OGH 14Os41/16k

OGH14Os41/16k14.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Beran als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl G***** wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB über dessen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 25. Februar 2016, GZ 9 Hv 3/14v‑59, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00041.16K.0914.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl G***** im zweiten Rechtsgang (zum ersten Rechtsgang siehe 14 Os 49/15k) erneut des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt im Zeitraum von 1992 bis 1994 in S***** Sarah H***** in zumindest einem Fall durch gefährliche Drohung zumindest mit einer Verletzung an der Freiheit, nämlich durch die Äußerung, sie und ihre Geschwister würden ins Heim kommen, wenn sie von den zu A./ des in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruchs des Urteils des Landesgerichts Eisenstadt vom 27. Jänner 2015, GZ 9 Hv 3/14v‑40, angeführten Tathandlungen erzähle, zur Abstandnahme genötigt, sich ihrer Mutter Lucia S***** oder anderen Personen betreffend die sexuellen Übergriffe anzuvertrauen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a und b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Der Einwand der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der vom Angeklagten getätigten Äußerung (US 6 ff iVm US 1 [vgl RIS‑Justiz

RS0114639]) würden „nicht auf dem durchgeführten Beweisverfahren“ fußen, weil dieses keine Anhaltspunkte für eine Freiheitseinschränkung im Zusammenhang mit der inkriminierten Äußerung geboten habe, erschöpft sich ebenso wie die Behauptung, die Feststellungen zum Sinn und zur Ernstlichkeit der vom Angeklagten getätigten Äußerung seien „vollkommen lebensfremd“ und „logisch nicht nachvollziehbar“, weil die Familie vom Jugendamt betreut worden, somit eine „Abhängigkeit vom alleinigen Willen des Angeklagten unter keinen Umständen zu unterstellen“ sei, in einer – in dieser Form unzulässigen – Kritik an der Beweiswürdigung, ohne eine den Gesetzen der Logik und Empirie widersprechende Begründung aufzuzeigen (RIS‑Justiz RS0118317,

RS0116732).

Mit der Behauptung, die Begründung für den Zuspruch an die Privatbeteiligte Sarah H***** stehe in Betreff der angenommenen Kausalität der dem Angeklagten angelasteten Sexualstraftaten für die psychischen Störungen des Tatopfers (US 6 f und 12 f) im Widerspruch zum Akteninhalt, wird lediglich ein Berufungsvorbringen zur Darstellung gebracht.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Fehlen von Feststellungen einer gegen ein in § 74 Abs 1 Z 5 StGB genanntes Rechtsgut gerichteten Drohung. Sie legt dabei nicht methodengerecht dar, weshalb durch die in den Entscheidungsgründen (US 6 f und 10) in Zusammenschau mit dem zur Verdeutlichung heranzuziehenden Urteilsspruch (US 1) getroffenen Feststellungen die Annahme einer in Aussicht gestellten Verletzung der persönlichen Freiheit des betroffenen Mädchens durch die angekündigte Heimunterbringung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht sein soll (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 19; vgl zur Drohung mit einer Verletzung an der Freiheit durch die Androhung einer Heimunterbringung RIS‑Justiz RS0092479, RS0092369; Jerabek in WK2 StGB § 74 Rz 30).

Warum auf Grundlage der getroffenen Feststellungen die Beurteilung der Eignung der Drohung, dem Opfer begründete Besorgnis einzuflößen

(vgl RIS‑Justiz RS0092448,

RS0092160), nicht möglich sein soll, legt die Beschwerde nicht dar.

Ebenso erklärt die Verjährung behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit b) nicht, warum die (dem im ersten Rechtsgang ergangenem Schuldspruch zugrunde liegenden) Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60 und Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB idF BGBl 1974/60, die (auch) dem Schutz der ungestörten psychischen Entwicklung von Unmündigen dienen (vgl Philipp in WK2 StGB § 207 Rz 2), nicht gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sein sollen – und somit auf der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruhen sollen – wie das (ebenfalls das unmündige Opfer Sarah H***** betreffende) Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, das die Freiheit der Willensentschließung und -betätigung (vgl RIS‑Justiz RS0093490

,

RS0093438,

RS0093509; Schwaighofer in WK2 StGB § 105 Rz 4 ff), somit auch die psychische Integrität des Opfers schützt. Nicht an den getroffenen Feststellungen (US 5 f) orientiert sich in diesem Zusammenhang der Einwand, die Feststellungen seien „zu mangelhaft“, um den rechtlichen Schluss treffen zu können, Verjährung sei noch nicht eingetreten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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