European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00133.14W.0129.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist (§ 105 Abs 3 Z 2 ArbVG), muss vorerst ohne Rücksicht auf andere Anfechtungsvoraussetzungen geprüft werden, ob durch sie wesentliche Interessen des betroffenen Arbeitnehmers beeinträchtigt werden (RIS‑Justiz RS0051640; Trost in Strasser/Jabornegg/Resch , ArbVG § 105 Rz 235). Gelingt dem Arbeitnehmer der ihm obliegende Nachweis einer wesentlichen Interessenbeeinträchtigung nicht, ist das Klagebegehren abzuweisen, ohne dass es einer Prüfung der weiteren Anfechtungsvoraussetzungen bedarf (RIS‑Justiz RS0051640 [T4]).
Die erfolgreiche Anfechtung einer Kündigung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG wegen Sozialwidrigkeit bedarf des Nachweises durch den Arbeitnehmer, dass für ihn durch die Kündigung eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Lage erfolgt (RIS‑Justiz RS0051746). In die Untersuchung, ob durch die Kündigung wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt werden, ist nicht nur die Möglichkeit der Erlangung eines neuen, einigermaßen gleichwertigen Arbeitsplatzes, sondern vielmehr die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des Arbeitnehmers und seiner Familienangehörigen einzubeziehen (RIS‑Justiz RS0051806; RS0051741; RS0051703). Es sind alle wirtschaftlichen und sozialen Umstände zueinander in Beziehung zu setzen und nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu gewichten (RIS‑Justiz RS0110944 [T3]). Ob diese Voraussetzung nachgewiesen werden kann, stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0051640 [T5]).
Der Kläger argumentiert in seiner Revision damit, dass ‑ bewusst in Abkehr der ständigen Rechtsprechung ‑ die Beurteilung der Sozialwidrigkeit von der Frage der günstigen Arbeitsprognose zu entkoppeln sei. Damit würden die Arbeitsverhältnisse jüngerer Arbeitnehmer geschützt und der Arbeitgeber wäre in diesen Fällen nicht gänzlich von seiner sozialen Gestaltungspflicht befreit.
Der Kläger missversteht die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit. Aus dieser folgt keineswegs, dass jüngere Arbeitnehmer nicht geschützt wären bzw der Arbeitgeber gegenüber jüngeren Arbeitnehmern gänzlich von seiner sozialen Gestaltungspflicht befreit wäre. Der gesetzliche Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen dient zum einem dem Zweck, jene Personen ‑ unabhängig von ihrem Alter ‑ wirtschaftlich abzusichern, die zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf das Erwerbseinkommen aus dieser (oder einer vergleichbaren) Beschäftigung angewiesen sind, und zum anderen, dass daher der Verlust dieser Beschäftigung in jedem Fall eine Beeinträchtigung der Interessen darstellt ( Trost in Strasser/Jabornegg/Resch , ArbVG § 105 Rz 237). Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diesen mit jeder Kündigung verbundenen „normalen“ Nachteil durch den Verlust des Arbeitsplatzes nicht für die Erfüllung der Voraussetzungen der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung ausreichen lassen wollte (9 ObA 145/99k; 9 ObA 54/12z; uva Trost in Strasser/Jabornegg/Resch , ArbVG § 105 Rz 237; vgl Neumayr/Reissner in ZellKomm² § 105 ArbVG Rz 152). Es müssen vielmehr Umstände vorliegen, die über das normale Maß hinaus eine Kündigung für den Arbeitnehmer nachteilig machen (9 ObA 15/11p; 8 ObA 95/11w; 9 ObA 54/12z uva; RIS‑Justiz RS0051727 [T11]; RS0051746 [T7]). Dass diese Umstände beim Kläger, der nach dem festgestellten Sachverhalt in etwa fünf Monaten ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl RIS‑Justiz RS0051772) einen neuen, einigermaßen gleichwertigen und ihm auch zumutbaren Arbeitsplatz erlangen kann, nicht vorliegen, hat das Berufungsgericht in vertretbarer Weise angenommen.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.
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