OGH 3Ob208/15g

OGH3Ob208/15g17.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei K***** Ltd, *****, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichteten Parteien 1. S***** GmbH, *****, und 2. H*****, beide vertreten durch Estermann & Partner OG, Rechtsanwälte in Mattighofen, wegen 2.598.140,63 EUR sA, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 24. Juni 2015, GZ 6 R 80/14b‑67, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mattighofen vom 4. April 2014, GZ 1 E 188/14b‑3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00208.15G.0217.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird in Ansehung der Exekutionsbewilligung zurückgewiesen.

Im Übrigen wird ihm Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen über die Vollstreckbarerklärung ‑ einschließlich der Kostenent-scheidung zweiter Instanz ‑ werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die die Vollstreckbarerklärung betreffenden Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz über die Vollstreckbarerklärung.

Begründung

Die Erstverpflichtete, vertreten durch den Zweitverpflichteten, schloss mit der Betreibenden am 1. 8. 2012 einen Kaufvertrag über Solarzellen. Der Unterschrift des Zweitverpflichteten für die Erstverpflichtete ist in der in englischer Sprache verfassten Kaufvertragsurkunde der Zusatz „Guarantor“ beigesetzt.

Die Kaufvertragsurkunde enthält folgenden Punkt 15:

„Streitbeilegung und Rechtsanwendung:

Dieser Vertrag und die Ausführung sollte die Gesetze der Volksrepublik China (außer Hongkong, Macao und Taiwan) anwenden. Alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder dessen Ausführung sollen freundlich durch Verhandlungen beigelegt werden. Falls keine Einigung erzielt werden kann, kann dieser Fall dann für das Schiedsverfahren bei China International Economic and Trade Arbitration Commission, Shanghai, nach ihrer Schiedsordnung eingereicht werden. Das Schiedsverfahren findet in Shanghai statt und die Entscheidung der Kommission ist endgültig und bindend für beide Parteien, keine Partei darf Zuflucht bei einem Gericht oder anderen Behörden nehmen, um die Abänderung der Entscheidung zu erreichen. Die Schiedsgebühren sind von der unterlegenen Partei zu tragen.“

Am 18. 11. 2013 fällten drei von der China International Economic and Trade Arbitration Commission bestellte Schiedsrichter einen Schiedsspruch, wonach beide Verpflichteten den restlichen Kaufpreis von 2.598.140,63 EUR samt (vorläufig bis 19. 5. 2013 berechnete Verzugszinsen in Höhe von 181.869,84 EUR und weiterlaufende Verzugszinsen, 349.709,73 EUR an Schadenersatz für Wechselkursschwankungen sowie allfälligen weiteren Ausgleich für Wechselkursschwankungen sowie Rechtsanwaltskosten der Betreibenden (800.000 RMB) und Kosten des Schiedsverfahrens (368.603 RMB) zu zahlen haben. Die Ausfertigung dieses Schiedsspruchs weist die Originalunterschriften der Vorsitzenden Schiedsrichterin und der weiteren Schiedsrichter sowie ein Dienstsiegel der China International Economic and Trade Arbitration Commission (im Folgenden CIETAC), Shanghai, auf.

Unter Vorlage von beglaubigten Kopien des die Schiedsklauseln enthaltenden Kaufvertrags, der Ausfertigung des Schiedsspruchs vom 18. 11. 2013 sowie der Bestätigung einer chinesischen Rechtsanwaltskanzlei über die Übersendung des Schiedsurteils an die Verpflichteten vom 19. 11. 2013, jeweils mit notariell beglaubigter Übersetzung der Schriftstücke in die deutsche Sprache, beantragte die Betreibende, ihr aufgrund des genannten Schiedsspruchs gegen die beiden Verpflichteten zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von 2.598.140,63 EUR sA die Fahrnisexekution, die zwangsweise Pfandrechtsbegründung und die Pfändung von Geschäftsanteilen zu bewilligen und den genannten ausländischen Titel für Österreich für vollstreckbar zu erklären.

Das Erstgericht erklärte den Schiedsspruch für Österreich für vollstreckbar und bewilligte die beantragte Exekution.

Das Rekursgericht bestätigte (im zweiten Rechtsgang) die Exekutionsbewilligung und die Vollstreckbarerklärung. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rechtsprechung zur Spaltung der in Betracht zu ziehenden Schiedsgerichte in zwei verschiedene Institutionen sowie zur Frage des ausreichenden Nachweises der Authentizität der Unterschriften der Schiedsrichter zulässig sei. Die Schiedsklausel im Kaufvertrag vom 1. 8. 2012 sei gültig. Das als Exekutionstitel herangezogene Schiedsurteil stamme im Einklang mit der Textierung der Schiedsklausel von der CIETAC und das Verfahren habe wie vereinbart in Shanghai stattgefunden. Die Schiedsklausel habe sich auf die CIETAC als einheitliche Schiedsinstitution bezogen, mag diese auch mehrere rechtlich unselbständige Zweigstellen, etwa in Shanghai unterhalten haben. Der Verweis auf die „Shanghai Kommission“ sei nur als Festlegung des Schiedsorts zu sehen. Ob die vereinbarte Schiedsinstitution zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses existiert habe, sei irrelevant. Jedenfalls haben die Verpflichteten den ihnen nach Art V Abs 1 lit d NYÜ für eine Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs obliegenden Beweis für das Vorliegen eines Versagungsgrundes nicht erbracht. Eine relevante Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd Art V Abs 1 lit b NYÜ habe nicht stattgefunden, weil die Verpflichteten Gelegenheit gehabt hätten, ihren Standpunkt vor dem Schiedsgericht zu vertreten. Die Weigerung, ihnen übersendete Schriftstücke anzunehmen, falle ihnen selbst zur Last. Die festgestellte Haftung des Zweitverpflichteten als Bürge widerspreche dem österreichischen ordre public nicht. Die im Verfahren vorgelegte Abschrift des Schiedsspruchs sei ordnungsgemäß beglaubigt. Die von der Betreibenden vorgelegte beglaubigte Abschrift des Schiedsurteils enthalte iSd Art 47 Abs 4 der zugrundegelegten CIETAC‑Schiedsordnung auch den auf dem von den Schiedsrichtern unterfertigten Schiedsspruch angebrachten Stempel der CIETAC. Darüber hinaus enthalte diese zur Vollstreckbarerklärung vorgelegte Urkunde die von einem chinesischen Notar erteilten Beglaubigungen, dass diese Kopie mit dem Original des Schiedsurteils sowie der Inhalt der deutschen Übersetzung mit dem chinesischen Original übereinstimmten. Eine von der Schiedsinstitution beglaubigte Kopie eines bei ihr erliegenden Originals des von den Schiedsrichtern unterfertigten Schiedsspruchs könne mittelbar die Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter auf dem Schiedsspruch bestätigen; dies sogar dann, wenn die relevante Schiedsordnung nicht enthalten sollte, dass die Schiedsinstitution durch Anbringen eines Stempels und/oder einer Unterschrift eines Funktionärs der Schiedsinstitution auch die Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter bestätigte.

Der Revisionsrekurs der Verpflichteten, mit der sie die Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung und Exekutionsbewilligung anstreben, ist teilweise unzulässig; teilweise jedoch zulässig und auch berechtigt.

Sowohl das Gericht zweiter Instanz als auch die Revisionsrekurswerber übersehen offenbar, dass die Ausnahmebestimmung des § 84 Abs 4 EO nur für Entscheidungen über die Erteilung oder Versagung einer Vollstreckbarerklärung gilt (RIS‑Justiz RS0116242; dies jedenfalls wenn, wie hier, die Anträge übereinstimmend bewilligt wurden: RIS‑Justiz RS0114023 [T3]). Die Ausnahmeregelung nach § 84 Abs 4 EO ist nur auf abweisende Entscheidungen über den Exekutionsantrag auszudehnen, bei bewilligenden Entscheidungen in zwei Instanzen bleibt es bei der Unanfechtbarkeit wegen Vollbestätigung gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO (3 Ob 157/15g mwN).

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Bestätigung der Exekutionsbewilligung gerichtete Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

Zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs:

Gemäß § 86 Abs 1 EO sind die Bestimmungen der §§ 79 ff EO nicht anzuwenden, soweit nach Völkerrecht oder in Rechtssachen der Europäischen Union anderes bestimmt ist. Aufgrund dieser Subsidiaritätsklausel sind bei Beurteilung der Vollstreckbarkeit eines chinesischen Schiedsspruchs die Versagungsgründe des Art V des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche maßgebend; sind doch sowohl Österreich als auch China Vertragsstaaten dieses Übereinkommens (3 Ob 191/14f mwN; 3 Ob 122/10b mwN; RIS‑Justiz RS0075366).

Gemäß Art IV Abs 1 NYÜ ist zur Anerkennung und Vollstreckung erforderlich, dass die Partei, welche die Anerkennung und Vollstreckung beantragt, zugleich mit ihrem Antrag vorlegt:

a) die gehörig beglaubigte (legalisierte) Urschrift des Schiedsspruchs oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist,

b) die Urschrift der Vereinbarung iSd Art II NYÜ oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits mehrfach ausgesprochen, dass in dem Übereinkommen nicht klar gesagt wird, ob an den Schiedsspruch und die Schiedsgerichtsvereinbarung oder deren Abschriften nur jene Anforderungen für die Echtheit bzw Richtigkeit gestellt werden können, die in dem Staat, in dem oder nach dessen Recht der Schiedsspruch gefällt wurde, vorgesehen sind, oder ob auch die in dem Staat, in dem er geltend gemacht wird, vorgesehenen Beglaubigungserfordernisse für ausländische Urkunden erfüllt werden müssen (zuletzt 3 Ob 65/11x = EvBl 2012/9 [ Öhlberger ] = ecolex 2012/94 [ Hausmaninger ]; RIS‑Justiz RS0075355 [T1]). Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat der Oberste Gerichtshof auch Beglaubigungen nach dem Recht des Staats, in dem der Schiedsspruch erging, als ausreichend angesehen, aber auch durch einen den Schiedsspruch als neutrale Person nahestehenden Funktionsträger, etwa des Schiedsgerichtsvorsitzenden oder des Sekretärs der Schiedsorganisation, wenn jene dem Schiedsgericht nahestehende Person, die die Beglaubigung vornimmt, dazu nach der maßgeblichen Schiedsverfahrensordnung auch befugt ist (3 Ob 65/11x; RIS‑Justiz RS0108580 [T1]). Aus der Möglichkeit, Kopien vorzulegen, kann aber nicht abgeleitet werden, man könnte auf die förmliche Bestätigung der Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter auf dem Original für die Zwecke der Anerkennung und Vollstreckung völlig verzichten. Bei beglaubigten Abschriften muss zumindest mittelbar auch die Echtheit der Unterschriften auf der Urschrift beglaubigt werden (3 Ob 65/11x; 3 Ob 35/08f; RIS‑Justiz RS0124091). Dabei wurde auch erkannt, dass die bloße Bestätigung der Übereinstimmung der vorgelegten Abschrift des Schiedsspruchs mit dem Original auch nicht als mittelbare Beglaubigung der Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter auf dem Schiedsspruch iSd Art IV Abs 1 lit a des NYÜ angesehen werden kann (3 Ob 35/08f).

Dies wurde mehrfach als übertriebener Formalismus kritisiert, insbesondere, wenn der Gegner die Echtheit/Authentizität des Schiedsspruchs oder dessen Kopie gar nicht bestreite (3 Ob 65/11x mwN; vgl Geimer in Zöller , ZPO 31 Rn 2 zu Art IV NYÜ mwN zur Rsp des BGH). Abgesehen davon, dass entsprechend § 83 Abs 1 EO (anders als nach § 1063 Abs 1 zweiter Satz dZPO) über den Antrag ohne vorhergehende mündliche Verhandlung und ohne Einvernahme des Gegners zu entscheiden ist, also in einem einseitigen Urkundenverfahren, das eine Berücksichtigung der Haltung des Gegners (vorerst) nicht zulässt, haben die Verpflichteten in diesem Fall ausdrücklich die Echtheit des Schiedsspruchs (ebenso wie die Richtigkeit der Übersetzung in die deutsche Sprache) bestritten. Ein Absehen von den im NYÜ vorgesehenen Formvorschriften, mag man diese auch als bloße Beweismittelregelung auffassen ( Geimer in Zöller , ZPO 31 Rn 1 zu Art IV NYÜ mwN), kommt daher nicht in Frage.

In diesem Fall hat die Betreibende die beglaubigte Kopie von Ausfertigungen des Schiedsspruchs vorgelegt, welche zwar offenbar Originalunterschriften der Schiedsrichter, aber keine ausreichende Bestätigung der Echtheit/Authentizität dieser Unterschriften enthält. Von einer durch die Schiedsinstitution beglaubigten Kopie des Schiedsspruchs ist auszugehen, wenn sie sowohl einen Stempel (hier offenbar vorhanden) als auch eine Unterschrift eines dazu befugten Funktionärs dieser Schiedsinstitution samt Bezeichnung seiner Funktion aufweist. Dadurch wird sowohl die Herkunft der Beglaubigung ausreichend dokumentiert als auch die Überprüfbarkeit der Erfüllung der Voraussetzungen nach der jeweiligen Schiedsordnung gewährleistet (3 Ob 65/11x). Dem Erfordernis, dass zumindest mittelbar auch die Echtheit der Unterschriften auf der Urschrift beglaubigt werden muss (RIS‑Justiz RS0124091) ist entsprochen, wenn die Schiedsordnung dies ausdrücklich regelt, aber auch, wenn sie bloß vorsieht, dass die Schiedsinstitution für die Zustellung des vom/von den Schiedsrichter/n verfassten Schiedsspruchs an die Parteien zu sorgen hat und ein Original des vom/von den Schiedsrichter/n unterfertigten Schiedsspruchs bei der Schiedsinstitution verbleibt, von dem die Abschrift hergestellt wird (3 Ob 65/11x). Die Unterschrift eines solchen Funktionärs der Schiedsinstitution fehlt in diesem Fall. Diese wird auch nicht durch die gemeinsam mit dem Schiedsspruch vorgelegte notarielle Urkunde des chinesischen Notars vom 15. 1. 2014 ersetzt, weil diese ausdrücklich (nur) die Übereinstimmung der vorstehenden Kopie mit dem Original vom Schiedsurteil bestätigt, die dem Notar von der juristischen Vertreterin der Betreibenden vorgezeigt wurde. Die notarielle Beglaubigung erstreckt sich also nur auf die Übereinstimmung der Kopie mit dem Original, nicht aber auf die Echtheit der Originalurkunde im Sinne der Echtheit der Unterschriften der Schiedsrichter oder gar einer Bestätigung deren (in der Urkunde behaupteten) Funktion. Eine weitere notarielle Urkunde desselben chinesischen Notars bestätigt dann noch die Übereinstimmung der Übersetzung seiner notariellen Urkunde mit dem chinesischen Original dieser Urkunde.

Die Echtheit der Unterschrift des chinesischen Notars soll offensichtlich durch eine Klebeetikette samt Dienstsiegel eines Beamten des Amts für auswärtige Angelegenheiten der Provinz Anhui bestätigt werden; die Echtheit dieser Unterschrift wurde vom österreichischen Generalkonsulat Shanghai bestätigt. Abgesehen davon, dass der Text der Beglaubigungsklebeetikette des chinesischen Außenamtsbeamten nicht übersetzt und daher nicht nachvollziehbar ist, vermag die Beglaubigung des österreichischen Generalkonsulats zwar die Echtheit der Unterschrift des chinesischen Außenamtsbeamten bestätigen, der seinerseits die Echtheit der Unterschrift des chinesischen Notars bestätigen soll, damit ist aber ‑ wie bereits dargelegt ‑ keine Bestätigung der Authentizität des vorgelegten Schiedsspruchs verbunden.

Gemäß Art IV Abs 2 NYÜ hat die Partei bei nicht in der Amtssprache des Anerkennungsstaats verfassten Schiedssprüchen oder Schiedsvereinbarungen eine Übersetzung der Urkunden in die Amtssprache des Anerkennungsstaats beizubringen. Die Übersetzung muss von einem amtlichen oder beeidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter beglaubigt sein. Die Übersetzung muss von einem Übersetzer vorgenommen werden, der entweder im Ursprungsstaat oder Anerkennungsstaat gerichtlich zugelassen ist. Der Wortlaut der Bestimmung lässt es auch zu, dass der Übersetzer seinen Sitz in einem Drittstaat hat. In allen Fällen, in denen der Übersetzer jedoch seinen Sitz außerhalb des Anerkennungsstaats hat, muss dem Gericht nachgewiesen werden, dass der Übersetzer in seinem Sitzstaat gerichtlich ernannt wurde. Die gerichtliche Ernennung muss ihrerseits beglaubigt sein (3 Ob 196/02y; Czernich , New Yorker Schiedsübereinkommen Art IV Rz 18).

Sowohl die mit der Ausfertigung des Schiedsspruchs als auch des Kaufvertrags mit Schiedsklausel beigefügte Übersetzung stammt weder (erkennbar) von einem österreichischen gerichtlich zertifizierten Gerichtsdolmetscher noch ist eine Beglaubigung der Richtigkeit der Übersetzung oder der amtlichen Bestellung des Übersetzers vorhanden. Die Beglaubigung des chinesischen Notars bestätigt jeweils nur die Übereinstimmung der Kopien mit den ihm vorgelegten Originalen, weiters die Richtigkeit der Übersetzung der Beglaubigungsurkunde in die deutsche Sprache, auch wird die Echtheit der Unterschrift des Notars durch einen chinesischen Außenamtsbeamten und schließlich die Echtheit dessen Unterschrift durch das österreichische Generalkonsulat bestätigt. Diese Bestätigung deckt die Richtigkeit der Übersetzung aber nicht.

Die Betreibende hat aber darüber hinaus eine weitere Übersetzung des Schiedsspruchs vorgelegt, die von einer Dolmetscherin verfasst und unter Beifügung ihrer Stampiglie unterfertigt wurde, der von der Präsidentin des Oberlandesgerichts Düsseldorf die Ermächtigung erteilt wurde, für gerichtliche und staatsanwaltschaftliche Zwecke im Land Nordrhein‑Westfalen die Vollständigkeit und Richtigkeit von Übersetzungen aus der chinesischen Sprache in die deutsche Sprache und umgekehrt zu bescheinigen. Eine Kopie der entsprechenden Urkunde hat die Betreibende inzwischen nachgereicht, die allgemeine Beeidigung sowie die Ermächtigung zur Bescheinigung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Übersetzungen ist aus dem amtlichen Verzeichnis der deutschen Gerichtsdolmetscher ersichtlich (www.justiz ‑dolmetscher.de). Im Hinblick auf den Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit einerseits und die allgemeine Erleichterung der wechselseitigen Anerkennung gerichtlicher Akte im Unionsgebiet andererseits sowie dem Zweck des NYÜ, die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche zu erleichtern, weshalb es grundsätzlich zugunsten der Anerkennung und Vollstreckung ausgelegt werden soll ( Czernich , New Yorker Schiedsübereinkommen Art V Rz 1; Torggler , Praxishandbuch Schiedsgerichtsbarkeit 249), sind die Erfordernisse des Art IV Abs 2 NYÜ in Bezug auf die Übersetzung des Schiedsspruchs als erfüllt anzusehen.

Daraus folgt, dass auf Basis der vorgelegten Titelurkunden die Vollstreckbarerklärung nicht hätte erfolgen dürfen. Der Revisionsrekurs ist daher im Sinn seines Aufhebungsantrags berechtigt. Das Erstgericht wird ein entsprechendes Verbesserungsverfahren einzuleiten haben (3 Ob 35/08f mwN).

Für die nach Vorlage ordnungsgemäß beglaubigter Abschriften des Schiedsspruchs iSd Art IV Abs 1 lit a NYÜ erforderliche Prüfung der weiteren Einwendungen der Verpflichteten ist bereits jetzt Folgendes auszuführen:

a) Die unter Bezugnahme auf Art V Abs 1 lit a NYÜ behauptete Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung ist nicht gegeben. Nach den Ausführungen der gemäß Art V Abs 1 NYÜ mit der Darlegungs‑ und Beweislast belasteten Verpflichteten erfordert eine gültige Schiedsvereinbarung nach chinesischem Recht die Bezeichnung der gewählten Schiedsgerichtskommission. Die Verpflichteten behaupten weiters, dass die gewählte Schiedskommission präzise bezeichnet worden sei, somit also die Erfüllung dieser Voraussetzung nach chinesischem Recht. Weshalb eine nachträgliche Änderung der Bezeichnung der Schiedskommission, eine Änderung deren organisatorischer und/oder rechtlicher Einordnung in die Behördenorganisation des Staats oder die Aufspaltung in verschiedene Gremien eine (nachträgliche) Unwirksamkeit der Schiedsklausel bewirken sollen, bleibt hingegen nicht nachvollziehbar.

b) Von der (zu a) bejahten) Frage der Gültigkeit der Schiedsvereinbarung ist die weitere ‑ von den Verpflichteten ebenso angesprochene ‑ Frage zu unterscheiden, ob die Bildung des Schiedsgerichts oder das schiedsrichterliche Verfahren der Vereinbarung der Parteien oder, mangels einer solchen Vereinbarung, dem Recht des Landes, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattfand, nicht entsprochen hat (Art V Abs 1 lit d NYÜ). Da hier eine Einigung der Parteien über das Schiedsgericht und das von diesem anzuwendende Verfahren vorliegt (Punkt 15 des Kaufvertrags vom 1. 8. 2012), ist die Frage der Bildung des Schiedsgerichts sowie des angewendeten Verfahrens im Wege der Vertragsauslegung zu klären. Den Verpflichteten ist zuzugestehen, dass die Auslegung der Schiedsklausel in diesem Fall ‑ wie auch vom Rekursgericht zutreffend angemerkt ‑ mehrere Auslegungsergebnisse zulässt. Da aber gemäß Art V Abs 1 NYÜ die Verpflichteten, die der Anerkennung des Schiedsspruchs entgegentreten, mit dem Beweis belastet sind, dass die Anerkennungsversagungsgründe vorliegen, ist für sie noch nichts damit gewonnen, dass sie eine andere denkmögliche Auslegungsvariante als jene des Rekursgerichts aufzeigen. Es begegnet keinen Bedenken des erkennenden Senats, wenn das Rekursgericht die von den Parteien vereinbarte Schiedsklausel dahin auslegt, dass die China International Economic and Trade Arbitration Commission (CIETAC) als Träger der Schiedsgerichtsbarkeit ausgewählt wurde und die Erwähnung der Shanghai Kommission lediglich als Festlegung des Schiedsorts anzusehen ist.

c) Den Verpflichteten ist auch der Beweis nicht gelungen, dass sie von der Bestellung der Schiedsrichter oder vom schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt wurden oder dass sie aus einem anderen Grund ihre Angriffs‑ oder Verteidigungsmittel nicht haben geltend machen können (Art V Abs 1 lit b NYÜ). Die Frage, ob ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde, richtet sich nicht nach dem Recht am Schiedsort, sondern nach dem Recht des Anerkennungsstaats ( Czernich , New Yorker Schiedsübereinkommen, Art V Rz 19). Der hier gemäß § 87 ZPO (iVm § 577 Abs 2 ZPO auch bei einem Sitz des Schiedsgerichts im Ausland) zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zustellungen im Schiedsverfahren anzuwendende § 580 ZPO enthält ‑ gewollt großzügige (vgl die Materialien zum SchiedsRÄG 2006, 1158 BlgNR 22. GP 7) ‑ Sonder-vorschriften für den Empfang schriftlicher Mitteilungen im Schiedsverfahren. Ist eine persönliche Übergabe an den Empfänger oder eine zum Empfang berechtigte Person an welcher Adresse auch immer nicht möglich, ist der Zugang in der Sphäre des Empfängers als wirksame Form der Übermittlung geregelt; damit werden all jene Fälle abgedeckt, in denen die persönliche Aushändigung (Übergabe) an einer bekannten Adresse an sonstigen Hindernissen (Annahmeverweigerung, Vollmachtskündigung durch die bisherigen Machthaber oder sonst mangelhafte Vollmachtsverhältnisse beim tatsächlichen Empfänger, hartnäckige oder vorgetäuschte Ortsabwesenheit) scheitert. Zur Sphäre des Empfängers zählen (aktueller oder tatsächlicher) Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt ( Hausmaninger in Fasching/Konecny 2 § 580 ZPO Rz 31 mwN). Art 5 Abs 1 lit b NYÜ fordert nur, dass den Parteien Gelegenheit gegeben wurde, ihren Standpunkt zu vertreten. Macht eine Partei ‑ wie hier ‑ davon keinen Gebrauch, ist die Anerkennung des Schiedsspruchs nicht zu versagen ( Czernich , New Yorker Schiedsübereinkommen Art V Rz 17 ff; Schlosser in Stein/Jonas , ZPO 23 Anh § 1061 Rn 222 ff).

Im vorliegenden Fall ist die Schiedsklage jedenfalls in die Sphäre der Verpflichteten gelangt, nämlich am Sitz der Gesellschaft angekommen, wenn sie auch von der dort anwesenden Ehefrau des Zweitverpflichteten nicht angenommen wurde. Es kommt daher gar nicht mehr darauf an, ob die nach Art 8 Abs 3 der vom Schiedsgericht zugrundegelegten Schiedsordnung wirksame Zustellungen bloß an den Nachweis der Absendung knüpft und eine Übermittlung in den Machtbereich des Empfängers tatsächlich nicht voraussetzt und diese Zustellform allenfalls grundrechtlichen Bedenken begegnet.

d) Auch der im Hinblick auf die ausgesprochene Haftung des Zweitverpflichteten behauptete Versagungsgrund nach Art V Abs 2 lit b NYÜ liegt nicht vor. Der hier angesprochene Vorbehalt des ordre public ist nur dort anzuwenden, wo die Vollstreckung des ausländischen Titels mit der inländischen Rechtsordnung völlig unvereinbar ist und darf keinesfalls dazu führen, eine Überprüfung des ausländischen Titels in tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung von Grund auf durchzuführen (RIS‑Justiz RS0002409). Die Vorbehaltsklausel bildet eine systemwidrige Ausnahme, von ihr ist sparsamster Gebrauch zu machen. Eine schlichte Unbilligkeit des Ergebnisses genügt ebensowenig wie der bloße Widerspruch zu zwingenden österreichischen Vorschriften. Gegenstand der Verletzung müssen vielmehr Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung sein (RIS‑Justiz RS0110743, RS0002402). Dass diese Voraussetzungen auch nur annähernd erfüllt werden, wenn eine Unterschrift über der Bezeichnung Garant oder Bürge als Übernahme einer Bürgschaftsverpflichtung in Ergänzung zur Übernahme der Verpflichtung durch die juristische Person, für die die natürliche Person den Vertrag unterfertigte, gewertet wird, kann keine Rede sein.

Infolge Aufhebung der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung ist die Kostenentscheidung zweiter Instanz über die Rekursbeantwortung der betreibenden Partei aufzuheben. Im Hinblick auf die Einseitigkeit des Exekutionsverfahrens ist davon auszugehen, dass der Kostenzuspruch zweiter Instanz allein das Verfahren auf Erteilung der Vollstreckbarerklärung betrifft, das in zweiter Instanz nach § 84 Abs 1 EO zweiseitig ausgestaltet ist (3 Ob 35/08f).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 EO iVm § 52 ZPO.

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