Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird als verspätet zurückgewiesen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid vom 21. 4. 2009 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt gestützt auf die §§ 235, 236 und 254 ASVG einen Antrag des Klägers vom 17. 4. 2009 auf Gewährung der Invaliditätspension mit der Begründung ab, die Wartezeit sei nicht erfüllt.
Mit ebenfalls rechtskräftigem Bescheid vom 6. 8. 2009 lehnte die beklagte Partei einen weiteren Antrag des Klägers vom 29. 4. 2009 auf Gewährung einer Invaliditätspension unter Hinweis auf die §§ 255 Abs 7 und 254 ASVG mit der Begründung ab, das aufgrund des Antrags durchgeführte Verfahren habe ‑ neben der maßgeblichen Diagnose „paranoide Schizophrenie“ ‑ ergeben, dass der Versicherte nicht die erforderliche Mindestzahl von 120 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung erworben habe. Vor der Belehrung über das Klagerecht findet sich weiters der Satz: „Eine Klage gegen diesen Bescheid ist erst möglich, wenn 10 Monate der freiwilligen Weiterversicherung eingekauft werden.“
Am 6. 2. 2012 beantragte der Kläger bei der beklagten Partei neuerlich die Gewährung der Invaliditätspension.
Die beklagte Partei wies diesen Antrag mit Bescheid vom 21. 3. 2012 unter Bezugnahme auf § 357 ASVG und § 68 Abs 1 AVG mit der Begründung zurück, dass über den Antrag vom 29. 4. 2009 auf Invaliditätspension bereits mit rechtskräftigem Bescheid vom 6. 8. 2009 entschieden worden sei. Seit dieser Entscheidung hätten sich weder Änderungen in der Sachlage noch in der Rechtslage ergeben, sodass der Antrag zurückzuweisen sei. In der Rechtsmittelbelehrung erfolgte eine Belehrung über die Möglichkeit, binnen einem Monat Einspruch an den Landeshauptmann zu erheben.
Der Kläger bekämpfte den Bescheid, indem er Einspruch an den Landeshauptmann erhob und indem er innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheids beim Erstgericht Klage einbrachte. Das Klagebegehren ist darauf gerichtet, „es möge festgestellt werden, dass beim Kläger dauernde Invalidität im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG vorliege und die beklagte Partei schuldig sei, ihm Leistungen aus der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu erbringen. Im Wesentlichen brachte der Kläger vor, die paranoide Schizophrenie stelle kein angeborenes Leiden dar, sondern sei erst zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten, sodass Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG (infolge Herabsinkens der ursprünglich vorhandenen Arbeitsfähigkeit) gegeben sei. Da der Stichtag vor Vollendung seines 50. Lebensjahres liege, sei zur Erlangung der Invaliditätspension nach § 255 Abs 3 ASVG die Erfüllung einer Wartezeit von 60 Versicherungsmonaten ausreichend. Aufgrund einer freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung sei zu dem durch den neuerlichen Antrag ausgelösten Stichtag 1. 3. 2012 mittlerweile die Wartezeit von 60 Versicherungsmonaten erfüllt. Die beklagte Partei hätte daher über den neuerlichen Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension wegen rechtserheblicher Änderung der Verhältnisse inhaltlich absprechen und dem Antrag stattgeben müssen. Es liege keine Verwaltungssache vor, sondern sei der Rechtszug an das Gericht zulässig.
Die beklagte Partei beantragte die Zurückweisung der Klage. Eine Sachentscheidung des Gerichts sei aufgrund mangelnder sukzessiver Kompetenz unzulässig.
Außer Streit steht, dass der Kläger nicht die in § 255 Abs 7 ASVG vorausgesetzten 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung erworben hat. Im Hinblick auf die kürzere Wartezeit für Leistungen aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit (§ 255 Abs 3 ASVG‑Stichtag vor Vollendung des 50. Lebensjahres) steht weiters außer Streit, dass der Kläger zum ‑ durch den neuerlichen Antrag ausgelösten ‑ Stichtag 1. 3. 2012 die Wartezeit von 60 Versicherungsmonaten erfüllt.
Laut Aktenlage ist bis zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz noch keine Entscheidung über den gegen den Bescheid der beklagten Partei vom 21. 3. 2012 erhobenen Einspruch des Klägers ergangen. Im Jänner 2014 wurde der Akt vom Amt der Salzburger Landesregierung zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück und erklärte das vorangegangene Verfahren für nichtig. Da der Versicherungsträger eine meritorische Entscheidung verweigert habe, sei eine Überprüfung durch das Gericht im Rahmen der sukzessiven Kompetenz ausgeschlossen. Ein Fall des § 68 ASGG liege nicht vor, weil sich der Gesundheitszustand des Klägers (paranoide Schizophrenie) seit der Bescheiderlassung am 6. 8. 2009 nicht geändert habe. Die geltend gemachte Änderung des Sachverhalts betreffe nur die Erfüllung der Wartezeit, nicht aber den Gesundheitszustand, sodass § 68 ASGG schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Entscheidung der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entspreche, nach der verfahrensrechtliche Bescheide des Versicherungsträgers nicht mit Klage beim Arbeits- und Sozialgericht bekämpfbar seien. § 68 Abs 1 ASGG gelte nur für Anträge innerhalb der Sperrfrist. Die unbekämpft gebliebene Vorentscheidung stamme vom 6. 8. 2009 und der neuerliche Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension vom 6. 2. 2012, sodass die Sperrfrist bereits abgelaufen sei. Es habe daher beim Grundsatz zu bleiben, dass Formalentscheidungen Verwaltungssachen seien und im Verwaltungsweg zu bekämpfen seien. Ob die jeweilige Formalentscheidung im konkreten Fall korrekt gewesen sei, habe das Gericht nicht zu überprüfen. Die Ansicht des Klägers, die beklagte Partei habe seinen Antrag zu Unrecht zurückgewiesen, weil ‑ seinem Standpunkt nach ‑ Invalidität nach § 255 Abs 3 ASVG vorliege und eine Änderung insoweit eingetreten sei, als zum Stichtag 1. 3. 2012 die Wartezeit von 60 Monaten nunmehr erfüllt sei, führe nicht zum Ergebnis, dass auch gegen eine Formalentscheidung der Rechtsweg beschritten werden könnte.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem sinngemäßen Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der beklagten Partei wurde vom Obersten Gerichtshof die Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung freigestellt. Diese Mitteilung samt einer Gleichschrift des Rechtsmittels wurde der beklagten Partei im Elektronischen Rechtsverkehr am Mittwoch, den 4. 3. 2015, übermittelt. Maßgeblicher Zustellzeitpunkt gemäß § 89d Abs 2 GOG ist der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag, somit im konkreten Fall Donnerstag, der 5. 3. 2015. Die erst am Freitag, den 20. 3. 2015, von der beklagten Partei mittels ERV eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist daher im Hinblick auf die für ihre Einbringung vorgesehene 14‑tägige Frist verspätet.
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage im Hinblick auf die Frage, ob eine analoge Anwendung des § 68 ASGG in Betracht kommt, wenn ein neuerlicher Antrag auf Pensionsgewährung erst nach Ablauf der Sperrfrist des § 362 ASVG gestellt wurde, zulässig. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Der Revisionsrekurswerber macht zusammengefasst geltend, aus § 68 ASGG folge, dass das Gericht im Rahmen seiner sukzessiven Kompetenz in der Sache selbst zu entscheiden habe, wenn der Versicherungsträger zu Unrecht keine Sachentscheidung getroffen habe, weil aus seiner Sicht eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands nicht bescheinigt war. Dies habe (analog) auch für den vorliegenden Fall zu gelten, in dem außerhalb der Sperrfrist des § 362 ASVG ein neuerlicher Pensionsantrag gestellt, dieser aber zu Unrecht wegen rechtskräftig entschiedener Rechtssache zurückgewiesen worden sei.
Dazu ist auszuführen:
1.1 Nach dem in Sozialrechtssachen geltenden Grundsatz der sukzessiven Kompetenz kann in einer Leistungssache ‑ abgesehen vom Fall des § 65 Abs 1 Z 3 ASGG und vorbehaltlich des § 68 ASGG ‑ das Gericht nur angerufen werden, wenn vom Versicherungsträger entweder „darüber“ bereits ein Bescheid erlassen wurde oder der Versicherungsträger mit der Bescheiderlassung säumig geworden ist (§ 67 Abs 1 ASGG; RIS-Justiz RS0085867). Mit der Klage tritt der Bescheid außer Kraft und die Entscheidungsbefugnis geht auf das Arbeits- und Sozialgericht über (RIS-Justiz RS0112044).
1.2 Aus § 67 Abs 1 ASGG ergibt sich, dass es an den dort genannten Voraussetzungen und damit an der Rechtswegzulässigkeit mangelt, wenn der mit der Klage angefochtene Bescheid nicht über den der betreffenden Leistungssache zu Grunde liegenden Anspruch des Versicherten ergangen ist, der Bescheid also keine Sachentscheidung darstellt, gegen die die Klagefrist noch offen ist (vgl RIS-Justiz RS0085867 [T3]). Ist vom beklagten Versicherungsträger bescheidmäßig nicht über die Kernfrage der Gewährung oder Nichtgewährung von Versicherungsleistungen entschieden worden, sondern liegt nur eine bloße Formalentscheidung vor ‑ etwa eine Antragszurückweisung ‑ erfüllt diese nicht die Voraussetzung einer Entscheidung des Versicherungsträgers über den Anspruch und unterliegt grundsätzlich nicht der Überprüfung durch das Gericht im Rahmen der sukzessiven Kompetenz ( Neumayr in ZellKomm 2 § 68 ASGG Rz 2 mwN).
Um eine Verwaltungssache im Sinne des § 355 ASVG handelt es sich auch bei der Zurückweisung eines Leistungsantrags durch den Sozialversicherungsträger wegen entschiedener Rechtssache (VwGH 98/08/0419; 10 ObS 14/10x, SSV-NF 24/13). Dem Versicherten bleibt in diesen Fällen die Bekämpfbarkeit durch Klage versagt. Eine dennoch vom Versicherten erhobene Klage ist wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen (§ 73 ASGG).
2.1 Von dem Grundsatz, dass verfahrensrechtliche Bescheide der Versicherungsträger nicht der Überprüfung durch das Gericht unterliegen, statuiert § 68 ASGG eine Ausnahme. Obwohl der Versicherungsträger zuvor keine Sachentscheidung getroffen hat, sondern „in den Fällen des § 362 ASVG“ den Leistungsantrag zurückgewiesen hat, kann das Gericht ausnahmsweise in der Sache entscheiden, wenn eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands durch den Versicherten glaubhaft gemacht wird (§ 68 Abs 1 ASGG). § 362 ASVG bezieht sich insbesondere auf Versehrtenrenten sowie auf Anträge auf Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits‑, Knappschafts- oder Knappschaftsvollpension. Werden diese mangels entsprechender Einbuße an Erwerbsfähigkeit bzw entsprechender Minderung der Arbeitsfähigkeit abgewiesen, ist der (neuerliche) Antrag auf Zuerkennung (Erhöhung) zurückzuweisen, wenn er vor Ablauf eines Jahres bzw von 18 Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung neuerlich eingebracht wird, ohne dass eine wesentliche Änderung der zuletzt festgestellten Umstände glaubhaft bescheinigt wurde oder innerhalb angemessener Frist bescheinigt wird. § 362 ASVG führt zu einer Verfahrenserleichterung: Vermag der Versicherte bei einem innerhalb eines Jahres bzw von 18 Monaten gestellten Antrag eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustands nicht glaubhaft zu bescheinigen, kann der Versicherungsträger den Antrag wegen entschiedener Rechtssache zurückweisen.
2.2 Anknüpfungspunkt für die Klage gemäß § 68 ASGG ist somit eine spezielle Konstellation im vorgeschalteten Verwaltungsverfahren. Wird im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht eine wesentliche Änderung des zuletzt festgestellten Gesundheitszustands glaubhaft gemacht, kann das Gericht ausnahmsweise in der Sache entscheiden, obwohl der Versicherungsträger zuvor keine Sachentscheidung getroffen, sondern den Leistungsantrag im Hinblick auf die Sperrfrist (und das Fehlen einer wesentlichen Änderung) zurückgewiesen hat. Ansonsten unterliegen verfahrensrechtliche Bescheide der Versicherungsträger wie Antragszurückweisungen grundsätzlich nicht der Überprüfung durch das Gericht im Rahmen der sukzessiven Kompetenz (10 ObS 173/01s, SSV-NF 15/92).
3.1 Der den Antrag auf Invaliditätspension des Klägers zurückweisende ‑ verfahrensgegenständliche ‑ Be-scheid vom 21. 3. 2012 verweigert eine inhaltliche Erledigung und stellt daher keine meritorisch über den Anspruch auf Invaliditätspension absprechende Entscheidung dar. Es handelt sich um eine bescheidmäßige Zurückweisung wegen entschiedener Rechtssache und damit um einen verfahrensrechtlichen Bescheid in Verwaltungssachen (§ 355 ASVG), gegen den nach der zum Zeitpunkt seiner Erlassung geltenden Rechtslage grundsätzlich Einspruch an den Landeshauptmann und nunmehr Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben war.
3.2 § 68 ASGG kommt im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Diese Regelung knüpft an eine spezielle Verfahrenskonstellation im vorgeschalteten Verwaltungsverfahren an, die aber im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, weil der neuerliche Antrag nach Ablauf der in § 362 Abs 1 ASVG genannten Sperrfrist (nach Rechtskraft des Bescheids vom 6. 8. 2009) gestellt wurde und eine Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers gegenüber der früheren Antragstellung gar nicht behauptet bzw bescheinigt wurde. Es liegt daher eine Zurückweisung eines neuerlichen Pensionsantrags durch die beklagte Partei außerhalb der Fälle des § 362 ASVG vor, sodass § 362 ASVG nicht greift und die in § 68 ASGG genannte Voraussetzung einer Zurückweisung des Antrags „in den Fällen des § 362 ASVG“ nicht gegeben ist.
3.3 Demgegenüber lag der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 ObS 40/02h ein innerhalb der Sperrfrist des § 362 Abs 1 ASVG gestellter neuerlicher Antrag des Versicherten auf Gewährung einer Invaliditätspension aufgrund der durch eine Gesetzesänderung (Einführung des Tätigkeitsschutzes nach § 255 Abs 4 ASVG idF SVÄG 2000) geschaffenen erleichterten Zugangsvoraussetzungen zugrunde. Der Oberste Gerichtshof vertrat in dieser Entscheidung die Auffassung, dass auch eine innerhalb der Sperrfrist rechtswirksam gewordene Änderung der Rechtslage einen Anwendungsfall des § 68 ASGG darstellen könne. Davon unterscheidet sich jedoch der hier zu beurteilende Sachverhalt insofern entscheidend, als der neuerliche Antrag auf Gewährung der Invaliditätspension weit außerhalb der Sperrfrist des § 362 ASVG eingebracht wurde und diesem Antrag auch keine „geänderte Rechtslage“ im Sinne der Entscheidung 10 ObS 40/02h zugrunde liegt.
4. Es ist daher zu prüfen, ob im vorliegenden Fall eine analoge Anwendung des § 68 ASGG in Betracht kommt.
4.1 Eine Analogie ist die über den Wortlaut hinausgehende Anwendung von Rechtsnormen. Sie setzt eine Lücke, also eine planwidrige Unvollständigkeit der rechtlichen Regelung voraus. Das Gesetz ist in solchen Fällen angesichts seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie als unvollständig zu betrachten, ohne dass seine Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (RIS‑Justiz RS0008866). Dass eine Regelung, die Einzelne als wünschenswert empfinden, vom Gesetzgeber nicht vorgenommen wurde, bedeutet noch keine Gesetzeslücke, die durch Analogie zu schließen wäre (RIS‑Justiz RS0008859). Insbesondere ist es nicht Sache der Gerichte, im Wege einer allzu weitherzigen Interpretation rechtspolitische Aspekte zu berücksichtigen, die den Gesetzgeber bisher nicht veranlasst haben eine Gesetzesänderung vorzunehmen (RIS‑Justiz RS0008880 ua). Ausnahmebestimmungen sind im Allgemeinen nicht ausdehnend auszulegen (RIS‑Justiz RS0008903).
4.2 Bei der Bestimmung des § 68 Abs 1 ASGG handelt es sich um eine Ausnahmebestimmung, da in bestimmten Fällen abweichend von der allgemeinen Bestimmung des § 67 Abs 1 ASGG eine Entscheidungspflicht des Gerichts in der Sache selbst angeordnet wird, obwohl keine meritorische Entscheidung des Versicherungsträgers vorliegt (RIS‑Justiz RS0085867). Vor allem aber fehlt es für die vom Kläger begehrte analoge Anwendung des § 68 ASGG im vorliegenden Fall am Vorliegen einer Gesetzeslücke, also einer planwidrigen Unvollständigkeit der rechtlichen Regelung. Bei der Zurückweisung eines Leistungsantrags (wie hier des neuerlichen Antrags des Klägers auf Gewährung einer Invaliditätspension) handelt es sich nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs um eine Verwaltungssache im Sinne des § 355 ASVG (vgl 10 ObS 14/10x, SSV-NF 24/13 ua; VwGH 2009/08/0226; 2006/08/0267; 2003/08/0162; 98/08/0419 ua). Während somit die Zurückweisung eines Leistungsantrags gemäß § 362 ASVG zu den Leistungssachen im Sinne des § 354 ASVG gehört, handelt es sich bei der Zurückweisung eines Leistungsantrags wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG um einen verfahrensrechtlichen Bescheid in Leistungssachen, der als Verwaltungssache im Sinne des § 355 ASVG zu beurteilen ist (vgl Kneihs in SV-Komm § 353 ASVG Rz 2). Der Bescheid eines Versicherungsträgers, mit dem in einer Leistungssache ein Leistungsantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird, ist daher (nunmehr) durch eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu bekämpfen (vgl § 414 ASVG). In diesem Sinne entspricht es auch der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass dem Bundesverwaltungsgericht in solchen Fällen (nur) die Kognition über die Zuständigkeit der Zurückweisungsentscheidung des Versicherungsträgers zukommt, da nur diese eine Verwaltungssache im Sinne des § 355 ASVG darstellt, während die Entscheidung über die Leistungsgewährung als Leistungssache im Sinne des § 354 ASVG den Arbeits- und Sozialgerichten zukommt (vgl BVwg 8. 8. 2014, W 228 2007453-1 ua). Die vom Kläger im vorliegenden Fall angestrebte analoge Anwendung des § 68 ASGG kommt daher schon im Hinblick auf das Fehlen einer „Gesetzeslücke“ nicht in Betracht.
5. Da somit nach zutreffender Rechtsansicht der Vorinstanzen ein Anwendungsfall des § 68 ASGG nicht vorliegt und auch eine analoge Anwendung dieser Bestimmung nicht in Betracht kommt, erfolgte die Zurückweisung des Klagebegehrens durch die Vorinstanzen wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs gemäß § 73 ASGG zu Recht (vgl 10 ObS 14/10x, SSV-NF 24/13; 10 ObS 173/01s, SSV‑NF 15/92 ua).
Eine Beurteilung der Richtigkeit der weiteren Rechtsmittelausführungen des Klägers, wonach im Hinblick auf die von ihm zwischenzeitig erworbenen weiteren Versicherungszeiten keine Identität der Sache bzw der Rechtslage vorliege, weshalb sein neuerlicher Leistungsantrag von der beklagten Partei nicht unter Bezugnahme auf § 68 Abs 1 AVG hätte zurückgewiesen werden dürfen, obliegt daher dem Bundesverwaltungsgericht, welches nunmehr für die Behandlung des vom Kläger gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid der beklagten Partei vom 21. 3. 2012 auch erhobenen Einspruchs an den Landeshauptmann zuständig ist (vgl BVwg 20. 8. 2014, W 201 2005944-1 ua).
Der Revisionsrekurs des Klägers musste daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers wurden weder geltend gemacht noch sind sie aktenkundig.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)