European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0140OS00117.14H.1216.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Arburim M***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er einige Tage vor dem 30. März 2012 in W***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz den deswegen bereits rechtskräftig verurteilten Artur S***** und den abgesondert verfolgten Marsid H*****, die am 30. März 2012 im einverständlichen Zusammenwirken Gewahrsamsträgern des Unternehmens Hi***** 30.565 Euro Bargeld durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abnötigten, indem sie dem Geldboten Marko I***** eine täuschend echt aussehende Schreckschusspistole anhielten und ihn zur Übergabe des Geldes aufforderten, dadurch zu dieser strafbaren Handlung bestimmt, dass er „ihren Entschluss zur Begehung des Überfalls durch Bekanntgabe der Örtlichkeit und der Gegebenheiten in dem betreffenden Wettlokal erweckte und ihnen die Schreckschusspistole übergab“.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Entgegen der Verfahrensrüge (
Z 4), die zudem die bei ‑ wie hier ‑ umfangreichem Aktenmaterial erforderliche Nennung der Fundstelle der kritisierten Vorgänge und der angesprochenen Anträge in den Akten (13 Os 83/08t, SSt 2008/61; RIS-Justiz RS0124172) unterlässt, wurden durch die Abweisung des Antrags auf „Ausforschung des Gewerbetreibenden, an welchen die Tatwaffe ausgeliefert wurde … zum Beweis dafür, dass diese niemals in den Besitz des Angeklagten … gelangt ist, da der Gewerbetreibende Auskunft geben kann, an wen er die Waffe verkauft hat“, und die Beweisaufnahme zudem „zur Verfolgung der Besitzkette“ geeignet wäre (ON 157 S 25 f), Verteidigungsrechte nicht geschmälert.
Der Antrag legte nämlich nicht dar, aufgrund welcher Umstände der auszuforschende „Gewerbetreibende“ in der Lage sein sollte, verlässliche Auskünfte über die ‑ mit Blick auf den Tatzeitpunkt mehr als zwei Jahre zurückliegende ‑ Weitergabe einer Schreckschusspistole (konkret über die Identität deren Erwerbers) zu geben, zumal eine solche zwar als Waffe im Sinn des § 1 Z 1 WaffG (RIS‑Justiz
RS0094012 [T8],
13 Os 39/04), zufolge ihrer fehlenden Eignung, feste Körper zu verschießen aber nicht als anzeige- oder registrierungspflichtige (vgl §§ 28 Abs 2 und 32 ff WaffG) Schusswaffe im Sinn des § 2 Abs 1 WaffG einzustufen ist (Grosinger/Siegert/Szymanski, Waffenrecht4 § 1 WaffG Anm 15, § 2 WaffG Anm 4 zu Abs 1). Solcherart ließ der Antrag nicht erkennen, warum die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse und zielte damit auf eine unzulässige
Erkundungsbeweisführung ab (RIS‑Justiz RS0118444; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330).
Gleiches gilt für die weiters begehrte „Durchführung einer weiteren DNA‑Untersuchung nach Abnahme entsprechender Proben, und zwar von allen fünf Patronen, zum Beweis dafür, dass der Angeklagte keine der Patronen in der Hand hatte und demnach die Angabe des Zeugen S*****, er hätte die Waffe vom Angeklagten erhalten, dieser hätte sie ihm vorgeführt, falsch ist“ (ON 157 S 25 f).
Abgesehen davon, dass
das Vorhandensein von verwertbaren, eine DNA-Analyse ermöglichenden biologischen Spuren auf benutzten Gegenständen nach empirischen Erfahrungssätzen keineswegs selbstverständlich ist (14 Os 99/12h; vgl dazu auch ON 17 S 99 und ON 30 S 5), und der entsprechende Antrag nicht darlegte, weshalb das Fehlen von dem Angeklagten zuordenbarer DNA auf den Patronen beweisen könnte, dass er dem unmittelbaren Täter die Tatwaffe nicht vorgeführt und übergeben hätte, hat der genannte (Belastungs-)Zeuge ausdrücklich angegeben, sich nicht mehr daran erinnern zu können, ob der Beschwerdeführer die Patronen in der Hand hatte (ON 157 S 21 f). Damit war der Antrag auch unter dem
Aspekt einer ‑
grundsätzlich zulässigen (vgl RIS-Justiz RS0098429, RS0028345) ‑ Beweisführung zur Erschütterung
der Glaubwürdigkeit
des Artur S***** nicht berechtigt, weil sich aus dem Vorbringen keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, dieser hätte in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt (vgl RIS-Justiz RS0120109 [va T3]).
Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter sowohl mit den Depositionen des Zeugen Artur S***** (insbesonders mit dessen Aussage, der Name der auf einem ihm vorgelegten Lichtbild erkennbaren Person, die ihm und seinem Mittäter auch die nötigen Informationen zum Überfall erteilt hätte, sei „Nik“) als auch mit der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers und seiner Behauptung, der genannte Zeuge belaste ihn zu Unrecht, um andere Personen zu schützen, auseinandergesetzt (US 4 f). Zu einer gesonderten Erörterung sämtlicher Details dieser Depositionen waren sie ‑ dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend ‑ nicht verpflichtet.
Die (bloße) Vermutung des Zeugen Artur S*****, der Angeklagte sei mit einem grauen Audi gekommen (ON 157 S 19 ff), betrifft keine entscheidende Tatsache. Ausschließlich eine solche wäre aber tauglicher Bezugspunkt des Einwands der Unvollständigkeit bei der Beurteilung der Überzeugungskraft dieser Aussage (RIS-Justiz RS0119422 [T4]). Im Übrigen lässt der Beschwerdeführer mit der unsubstantiierten Behauptung, er besitze gar keinen PKW der Marke Audi, keinen Aktenbezug erkennen.
Das Fehlen von dem Angeklagten zuordenbarer DNA auf der Tatwaffe (vgl ON 30 S 5) steht einem der hier aktuellen strafbaren Handlung subsumierbaren Geschehen nicht entgegen und war daher nicht erörterungspflichtig im Sinn der Z 5 zweiter Fall.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit den wiederholten Hinweisen auf das Fehlen biologischer Spuren des Beschwerdeführers auf der Tatwaffe, auf eine Passage seiner Verantwortung und die Angaben von „Gelegenheitsinformanten“ (ON 24 S 5 f und 19) keine nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierenden Bedenken (RIS-Justiz RS0119583) an der Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen zu erwecken. Sie stellt den von den Tatrichtern aus den angeführten Beweisen abgeleiteten Schlüssen (US 4 f) vielmehr bloß für den Beschwerdeführer günstigere Schlussfolgerungen gegenüber und bekämpft damit die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO bleibt anzumerken, dass der Angeklagte auf Basis der getroffenen Feststellungen, wonach die unmittelbaren Täter in der Absicht nach Wien kamen, „einen Raubüberfall auf ein Spielcasino zu begehen“ (US 2) und damit bereits zur Begehung der hinreichend individualisierten Tat entschlossen waren, die ihm angelastete strafbare Handlung nicht als Bestimmungstäter, sondern als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB verwirklicht hat (RIS-Justiz RS0089607, RS0090508; Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 42 und 54 f), was aufgrund der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen (RIS-Justiz RS0013731, RS0117604) jedoch auf sich beruhen kann.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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