OGH 8Ob113/15y

OGH8Ob113/15y25.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der Antragstellerin Wiener Linien GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Josef Olischar und Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Antragsgegner K***** K*****, vertreten durch die Neudorfer Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Enteignungsentschädigung, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 20. August 2015, GZ 14 R 58/15z‑172, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Februar 2015, GZ 61 Nc 8/07x (61 Nc 9/07v)‑165, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080OB00113.15Y.1125.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 3.280,32 EUR (darin enthalten 546,72 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Antragsgegner ist bücherlicher Eigentümer mehrerer Grundstücke in Wien‑Aspern, auf denen er eine Gärtnerei betreibt. Im Zuge des Ausbaus des Wiener U‑Bahn‑Netzes wurde ob der Liegenschaft des Antragsgegners mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 10. 5. 2006 zu Gunsten der Antragstellerin die Enteignung durch zwangsweise Einräumung der Servitut der Duldung der Errichtung, des Bestands und der Benützung der U‑Bahn‑Anlage sowie eines Begleitwegs bewilligt. Weiters wurden befristete Servituten begründet, und zwar auf Baudauer im Ausmaß von 48 Monaten die Dienstbarkeit der Duldung der zum Ausbau der Verkehrsanlage notwendigen Maßnahmen sowie für einen Zeitraum von zwei Monaten zur Duldung der Durchführung von archäologischen Untersuchungen. Die Entschädigungssumme wurde im genannten Bescheid mit 908.030 EUR festgesetzt. Die Enteignung wurde am 18 .4. 2007 durch Einweisung der Antragstellerin in den physischen Besitz der Servitutsflächen vollzogen.

Bei der Gärtnerei des Antragsgegners handelt es sich um einen Familienbetrieb. Aufgrund der Enteignung wurden zum Teil bestehende Gebäude abgerissen. Es gibt keine Freiflächen, die nicht betrieblich genutzt werden. Der Betrieb des Antragsgegners ist auf Gurken und Radieschen spezialisiert; es besteht eine vorgegebene Fruchtfolge. Die Gärtnerei kann auf der Standortliegenschaft in angepasster Form weiter betrieben werden. Dies ist wirtschaftlicher als die Absiedlung der Gärtnerei. In diesem Sinn hat sich der Betrieb des Antragsgegners auf den verbliebenen Flächen so gut wie möglich reorganisiert. Der Betrieb wird in vermindertem Umfang weitergeführt. Die Betriebsfortführung ist bis 2034 veranschlagt.

Die U‑Bahn führt auf Stützpfeilern über die Liegenschaft des Antragsgegners. Die U‑Bahn‑Trasse schneidet seitlich schräg über die Liegenschaft. Die ursprüngliche rechteckige Liegenschaft ist im südlichen Teil nunmehr trapezförmig verengt. Die Gesamtfläche der betroffenen Grundstücke beträgt 12.938 m²; davon werden 1.459 m² durch die in Rede stehende Servitut dauernd beansprucht. Neben der U‑Bahn‑Trasse ist eine Bauverbotszone von 12 m von der Mitte des äußersten Geleises gesetzlich vorgegeben. Zusätzlich zum Begleitweg (Revisionsstreifen), der dauernd freizuhalten ist, ergibt sich dadurch ein etwa sechs Meter breiter Streifen, der nur eingeschränkt wirtschaftlich nutzbar und verwertbar ist. Aufgrund der Anschneidung der Grundstücke des Antragsgegners und die Lage zwischen U‑Bahn‑Trasse und den Liegenschaften der Gemeinde Wien ist sowohl eine Ausweitung des Betriebs als auch eine sinnvolle Verwertung zur alternativen Verbauung nur gemeinsam mit der Gemeinde Wien möglich. Die verbleibenden Restflächen wurden durch die Enteignung abgewertet.

Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner begehrten die gerichtliche Festsetzung der Enteignungsentschädigung. Die Antragstellerin hielt den von ihr angebotenen Betrag von 468.000 EUR für angemessen. Der Antragsgegner begehrte letztlich einen zusätzlichen Betrag von 546.000 EUR. Gegenstand des Verfahrens ist die Festsetzung der nach § 4 EisbEG dem Antragsgegner zustehenden Enteignungsentschädigung.

Das Erstgericht setzte die Enteignungs-entschädigung mit insgesamt 1.373.630 EUR fest. Dementsprechend erkannte es die Antragstellerin schuldig, dem Antragsgegner 465.600 EUR binnen 14 Tagen zu zahlen, und zwar wertgesichert nach VPI 2005 ohne Schwellenwert ab April 2007. In diesem Betrag sind die Abgeltung für die dauerhafte Verkehrswertminderung der Liegenschaft, für die Ertragsminderung aufgrund der eingeschränkten Unternehmensfortführung auf dem Restgrund und für die Restflächenabwertung, weiters pauschale Wieder-beschaffungskosten in Höhe von 9 % sowie die Entschädigung für die vorübergehende Beanspruchung aufgrund der Bauservitut, für das Wohnhaus und für Übersiedlungskosten enthalten. Das Erstgericht legte den einzelnen Wertansätzen dabei das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen DDr. L***** zugrunde.

Das Rekursgericht bestätigte in der Hauptsache die Entscheidung des Erstgerichts, auf die es im Sinn des § 60 Abs 2 AußStrG verwies. Auch das Rekursgericht beurteilte das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen als vollständig, schlüssig und überzeugend. Der Sachverständige habe bei seiner Vergleichswertermittlung die zum fraglichen Zeitpunkt am Markt real geleisteten Preise erhoben. Die vom gerichtlichen Sachverständigen herangezogene Methode sei auch hinsichtlich der festgestellten Ertragsminderung des Unternehmens nicht zu beanstanden. Zweck der Entschädigung nach § 4 Abs 1 EisbEG sei der Ausgleich der Vermögensdifferenz, die der Enteignete durch das ihm abverlangte Sonderopfer erleide. Dementsprechend seien auch Folgeschäden zu ersetzen, soweit diese nicht schon im Verkehrswert berücksichtigt würden. Diese Grundsätze würden auch dann gelten, wenn die Enteignung durch Einräumung einer Zwangsservitut verwirklicht werde. Die Berücksichtigung der (hier pauschalen) Wiederbeschaffungskosten sowie der Wertsicherung entspreche der Rechtsprechung. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Entschädigung der enteignungsbedingten Ertragsminderung einer Gärtnerei zusätzlich zum Verkehrswertersatz des Grundes als Bauhoffnungsgebiet noch nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die dem Antragsgegner gebührende Enteignungsentschädigung mit 687.520 EUR festzusetzen, die von der Antragstellerin bereits bezahlt worden seien.

Mit seiner Revisionsrekursbeantwortung beantragt der Antragsgegner, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

1.  Trotz Zulässigerklärung des Revisionsrekurses muss der Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzeigen. Macht der Rechtsmittelwerber aber nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, so ist das Rechtsmittel zurückzuweisen (8 Ob 41/10b).

Allein der Umstand, dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer bestimmten Fallgestaltung fehlt, bedeutet nicht, dass die Entscheidung auch von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt. Dafür müsste hinzukommen, dass die relevanten Rechtsgrundsätze in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs noch nicht geklärt sind.

Diese Voraussetzung ist im Anlassfall nicht gegeben. Auch sonst zeigt die Antragstellerin in ihrem Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage auf.

2.1  Zum Substanzverlust, also zur Wertminderung der Servitutsflächen, führt die Antragstellerin aus, dass nach § 25 Abs 1 EisbEG zumindest ein weiterer Sachverständiger hätte bestellt werden müssen. Das Erstgericht hätte daher einen Immobiliensachverständigen zur Frage der künftigen Umwidmung beiziehen müssen. Außerdem sei das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen unrichtig. Er habe keine tauglichen Vergleichsfälle herangezogen und keine Marktpreise ermittelt. Zudem habe sich das Rekursgericht mit den Beweisurkunden Beilagen ./F bis Beilagen ./J nicht auseinandergesetzt.

2.2  Nach ständiger Rechtsprechung ist die Notwendigkeit der Beiziehung eines weiteren Sachverständigen eine Frage der Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043320; 3 Ob 68/14t). Dies gilt auch für den Anlassfall nach der Sonderbestimmung des § 25 Abs 1 EisbEG. Besondere Verhältnisse machen die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen in der Regel dann erforderlich, wenn sich relevante Fragen außerhalb des Fachgebiets des schon bestellten gerichtlichen Sachverständigen stellen, oder wenn der bestellte Sachverständige die Beiziehung eines anderen Sachverständigen anregt.

Ob die an ihn gestellten Fragen in sein Fachgebiet fallen, hat der Sachverständige im Allgemeinen selbst zu beantworten. Aus diesem Grund kann sich das Gericht mangels gegenteiligen Hinweises durch den Sachverständigen grundsätzlich darauf verlassen, dass die beantworteten Fragestellungen zum Sachgebiet des Sachverständigen gehören. Dies gilt dann nicht, wenn sich die Zuordnung der jeweiligen Fragestellung zu einem anderen Fachgebiet als offenkundig erweist.

Das Rekursgericht hat sich mit der Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen auch zur Frage der Wertminderung der Dauerservitutsflächen umfassend auseinandergesetzt. Ein Fehler des Rekursgerichts in Bezug auf die Beweiswürdigung liegt nicht vor. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts über eine Beweisrüge dann mängelfrei ist, wenn es sich mit dieser befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seiner Entscheidung festhält (RIS‑Justiz RS0043150; RS0043268). Diesen Anforderungen hat das Rekursgericht in jedem Fall entsprochen. Eine mangelhafte Begründung der Entscheidung des Rekursgerichts vermag der Revisionsrekurs nicht aufzuzeigen.

Der gerichtliche Sachverständige ist für die Bewertung landwirtschaftlicher Liegenschaften und Bauten sowie für die (betriebswirtschaftliche) Unternehmens-bewertung landwirtschaftlicher Betriebe zertifiziert. Warum die fachliche Einschätzung des realistischen Entwicklungspotentials solcher Grundstücke mit Auswirkungen auf den Marktpreis zum Bewertungszeitpunkt nicht in das Fachgebiet des gerichtlichen Sachverständigen fallen soll, vermag die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs nicht schlüssig darzulegen.

2.3  Legen die Vorinstanzen der Entscheidung über die Festsetzung der Enteignungsentschädigung die tatsächlichen Ausführungen des Sachverständigen zugrunde, beantworten sie Fragen auf der Tatsachenebene (1 Ob 138/13w). Dementsprechend fallen Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens in den Bereich der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0113643). Dies gilt ebenso für die Frage, ob ein verwertetes Sachverständigengutachten die getroffenen Feststellungen stützt und das Gutachten erschöpfend ist (RIS‑Justiz RS0043163; 3 Ob 230/11m; 3 Ob 68/14t).

Das Rekursgericht hat im gegebenen Zusammenhang im Rahmen der Beweiswürdigung die Ermittlung des Verkehrswerts der zwangsbelasteten Liegenschaften nach dem Vergleichswertverfahren gebilligt. Dabei ist es ausdrücklich auf die gutachterlichen Stellungnahmen in Beilagen ./F und ./G sowie auf das Privatgutachten in Beilage ./J eingegangen und hat unter anderem mit näherer Begründung ausgeführt, dass sich Beilage ./G nicht auf die gegenständlichen Liegenschaften beziehe und der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt habe, dass Beilage ./G auf das Jahr 2005 bezogen und für die Vergleichswertermittlung daher nicht aussagekräftig sei. Weiters hat das Rekursgericht klargemacht, dass sich Beilage ./J auf nicht im fraglichen Gebiet befindliche landwirtschaftliche Grundstücke bezieht. Im gegebenen Zusammenhang gelangte das Rekursgericht zum Ergebnis, dass die vom gerichtlichen Sachverständigen praktizierte Heranziehung vergleichbarer Transaktionen im gesamten Bewertungsgebiet plausibel erscheine und auch andere Käufer als die Antragstellerin bei vergleichbaren Transaktionen im Bewertungsgebiet einen Quadratmeterpreis von 230 EUR bezahlt hätten.

Den Anforderungen an die Behandlung der Beweisrüge hat das Rekursgericht auch in dieser Hinsicht entsprochen. Zudem geht bei der gebotenen Gesamtschau der Ausführungen des Rekursgerichts in Behandlung der Mängel- und Beweisrügen klar hervor, dass es die beweiswürdigenden Überlegungen des Erstgerichts zu den Bewertungen laut gerichtlichem Gutachten und der Privatgutachten billigt und für zutreffend erachtet.

Das Erstgericht hat im Rahmen seiner ausführlichen und wohlüberlegten Beweiswürdigung im gegebenen Zusammenhang auch festgehalten, dass der gerichtliche Sachverständige 98 Kauffälle analysiert und untaugliche Transaktionen ausgesondert habe. Der Sachverständige habe die Grundlage für die Vergleichswertberechnung und auch die Berechnungsmethode ausführlich beschrieben. Er habe zudem eine Plausibilitätskontrolle vorgenommen und die privatgutachterlichen Stellungnahmen entkräftet. Selbst bei Ausscheiden der Kauffälle der Antragstellerin und des Wohnfonds ergebe sich kein wesentlich anderes Bild.

Eine mangelhafte Begründung des Berufungsgerichts vermag der Revisionsrekurs in diesem Zusammenhang somit nicht aufzuzeigen. Unverständlich bleibt der Vorwurf der Antragstellerin, das Rekursgericht hätte sich mit wesentlichen Beweisurkunden nicht auseinandergesetzt.

2.4  Soweit die Antragstellerin ihre Ausführungen zur Beiziehung eines weiteren Sachverständigen (§ 25 Abs 1 EisbEG) und zur Auseinandersetzung des gerichtlichen Sachverständigen mit den (privat‑)gutachterlichen Stellungnahmen bzw dem Privatgutachten auch als Mängelrüge auffasst, ist sie darauf hinzuweisen, dass diese Vorgänge das erstinstanzliche Verfahren betreffen. Mängel des Verfahrens erster Instanz (im Sinn des § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG) können in dritter Instanz allerdings nicht mehr geltend gemacht werden, unabhängig davon, ob sie im Rekurs erfolglos gerügt (RIS‑Justiz RS0074223) oder gar nicht zum Gegenstand des Rekursverfahrens gemacht wurden (RIS‑Justiz RS0042963; 8 Ob 63/13t; 1 Ob 138/13w).

3.1  Zur Ertragsminderung des Gärtnerei-unternehmens macht die Antragstellerin im Revisionsrekurs geltend, dass der gerichtliche Sachverständige trotz eines methodischen Fehlers die Wahl seiner Methode zur Ermittlung des Unternehmenswerts nicht geändert habe. Es bestehe weiterhin ein Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen Dr. B*****. Unrichtig sei, dass der gerichtliche Sachverständige eine Gärtnerei als „bodenunabhängig“ qualifiziere. Das Erstgericht habe sich auch nicht mit den Beilagen ./B und ./C beschäftigt. Die Berücksichtigung des künftigen Erwerbsverlusts zusätzlich zum Substanzschaden führe zu einer Doppelentschädigung des Antragsgegners.

3.2  Zu den Kernaufgaben des Sachverständigen gehört es, aufgrund der einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gutachtensauftrag jeweils maßgebenden strittigen Tatfrage am besten eignet (RIS‑Justiz RS0119439). Besteht ‑ wie hier - für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen keine gesetzlich vorgeschriebene Methode, so kann das Gericht dem Sachverständigen die im Zuge der Auftragserteilung anzuwendende Methode nicht vorschreiben (4 Ob 93/12y).

Angebliche methodische Fehler bei der Ermittlung der Ertragsminderung des Unternehmens hat die Antragstellerin schon im Rekurs geltend gemacht. Das Rekursgericht hat sich mit dieser Argumentation ausführlich auseinandergesetzt und sowohl die Angreifbarkeit des zugrunde gelegten Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen als auch das Vorliegen eines Verfahrensmangels mit sorgfältiger Begründung verneint. Insbesondere hat es dargelegt, dass die herangezogene DCF‑Methode auch vom Sachverständigen Dr. B***** als durchaus angebracht angesehen worden sei, dieser aber kritisiert habe, dass von einer unendlichen Lebensdauer des Gärtnereibetriebs ausgegangen worden sei. Der gerichtliche Sachverständige habe diese Kritik aufgegriffen und sei dementsprechend von einer wirtschaftlich sinnvollen Betriebsfortführung am Standort bis zum Jahr 2034 ausgegangen. Dabei habe er die vom Sachverständigen Dr. B***** und den Privatgutachtern vorgeschlagenen Grundlagen berücksichtigt. Insgesamt billigte das Rekursgericht die Beweiswürdigung des Erstgerichts zur Ermittlung des Ertragsverlusts des Unternehmens auf Basis des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen. Dies gilt auch für den Rückgriff auf betriebliche Vergleichsdaten anderer Erwerbsgärtnereibetriebe.

Auch zur gutachterlichen Ermittlung der Ertragsminderung des Unternehmens liegt weder ein Fehler des Rekursgerichts in Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts noch ein Mangel des Rekursverfahrens vor.

Das Erstgericht, dessen Beweiswürdigung das Rekursgericht als stichhaltig beurteilte, hat die vom gerichtlichen Sachverständigen herangezogene DCF‑Methode (Restbetriebsbelastung) im Detail beschrieben und als die am besten geeignete Methode für die Bewertung des unternehmerischen Vermögensnachteils qualifiziert. Der gerichtliche Sachverständige habe seine Methodenwahl schlüssig begründet. Mit der Kritik der Parteien und der Privatgutachten habe er sich eingehend auseinandergesetzt. Ein Grund, die Methodenwahl des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen, bestehe nicht. Dazu hat das Erstgericht hervorgehoben, dass bei der vom gerichtlichen Sachverständigen herangezogenen Ermittlungsmethode der Bodenwert bei der Wertermittlung für das Unternehmen nicht berücksichtigt sei, der Bodenwert sich also nicht auf die Wertminderung des Unternehmens auswirke. Aufgrund der gewählten Methode zur Ermittlung des Unternehmenswerts sei es nicht zu einer Doppelberücksichtigung des Bodenwerts gekommen. Vielmehr habe der gerichtliche Sachverständige ausschließlich den über den Substanzverlust an den Liegenschaftsanteilen hinausgehenden Ertragsverlust bestimmt.

3.3  Es entspricht der Rechtsprechung, dass auch Vermögensfolgeschäden im Rahmen der Enteignungs-entschädigung zu ersetzen sind, wenn sie nicht schon im Verkehrswert der entzogenen bzw mit einem Zwangsrecht belasteten Liegenschaft berücksichtigt wurden, wenn sie also durch den Ersatz der Wertminderung des entzogenen Objekts bzw der belasteten Liegenschaften allein noch nicht abgegolten sind (8 Ob 84/13f).

Die Vorinstanzen sind in dieser Hinsicht davon ausgegangen, dass die Gärtnerei auf den Liegenschaften am Standort in angepasster Form weiterbetrieben werden könne und dies wirtschaftlicher (für die Antragstellerin günstiger) als die Absiedlung der Gärtnerei sei. Darin, dass die Unternehmensfortführung dem Antragsgegner auf dem Restgrund aber nur mehr eingeschränkt möglich sei, liege ein ‑ im Vergleich zum Substanzverlust der Liegenschaft - weiterer Vermögensnachteil.

Ausgehend von diesen zutreffenden Rechtsgrundsätzen bestehen an der Eignung der vom gerichtlichen Sachverständigen herangezogenen Bewertungsmethode und an deren Aufgabenadäquanz keine Bedenken. Von einem Verstoß gegen zwingende Denkgesetze (vgl dazu 4 Ob 93/12y; 1 Ob 138/13w) kann keine Rede sein.

3.4  Die Kritik der Antragstellerin, das Gärtnereiunternehmen könne nicht bodenunabhängig sein, weil „Pflanzen auf irgendetwas keimen, wachsen und reifen“ müssten, ist nicht begründet. Die Antragstellerin ignoriert dabei, was der gerichtliche Sachverständige im gegebenen Zusammenhang mit dem Begriff „bodenunabhängig“ ausdrücken will. Es geht dabei darum, dass es für die Bewertung des Gärtnereibetriebs in erster Linie nicht auf das Ausmaß der genutzten Flächen, sondern auf die Intensität und Dichte der Nutzung (zB durch die Verwendung von Glashäusern) ankommt.

3.5  Unverständlich bleibt wiederum der Vorwurf der Antragstellerin, die Vorinstanzen hätten sich mit den Beweisurkunden Beilagen ./B und ./C nicht sachlich auseinandergesetzt. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung hat sich das Erstgericht sorgfältig und besonders ausführlich mit dem gerichtlichen Gutachten und der Kritik der Antragstellerin daran beschäftigt. In diesem Zusammenhang hat es auch dargelegt, dass der gerichtliche Sachverständige nach Befassung unter anderem mit dem Privatgutachten des Sachverständigen S***** (Beilage ./B und ./C) neuerliche Berechnungen durchgeführt habe, bei seiner Berechnungsmethode ‑ mit überzeugender Begründung ‑ aber geblieben sei. Auch in diesem Zusammenhang vermag die Antragstellerin keinen Mangel des Rekursverfahrens aufzuzeigen.

4.1  Zur Wertminderung der Restflächen vertritt die Antragstellerin die Ansicht, dass diese nicht unmittelbar durch die Enteignung, sondern vielmehr durch die gesetzliche Eigentumsbeschränkung des § 42 Abs 1 EisbG verursacht worden sei. Die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen, der Antragsgegner könne seinen Betrieb nicht mehr ausweiten, sei unrichtig. Tatsächlich habe der Antragsgegner die Betriebsflächen bereits vollständig ausgenützt.

4.2  Das Rekursgericht hat im gegebenen Zusammenhang näher dargelegt, dass die Berufung der Antragstellerin auf die gesetzliche Eigentumsbeschränkung nach § 42 Abs 1 EisbG ihrer eigenen Argumentation im erstinstanzlichen Verfahren widerspreche. Die Frage nach der Wertminderung der Restflächen und der konkreten Ursache dafür sei im Verfahren erster Instanz nicht als strittig anzusehen gewesen.

Diesen Überlegungen tritt die Antragstellerin im Revisionsrekurs nur mit dem Hinweis entgegen, dass die Ansicht des Rekursgerichts nicht nachvollziehbar sei, weil es sich um eine Rechtsfrage handle. Zu dem vom Rekursgericht beurteilten Verstoß gegen das Neuerungsverbot zeigt die Antragstellerin damit keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Die Überlegungen der Antragstellerin zur Bauverbotszone nach § 42 Abs 1 EisbG im Hinblick auf die Restflächenabwertung greift im Übrigen zu kurz. Ohne Enteignung (hier Einräumung der Zwangsservitut) hätte die U‑Bahn‑Trasse nicht über die Grundstücke des Antragsgegners geführt werden dürfen. Die Bauverbotszone im Sinn des § 42 Abs 1 EisbG ist damit unmittelbare Folge der Errichtung und des Betriebs der Verkehrsanlage.

Schließlich weicht die Antragstellerin hier auch von den ‑ vom Rekursgericht konkret überprüften - Feststellungen des Erstgerichts ab. Das Erstgericht hat nicht nur festgehalten, dass die Restflächen durch die Enteignung abgewertet wurden, sondern ebenso, dass durch den Revisionsstreifen (Begleitweg) und die Bauverbotszone der betroffene Grundstreifen nur eingeschränkt wirtschaftlich nutzbar und verwertbar ist. Zudem wurde festgestellt, dass vor allem durch die Lage der Restflächen zwischen der U‑Bahn‑Trasse und den Liegenschaften der Gemeinde Wien eine Ausweitung des Gärtnereibetriebs wie auch eine sinnvolle Verwertung durch Verbauung nur mehr gemeinsam mit der Gemeinde Wien möglich ist.

5.1  Die rechtlichen Ausführungen im Revisionsrekurs bleiben vage und greifen die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen nicht mit tragfähigen Argumenten an.

Die Grundsätze zur Beurteilung der in Rede stehenden Enteignungsentschädigung sind in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs geklärt. Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich im Rahmen dieser Vorgaben. Auch in dieser Hinsicht wird von der Antragstellerin keine erhebliche Rechtsfrage angesprochen.

5.2  So entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass das Wesen der Enteignungsentschädigung in der Ersatzleistung für das dem Enteigneten durch den besonderen Hoheitsakt abgenötigte Sonderopfer an seinem Vermögen besteht. Zweck der Enteignungsentschädigung ist es, diesen Vermögensnachteil des Enteigneten auszugleichen. Die Enteignungsentschädigung ist damit Entgelt für die Aufhebung (oder die Belastung) des enteigneten Rechts. Grundsätzlich soll durch die Gewährung der Entschädigung nach § 4 EisbEG dem Enteigneten der Unterschied zwischen seiner Vermögenslage vor und nach der Enteignung ausgeglichen werden, wobei es bei der Ermittlung der Entschädigung auf eine bereits bestehende oder als realistisch beurteilte künftige Verwendungsmöglichkeit der durch die Enteignung beanspruchten Flächen ankommt (7 Ob 138/05b; 8 Ob 84/13f; 1 Ob 25/14d; vgl auch 1 Ob 138/13w).

5.3  Dem Enteigneten gebührt zunächst der Verkehrswert für den Substanzverlust, also jener Betrag, um den die Sache im Verkehr angeschafft oder veräußert werden kann, konkret jener Betrag, der für ein Grundstück gleicher Art und Beschaffenheit zum Zeitpunkt der Enteignung im örtlichen Bereich von Kaufinteressenten geboten worden wäre. Die durch die Enteignung hervorgerufenen Nachteile können aber über den Substanzverlust hinaus auch in weiteren Vermögensfolgeschäden bestehen. Enteignungsfolgeschäden, die durch den Wertersatz des enteigneten Objekts allein noch nicht abgegolten sind, können dem Enteigneten insbesondere daraus erwachsen, dass er infolge der Enteignung genötigt ist, ein auf dem von der Enteignung betroffenen Grundstück betriebenes Unternehmen zu verlegen. In diesem Fall ist auf die Betriebsverlegungs‑ und Übersiedlungskosten, den Ertragsausfall, die Anlaufverluste und auf die Einbuße von Standortvorteilen Bedacht zu nehmen (7 Ob 39/13f). Ist eine Verlegung des Unternehmens nicht möglich oder zumutbar, sodass durch die Enteignung letztlich eine Betriebsaufgabe erzwungen wird, so muss der dadurch eingetretene Nachteil im Vermögen des Enteigneten ein Äquivalent in der Vergütung des Werts des Unternehmens haben, zumal dem Enteigneten die Möglichkeit genommen wird, weitere Einkünfte aus dem Betrieb zu erzielen (8 Ob 84/13f). Die gleichen Überlegungen gelten für die Ertragsminderung eines in eingeschränkter Form am bisherigen Standort fortgeführten Unternehmens als Folge der Enteignung (hier durch Begründung einer Zwangsservitut).

5.4  In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist ebenso anerkannt, dass bei teilweiser Enteignung bzw bei teilweiser Einräumung eines Zwangsrechts bei der Ermittlung des Entschädigungsbetrags auch auf die Wertminderung des dem Enteigneten verbliebenen Teils seines Grundstücks Bedacht zu nehmen ist (2 Ob 334/98a). Dementsprechend ist auch eine Wertminderung der restlichen Liegenschaft aufgrund einer U‑Bahn‑Servitut (hier Duldungspflicht der Hochtrasse einer U‑Bahn) bei der Entschädigungsbemessung zu beachten. Die sich aus der Einschränkung der Verwendungsmöglichkeit ergebende Wertminderung des Restgrundstücks kann entweder gesondert durch Wertvergleich des Restgrundes vor und nach der Enteignung oder durch Wertvergleich der gesamten Liegenschaft (einschließlich enteignetem Grund) mit dem Wert des Restbesitzes ermittelt werden (7 Ob 145/11s; 7 Ob 39/13f).

5.5  Ebenso hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch Wiederbeschaffungs-kosten, also jene Kosten, die mit dem Erwerb eines Ersatzgrundstücks verbunden sind, zu ersetzen sind. Dazu gehören etwa die Kosten für die Einverleibung und die Vertragserrichtung. Sind solche Kosten konkret angefallen, ist auf deren Höhe abzustellen. Ist dies nicht der Fall, so gebührt dem Enteigneten eine Pauschalentschädigung als Prozentsatz vom Wert der enteigneten Liegenschaft, wobei in der Rechtsprechung ein Prozentsatz von 9 % als angemessen anerkannt wird (RIS‑Justiz RS0121649; 7 Ob 138/05b; 8 Ob 84/13f; 1 Ob 138/13w).

Die Antragstellerin zieht den hier angewendeten Prozentsatz von 9 % im Revisionsrekurs ausdrücklich nicht in Zweifel. In dieser Hinsicht verweist sie jedoch wieder auf § 42 Abs 1 EisbG und darauf, dass der Wertverlust in der Bauverbotszone keine unmittelbare Folge der Enteignung darstelle. Wie bereits beurteilt, erweist sich diese Argumentation als unrichtig.

6.1  Zum Geldwertverlust führt die Antragstellerin schließlich aus, dass die Verfahrensdauer nicht ungewöhnlich lange sei und die Verfahrensverzögerungen der Antragsgegner zu vertreten habe, weil er zunächst einen weit überhöhten Entschädigungsbetrag begehrt habe.

6.2  Die Zulässigkeit einer Aufwertung des Entschädigungsbetrags wird in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs jedenfalls bei einem krassen Missverhältnis zwischen dem Wert der enteigneten Liegenschaft im Zeitpunkt der Enteignung einerseits und im Zeitpunkt der Festsetzung der Entschädigung andererseits, also bei einer großen Geldwertveränderung bejaht. Die Aufwertung ist dabei ein Äquivalent für die Geldentwertung (ab Vollzug des rechtskräftigen Enteignungsbescheids), die in der Regel dann eintritt, wenn dem Enteigneten die endgültige Entschädigung erst nach einem länger dauernden Verfahren zuerkannt wird (1 Ob 138/13w).

6.3  Die Vorinstanzen haben im gegebenen Zusammenhang dargelegt, dass in Vergleichsentscheidungen eine Aufwertung bei einer Verfahrensdauer von elf Jahren und einer Indexsteigerung von 32 % (1 Ob 148/97i) bzw bei einer Verfahrensdauer von mehr als sechs Jahren und einem Geldwertverfall von 13 % (1 Ob 138/13w) zuerkannt wurde.

Im Anlassfall schlägt eine Verfahrensdauer in erster Instanz von mehr als sieben Jahren und ein Geldwertverfall von 16,9 % zu Buche. Der Ausgleich der Geldentwertung steht mit der Rechtsprechung daher im Einklang. Die Gegenargumentation der Antragstellerin, die Verfahrensdauer sei durch die überhöhte Entschädigungsforderung des Antragsgegners bedingt gewesen, ist weder tragfähig noch richtig.

7.  Insgesamt stehen die Entscheidungen der Vorinstanzen mit den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen im Einklang. Da im Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG angesprochen wird, war das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 44 EisbEG iVm § 41 ZPO. Die Bemessungsgrundlage im Revisionsrekursverfahren beträgt 686.110 EUR.

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