OGH 5Ob69/11z

OGH5Ob69/11z7.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Dkfm. Vera H*****, vertreten durch Knirsch-Braun-Fellner-Preuschl Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Dr. Walter F*****, 2. Irmgard F*****, 3. Dr. Daniel E*****, 4. Mag. Gudrun Erica G*****, 5. Ing. Johann F*****, 6. Anneliese F*****, 7. Christiana S*****, vertreten durch Dr. Horst Auer, Rechtsanwalt in Wien, 8. Dr. Hanns Peter G*****, vertreten durch Dr. Johannes Stockert, Rechtsanwalt in Wien, 9. Christine B*****, wegen Benützungsregelung über den außerordentlichen Revisionsrekurs der 7. Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. Dezember 2010, GZ 40 R 132/10y-27, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung

Nach den maßgeblichen Feststellungen standen den acht Wohnungseigentümern der Anlage von der Wohnungseigentumsbegründung in den 70er Jahren an bis 1990/1991 in einem auf der Liegenschaft errichteten, im schlichten Miteigentum stehenden Garagenbau insgesamt acht Parkplätze, somit jedem Wohnungseigentümer ein Parkplatz, zur Verfügung. Dies wurde durch eine Doppelparkeinrichtung bewirkt, die Bodenfläche der Garage bietet nur vier PKWs Platz zum Abstellen.

Seit ca 20 Jahren ist das Doppelparksystem nicht mehr brauchbar, aus Kostengründen konnte kein Konsens über die Erhaltung dieser Einrichtung erzielt werden. 2004 wurde das gesamte eingebrochene Parksystem wegen Gefahr im Verzug entfernt. Eine Wiederherstellung dieser Anlage wird von keinem der Wohnungseigentümer konkret angestrebt.

Über Antrag einer Wohnungseigentümerin trafen die Vorinstanzen eine gerichtliche Regelung über die Benützung der nunmehr vier vorhandenen Abstellplätze in Form eines jährlichen Rotationssystems.

Dieser Lösung widerspricht die 7. Antragsgegnerin mit dem Argument, sie habe anteilig zur Errichtung der Garage beigetragen und keinen Verzicht auf die Reparatur des Doppelparksystems abgegeben. Eine Reparatur sei technisch möglich. Im Weiteren sei eine bestehende Benützungsvereinbarung nur einstimmig abzuändern, eine gerichtliche Änderung komme nur bei Billigkeit in Betracht. Die getroffene Lösung entspreche in Anbetracht ihrer finanziellen Leistung zur Errichtung nicht der Billigkeit, sondern komme „faktisch einer Enteignung“ gleich. Ihr stehe daher (weiterhin) allein ein Abstellplatz zu.

Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG soll dadurch begründet sein, dass solche Doppelparkeinrichtungen in den 70iger Jahren des vorigen Jahrhunderts häufig errichtet worden seien und nunmehr in vielen Fällen das Ende der technischen Lebensdauer solcher Einrichtungen erreicht sei. Die damit verbundenen rechtlichen Probleme gingen in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinaus.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dieser Ausführungen erweist sich der außerordentliche Revisionsrekurs infolge klarer Rechtslage als unzulässig.

1. Seit Inkrafttreten des WEG 2002 kann über Antrag jedes Wohnungseigentümers nicht nur eine erstmalige gerichtliche Benützungsregelung getroffen, sondern aus wichtigen Gründen auch die Abänderung einer bestehenden Regelung beantragt werden (§ 17 Abs 2 WEG).

Dass der Entfall der Hälfte aller Abstellplätze nicht nur einen wichtigen, sondern sogar den denkbar wichtigsten Grund für die Abänderung einer bestehenden Benützungsvereinbarung darstellt, versteht sich von selbst, geht man nicht ohnedies von einem Wegfall der früheren Benützungsvereinbarung infolge ihrer Zweckverfehlung aus.

Es erübrigt sich, auf die Frage der Wirksamkeit der seinerzeitigen Benützungsvereinbarung und ihres Schicksals bei Eintritt neuer Wohnungseigentümer einzugehen (vgl zum alten Recht: 5 Ob 20/01d = MietSlg 53.084 = immolex 2002/60), weil jedenfalls eine neue Benützungsregelung zu treffen ist.

Soweit die Revisionsrekurswerberin mit einer Wiederherstellbarkeit des ursprünglichen Parksystems argumentiert, haben ihr die Vorinstanzen zu Recht entgegengehalten, dass weder sie noch ein anderer Wohnungseigentümer vom Individualrecht nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG mit dem Ziel der Wiederherstellung Gebrauch gemacht hat.

Eine Benützungsregelung über nicht benützbare allgemeine Teile der Liegenschaft ist aber denkunmöglich.

Eine Benützungsregelung hat grundsätzlich jedem Miteigentümer eine annähernd seinem Miteigentumsanteil entsprechende Nutzung der gemeinschaftlichen Sache zu verschaffen, welcher Grundsatz naturgemäß dann eine Durchbrechung erfährt, wenn einzelne Miteigentümer beim Erwerb ihrer Anteile ein besonderes Entgelt für erweiterte Nutzungsbefugnisse bezahlt bzw andere Miteigentümer gegen einen Preisabschlag auf solche Nutzungsbefugnisse verzichtet haben. So entspricht es bei Zuweisung von KfZ-Abstellplätzen einer von der Judikatur gebilligten Praxis, jene Miteigentümer zu bevorzugen, die - etwa in der Gründungsphase einer Wohnungseigentumsgemeinschaft - den Wunsch nach einem Abstellplatz geäußert und dafür in welcher Form auch immer einen höheren Kaufpreis als andere Anteilserwerber geleistet haben (RIS-Justiz RS0013611). Ein solcher Fall liegt hier aber gerade nicht vor, haben doch alle acht Wohnungseigentümer jeweils gleichteilig die Errichtung der Garage finanziert, sind zu gleichen Anteilen schlichte Miteigentümer geworden (und geblieben) und haben sich gegenseitig das Recht, jeweils einen Abstellplatz zu benützen, eingeräumt.

Dem Grundsatz, dass jedem Mitgenossen ein seiner Eigentumsquote entsprechender Teil der Sache zur alleinigen Benützung zugewiesen werden soll, wird auch im Fall einer notwendigen Verteilung nicht ausreichend vorhandener Abstellplätze durch eine Turnuslösung entsprochen (vgl RIS-Justiz RS0101498 [T1; T4]). Wenn die konkreten Umstände eine andere Regelung ausschließen und nicht persönliche oder familiäre Verhältnisse, die besondere Dringlichkeit eines jeweiligen Bedarfs oder andere bedeutsame Faktoren entgegenstehen, die im Übrigen hier nicht behauptet wurden, wird eine Turnuslösung dem Gebot der gerechten Verteilung der Nutzungsmöglichkeit gerecht.

Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG werden vom Revisionsrekurs somit nicht berührt. Er war daher zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte