OGH 5Ob143/14m

OGH5Ob143/14m18.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin G***** GmbH, *****, vertreten durch Ebert Huber Swoboda Oswald & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin G*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 6 Abs 1, 37 Abs 1 Z 2 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Mai 2014, GZ 40 R 243/13a‑49, mit dem über Rekurs beider Parteien der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 6. August 2013, GZ 20 Msch 24/11y‑42, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00143.14M.1118.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Übrigen als unangefochten unberührt bleiben, werden im Umfang der Anfechtung, sohin zur Frage der Anbringung eines Verputzes im Innern des Bestandgegenstands, sowie der Kostenentscheidung aufgehoben.

Die Rechtssache wird insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Antragstellerin ist Hauptmieterin der im Parterre des Objekts R***** 8/M***** 1A ebenerdig gelegenen Räumlichkeiten Top 4, des neben der Einfahrt gelegenen Hofraumes und der Einfahrt selbst, sowie von Kellerräumen. Sie betreibt im Erdgeschoss eine Garage. Die Antragsgegnerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 653, GB ***** mit dem darauf errichteten Haus R***** 8/M***** 1A.

Zum Errichtungszeitpunkt des Hauses vor mehr als 100 Jahren gab es keine technische Möglichkeit zu einer nachhaltigen Feuchtigkeitsabdichtung des Ziegelmauerwerks gegenüber dem Erdreich. Daher kann dort, wo der Baukörper die Erde berührt, Feuchtigkeit kapillar von unten im Ziegelwerk aufsteigen und von außen eindringen. Bis sich ein Ausgleich zwischen nachkommender und abdampfender Feuchtigkeit einstellt, ist das Mauerwerk nass. Die Durchfeuchtung der tragenden Ziegelwände im Erdgeschoss entspricht jener von Häusern aus der gleichen Errichtungszeit. Feuchtes, nicht durchnässtes Ziegelmauerwerk ist tragfähig. Die Luftfeuchtigkeit im Erdgeschoss beträgt 37 %.

An der zur M*****straße angrenzenden Außenwand (Bereich der Parkplätze 4‑13) sind über die gesamte Gebäudelänge massive Verputzschäden in Form von durchfeuchtetem, hohl liegendem und bereits abgefallenem Verputz vorhanden. Solche Durchfeuchtungsschäden am Wandverputz zeigen sich auch an den übrigen Außenwänden und an der Säule gegenüber der linken Garageneinfahrt sowie an der Innenwand links neben dem dritten Einfahrtstor.

Im gesamten Erdgeschossbereich sind umfangreiche Putzabplatzungen vorhanden. Die noch vorhandenen Putzflächen liegen in weiten Bereichen hohl. Es bestehen umfangreiche Rissbilder, die den Spannungsrichtungen der Lasten in den Ziegelgewölben und Bögen folgen. Die gesamte Putzfläche in der Garage ist derart mangelhaft, dass sie in einem Zeitraum von sechs Monaten bis zwei Jahren zur Gänze versagen und in wesentlichen Teilen abfallen wird. Schimmelbildung ist an den Wänden nicht vorhanden.

Eine nachhaltig geputzte Oberfläche wäre dann zu erzielen, wenn die vertikalen Mauern mit einer Vertikalabdichtung versehen werden, die eine Abdichtung zwischen den Erdkörpern der Straße und dem Mauerwerk im Keller herstellt. Zu diesem Zweck müsste die M*****straße 6,5 bis 7 m tief aufgegraben werden. In diesem Bereich befinden sich im Gehsteig öffentliche Versorgungsleitungen. Die Herstellung einer Vertikalabdichtung würde Kosten von mehr als 100.000 EUR verursachen.

Zur Sanierung der Wände im Bestandobjekt ist es notwendig, den Verputz im gesamten Innenbereich abzuschlagen, die Mörtelfugen auszukratzen, neu zu verfugen und die Oberflächen abzukehren. Die angemessene Frist für die Durchführung dieser Arbeiten beträgt 4 Wochen. Nach Durchführung dieser Arbeiten ist die Staubentwicklung an der Wandoberfläche nicht anders als bei Anbringung eines Sanierungsputzes. Die Kosten für diese Arbeiten betragen jedenfalls 32.000 EUR.

Mit ihrem bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag begehrte die Antragstellerin, die Antragsgegnerin längstens binnen drei Monaten zu verpflichten, 1. ernste Schäden am Bestandobjekt sowie die Ursachen der erheblichen Gesundheitsgefährdung zu beheben, 2. die natürliche Lüftung des Bestandobjekts als wesentliche Ursache der ernsten Schäden bzw der Gesundheitsgefährdung in der ursprünglich vorhandenen oder erforderlichen Form wiederherzustellen, 3. das Bestandobjekt insoweit zu sanieren, dass der Erhaltungszustand des Bestandobjekts den ordnungsgemäßen und verkehrsüblichen Betrieb eines Garagenunternehmens zulasse, 4. die Schäden an den allgemeinen Teilen des Hauses zu beheben, indem insbesondere die Ursache der massiven Durchfeuchtung durch eine Trockenlegung bzw Sockelsanierung behoben werde, und 5. in eventu zusätzlich die Elektroinstallationen insoweit instand zu setzen und zu erneuern, dass mit der Nutzung dieser Elektroinstallationen keine aktuellen oder potentiellen wesentlichen Gesundheitsgefährdungen verbunden seien. Dazu brachte sie ‑ soweit für das Revisionsrekursverfahren noch von Belang ‑ vor, das Mauerwerk im Bestandobjekt sei massiv durchfeuchtet. Der Verputz löse sich großflächig ab und der verbliebene Verputz im Inneren des Bestandobjekts und an der Außenfassade sei schwer beschädigt. Dabei handle es sich offenkundig um ernste Schäden des Hauses, die den Betrieb eines Garagierungsunternehmens nur mit starken Einschränkungen zulassen würden, weil Personen und eingestellte Fahrzeuge durch herabfallende Verputz- bzw Mauerwerksteile gefährdet seien.

Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen ernster Schäden des Hauses und wendete ein, die Verputz- und Feuchtigkeitsschäden seien ausschließlich der Sphäre der Antragstellerin zuzurechnen, weil diese in den 1960er Jahren die Lüftungsschächte verschlossen habe.

Das Erstgericht trug der Antragsgegnerin auf, binnen 10 Wochen ab Rechtskraft des Sachbeschlusses, 1.a) den Fassadenputz an der Fassade Richtung R*****gasse über die gesamte Länge bis ca 1 m Höhe abzuschlagen, die Fugen sauber auszukratzen, das Mauerwerk austrocknen zu lassen und anschließend mit einem diffusionsoffenen Verputzsystem neu zu verputzen (dieser Punkt erwuchs in Rechtskraft), und 1.b) im Bestandobjekt Top Nr 4 im Erdgeschoss an den gesamten Wänden und Decken den Verputz abzuschlagen, die Mörtelfugen auszukratzen, neu zu verfugen und die Oberflächen abzukehren. Die darüber hinausgehenden Anträge wies es in den Spruchpunkten 2. und 3. ab. Diese sind nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht ‑ soweit für das Revisionsrekursverfahren noch relevant ‑ davon aus, ein Schaden, der die ordentliche Benutzung des Bestandobjekts unmöglich mache und ein außergewöhnliches Ausmaß erreiche, sei als „ernst“ im Sinne des § 3 Abs 2 Z 2 MRG anzusehen. Die umfassende Erneuerung des Wand- und Deckenverputzes im Inneren des Bestandobjekts betreffe die Bausubstanz und falle daher in die Erhaltungspflicht der Vermieterin.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht, jenem der Antragstellerin hingegen teilweise Folge und änderte den Sachbeschluss des Erstgerichts in seinem Punkt 1.b) dahin ab, dass es die Antragsgegnerin zusätzlich zu den bereits vom Erstgericht erteilten Aufträgen dazu verpflichtete, die Oberfläche im Inneren des Bestandobjekts mit diffusionsoffenem Verputz (Sanierungsputz) neu zu verputzen. Zu diesem Auftrag hielt es rechtlich fest, es entspreche jahrelanger und einheitlicher Rechtsprechung, dass die Wiederherstellung der Oberflächengestaltung als Folge einer Erhaltungsarbeit in die Erhaltungspflicht des Vermieters falle, weswegen der Antragsgegnerin ergänzend zu den Aufträgen des Erstgerichts auch die Neuanbringung eines Sanierungsputzes im Inneren des Bestandobjekts aufzutragen sei.

Darüber hinaus sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass der „Antrag der Antragstellerin, insbesondere die Wiederaufbringung des Sanierungsputzes im Inneren des Mietobjektes“ abgewiesen werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin begehrt in der ihr durch den Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsrekursbe-antwortung, den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin zurückzuweisen; in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist im Sinne des auf Aufhebung gerichteten Eventualantrags auch berechtigt.

1. In inhaltlicher Ausführung ihres Revisionsrekurses wendet sich die Antragsgegnerin ausschließlich gegen die vom Rekursgericht in Ergänzung des erstgerichtlichen Spruchpunkts 1.b) ausgesprochene Verpflichtung zur Neuanbringung eines Sanierungsputzes im Inneren des Bestandobjekts. Auf die bereits vom Erstgericht als Erhaltungsarbeit aufgetragene Verpflichtung, den Verputz abzuschlagen, die Mörtelfugen auszukratzen, diese neu zu verfugen und die Oberflächen abzukehren, kommt sie hingegen nicht mehr zurück. Auf die Qualifikation dieser Sanierungsmaßnahmen als Erhaltungsarbeiten muss aus Anlass des Revisionsrekursers daher nicht mehr eingegangen werden.

2.1 Einen wesentlichen Verfahrensmangel sieht die Antragsgegnerin darin verwirklicht, dass das Rekursgericht den Spruchpunkt 1.b) der erstgerichtlichen Entscheidung abänderte bzw ergänzte, obwohl die Antragstellerin ihr Rechtsmittel durch die Rekurserklärung und ihren Rekursantrag dahin begrenzt habe, dass die Entscheidung des Erstgerichts lediglich in ihren abweisenden Punkten 2, 3 und 4 (Kostenentscheidung) bekämpft werde.

2.2 Damit macht die Antragsgegnerin inhaltlich einen Verstoß des Rekursgerichts gegen die Rechtskraft geltend, der gemäß § 56 Abs 1 AußStrG einen Nichtigkeitsgrund begründen würde (vgl RIS-Justiz RS0122081; RS0062118 [T1]).

2.3 Richtig ist, dass sich die Antragstellerin mit ihrem Rekurs gegen den Sachbeschluss des Erstgerichts nur gegen die mit den Spruchpunkten 2. und 3. erfolgte Abweisung ihrer Anträge wendete. Entsprechend ihrer Antragstellung war sie durch die der Antragsgegnerin in den Spruchpunkten 1.a) und 1.b) aufgetragenen Sanierungs-maßnahmen auch nicht beschwert. Ihren Abänderungsantrag richtete sie aber insbesondere auch auf die „Wiederanbringung eines Sanierverputzes im Inneren des Mietobjektes Top 4“ und machte damit diese Frage zum Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens. Eine in erster Instanz bereits rechtskräftig erledigte Sache und damit ein Verstoß des Rekursgerichts gegen die Rechtskraft, wie die Antragsgegnerin meint, liegt daher nicht vor.

3. An die Bestimmtheit eines Begehrens im Außerstreitverfahren sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen,

insbesondere dann nicht, wenn zur endgültigen Klärung der Art durchzuführender Arbeiten - wie hier - die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich ist (vgl RIS-Justiz RS0070562 [T7; T9; T25]). Es genügt, wenn das Begehren deutlich erkennbar ist, das heißt, das Verfahrensziel klar umschrieben und die Art der vorzunehmenden Arbeiten bezeichnet ist. Die technische Durchführung der Sanierungsarbeiten muss hingegen nicht genannt werden (5 Ob 207/07p wobl 2008/66, 220 mwN). Die Antragstellerin begehrte insgesamt die Sanierung von Durchfeuchtungsschäden an den Wänden des Bestandobjekts und verwies dazu unter anderem auf großflächige Putzablösungen im Inneren des Objekts. Ausgehend von den wiedergegebenen Grundsätzen ist damit weder die Bestimmtheit des Begehrens zweifelhaft, noch dass sich die Entscheidung des Rekursgerichts im Rahmen des gestellten Antrags hält. Ein Verstoß gegen § 36 Abs 4 AußStrG, wie ihn die Antragsgegnerin geltend macht, ist daher nicht gegeben.

4.

1 Nach § 3 Abs 1 1. Satz MRG hat der Vermieter nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass das Haus, die Mietgegenstände und die der gemeinsamen Benutzung der Bewohner des Hauses dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten und erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner beseitigt werden. Dass die großflächigen Mängel am Verputz im Inneren des Bestandobjekts einen ernsten Schaden im Sinn des § 3 Abs 2 Z 2 MRG begründen und die bereits vom Erstgericht aufgetragenen Maßnahmen an den Wänden und der Decke im Inneren des Bestandobjekts daher in ihre Erhaltungspflicht fallen, bekämpft die Antragsgegnerin ‑ wie bereits dargestellt ‑ in ihrem Revisionsrekurs nicht mehr.

4.2 Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur mehr das vom Rekursgericht im Sinne einer Nacharbeit angeordnete Anbringen eines Verputzes im Inneren der Bestandräumlichkeiten.

4.3 Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre gehören zu den vom Vermieter durchzuführenden Erhaltungsarbeiten auch die Vor- und Nacharbeiten (vgl für viele: 5 Ob 83/06a immolex 2006/106, 249 [Prader]; 5 Ob 238/08y wobl 2009/35, 78; 5 Ob 113/10v immolex 2012/105, 342 [Prader]; Würth in Rummel, ABGB³ § 3 MRG Rz 3; Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 3 MRG Rz 10). Der Umfang von (Vor- und Nach-)Arbeiten im Sinne der §§ 3 f MRG steht im Zusammenhang mit dem Verständnis der „Duldungspflichten“ des Mieters nach § 8 Abs 2 MRG (5 Ob 113/10v immolex 2012, 342 [Prader]). Solche „abgeleiteten Erhaltungsarbeiten“ müssen daher als „adäquat, sohin notwendig oder zumindest zweckmäßig erachtet werden können“ (Hausmann aaO § 3 MRG Rz 10; vgl auch 5 Ob 238/08y).

4.4 Ob bloß vorbereitende, begleitende oder nachfolgende Tätigkeiten vorliegen, ist aus deren funktionellem Zusammenhang mit der eigentlichen Erhaltungsarbeit zu erschließen. Sie sind zu deren Durchführung notwendig, ermöglichen oder erleichtern sie oder dienen dazu, den ursprünglichen Zustand nach Abschluss der Erhaltungsarbeit wiederherzustellen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zählen in diesem Sinn etwa die Schuttabfuhr nach Abschlagen des Putzes (MietSlg 29.245), das Wiederherstellen von Tapeten, Malerei und Verfliesung (MietSlg 35.295; 5 Ob 92/85 MietSlg 38.659 [ergangen zu § 14 Abs 1 Z 1 WEG 1975]; 5 Ob 65/88 MietSlg 41.468), Probebohrungen und Pölzungen (5 Ob 1062/93 MietSlg 45.223), Kosten der Vorbereitung eines Antrags nach den §§ 18 ff MRG (5 Ob 220/99k immolex 2000/152, 260), das notwendige Entfernen der Fahrnisse aus dem Objekt und deren Wiedereinbringung (5 Ob 83/06a; 5 Ob 113/10v immolex 2012/105, 342 [Prader]) zu den abgeleiteten Erhaltungsarbeiten. Ihnen ist gemeinsam, dass sie als notwendige Folge der eigentlichen Erhaltungsarbeit in direktem Zusammenhang mit dieser stehen, selbst aber nicht ein Teil der eigentlichen Erhaltungsmaßnahme sind.

4.5 Die Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten muss nicht immer damit verbunden sein, dass auch die Schadensursache, die hier in der Bauweise des Hauses begründet ist, beseitigt wird.

Vielmehr ist darauf abzustellen,

ob nicht wirtschaftliche und technische Gegebenheiten und Möglichkeiten (im Sinn der Generalklausel des § 3 Abs 1 erster Satz MRG) bestehen, den Schaden wenn nicht auf Dauer, so doch für einen relevanten Zeitraum zu beseitigen (5 Ob 148/12v immolex 2013/20 [Pfiel]; 5 Ob 92/13k immolex 2013/87 [Prader]; 5 Ob 60/14f).

So wurden das Abschlagen des Verputzes bzw die Neuanbringung eines Spezialverputzes und einer atmungsaktiven Farbe als geeignete Maßnahmen angesehen, die Schimmelbildung für einen überschaubaren Zeitraum in zum Betrieb einer Tanzschule bzw eines Kindergartens gemieteten Räumlichkeiten hintanzuhalten (vgl dazu 5 Ob 92/13k; 5 Ob 148/12v).

4.6 Kann die Schadensursache wegen der Bauweise des Hauses mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht beseitigt werden, kann das Abschlagen des Verputzes bzw die Neuanbringung eines Spezialverputzes auch eine taugliche Maßnahme darstellen, eine ‑ hier in der aus der Durchfeuchtung des Mauerwerks resultierenden großflächigen Putzabbröckelung gelegene ‑ ernste Schädigung des Hauses zumindest für einen relevanten Zeitraum zu beseitigen. In einem solchen Fall sind das großflächige Abschlagen des Verputzes und die Neuanbringung eines Spezialverputzes aber als einheitliche Maßnahme anzusehen. Das Anbringen eines Sanierungsputzes ist damit Teil der eigentlichen Erhaltungsarbeit und nicht bloß eine von dieser abgeleiteten Nacharbeit. Als Erhaltungsarbeit ist das vom Rekursgericht der Antragsgegnerin aufgetragene Anbringen eines Sanierverputzes aber nach § 3 Abs 1 1. Satz MRG zu beurteilen. Ausgehend davon ist eine abschließende Erledigung der Rechtssache noch nicht möglich.

5.1 Die Bezugnahme auf die wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten in § 3 Abs 1 1. Satz MRG steht in einem inneren Zusammenhang mit dem Erfordernis, dass das Haus, die Mietgegenstände und die der allgemeinen Benutzung dienenden Anlagen in einem jeweils ortsüblichen Standard zu erhalten sind. Damit hat der Gesetzgeber einen anpassungsfähigen („dynamischen“) Erhaltungsbegriff gewählt, der grundsätzlich eine elastische, sich den jeweiligen zeitlichen und örtlichen Komfortvorstellungen anpassende Obergrenze der Erhaltung normiert (vgl RIS‑Justiz RS0069944). Im Zuge der Durchführung von Erhaltungsarbeiten ist daher nicht statisch stets Gleiches durch Gleiches zu ersetzen, sondern in Ergänzung zum jeweils ortsüblichen Standard nach dem Verwendungszweck der Bestandräumlichkeiten auch auf die wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten abzustellen.

5.2 Die aufsteigende Grundfeuchtigkeit in den Bestandräumlichkeiten resultiert aus der im Zeitpunkt der Errichtung des Hauses üblichen Bauausführung, die keine Isolierung gegen Grundfeuchtigkeit vorsah. Insoweit ist der vorliegende Sachverhalt mit dem den bereits erwähnten Entscheidungen 5 Ob 148/12v und 5 Ob 92/13k zugrunde liegenden vergleichbar. Dennoch lassen sich die darin vertretenen Grundsätze nicht vorbehaltlos auf den vorliegenden Fall übertragen. Anders als nach den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten dienen die vermieteten Räumlichkeiten im vorliegenden Fall nach dem vereinbarten Verwendungszweck nämlich nicht dem längeren Aufenthalt von Personen, sondern dem Einstellen von Kraftfahrzeugen.

5.3 Die vertraglich vereinbarte Nutzungsart als Garage erfordert grundsätzlich keine an Wohnräumen gemessene Erhaltungspflicht. Diese hat sich vielmehr am ortsüblichen Standard für Bestandobjekte mit einer vergleichbaren Widmung zu orientieren. Aus den Feststellungen ergibt sich zwar, dass eine Sanierung der aus der Durchfeuchtung des Mauerwerks resultierenden Schäden grundsätzlich schon durch ein Abschlagen des Verputzes, ein Auskratzen der Mörtelfugen und deren Neuverfugung erreicht wird. Laut Sachverständigen ist dadurch ein stabiler Zustand gegeben, bei dem mit einem weiteren Auftreten von Feuchtigkeitsschäden nicht zu rechnen ist. Damit kann aber noch nicht beurteilt werden, ob ein unverputztes Mauerwerk im Inneren von Bestandräumlichkeiten in einem Haus mit vergleichbaren baulichen Gegebenheiten unter Bedachtnahme auf deren Verwendung als Garage dem ortsüblichen Standard entspricht. Es bedarf daher zunächst einer Klärung dieser Frage auf der Tatsachenebene. Sollte das fortgesetzte Verfahren dazu ergeben, dass ein Verputzen des Mauerwerks im Inneren des Bestandgegenstands unter diesen Bedingungen dem ortsüblichen Standard entspricht, bedarf es darüber hinaus ausreichender Feststellungen, die eine Beurteilung der Frage erlauben, ob das Anbringen eines Sanierputzes gemessen am Verwendungszweck der Räumlichkeiten der Antragsgegnerin nach Maßgabe der wirtschaftlichen Gegebenheiten im Sinne des § 3 Abs 1 Satz 1 MRG aufzutragen ist.

5.4 Den Überlegungen des Sachverständigen liegt ganz offensichtlich zugrunde, dass die Anbringung eines Sanierputzes wegen der fehlenden Isolierung gegen aufsteigende Grundfeuchte lediglich für einen beschränkten - nicht näher umschriebenen - Zeitraum wirksam bliebe, sodass sich eine nachhaltige Oberflächengestaltung mit der vom Rekursgericht angeordneten Maßnahme nicht erreichen ließe. Aus dem Verweis in § 3 Abs 1 Satz 1 MRG auf die Erhaltung im ortsüblichen Standard nach „Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten“ kann jedenfalls abgeleitet werden, dass das Gesetz dem Vermieter keine Maßnahmen auferlegen will, die als zwecklos beurteilt werden müssen. Unterstellt man daher, dass das Verputzen der Wände im Innenbereich des Bestandobjekts bei gegebenem Verwendungszweck dem ortsüblichen Standard entspräche, bedarf es konkreter Feststellungen über die Wirksamkeit des Anbringens eines Sanierputzes, weil eine solche Maßnahme in Räumlichkeiten, die primär nicht zum längeren Aufenthalt von Personen bestimmt sind, unbeschadet des Umstands, dass das Mauerwerk ursprünglich mit einem Verputz versehen war, jedenfalls dann nicht mehr als Teil einer nach den wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten gebotenen Erhaltungsarbeit angesehen werden kann, wenn sie schon nach relativ kurzer Zeit nutzlos werden würde und daher ‑ solange die eigentliche Schadensursache erhalten bliebe ‑ in kurzen Intervallen wiederholt werden müsste. Unter Berücksichtigung der damit voraussichtlich verbundenen Kosten, ist jedenfalls ein mehrjähriger Bestand einer solchen Maßnahme zu fordern, bevor wieder ein solcher Zustand auftritt, der erneut großflächige Schäden und damit einen ernsten Schaden im Sinne des § 3 Abs 2 Z 2 MRG erwarten ließe. Aus den Äußerungen des Sachverständigen im Zuge der Gutachtenserörterung (vgl Seite 7 in ON 16) bzw der Erörterung seines Ergänzungsgutachtens (Seite 4 in ON 38) ergibt sich eine Einschätzung dieses Zeitraums, der von kurzfristig bis über mehrere Jahre reichen und letztlich auch eine Zeitspanne von 10 Jahren erfassen kann, bevor sich wieder umfangreiche Flecken, Verdunstungsränder oder geringfügige Putzabplatzungen zeigen würden. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren die letztgenannte Zeitspanne bewahrheiten, läge wohl auch ein mit Blick auf die in § 3 Abs 1 Satz 1 MRG erwähnte Wirtschaftlichkeit ausreichend langer Bestand einer solchen Maßnahme vor, was letztlich aber erst in Relation zu den damit verbundenen Kosten abschließend beurteilt werden kann. Demgegenüber spräche eine bloß kurzfristige Haltbarkeit des Sanierputzes schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit für den ‑ im Revisionsrekursverfahen nicht mehr gegenständlichen ‑ Umfang der vom Erstgericht nach Vorschlag des Sachverständigen aufgetragenen Sanierung.

6. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG (RIS‑Justiz RS0123011 [T1]).

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