Ansprüche dritter Personen, die nicht gesichert sind, mittelbar zu gesicherten Ansprüchen iSd IESG würden. Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Aufwandersatzanspruch der Kammer für Arbeiter und Angestellte zu zahlen, besteht nicht. Eine "Einlösung" eines nichtgesicherten Anspruches kann nicht dazu führen, dass dieser Anspruch zu einem gesicherten wird.

An diesem Ergebnis kann auch nichts ändern, dass der Kläger selbst - in rechtswidriger Weise - das Exekutionsverfahren auch zur Hereinbringung des Aufwandersatzanspruches eingeleitet und das Exekutionsgericht rechtswidrig die Exekution auch hinsichtlich des nur der gesetzlichen Interessenvertretung bzw der freiwilligen Berufsvereinigung selbst zustehenden Anspruchs bewilligt hat; es darf nämlich niemand aus dem eigenen rechtswidrigen Verhalten einen Vorteil ziehen.

Das Problem der Teilzahlung und worauf diese anzurechnen ist, stellt sich vorliegendenfalls nicht, weil es sich um Forderungen Dritter handelt, die der Arbeitnehmer nicht zu begleichen verpflichtet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 ASGG iVm §§ 40, 50 ZPO.

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