OGH 4Ob51/16b

OGH4Ob51/16b20.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Hausberger, Moritz, Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 43.200 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. Jänner 2016, GZ 1 R 214/15w‑11, womit die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 30. Oktober 2015, GZ 29 Cg 85/15t‑4, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00051.16B.0420.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Vorinstanzen verboten der Beklagten, im geschäftlichen Verkehr im Rahmen touristischer Dienstleistungen, insbesondere bei der Vermittlung und Veranstaltung von Outdoor‑Events und Aktivurlauben, das Zeichen MAGIC MOUNTAIN, auch mit allfälligen Zusätzen, sowie verwechslungsfähig ähnliche Zeichen, insbesondere auch in Kombination mit MAGIC MOUNTAIN, zu verwenden. Die Wortfolge „MAGIC MOUNTAINS“ sei für die konkreten Dienstleistungen nicht beschreibend und daher unterscheidungskräftig. Bei Wort‑Bild‑Marken mit (wie hier) wenig charakteristischer bildhafter Ausgestaltung sei der Wortbestandteil für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblich. Das Recht aus einer solchen Wort‑Bild‑Marke werde auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben. Auf die in den Hintergrund tretende unterschiedliche grafische Gestaltung komme es daher nicht mehr an. Die von den Streitteilen angebotenen Dienstleistungen seien teilweise ident, teilweise sehr ähnlich. Die beteiligten Verkehrskreise könnten davon ausgehen, dass die von den Streitteilen angebotenen Leistungen zumindest von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen erbracht würden.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Sicherungsbegehrens anstrebt, zeigt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO auf.

1. Die Beachtung von (angeblichen) Neuerungen im Berufungs‑/Rekursverfahren kann durch Revision/Revisionsrekurs grundsätzlich nicht angefochten werden. Auch im Sicherungsverfahren begründet die Berücksichtigung (allenfalls) unzulässiger Neuerungen durch das Rekursgericht keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens (RIS‑Justiz RS0042071). Die einen Verfahrensmangel bewirkende Ausnahme (Berücksichtigung neuer Ansprüche oder Einreden, vgl 8 Ob 26/03m; 5 Ob 43/06v) trifft hier nicht zu. Im Übrigen hat sich die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren auf die Benützung mit ihrer Wort‑Bild‑Marke verwechslungsfähiger Wort‑Bild‑Marken durch die Beklagte berufen. Die dadurch bewirkte Verletzung der Markenrechte der Klägerin ist unabhängig davon, welche Rechte die Beklagte an den prioritätsjüngeren Eingriffsmarken besitzt. Dass die Beklagte die Eingriffsmarken zur Kennzeichnung ihres Dienstleistungsangebots tatsächlich verwendete, bekämpfte die Beklagte in ihrem Rekurs nicht, weshalb das Rekursgericht diesen Umstand zutreffend als unstrittig bezeichnete.

2. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort ‑ sofern es unterscheidungskräftig ist ‑ zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS‑Justiz RS0066779, RS0117324). Das Recht an einer Wort‑Bild‑Marke wird daher in der Regel auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (RIS‑Justiz RS0066779 [T2], RS0066816).

Für die Frage der Kennzeichnungskraft ist nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, ob die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt eines Zeichens zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und die Wortkombination als beschreibenden Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstehen (RIS‑Justiz RS0109431). Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend und daher ohne Verkehrsgeltung geschützt. Bloße Andeutungen über die Beschaffenheit begründen also in der Regel keine Deskriptivität, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach‑ oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Worte, die eine gedankliche Schlussfolgerung verlangen oder lediglich im übertragenen Sinn auf die Merkmale der Ware hinweisen, sind oft sogar sehr gut als Marken geeignet. Stellt ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über Herstellung oder Beschaffenheit der Ware auszusagen, dann liegt keine bloß beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i; 17 Ob 27/07f, je mwN). Die Abgrenzung zwischen Beschreibung und bloßer Andeutung begründet ‑ grobe Fehlbeurteilungen ausgenommen ‑ keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0121895).

Die rekursgerichtliche Beurteilung der Wortfolge „Magic Mountains“ als nicht beschreibend und daher unterscheidungskräftig für Dienstleistungen der Klassen 39 und 42 widerspricht den oben dargelegten Grundsätzen nicht, sie ist jedenfalls vertretbar (vgl 4 Ob 230/01d, Internet Factory; 17 Ob 33/08i, happy kauf; 17 Ob 27/07f

ländleimmo).

Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken, etwa Werbeslogans, sind nach denselben Kriterien zu prüfen. Ihre Schutzfähigkeit ist als bloß beschreibend nur dann zu verneinen, wenn der Satz oder Satzteil nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthält, die sie beschreibt (17 Ob 27/08g mwN auch zur Rsp des EuGH).

Der von der Beklagten ins Treffen geführte Widerspruch der rekursgerichtlichen Beurteilung zur Rechtsprechung der Unionsgerichte ist nicht nachvollziehbar, zumal gerade die Entscheidung T‑19/99, Companyline, des EuG offen lässt, dass die Verbindung zweier jeweils für sich nicht kennzeichnungskräftiger Begriffe sehr wohl die Wirkung haben kann, dass das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheint, die Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (dies wurde nur im konkreten Fall verneint).

Dass das Wort „Magic“ bloß werbend zu verstehen sei und daher in Verbindung mit dem beschreibenden Begriff „Mountains“ unabhängig von der bloßen Beschreibung von den angebotenen Waren und Dienstleistungen aufgrund fehlender Unterscheidungskraft iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG nicht eintragungsfähig wäre, hat die Beklagte in ihrem Rekurs nicht vorgebracht. Eine rekursgerichtliche Prüfung in dieser Richtung konnte daher unterbleiben. Davon abgesehen wäre „Magic Mountains“ als Wortfolge, deren Deutung einen gewissen Interpretationsaufwand verlangt, die eine gewisse Originalität und Prägnanz aufweist und leicht merkfähig ist, durchaus geeignet, auf die betriebliche Herkunft der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen, also die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl 17 Ob 21/11d mwN zur Rsp des EuGH).

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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