OGH 4Ob194/15f

OGH4Ob194/15f15.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** regGenmbH, *****, vertreten durch Wildmoser/Koch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei B*****Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Landl + Edelmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Vöcklabruck, wegen 20.746,55 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 1. Juli 2015, GZ 22 R 101/15g‑24, womit das Urteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 6. Februar 2015, GZ 45 C 33/14k‑20, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00194.15F.1215.000

 

Spruch:

1. Die Revision wird hinsichtlich der Abweisung der Begehren von 190,11 EUR sA, 2.969,60 EUR sA und 5.044,02 EUR sA, das letzte Begehren betreffend mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO, zurückgewiesen.

2. Im Übrigen, das Begehren von 12.542,82 EUR sA betreffend, wird der Revision hingegen Folge gegeben und die Urteile der Vorinstanzen insoweit aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Über das Vermögen der mehrfach als Subunternehmerin der Beklagten (die ein Dachdecker‑ und Spenglereiunternehmen betreibt) tätigen Gesellschaft wurde am 28. März 2012 das Konkursverfahren eröffnet. Dieses Unternehmen hatte mit Globalzessionsvertrag vom 14. Oktober 2008 sämtliche Forderungen gegen die Beklagte zu Sicherungszwecken an die klagende Bank abgetreten.

Ein Montageleiter der Subunternehmerin hatte der Beklagten im Herbst 2011 Arbeitskräfteüberlassungen angeboten. Dabei händigte er dem Geschäftsführer der Beklagten seine Visitenkarte aus, die ihn als Montageleiter auswies. Er übergab dabei ein Anbot der Subunternehmerin, welches von deren Geschäftsführer unterzeichnet war und die zu verrechnenden Stundensätze für unterschiedlich qualifizierte Mitarbeiter sowie weiters vorsah, dass Nächtigungskosten extra verrechnet würden und Anfahrten für auswärtige Baustellen als Normalarbeitszeit gelten.

Die Geschäftsführer der Beklagten vereinbarten mit dem Montageleiter mündlich, dass keine Fahrzeiten und Nächtigungskosten bezahlt würden. Sie hatten dabei den Eindruck, dass der Montageleiter zum Abschluss solcher Vereinbarungen für die Subunternehmerin befugt war. Der Montageleiter sagte auch nicht, dass er noch mit irgendjemandem Rücksprache halten müsse. Der Montageleiter hatte von der Subunternehmerin aber keine Vollmacht, Einzelkonditionen zu verhandeln.

Die Subunternehmerin stellte in weiterer Folge der Beklagten vom 21. November bis 22. Dezember 2011 für drei Baustellen Arbeitskräfte zur Verfügung. Nach Einlangen erster Rechnungen kam der Montageleiter zur Beklagten. Diese teilte ihm mit, dass die Rechnungen nicht in Ordnung seien. Der Montageleiter sagte daraufhin eine Klärung mit der Subunternehmerin zu. Bei diesem Gespräch wurde dann noch einmal alles, was bereits zuvor besprochen worden war, schriftlich festgehalten. Die Geschäftsführerin der Beklagten korrigierte schließlich die Rechnungen und übersandte sie der Subunternehmerin mit dem schriftlichen Hinweis, dass die Korrekturen entsprechend der Vereinbarung mit dem Montageleiter vorgenommen worden seien. Eine ähnliche Vorgangsweise wiederholte sich nach weiteren Rechnungslegungen. Die Subunternehmerin reagierte auf die ihr übermittelten korrigierten Rechnungen nicht.

Am 8. Dezember 2011 erteilte die Beklagte der Subunternehmerin aufgrund deren Anbots den Auftrag zur Errichtung einer hinterlüfteten Metallfassade bei einem bestimmten Bauvorhaben. Die Auftragssumme betrug 23.256,49 EUR netto. Es wurden die allgemeinen und besonderen Vertragsbestimmungen des Auftraggebers der Beklagten sowie in Erweiterung der ÖNORM B2110 vereinbart, dass alle Bestellungen, auch für zusätzliche Arbeiten, nur gültig sind, wenn sie schriftlich erfolgen. Gemeinsam mit der Auftragserteilung wurden der Subunternehmerin auch die allgemeinen Vertragsbedingungen des Auftraggebers der Beklagten übermittelt. In deren Punkt 8 war festgelegt, dass der Werkunternehmer verpflichtet ist, sämtliche festgelegten Termine einzuhalten, weiters war eine Vertragsstrafe von 0,5 % pro Kalendertag Terminüberschreitung festgelegt.

In der Folge kam es zu Verzögerungen und Mängelrügen, die Beklagte kündigte Schadenersatzansprüche verschiedenster Art an. Zu einer Übergabe des Werks zwischen der Subunternehmerin und der Beklagten kam es nie.

Die Subunternehmerin stellte sodann der Beklagten mit Schlussrechnung 12.542,82 EUR in Rechnung. Diese Schlussrechnung war für die Beklagten nicht nachvollziehbar, weshalb sie ergänzende Unterlagen urgierte. Sie drohte nach neuerlicher Urgenz und Fristsetzung an, die Rechnungsprüfung ohne Massenermittlung und Abrechnungspläne durchzuführen und die von der Subunternehmerin verursachten Schäden abzuziehen.

Am 3. August 2012 schickte die Beklagte ihre Prüfung der Schlussrechnung vom 26. März 2012 an den Insolvenzverwalter der Schuldnerin und hielt dabei fest:

„Unsere Prüfung Ihrer Schlussrechnung 2012‑0026 vom 26. 3. 2012 ergibt wie folgt:

Summe Schlussrechnung 2012‑0026 EUR 22.706,10

abzgl. Akonto 1. und 2. TRG EUR 10.163,28

abzgl. Pönale KW 5‑12/2012 (5 % GU) EUR 12.500,00

abzgl. verlängerte Stehzeiten Gerüstung EUR  2.480,00

abzgl. Materiallieferungen für

Beschädigungen 260 m 2 à EUR 48,70 EUR 12.662,00

abzgl. Regiestunden Fertigstellungsarbeiten

lt. BTB 264,25 Std. à EUR 42,00 EUR 11.098,50

abzgl. Mehrleistungen Detail +

Bauüberwachung 75 Std. à EUR 65,00 EUR 4.875,00

Saldo zu unseren Gunsten EUR 31.072,68

Die Geltendmachung darüber hinausgehender Pönaleforderungen seitens des Auftraggebers behalten wir uns ausdrücklich vor..................“.

Der Geschäftsführer der Beklagten musste aufgrund des ständigen Wechsels der Mitarbeiter der Subunternehmerin und der mangelhaften Ausführung der Arbeiten durch diese öfter zur Baustelle fahren. Insgesamt wendete er dafür mindestens 75 Stunden Arbeitszeit auf. 239,75 Stunden wendete die Beklagte darüber hinaus zur Fertigstellung der Fassade auf. Aufgrund der von der Subunternehmerin verursachten Verzögerung der Fertigstellung der Fassade musste die Gerüstung fünf bis sechs Wochen länger stehen bleiben. Dafür entstand der Beklagten ein Aufwand von 2.480 EUR. Nicht festgestellt werden kann, wieviel Material die Beklagte für die Behebung der Mängel des Gewerks der Gemeinschuldnerin aufwendete.

Die Beklagte meldete im Insolvenzverfahren der Subunternehmerin eine Forderung von 39.020,40 EUR an. Diese wurde vom Insolvenzverwalter bestritten.

Die Klägerin begehrte letztlich 20.746,55 EUR sA als restlichen Werklohn für die Herstellung der Metallfassade und als Entgelt für Arbeitskräfteüberlassung für die drei anderen Bauvorhaben (8.203,73 EUR). Die Subunternehmerin habe ihre Leistungen ordnungsgemäß, vollständig und rechtzeitig erbracht, die Beklagte habe unberechtigt Abzüge vorgenommen oder mit nicht bestehenden Gegenforderungen gegen die sich aus der Schlussrechnung ergebende Forderung aufgerechnet. Da überhaupt keine Zahlung geleistet worden sei, sei die Geltendmachung dieser Forderung auch nicht gemäß Punkt 8.4.2 ÖNORM B2110, deren Geltung vereinbart worden sei, ausgeschlossen. Von den für die Arbeitskräfteüberlassung gelegten Rechnungen habe die Beklagte ebenfalls unberechtigt Abzüge vorgenommen, weil vereinbart gewesen sei, dass die Fahrzeiten zu den Baustellen als Normalarbeitszeit abgerechnet werden. Auch habe die Beklagte die Stundensätze unberechtigterweise gekürzt.

Die Beklagte wendete ein, mit dem Montageleiter der Subunternehmerin sei vereinbart worden, die endgültige Einstufung der überlassenen Arbeitskräfte erst nach einer gewissen Arbeitszeit auf der Baustelle festzulegen. Auch sei ein weiterer Nachlass gewährt und vereinbart worden, keine Fahrzeiten abzurechnen. Für den Montageleiter seien zumindest die Voraussetzungen für die Annahme einer Anscheinsvollmacht vorgelegen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe darauf vertrauen dürfen, dass der Montageleiter solche Vereinbarungen abschließen dürfe. Zumindest sei er aber ein der Subunternehmerin zurechenbarer Empfangsbote gewesen. Die Subunternehmerin habe überdies weder gegen die mit dem Montageleiter getroffene Vereinbarung noch gegen die später entsprechend dieser Vereinbarung korrigierten Rechnungen Einwände erhoben. Die Rechnungen seien wegen zu vieler Stunden und zu hoher Stundensätze korrigiert worden. Darüber hinaus habe die Subunternehmerin beim Bauvorhaben mit der Metallfassade gravierende Mängel verschuldet und ihre Arbeit nicht termingerecht fertiggestellt, sodass der Beklagten ein Schaden entstanden sei. Die Schlussrechnung sei mangels Unterlagen nicht überprüfbar gewesen. Gegen die (aufgrund der der Beklagten zustehenden Gegenforderungen einen Saldo zu deren Gunsten von 31.072,68 EUR aufweisende) korrigierte Schlussrechnung habe der Masseverwalter innerhalb der dreimonatigen Frist gemäß Punkt 8.4.2 ÖNORM B2110 keinen Vorbehalt erhoben, sodass nunmehr aus diesem Bauvorhaben keine Forderungen mehr erhoben werden könnten. Hilfsweise wendete die Beklagte eine Gegenforderung von insgesamt 35.524,40 EUR aufrechnungsweise gegen die Klageforderung ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Die Geschäftsführer der Beklagten hätten auf eine Bevollmächtigung des Montageleiters vertrauen dürfen. Gemäß den mit ihm getroffenen Vereinbarungen schulde die Beklagte der Subunternehmerin aus den Arbeitskräfteüberlassungen nichts mehr. Der Insolvenzverwalter der Subunternehmerin habe Anfang August 2012 die geprüfte Schlussrechnung, aus der sich das Guthaben der Beklagten aufgrund der von ihr geltend gemachten Schadenersatzforderungen ergeben habe, erhalten, sodass mangels Reaktion innerhalb von drei Monaten ein allfälliger Anspruch aus der Schlussrechnung bereits verfallen sei. Darüber hinaus wären die Schadenersatzforderungen der Beklagten aufgrund der von der Subunternehmerin verschuldeten Verzögerungen auch höher als der Schlussrechnungsbetrag.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine ausdrückliche Entscheidung dazu fehle, ob Punkt 8.4.2 ÖNORM B2110 auch gelte, wenn sich aufgrund von Gegenforderungen ein Guthaben des Auftraggebers ergebe und unter nachvollziehbarem Hinweis auf diese Gegenforderungen überhaupt keine Zahlung mehr geleistet werde. Im vorliegenden Fall habe die Subunternehmerin (deren Geschäftsführer) kein Verhalten gesetzt, das ein Vertrauen der Geschäftsführer der Beklagten darauf, dass der Montageleiter zum Abschluss oder zur Abänderung von Verträgen bevollmächtigt sei, gerechtfertigt hätte. Die Geschäftsführer der Beklagten hätten aber davon ausgehen können, dass sie nicht nur die Annahme des vom Montageleiter überbrachten Anbots der Subunternehmerin erklären können, sondern auch, dass dieser berechtigt gewesen sei, Erklärungen für die Subunternehmerin entgegenzunehmen. Die Geschäftsführer der Beklagten hätten das ihnen überreichte Angebot nicht unverändert angenommen, sondern die Annahme unter abweichenden Bedingungen erklärt, nämlich dass für Fahrzeiten kein Entgelt gezahlt werde und Nächtigungskosten nicht verrechnet werden dürfen. Zwar sei das Schweigen der Subunternehmerin auf das neue Angebot nicht als Zustimmung zu werten, wohl aber die Erbringung der Leistung nach Erhalt der abweichenden Annahmeerklärung. Die Erklärung an den Empfangsboten habe deren Zugang an dessen Geschäftsherren bewirkt. Die Geschäftsführer der Beklagten hätten davon ausgehen können, dass die tatsächliche Leistungserbringung im Sinn der Zustimmung zu ihren Abänderungsvorschlägen zu werten sei. Die Subunternehmerin/deren Insolvenzverwalter hätte nach Zugang des ihr am 3. August 2012 übermittelten Ergebnisses der Schlussrechnungsprüfung der Beklagten innerhalb von drei Monaten einen schriftlichen und begründeten Vorbehalt erheben müssen, um sich ihren Anspruch zu erhalten. Die Klägerin könne mangels Antwort auf die nachvollziehbare Herleitung des sich ergebenden Guthabens zugunsten der Beklagten die ihr abgetretene Forderung aus der Schlussrechnung der Subunternehmerin daher nicht mehr geltend machen. Der Auftragnehmer wisse dann, wenn der Schlussrechnungsbetrag infolge Aufrechnung mit Gegenforderungen und eines sich daraus ergebenden Guthabens des Auftraggebers nicht gezahlt werde und ihm der Auftraggeber die Gründe für sein Guthaben (seine Gegenforderungen) nachvollziehbar mitgeteilt habe, ebenso wie bei einer vom Rechnungsbetrag abweichenden Schlusszahlung unter schriftlicher Bekanntgabe der nachvollziehbaren Herleitung des Differenzbetrags, dass er keine weitere Zahlung mehr erhalten werde und zur Aufrechterhaltung seines Zahlungsanspruchs einen Vorbehalt erheben müsse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, mit der sie die gänzliche Klagestattgebung anstrebt, ist in Ansehung der Begehren für Arbeitskräfteüberlassung von 190,11 EUR und 2.969,60 EUR jedenfalls und in Ansehung des Entgelts für Arbeitskräfteüberlassung von 5.044,02 EUR mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig, im Übrigen aber zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichts, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen (RIS‑Justiz RS0053096, RS0037838). Dies ist dann der Fall, wenn zwischen den Forderungen ein rechtlicher oder tatsächlicher Zusammenhang besteht, wobei vom Vorbringen in der Klage auszugehen ist (RIS‑Justiz RS0042741). Ein tatsächlicher Zusammenhang ist dann zu bejahen, wenn alle Klageansprüche aus dem selben Klagesachverhalt abzuleiten sind, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (RIS‑Justiz RS0042766). Ein rechtlicher Zusammenhang besteht bei Ansprüche, die aus dem selben Vertrag oder derselben Rechtsnorm abgeleitet werden. Das ist dann der Fall, wenn jeder der mehreren Ansprüche für sich und unabhängig von den anderen nicht bestehen kann, die Ansprüche aus einer Gesetzesstelle abgeleitet werden und miteinander in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (RIS‑Justiz RS0037950). Ein innerer tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang besteht hingegen nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (RIS‑Justiz RS0037899).

Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen aus verschiedenen, wenn auch gleichartigen Verträgen oder aus mehreren Aufträgen über gleichartige Lieferungen oder Leistungen findet daher nicht statt, und zwar auch dann nicht, wenn eine ständige Geschäftsverbindung besteht (RIS‑Justiz RS0037926 [T3, T7, T14]), insbesondere bei verschiedenen, wenn auch gleichartigen Verträgen zu gesonderten Bauvorhaben (8 Ob 128/14b).

Daraus folgt, dass hinsichtlich der jeweils für sich 5.000 EUR nicht übersteigenden Ansprüche aus zwei Arbeitskräfteüberlassungen die Revision gemäß § 502 Abs 3 ZPO jedenfalls unzulässig ist.

2. Hinsichtlich der Arbeitskräfteüberlassung, für die ein restliches Entgelt von 5.044,02 EUR begehrt wird, vermag die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Die Klägerin bestreitet in ihrer Revision nicht, dass die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zutrifft, wenn der Montageleiter der Subunternehmerin tatsächlich als ihr Empfangsbote anzusehen wäre. Sie tritt lediglich der Auffassung entgegen, der Montageleiter sei ihr Empfangsbote gewesen. Sie vertritt den Standpunkt, er sei (nur) als Erklärungsbote der Beklagten anzusehen.

Die dem Empfangsboten gegenüber abgegebene Willenserklärung ist dessen Auftraggeber gegenüber so wirksam, wie sie abgegeben wurde, eine unrichtige Übermittlung geht zu Lasten des Erklärungsempfängers (vgl RIS‑Justiz RS0014068). Gehört der Bote der Sphäre des Erklärungsempfängers an und ist er von diesem zur Empfangnahme von Erklärungen ermächtigt, wird er demnach (jedenfalls auch) für diesen tätig, ist er nicht mehr Erklärungsbote, sondern Empfangsbote (RIS‑Justiz RS0013946). Es bedarf also im Innenverhältnis einer „Botenermächtigung“ (RIS‑Justiz RS0019465). Im Außenverhältnis ist entscheidend, ob der potenzielle Erklärungsempfänger nach der Verkehrsauffassung gegenüber seinem Vertragspartner den Eindruck erweckt, er habe einen Dritten ermächtigt, für ihn Erklärungen entgegenzunehmen (2 Ob 131/13y; 4 Ob 127/06i, je mwN). Ob ein entsprechender Rechtsschein erweckt wurde, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und wirft daher regelmäßig keine erheblichen Rechtsfragen auf (vgl RIS‑Justiz RS0019609 [T9]).

Eine Botenermächtigung als Empfangsbote ist hier nicht festgestellt, der Montageleiter der Subunternehmerin gehörte aber unstreitig deren Sphäre an. Immerhin gesteht auch die Klägerin in der Revision zu, es habe der Anschein bestanden, der Montageleiter sei als Empfangsbote zur unveränderten Annahme des Anbots ermächtigt worden. Es bildet aber keine im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht in diesem Fall davon ausgeht, dass der Montageleiter aus Sicht der Geschäftsführer der Beklagten nicht nur zur Empfangnahme der unveränderten Annahme, sondern auch zur Empfangnahme von Änderungsvorschlägen (Gegenofferten im Zusammenhang mit dem übermittelten Anbot) ermächtigt war. Schließlich ist festgestellt, dass seitens der Subunternehmerin ausschließlich der Montageleiter gegenüber der Beklagten auftrat, es liegt daher nahe, ihn zumindest als zum Empfang von an die Organe der Subunternehmerin weiterzuleitenden Mitteilungen und Angeboten ermächtigt zu sehen.

Die Revision der Klägerin ist daher auch betreffend das 5.000 EUR übersteigende Entgelt für Arbeitskräfteüberlassungen zurückzuweisen.

3. Zum weiters geltend gemachten Entgelt für die Metallfassade wendet sich die Klägerin ‑ zu Recht ‑ gegen die von den Vorinstanzen vorgenommene Gleichstellung des von der Beklagten behaupteten Guthabens infolge den Schlussrechnungsbetrag übersteigender Gegenforderungen mit der Annahme einer vom Rechnungsbetrag abweichenden Schlusszahlung.

Die hier unstrittig dem Vertragsverhältnis zwischen der Subunternehmerin und der Beklagten zugrunde liegende Bestimmung der ÖNORM B2110 (Punkt 8.4.2) lautet:

Die Annahme der Schlusszahlung aufgrund einer Schluss‑ oder Teilschlussrechnung schließt nachträgliche Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen aus, wenn nicht ein Vorbehalt in der Rechnung enthalten ist oder binnen drei Monaten nach Erhalt der Zahlung schriftlich erhoben wird. Der Vorbehalt ist schriftlich zu begründen. Weicht die Schlusszahlung vom Rechnungsbetrag ab, beginnt die Frist von drei Monaten frühestens mit schriftlicher Bekanntgabe der nachvollziehbaren Herleitung des Differenzbetrags.

Der Oberste Gerichtshof hat zu 7 Ob 208/07z zu einer gleich lautenden Vertragsbestimmung (dort Punkt 5.30.2 der ÖNORM B2110) ausgesprochen, dass eine infolge errechneten Guthabens erfolgende Nichtzahlung einen Vorbehalt nach der ÖNORM‑Bestimmung nicht erforderlich macht. Ausgehend vom Wortlaut, wonach ausdrücklich auf die „Annahme der Zahlung“ abgestellt werde und nicht auf die Kürzung der Rechnung schlechthin, messe die ÖNORM die Bedeutung eines Rechtsverzichts auch nur der Annahme der Zahlung (bei fehlendem Vorbehalt) bei. Auch zu 8 Ob 141/07d wurde die Anwendbarkeit dieser Vorbehaltsregel, wenn der Empfänger einer Schlussrechnung in der Meinung, nichts mehr zu schulden, keinerlei Zahlung erbringt, verneint. Ob der Auftraggeber der „Nichtzahlung“ lediglich die Ablehnung weiterer Zahlungen zugrunde legt oder ob er darüber hinaus ein Guthaben zu seinen Gunsten behauptet, ist ohne Relevanz. In beiden Fällen erfolgt keine Zahlung (4 Ob 241/14s mwN).

Auch in dem zu 4 Ob 241/14s entschiedenen Fall hatte die Revisionswerberin argumentiert, sie habe die Schlussrechnungssumme (auch) aufgrund von Gegenforderungen gekürzt, und eine solche Kompensation gemäß § 1438 ABGB gelte als Zahlung, sodass die von der Rechtsprechung geforderte Zahlung ohnedies vorgelegen habe. Die Frage, ob eine wirksame Aufrechnung als Erfüllungssurrogat im gegebenen Zusammenhang der Zahlung tatsächlich gleichzustellen ist, war im dort entschiedenen Fall und ist auch im vorliegenden Fall jedoch nicht relevant. Das gegenseitige Zusammentreffen aufrechenbarer Forderungen allein führt nicht schon deren Aufrechnung herbei, sondern gibt nur das Recht, auf Aufrechnung zu dringen. Es ist demnach eine entsprechende Aufrechnungserklärung erforderlich (RIS‑Justiz RS0033904 [T7]). Die außergerichtliche Aufrechnung wird dabei unbedingt und ohne Rücksicht auf den Bestand der Hauptforderung erklärt, setzt also deren Anerkennung voraus und stellt ihr nur die Gegenbehauptung entgegen, dass sie wegen Schuldtilgung nicht mehr bestehe (RIS‑Justiz RS0033970). Die Beklagte hat im Verfahren vor dem Erstgericht aber gar nicht behauptet, eine derartige Aufrechnungserklärung abgegeben zu haben (vgl zur Behauptungslast RIS‑Justiz RS0033876); sie hat im Gegenteil ihre Gegenforderung ausdrücklich (nur) zum Gegenstand einer prozessualen Aufrechnungseinrede gemacht, die erst und nur für den Fall wirksam wird, dass eine gerichtliche Entscheidung den Bestand der Hauptforderung bejaht (RIS‑Justiz RS0034013).

Hinzu kommt, dass die hier anzuwendende Vertragsbestimmung ausdrücklich eine Abweichung der Schlusszahlung vom Rechnungsbetrag fordert. Vorausgesetzt ist also, dass der Auftraggeber von der Schlussrechnung Abzüge vornimmt und deswegen weniger bezahlt (RIS‑Justiz RS0070863 [T3, T9]). Dies ist hier gerade nicht der Fall. Die hier maßgebliche Schlussrechnung blieb ungekürzt, die Beklagte zog lediglich verschiedene auf Schadenersatz und Gewährleistung gegründete Forderungen von der an sich unstrittigen um die bereits geleisteten Anzahlungen verminderten Schlussrechnungssumme ab, wodurch ein ihrer Ansicht nach zu ihren Gunsten bestehendes Guthaben entstand. Es liegt daher keine Schlussrechnungskorrektur im Sinn der hier anzuwendenden ÖNORM‑Bestimmung vor. Die Subunternehmerin/ihr Insolvenzverwalter musste daher auch keinen Vorbehalt (binnen drei Monaten) erklären, um den restlichen Entgeltanspruch geltend machen zu können.

Um abschließend beurteilen zu können, ob die Beklagte aus dem Auftrag zur Herstellung der Metallfassade noch etwas zu leisten hat, bedarf es daher der Prüfung der in diesem Zusammenhang von der Beklagten erhobenen und gegen die Klageforderung eingewendeten Gegenforderungen. Dies ist mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen aber noch nicht möglich, haben doch die Vorinstanzen (aufgrund ihrer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht zum notwendigen Vorbehalt der weiteren Geltendmachung der Klageforderung) nur rudimentäre Feststellungen zu den von der Beklagten behaupteten Schäden und Aufwendungen getroffen. Weder lässt sich derzeit die Berechtigung und der Umfang der Pönaleforderung beurteilen, noch ist eine Bewertung der vom Geschäftsführer und anderen Mitarbeitern der Beklagten aufgewendeten Arbeitsstunden ableitbar. Das Erstgericht wird insoweit die Sachverhaltsgrundlage zu vervollständigen haben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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