European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00122.15D.1028.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Beurteilung, ob im Einzelfall ein Kündigungs- oder Entlassungsgrund verwirklicht wurde, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0106298), es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen, wovon im vorliegenden Fall nicht auszugehen ist.
2. Der Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 letzter Fall AngG erfasst Handlungen oder Unterlassungen eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt, weil dieser befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, sodass dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind (RIS‑Justiz RS0029547).
Bei der Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit kommt es darauf an, ob für einen Arbeitgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischem Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien, wobei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers entscheidet, sondern ein objektiver Maßstab anzulegen ist (RIS‑Justiz RS0029833).
3. Die Annahme einer beharrlichen Dienstpflichtverletzung iSd § 27 Z 4 AngG setzt grundsätzlich eine vorangegangene Ermahnung oder wiederholte Aufforderung zur Dienstleistung bzw Befolgung der Anordnung voraus, es sei denn, dass es sich um eine Dienstverletzung so schwerwiegender Art handelt, dass auf die Nachhaltigkeit der Willenshaltung des Angestellten mit Grund geschlossen werden kann (RIS‑Justiz RS0029746).
4. Nach den Feststellungen hat der Kläger für den Fall, dass es zu keiner Einigung über seine Veränderungswünsche kommt, die Kündigung angedroht und darauf verwiesen, dass unter Berücksichtigung offenen Urlaubs und Zeitausgleich für Mehrarbeit dies dann sein letzter Arbeitstag wäre. Wenn das Berufungsgericht in diesem Verhalten des Klägers weder den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit noch den der beharrlichen Dienstpflichtverletzung verwirklicht sieht, stellt das ‑ auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass er zu diesem Zeitpunkt mit der Abfassung eines dringlichen Gutachtens betraut war ‑ keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar.
Inwieweit eine besondere Vertrauensstellung des Klägers ‑ auf die sich die Beklagte in erster Instanz gar nicht berufen hat ‑ für diese Beurteilung von Relevanz sein soll, wird in der Revision nicht näher ausgeführt.
5. Der Entlassungsgrund der Vertrauens-verwirkung kann nicht nur auf mit dem Dienstverhältnis unmittelbar zusammenhängende Handlungen des Angestellten gestützt werden. An das außerdienstliche Verhalten eines Dienstnehmers ist aber kein so strenger Maßstab anzulegen wie an das Verhalten im Dienst (RIS‑Justiz RS0029343).
Die Revision lässt allerdings offen, weshalb entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts durch die auf unzureichende Englischkenntnisse des Klägers zurückzuführende falsch angegebene Berufsbezeichnung des Klägers auf LinkedIn der Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit erfüllt sein soll.
6. Der Ehrenbeleidigung iSd § 27 Z 6 AngG muss eine Verletzungsabsicht in Bezug auf die im Tatbestand angeführten Personen zugrunde liegen. Sie muss objektiv geeignet sein, im erheblichen Maße ehrverletzend zu wirken und diese Wirkung auch hervorgerufen haben. Entscheidend ist, ob die Ehrenbeleidigung nach ihrer Art und nach den Umständen, unter welchen sie erfolgt, von einem Menschen mit normalen Ehrgefühl nicht anders als mit dem Abbruch der Beziehungen beantwortet werden kann. Ob dies der Fall ist, kann ebenfalls nur nach Prüfung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0029827 [T1, T8]).
Soweit die Revision der Äußerung des Klägers über den Ruf der Beklagten eine Verletzungsabsicht unterstellt, entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt und ist daher in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Da eine Rechtsmittelbeantwortung nicht freigestellt war, dient die vom Kläger eingebrachte Revisionsbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (§ 508a Abs 2 S 2 ZPO; 3 Ob 168/14y ua). Der Kläger hat daher seine Kosten selbst zu tragen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)