OGH 5Ob151/15i

OGH5Ob151/15i25.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Dr. R***** Z*****, 2. I***** M*****, 3. P***** H*****, 4. S***** H*****, und 5. N***** P*****, alle vertreten durch Burghofer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Wien, gegen die Antragsgegner 1. Dr. H***** C*****, 2. Dr. R***** H*****, 3. P***** A*****, 4. M***** M*****, 5. H***** S*****, 6. M***** F*****, 7. K***** W*****, 8. F***** S*****, 9. E***** S*****, 10. L***** K*****, 11. Dipl.‑Chem. G***** B*****, 12. W***** K*****, 13. E***** R*****, 14. Mag. M***** M*****, 15. E***** W*****, 16. T***** S*****, 17. M***** B*****, 18. G***** A*****, 19. G***** P*****, 20. K***** P*****, 21. Ing. J***** F*****, 22. D***** R*****, 23. R***** E*****, 24. W***** E*****, 25. Dr. A***** G*****, 26. Mag. Dr. D***** S*****, 27. Mag. K***** S*****, 28. R***** W*****, 29. M***** W*****, 30. P***** M*****, alle vertreten durch Dr. Daniela Altendorfer‑Eberl, Rechtsanwältin in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 3 iVm § 17 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Mai 2015, GZ 38 R 108/14k‑57, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 18. Dezember 2013, GZ 12 Msch 25/12y‑32, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00151.15I.0125.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Sämtliche Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 93 KG ***** mit der Grundstücksadresse *****. Das darauf errichtete Haus besteht aus 28 Wohnungen. Darüber hinaus befinden sich auf der Liegenschaft 24 Garageneinstellplätze, an welchen kein Wohnungseigentum begründet ist. Jenen Käufern und späteren Miteigentümern, die ihre Eigentumsanteile während der Bauphase Anfang der 1970er Jahre erwarben, wurde vom Verkäufer ‑ so lange Garagenplätze frei waren ‑ mit einer gesonderten Vereinbarung die Übertragung eines Benützungsrechts an einem Garageneinstellplatz gegen einmalige Bezahlung eines Betrags von 25.000 S angeboten.

Über das Begehren der Antragsteller traf das Erstgericht eine Regelung über die Benützung der 24 Stellplätze, der im Wesentlichen eine auf drei Jahre befristete Vergabe der Abstellplätze gegen Zahlung von monatlich 20 EUR zugrunde liegt, wobei die interessierten Mit- und Wohnungseigentümer entsprechend der Reihenfolge des Erwerbs ihrer Miteigentumsanteile zum Zug kommen sollen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner, die im Wesentlichen geltend machen, die Vorinstanzen hätten bei ihren Entscheidungen die in der Errichtungsphase für den „Erwerb“ von Benützungsrechten bzw in weiterer Folge für die Erhaltung der Einstellplätze geleisteten Zahlungen nicht ausreichend berücksichtigt.

Damit sprechen sie aber keine Fragen von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG an.

Rechtliche Beurteilung

1. Mit der von den Antragsgegnern gerügten Verletzung der Anleitungspflicht durch das Erstgericht hat sich bereits das Rekursgericht ausführlich auseinandergesetzt und den daraus abgeleiteten Verfahrensmangel verneint. Abgesehen von hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahmefällen kann auch im Verfahren Außerstreitsachen ein vom Rekursgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz nicht mehr mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0121265; RS0030748).

2. Als Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung ist eine Benützungsregelung eine von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung (RIS‑Justiz RS0101498 [T5]; RS0013612 [T6]), bei der grundsätzlich jedem Miteigentümer eine annähernd seinem Miteigentumsanteil entsprechende Nutzung der gemeinschaftlichen Sache verschafft werden soll (RIS‑Justiz RS0013612). Mit Ausnahme eines an die Grenzen des Missbrauchs gehenden Fehlers oder einer eklatanten Überschreitung des Ermessensspielraums begründen solche Entscheidungen keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG (2 Ob 209/98v; 4 Ob 262/99d; RIS‑Justiz RS0007104).

3. Eine Durchbrechung des Grundsatzes, allen Miteigentümern eine ihren Anteilen entsprechende Nutzung einzuräumen, wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wiederholt dergestalt gebilligt, dass bei der Verschaffung einer Nutzungsmöglichkeit an einem der Kfz‑Abstellplätze diejenigen Mit- und Wohnungseigentümer zu bevorzugen seien, die ‑ etwa in der Gründungsphase einer Eigentümergemeinschaft ‑ den Wunsch nach einem Abstellplatz geäußert und dafür in welcher Form auch immer einen höheren Kaufpreis als andere Anteilswerber geleistet haben (RIS‑Justiz RS0013611; 5 Ob 69/11z). Selbst unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ergeben sich hier entgegen den Ausführungen der Revisionsrekurswerber keine Anhaltspunkte für eine unvertretbare Ermessensentscheidung der Vorinstanzen. Bereits das Rekursgericht hat zutreffend festgehalten, dass wegen der der Benützungsregelung zugrunde gelegten Reihungskriterien ohnedies all jene interessierten Mit‑ und Wohnungseigentümer zum Zug kommen können, die in der Errichtungsphase Anfang der 1970er Jahre für die Nutzung eines Abstellplatzes ein gesondertes Entgelt entrichtet haben. Durch das Abstellen auf den Zeitpunkt des Erwerbs ist auch sichergestellt, dass die zuletzt eingetretenen Mit‑ und Wohnungseigentümer erst dann zum Zug kommen, wenn ihnen vorangehende Mitglieder aus der Gemeinschaft ausscheiden oder keinen Bedarf nach einem Abstellplatz äußern. Damit ist das Recht derjenigen Mit‑ und Wohnungseigentümer, die in der Gründungsphase eine Sonderzahlung für die Nutzungsrechte leisteten, auch hinsichtlich der Nutzungsdauer angemessen abgesichert.

4. Die Revisionswerber machen auch gar nicht geltend, dass bei dieser Regelung und dem Umstand, dass einzelne Mit‑ und Wohnungseigentümer nach den Feststellungen des Erstgerichts ein Interesse an einem Abstellplatz gar nicht bekundeten, Miteigentümer, die im Zuge eines späteren Erwerbs ihrer Anteile für die Überlassung von Nutzungsrechten an ihre Vorgänger Zahlungen leisteten, nicht zum Zug kommen würden. Damit kann der von den Vorinstanzen getroffenen Billigkeitsentscheidung aber nicht entgegen gehalten werden, es kämen nunmehr auch Mit‑ und Wohnungseigentümer in den Genuss eines Abstellplatzes, die sich in der Errichtungsphase nicht interessiert gezeigt oder bislang keinen Beitrag zur Erhaltung der Stellplätze geleistet hätten. Inwieweit sonst Feststellungen fehlen sollen, die für eine alle Interessen umfassende Abwägung erforderlich wären, wird von den Revisionsrekurswerbern lediglich bedingt konkretisiert. Dabei übersehen sie jedoch, dass das Erstgericht zu den von ihnen vermissten Feststellungen im Zusammenhang mit den Zahlungsflüssen zum Erwerb von Nutzungsrechten bzw der Erhaltung entweder konkrete Feststellungen getroffen hat oder ausdrücklich festhielt, dass weitere Feststellungen nicht getroffen werden konnten, und wenden sich im Ergebnis gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts. Der Oberste Gerichtshof ist aber auch im Verfahren Außerstreitsachen nicht Tatsacheninstanz, weshalb Fragen der Beweiswürdigung nicht an ihn herangetragen werden können (RIS‑Justiz RS0007236 [T1 bis T4; T6; T7]).

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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