European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0120OS00086.14K.0925.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Elvis N***** in der Subsumtion der dem Schuldspruch A./I./ zugrundeliegenden Taten auch nach § 130 vierter Fall StGB und demzufolge im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Mit seiner Berufung wird dieser Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Über die Berufungen des Angeklagten Florin C***** sowie der Staatsanwaltschaft wird das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden haben (§ 285i StPO).
Dem Angeklagten Elvis N***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Elvis N***** des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (A./I./) sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.
Danach hat er
A./ mit Constantin‑Gabriel M*****, Jonatan‑Zoltan Ma***** und Florin C***** gemeinsam als Mittäter in S***** und andernorts nachgenannten Geschädigten fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro übersteigenden Gesamtwert jeweils durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei es ihm (ebenso wie seinen Mittätern während des gesamten Deliktszeitraums, der sieben in der Zeit von 20. September bis 15. Oktober 2013 begangene Einbruchsdiebstähle und bei Florin C***** einen weiteren Einbruch in der Nacht auf den 4. Juni 2013 umfasste) darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
I./ am 15. Oktober 2013
1./ Josef N***** durch Aufzwängen einer Glastüre Uhren und Schmuck in einem Gesamtwert von ca 10.000 Euro;
2./ Dorine E***** durch Aufzwängen einer Balkontüre Schmuck im Gesamtwert von ca 20.000 Euro;
...
B./ am 24. Jänner 2014 einen anderen am Körper vorsätzlich verletzt, indem er Bernhard S***** einen Kopfstoß versetzte, wodurch der Genannte eine Prellung und eine blutende Wunde an der Oberlippe erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Elvis N*****.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810). Der Beschwerdeführer muss von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend zur Geltendmachung eines aus Z 9 oder Z 10 gerügten Fehlers klarstellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz (§ 259, § 260 Abs 1 Z 2 StPO) hätte abgeleitet werden sollen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 584).
Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Feststellungen zu vorsätzlichen Ausführungshandlungen des Angeklagten Elvis N***** vermisst und in diesem Zusammenhang behauptet, diese ließen sich aus einem konstatierten „Begleiten“ allein nicht ableiten, übergeht sie, dass die erstgerichtlichen Konstatierungen die von den Schuldsprüchen A./I./ umfassten Handlungen ohnehin allen am 15. Oktober 2013 beteiligten Personen direkt zuordneten (US 7), somit auch dem nur an diesem Tag anwesenden (die übrigen Angeklagten eben nur dieses Mal begleitenden) Elvis N***** (US 7). Gleiches gilt auch für die Konstatierungen zur inneren Tatseite (US 7 und US 8). Damit wird die Beschwerde den dargestellten Kriterien nicht gerecht.
Welche weiteren Feststellungen zu einem Einverständnis aller Beteiligten ‑ über die auch in Ansehung des Nichtigkeitswerbers zum Schuldspruch A./I./ getroffenen (US 7 und US 8) hinaus ‑ geboten gewesen wären, sagt die Rüge nicht.
Weshalb die Konstatierung, dass die Angeklagten bei den dargestellten Einbrüchen in Kauf nahmen, sich mit den weggenommenen Gegenständen zu bereichern, und ihnen bewusst war, auf die gestohlenen Gegenstände keinen Rechtsanspruch zu haben (US 7), die Tatbestandsmerkmale der Fremdheit der gestohlenen Sachen, des Gewahrsamsbruchs und der Bereicherung durch Zueignung nicht beinhalten sollten, bleibt ebenso im Dunkeln.
Schließlich lässt auch die Behauptung, die Annahme von Gewerbsmäßigkeit würde die so nicht getroffene Konstatierung erfordern, „sich selbst alleine“ eine derartige Einnahme zu verschaffen (inhaltlich Z 10), lässt eine semantisch nachvollziehbare Begründung vermissen, weshalb die Feststellung der Absicht, „sich“ durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 7), als Konstatierung einer „auf die Förderung fremden fortlaufenden Einkommens gerichteten Absicht“ zu beurteilen wäre und daher den entsprechenden gesetzlichen Erfordernissen nicht genügen sollte (vgl RIS‑Justiz RS0089670, RS0092444, RS0086573).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Elvis N***** - die trotz Antrags auf gänzliche Aufhebung des Urteils kein Sachvorbringen zum Schuldspruch B./ enthält (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO) - war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch dem Schuldspruch A./I./ zum Nachteil des Beschwerdeführers anhaftende, von diesem nicht geltend gemachte Nichtigkeit aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
In den Entscheidungsgründen finden sich zwar die dem Gesetzeswortlaut folgenden Annahmen, wonach es den Angeklagten darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung der Einbruchsdiebstähle eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 7 und US 8). In Ansehung des Nichtigkeitswerbers mangelt es jedoch an einem für eine (ausreichende) Feststellung erforderlichen deutlichen Bezug des Tatbestandsmerkmals „fortlaufend“ zu einem historischen Sachverhalt (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 8). Angesichts dessen Tatbegehung nur an einem einzigen Tag ist den lediglich auf die tristen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die Tatwiederholung, die professionelle Tatbegehung sowie die Vorstrafenbelastung des Genannten hinweisenden Entscheidungsgründen (US 8) keine Feststellung zu entnehmen, die die rechtliche Beurteilung erlauben würde, dass sich dessen auf Erzielung von Einnahmen gerichtete Absicht auf einen Zeitraum von zumindest einigen Wochen bezog (RIS‑Justiz RS0107402 [T2], RS0119090; 13 Os 29/06y; 13 Os 116/06t; vgl Jerabek in WK² § 70 Rz 7; Fabrizy, StGB10 § 70 Rz 1). Dem Schuldspruch haftet in Ansehung der Gewerbsmäßigkeit nach § 130 vierter Fall StGB ein Rechtsfehler mangels Feststellung zur zeitlichen Dimension der Intention des Angeklagten Elvis N***** und damit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO an.
In Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur war das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, daher aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde in Ansehung des Elvis N***** in der rechtlichen Unterstellung der den Schuldspruch A./I./ zugrundeliegenden Taten auch unter § 130 vierter Fall StGB und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftenanrechnung) aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).
Mit seiner Berufung war dieser Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Über die Berufungen des Angeklagten Florin C***** und der Staatsanwaltschaft betreffend diesen Angeklagten wird das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden haben (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung, welche die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 12), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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