OGH 9Ob2/15g

OGH9Ob2/15g25.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ralph Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei D***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Veronika Cortolezis, Rechtsanwältin in Wien, wegen 35.000 EUR sA (Revisionsinteresse der klagenden Partei: 883 EUR; Revisionsinteresse der beklagten Partei: 12.104,54 EUR), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2014, GZ 2 R 154/14b‑12, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 13. Mai 2014, GZ 4 Cg 1/14h‑8, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00002.15G.0225.000

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird im Umfang der Abweisung des Zinsenbegehrens von weiteren 4 % über dem Basiszinssatz der EZB aus 22.895,46 EUR seit 1. 11. 2013 als nichtig aufgehoben und der insoweit unbekämpft gebliebene klagsstattgebende Teil des Urteils des Erstgerichts als Teilurteil wiederhergestellt. Die Kostenentscheidung bleibt insoweit der Endentscheidung vorbehalten.

Im Übrigen (hinsichtlich des weiteren Klagebegehrens von 12.104,54 EUR samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. 11. 2013) werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt ein Hotel mit einem Haupthaus und mehreren Nebenhäusern. Eines davon erwarb sie im Jahr 2008. Dieses verfügte bereits über einen Gasanschluss. Die Beklagte schloss zwar am 17. 4. 2008 mit der W***** G***** GmbH (nunmehr W***** N***** GmbH; kurz Netzbetreiberin) einen Netzzugangsvertrag für den Gasanschluss des 2008 erworbenen Hauses ab, aber keinen Gaslieferungsvertrag mit der W***** V***** GmbH Co KG (kurz Gaslieferantin). Tatsächlich wurde aber auch dieses Nebenhaus von der Gaslieferantin mit Gas versorgt. Da die Beklagte auch im Haupthaus eine Gasanlage betrieb (und betreibt) und die Netzbetreiberin die Zählerstände im klagsgegenständlichen Nebenhaus jeweils im Herbst der Jahre 2008, 2010, 2011, 2012 und 2013 ablas, ging die Beklagte immer davon aus, auch die klagsgegenständlichen Leistungen verrechnet zu bekommen und bezahlt zu haben. Tatsächlich wurde aber nur die Gasversorgung des Haupthauses in Rechnung gestellt. Da die Gaslieferantin den Gasbezug durch die Beklagte für das klagsgegenständliche Nebenhaus somit nicht in Evidenz hatte, verrechnete die Netzbetreiberin der Beklagten keine Netzentgelte.

Am 10. 10. 2013 teilte die Buchhalterin der Beklagten der Klägerin als Inkassozessionarin der Gaslieferantin und der Netzbetreiberin mit, dass die Beklagte davon ausgegangen sei, die Gasanlage sei angemeldet gewesen und der Verbrauch auch immer bezahlt worden. Die Beklagte wolle weiter Gas von der Gaslieferantin beziehen und auch den bisher nicht verrechneten Gasverbrauch übernehmen.

Daraufhin verrechnete die Gaslieferantin der Beklagten mit Rechnung vom 15. 10. 2013 einen bis 31. 10. 2013 zu bezahlenden (in der Rechnung näher aufgeschlüsselten) Betrag von insgesamt 46.904,66 EUR für die Netznutzung (die Netzkosten im Namen und gesetzlichen Abgaben im Namen und für Rechnung der Netzbetreiberin) und den Gasverbrauch für den Zeitraum vom 18. 4. 2008 bis 14. 10. 2013. Mit Schreiben vom 31. 10. 2013 lehnte die Beklagte eine Bezahlung der Rechnung ab und wendete ein, dass die Forderungen vor dem 15. 10. 2010 verjährt seien.

Die Klägerin begehrte mit der vorliegenden Klage als Inkassozessionarin der Gaslieferantin und der Netzbetreiberin von der Beklagten für von dieser ‑ ohne Willen der Inkassozedentinnen ‑ bezogenes Gas im Zeitraum vom 18. 4. 2008 bis 14. 10. 2013 an Energie‑ und Netzkosten einen Teilbetrag von 35.000 EUR samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. 11. 2013. Für die auf den Titel der Bereicherung gestützten Ansprüche auf die Lieferentgelte gelte eine 30-jährige Verjährungsfrist. Soweit der Gaslieferantin die Ansprüche auch aus dem Titel des Schadenersatzes zustünden, habe diese erst innerhalb von drei Jahren vor Klagseinbringung am 31. 1. 2014 Kenntnis von Schaden und Schädiger erlangt. Aber auch hinsichtlich der Netzentgelte sei keine Verjährung eingetreten. Die Netzentgelte für den Abrechnungszeitraum vom 8. 10. 2008 bis 13. 9. 2010 seien frühestens Ende Oktober 2010, jene für den folgenden Abrechnungszeitraum bis 1. 9. 2011 erst im Spätherbst 2011 fällig gewesen. Bereits mit 31. 10. 2013 sei die Fälligkeit der Forderung aufgrund von Vergleichsgesprächen bis zur Klagseinbringung gehemmt gewesen. Im Übrigen habe die Buchhalterin der Beklagten die Forderung laut Rechnung vom 15. 10. 2013 konstitutiv, zumindest aber deklarativ anerkannt. Der Verjährungseinwand der Beklagten verstoße zudem gegen Treu und Glauben.

Die Klägerin schlüsselte ihre mit der Klage geltend gemachte Teilforderung von 35.000 EUR brutto (29.166,67 EUR netto) wie folgt auf:

Netzkosten für den Zeitraum 1. 1. 2010 bis 14. 10. 2013:

Netznutzungs‑Grundpreis (1382 Tage) 113,59 EUR

Netznutzungs‑Arbeitspreis 5.859,51 EUR

Entgelt für Messleistungen und Messgerät 149,60 EUR

Gebrauchsabgabe Netznutzung u. Erdgasabgabe 3.519,07 EUR

zusammen 9.641,77 EUR

„Lieferentgelt“ (vertragslose Gasentnahme):

Energie‑Grundpreis 1. 1. 2010 bis 31. 3. 2011 (455 Tage) 13,46 EUR

Energie‑Grundpreis 1. 4. 2011 bis 14. 10. 2013 32 EUR Energie‑Arbeitspreis 1. 4. 2011 bis 14. 10. 2013 13.883,46 EUR

Energie‑Arbeitspreis 1. 12. 2009 bis 31. 3. 2011 (Teilforderung von 6.465,64 EUR, anrechenbar auf den jüngsten Zeitraum) 5.595,98 EUR

Summe netto 29.166,67 EUR

brutto 35.000 EUR

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und beantragte Klagsabweisung. Sie habe nicht vertragslos Gas entnommen, sondern aufgrund eines bestehenden Energieliefer‑ und Netznutzungsvertrags. Sämtliche Forderungen seien verjährt. Der Gaslieferantin bzw der Netzbetreiberin wäre eine jährliche Ablesung und Rechnungslegung möglich gewesen. Eine Hemmung der Verjährung sei erst am 29. 1. 2014 eingetreten. Ein Anerkenntnis sei von der Beklagten nicht abgegeben worden. Ihr Verjährungseinwand verstoße nicht gegen Treu und Glauben, weil die Beklagte immer von einem aufrechten Vertrag ausgegangen sei. Soweit das Klagebegehren einen nicht verjährten Betrag umfasse, sei es mangels näherer Aufschlüsselung unschlüssig. Schon mangels Verschuldens der Beklagten stünde den Inkassozedentinnen kein Schadenersatz zu.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 22.895,46 EUR samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. 11. 2013 statt und wies das Mehrbegehren von 12.104,54 EUR samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. 11. 2013 ab. Anspruchsgrundlage sei ein zwischen der Beklagten und der Gaslieferantin schlüssig zustande gekommener Gasbezugs‑ bzw Gaslieferungsvertrag. Ein Teil der Ansprüche sei jedoch ‑ ausgehend von der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB ‑ verjährt. Durch das Schreiben der Beklagten vom 31. 10. 2013 sei die Verjährung gehemmt worden. Der für Lieferungen nach dem 15. 10. 2010 erhobene Verjährungseinwand verstoße gegen Treu und Glauben. Es sei weder von einem konstitutiven noch einem deklarativen Anerkenntnis auszugehen. Die Buchhalterin der Beklagten habe keine Vollmacht gehabt, verbindliche Erklärungen für die Beklagte abzugeben. Die Voraussetzungen für eine Anscheinsvollmacht nach § 1029 ABGB lägen nicht vor.

Der Klägerin stünden daher grundsätzlich Entgelte für Gaslieferungen und Netzentgelte ab dem 15. 10. 2010 zu. Soweit Rechnungspositionen Zeiträume beträfen, die sowohl vor als auch nach diesem Stichtag lägen und die mangels entsprechender Angaben nicht konkret zuordenbar seien, müssten diese Positionen aufgrund Unschlüssigkeit der Klagsforderung zur Gänze außer Betracht bleiben.

Demnach seien der Klägerin folgende Ansprüche zuzusprechen:

Energiegrundpreis 15. 10. 2010 bis 31. 3. 2011 4,94 EUR 1. 4. 2011 bis 14. 10. 2013 32 EUR

Energiearbeitspreis 1. 4. 2011 bis 14. 10. 2013 13.883,46 EUR

Netznutzungs‑Arbeitspreis 1. 1. 2011 bis 31. 12. 2011 126,89 EUR

und 422,99 EUR

und 1. 1. 2011 bis 14. 10. 2013 3.862,25 EUR

Entgelt für Messleistungen sowie Entgelt für Messgerät

15. 10. 2010 bis 1. 9. 2011 34,03 EUR

2. 9. 2011 bis 31. 12. 2012 51,53 EUR

und 1. 1. 2013 bis 14. 10. 2013 33,50 EUR.

Für gebrauchsabhängige Netznutzung/Erdgasabgabe für den Zeitraum 1. 1. 2013 bis 14. 10. 2013 627,96 EUR

Summe: netto 19.079,55 EUR

brutto 22.895,46 EUR

Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsabweisenden Teil der Entscheidung erhobenen Berufung der Klägerin Folge. Es änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, dass es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin 35.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2013 zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus 35.000 EUR seit 1. 11. 2013 wies es ab. Es verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Zusammenhang mit der teilweisen Unschlüssigkeit des Klagebegehrens. Zwischen der Beklagten und der Gaslieferantin sei auch kein schlüssiger Gaslieferungsvertrag zustande gekommen, weil Zweifel über die Absicht der Beklagten, mit der Gaslieferantin einen Vertrag abzuschließen, offen blieben. Die Inkassozedentinnen könnten ihre Ansprüche gegen die Beklagte zwar nicht auf eine vertragliche Grundlage stützen, sie hätten aber einen bereicherungsrechtlichen Anspruch gemäß § 1431 ABGB in Höhe des gesamten Klagsbetrags, der erst in dreißig Jahren verjähre. Da die Klagsstattgabe aus bereicherungsrechtlichen Gründen erfolge, seien nur 4 % Zinsen zuzusprechen; das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer Zinsen von 4 % über dem Basiszinssatz sei daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob nach den Umständen des konkreten Falls die Ansprüche der Inkassozedentinnen der kurzen oder langen Verjährungsfrist unterlägen.

Gegen die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens im Umfang von weiteren 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus 22.895,46 EUR seit 1. 11. 2013 richtet sich die Revision der Klägerin wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, den erstgerichtlichen Zinsenzuspruch von 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB aus 22.895,46 EUR seit 1. 11. 2013 wiederherzustellen.

Die Beklagte bekämpft mit ihrer auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision den berufungsgerichtlichen Zuspruch von 12.104,54 EUR und beantragt im Ergebnis, das Ersturteil wiederherzustellen.

Beide Revisionswerber stellen hilfsweise einen Aufhebungsantrag und beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, die Revision des Gegners zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind iSd § 502 Abs 1 ZPO zulässig und ‑ jene der Beklagten nur im Sinne des Aufhebungsantrags ‑ auch berechtigt.

1. Zur Revision der Klägerin:

Da die Beklagte das Urteil des Erstgerichts nicht bekämpfte, ist dessen klagsstattgebender Teil, daher auch im Umfang der zugesprochenen Zinsen, rechtskräftig geworden. Der unangefochten gebliebene Teil der Entscheidung steht hier in keinem untrennbaren Sachzusammenhang mit dem angefochtenen Entscheidungsteil (RIS‑Justiz RS0007269 [T1, T4]). Mit dem gegenüber dem Ersturteil niedrigeren Zinsenzuspruch hat das Berufungsgericht daher, wie die Klägerin zutreffend aufzeigt, in die Teilrechtskraft des Urteils des Erstgerichts eingegriffen. Dies begründet insoweit die Nichtigkeit des berufungsgerichtlichen Urteils nach § 477 ZPO (6 Ob 64/13z; 4 Ob 188/13w mwN; RIS‑Justiz RS0107779). Die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens im angefochtenen Umfang war daher unter Wahrung der Teilrechtskraft zu korrigieren und insofern der erstgerichtliche Zinsenzuspruch von 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. 11. 2013 aus 22.895,46 EUR wiederherzustellen.

2. Zur Revision der Beklagten:

2.1. Die Beklagte leitet den konkludenten Abschluss eines Gaslieferungsvertrags mit der Gaslieferantin zum einen daraus ab, dass sie keinen Grund gehabt habe, das Vertragsanbot der Gaslieferantin abzulehnen, weil sie bereits in mehreren Häusern Gas von dieser Gaslieferantin bezogen habe. Die Einzugsermächtigung habe sie ‑ wie im Formular vorgesehen ‑ deshalb nicht ausgefüllt, weil sie keine andere Gaslieferantin als die W***** V***** GmbH Co KG haben wollte. Zum anderen sei offensichtlich auch die Gaslieferantin von einem bestehenden Vertragsverhältnis ausgegangen, weil sie der Beklagten jahrelang Gas zur Verfügung gestellt habe.

Die von der Beklagten reklamierte Rechtsfolge eines konkludent mit der Gaslieferantin zustande gekommenen Gaslieferungsvertrags lässt sich aber aus diesen genannten Umständen nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit ableiten. Voraussetzung dafür wäre nämlich, dass trotz Anlegung eines strengen Maßstabs kein vernünftiger Grund übrig sein darf, daran zu zweifeln, dass auch die Beklagte den Willen hatte, eine derartige Rechtsfolge herbeizuführen (§ 863 Abs 1 ABGB; RIS‑Justiz RS0014146; RS0014312; RS0014157; RS0013947; RS0014150 uva). Voraussetzung ist, dass beide Teile die Absicht hatten, einen Vertrag zu schließen (vgl RIS‑Justiz RS0014313; RS0109021).

Dagegen spricht aber schon der von der Beklagten am 16. 4. 2008 erteilte Auftrag an die p***** GmbH, sich vertraglich um die Energieversorgung zu kümmern. Noch in ihrem Schreiben an die Gaslieferantin vom 31. 10. 2013 ging die Beklagte von einem Vertragsverhältnis mit diesem Unternehmen aus. Das Berufungsgericht hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass das Nichtausfüllen der Einzugsermächtigung auch bloß bedeuten kann, sich eine andere Zahlungsart offen halten zu wollen. Darauf, ob die Gaslieferantin von einem bestehenden Gaslieferungsvertrag ausging, kommt es daher nicht mehr entscheidend an.

2.2. Die Verjährungsfrist für Bereicherungs-ansprüche nach § 1431 ABGB beträgt nach der allgemeinen Regel des § 1479 ABGB grundsätzlich 30 Jahre (RIS‑Justiz RS0033819; RS0020167). Davon bestehen gesetzliche und von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahmen (vgl 1 Ob 32/08z = SZ 2008/40; 7 Ob 269/08x = SZ 2009/40; 2 Ob 185/11m).

§ 1486 Z 1 ABGB statuiert eine dreijährige Verjährungsfrist für „Forderungen für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb“. Von seinem Wortlaut her erfasst diese Bestimmung damit nicht nur (vertragliche) Entgeltansprüche, sondern alle Forderungen, die durch die in einem geschäftlichen Betrieb erfolgte Lieferung von Sachen oder Ausführung von sonstigen Leistungen begründet wurden. Nach herrschender Rechtsprechung werden von § 1486 Z 1 ABGB daher nicht nur Forderungen aus einem gültigen Vertragsverhältnis erfasst, sondern etwa auch solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, Aufwandersatzansprüche nach § 1041 ABGB oder Bereicherungsansprüche aus ungültigen, sonst jedoch § 1486 ABGB unterliegenden Rechtsgeschäften (1 Ob 32/08z; vgl Dehn in KBB³ § 1486 ABGB Rz 2 mwN; vgl Rummel in Rummel, ABGB³ § 1431 Rz 12; Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1486 Rz 15; Mader/Janisch in Schwimann³, § 1486 ABGB Rz 4). Der gegenteiligen Rechtsansicht von Werderitsch, Zur Verjährung von Bereicherungsansprüchen ‑ kurz oder lang?, Zak 2008, 263, wird von der Rechtsprechung nicht gefolgt (8 ObA 5/13p).

In diesem Zusammenhang wurde ua auch judiziert, dass Kondiktionsansprüche nach § 1431 ABGB wegen im geschäftlichen Bereich erfolgter irrtümlicher Mehrlieferungen von Waren in vermeintlicher Erfüllung bestehender vertraglicher Verbindlichkeiten der kurzen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB unterliegen, womit dem Bedürfnis des täglichen Lebens nach Rechtssicherheit Rechnung getragen wird (1 Ob 32/08z; RIS‑Justiz RS0123539). Ebenfalls wurde bereits ausgesprochen, dass Forderungen auf Entrichtung des Netznutzungsentgelts ebenso wie Forderungen aufgrund von Lieferungen von Energie der kurzen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB unterliegen (7 Ob 269/08x; RIS‑Justiz RS0124811; RS0122723). Der bereicherungsrechtliche Rückforderungsanspruch nach § 1431 ABGB, der sich auf eine Forderung aus dem geschäftlichen Bereich im Sinne des § 1486 Z 1 ABGB bezieht, verjährt daher genauso innerhalb von drei Jahren (7 Ob 269/08x; 2 Ob 185/11m; RIS‑Justiz RS0124811).

Auch die der Gaslieferantin im Anlassfall zustehenden Kondiktionsansprüche nach § 1431 ABGB für ihre Gaslieferungen beziehen sich auf Forderungen aus dem geschäftlichen Bereich im Sinne des § 1486 Z 1 ABGB, nämlich auf Lieferungen von Energie. Die Entscheidung 1 Ob 32/08z hat im Einzelfall Kondiktionsansprüche wegen einer irrtümlichen Mehrlieferung der kurzen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB unterworfen, die dort „in vermeintlicher Erfüllung bestehender vertraglicher Verbindlichkeiten“ erfolgt war. Daraus kann aber nicht der einengende Schluss gezogen werden, dass die kurze Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB nur dann zum Tragen komme, wenn eine (Mehr‑)Lieferung oder Leistung in vermeintlicher Erfüllung einer bestehenden vertraglichen Verbindlichkeit erfolgt ist. Darauf wurde etwa auch in den Entscheidungen 7 Ob 269/08x und 2 Ob 185/11m nicht abgestellt. Abgesehen davon muss aber wohl auch hier schon mangels anderer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass die Energielieferantin der Beklagten Gas in der Annahme geliefert hat, sie sei dazu aufgrund eines bestehenden Vertrags verpflichtet.

Die Beklagte stimmt nun in ihrer Revision der Rechtsansicht des Erstgerichts ausdrücklich zu (Revision der Beklagten Punkte 7.5. und 7.8.), dass die Verjährungsfrist ab dem 15. 10. 2013 gehemmt wurde (§ 1497 ABGB; vgl RIS‑Justiz RS0034450), weil die Beklagte in ihrem Schreiben vom 31. 10. 2013 ihre Vergleichsbereitschaft signalisiert und darin die Verjährung der vor dem 15. 10. 2013 erbrachten Leistungen eingewandt hat. Damit sind die Überlegungen der Klägerin zu einem erst späteren Hemmungsbeginn obsolet.

Da bei Bereicherungsansprüchen die Verjährungsfrist mit Eintritt der Bereicherung ‑ hier mit der Gaslieferung ‑ beginnt (9 Ob 62/04i; 7 Ob 190/04y; 1 Ob 32/08z mwN; vgl R. Madl in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.01 § 1478 Rz 22), sind die für den Zeitraum vor dem 15. 10. 2010 geltend gemachten Kondiktionsansprüche der Energielieferantin verjährt.

2.3. Anders verhält es sich jedoch mit den an die Klägerin zedierten Ansprüchen der Netzbetreiberin, denen unstrittig ein zwischen dieser und der Beklagten am 17. 4. 2008 abgeschlossener Netzzugangsvertrag zugrunde liegt. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Energielieferungsvertrag ein Kaufvertrag in Form eines Sukzessivlieferungsvertrags ist (2 Ob 74/07g mwN; 6 Ob 190/10z). Forderungen eines Energieversorgungs-unternehmens aufgrund der Lieferung von Energie unterliegen, wie bereits oben erwähnt, der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 1 ABGB. Damit verjährt auch die Forderung auf Entrichtung eines Netzbereitstellungsentgelts grundsätzlich in drei Jahren (2 Ob 74/07g). Der Beginn der Verjährung ist regelmäßig von der objektiven Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts abhängig. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Rechtsausübung kein rechtliches Hindernis ‑ zB mangelnde Fälligkeit ‑ mehr entgegensteht und objektiv die Möglichkeit bestand, den Anspruch einzuklagen (RIS‑Justiz RS0034343; R. Madl in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.01 § 1478 Rz 14; M. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 1478 Rz 2; Mader/Janisch in Schwimann, ABGB³ VI § 1478 ABGB Rz 3; Dehn in KBB³ § 1478 ABGB Rz 2).

2.4. Ob die den Inkassozedentinnen aus Vertrag bzw Bereicherung zustehenden Entgelte auch auf (Schadenersatz) gestützt werden könnten, kann dahingestellt bleiben. Die Klägerin leitet daraus keine für ihren Rechtsstandpunkt günstigere Beurteilung der Verjährungsfrage ab.

2.5. Von einem deklarativen Anerkenntnis der Beklagten durch eine am 10. 10. 2013 von der Buchhalterin der Beklagten gegenüber der Klägerin abgegebene Erklärung, die die Verjährungsfrist unterbrochen hätte, kann hier schon deshalb nicht gesprochen werden, weil das Erstgericht - disloziert in der rechtlichen Beurteilung (S 11) ‑ festgestellt hat, dass die Buchhalterin keine Vollmacht hatte, verbindliche Erklärungen für die Beklagte abzugeben. Dass sich die von der Klägerin begehrten gegenteiligen Feststellungen aus den Beweisergebnissen nicht ableiten ließen, hat bereits das Berufungsgericht abschließend dargelegt. Auf das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht stellt die Klägerin nicht ab.

2.6. Ganz allgemein verstößt die Verjährungseinrede nur dann gegen Treu und Glauben, wenn die Fristversäumnis des Berechtigten auf ein Verhalten seines Gegners zurückzuführen ist (RIS‑Justiz RS0014838; vgl RS0034537). Dass die Energielieferantin der Beklagten Gas lieferte, obwohl kein Vertragsverhältnis bestand, und die Netzbetreiberin der Beklagten dafür vertraglich ihr Netz zur Verfügung stellte, ohne laufende Abrechnungen vorzunehmen, fällt in die Sphäre der Inkassozedentinnen. Zudem ging die Beklagte aufgrund der Zählerablesungen immer davon aus, die gegenständlichen Leistungen verrechnet bekommen und bezahlt zu haben.

2.7. Dennoch ist die Rechtssache, soweit sie das revisionsgegenständliche Begehren der Beklagten betrifft, zum einen zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung (RIS‑Justiz RS0037300), und zum anderen wegen ausreichender Tatsachengrundlagen zur Frage der Fälligkeit der Netzentgelte nicht spruchreif. Zusammenfassend war daher das Ersturteil im Umfang des abgewiesenen Zinsenbegehrens von weiteren 4 % über dem Basiszinssatz der EZB aus 22.895,46 EUR seit 1. 11. 2013 als Teilurteil wiederherzustellen, im Übrigen aber hinsichtlich des Klagebegehrens von 12.104,54 EUR samt 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit 1. 11. 2013 aufzuheben und die Rechtssache insoweit zur Ergänzung und neuerlichen (End‑)Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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