European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00119.14X.0917.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:
Die Beschränkung der Bewegungsfreiheit des Kranken durch Festhalten durch Mitarbeiter des von der Krankenanstalt dazu beauftragten Sicherheitsdienstes zum Zweck der Anlegung der Vier‑Punkt‑Fixierung durch das Pflegepersonal am 31. 12. 2013 war unzulässig.
Begründung:
Der Kranke wurde am Nachmittag des 31. 12. 2013 zur Krankenanstalt ohne eigenes Verlangen gebracht. Er leidet an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung. Bereits in der Nacht des Vortags randalierte er im Wohnhaus, schlug gegen Wohnungstüren und warf Knallkörper im Stiegenhaus. Als er um die Mittagszeit des Aufnahmetags erneut im Stiegenhaus lärmte, wurde er von einem Nachbarn zur Rede gestellt. Der Kranke wurde immer unruhiger, ballte die Fäuste und machte Anstalten, den Nachbarn zu attackieren. Dieser verständigte die Polizei. Auch den Polizeibeamten gegenüber verhielt er sich aggressiv, sodass er überwältigt und gefesselt werden musste. Ab diesem Zeitpunkt verhielt er sich ruhig, versuchte aber, verbal zu provozieren.
In der Aufnahmesituation war der Kranke dysphorisch, im Affekt inkontinent und überschießend, im Duktus nicht kohärent und nicht zielführend. Er schrie, tobte und schimpfte. Er wurde im Bett vier‑Punkt‑fixiert, wobei Mitarbeiter des im Krankenhaus tätigen Sicherheitsdienstes „assistierten, indem sie den Kranken zumindest festhielten, während das Krankenhauspersonal die Gurten zur Fixierung anlegte“. Er beruhigte sich langsam und schlief schließlich ein. Nach Dienstübergabe am Morgen des 1. 1. 2014 konnte die Fixierung gelöst werden. Am 3. 1. 2014 erfolgte die Erstanhörung des Kranken. Das Gericht erklärte die Unterbringung vorläufig für zulässig. Am 14. 1. 2014 wurde noch vor der mündlichen Verhandlung die Unterbringung aufgehoben.
Der Sicherheitsdienst in der Krankenanstalt wird durch Mitarbeiter des Bewachungs‑ und Detektivunternehmens N***** GmbH (in der Folge N*****) wahrgenommen. Es besteht eine Gewerbeberechtigung für das Sicherheitsgewerbe. Nach dem Vergabeverfahren erteilte der Wiener Krankenanstaltenverbund der N***** am 24. 12. 2008 den Zuschlag. Die von N***** wahrzunehmenden Aufgaben sind auszugsweise:
„Alle MitarbeiterInnen des O***** ( = O***** Spital ) sind in allen Belangen der Sicherheit, nach Aufforderung, aktiv zu unterstützen. Dies gilt insbesondere für den Personenschutz. Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gepaart mit den Möglichkeiten der mündlichen Deeskalation hat höchste Priorität.
In der Verantwortung des Sicherheitsdienstes liegt insbesondere die Anwesenheit bei entsprechenden Sachverhalten und die verbale Intervention.
Alle Bediensteten des O***** sind vor körperlichen Übergriffen von Dritten zu schützen.
Bei eventuellen notwendigen Beschränkungsmaßnahmen wird der Sicherheitsdienst nach Anweisung durch das medizinische Personal primär unterstützen. Dies gilt jedoch nicht bei Gefahr in Verzug.
… Körpernahe Beschränkungen dürfen nur mit den krankenhausgebräuchlichen Möglichkeiten (zB psychiatrisches Intensivbett, Segufix Gurtensysteme) in Kooperation mit dem medizinischen Personal angewandt werden.
...
Folgende Tätigkeiten sind durchzuführen:
...
‑ Die Aufgaben des Personenschutzes:
* Auf Aufforderung des Personals des O***** ist sofortige Unterstützung zu leisten.
* Durch verbale Intervention ist zuerst eine Deeskalation der Situation zu erreichen.
* Die Bediensteten sind durch qualifizierte Handlungen vor jedem körperlichen Übergriff durch Dritte zu schützen.
* Bei Übergriffen kann auch eine Körperkraftanwendung seitens des Sicherheitsdienstes notwendig sein.
* Durchführung von Beschränkungsmaßnahmen nach Anweisung des medizinischen Personals.
* Bei Gefahr in Verzug sofortige Beschränkungsmaßnahmen ohne Rücksprache mit dem medizinischen Personal.
* Durchsuchung ‑ auf Anweisung des medizinischen Personals ‑ von Personen und Patienten nach gefährlichen Gegenständen.
‑ Assistenzleistung bei der Untersuchung von Patienten, die gemäß dem Unterbringungsgesetz (UbG) aufgenommen werden, auf verbotene oder gefährliche Gegenstände und Substanzen.“
Vom eingesetzten Sicherheitspersonal werden folgende Qualifikationen (Mindestanforderungen) verlangt:
„...
7. Erfahrung des im O***** eingesetzten Sicherheitspersonals im öffentlichen Sicherheitsdienst. Jeder im Dienst befindliche Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes muss mindestens über acht Jahre Berufserfahrung im Objekt‑Personenschutz verfügen.
8. Nachweisliche Ausbildung aller im O***** eingesetzten Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes in Körperkraftanwendung.
9. Nachweisliche Ausbildung mindestens eines im Dienst im O***** befindlichen Mitarbeiters des Sicherheitsdienstes im Deeskalationstraining.
10. Psychologisches Basistraining aller eingesetzten Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes insbesondere in Bezug auf Patienten nach dem Unterbringungsgesetz.
11. Mindestens einer der beiden im O***** im Dienst befindlichen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes muss die Grundausbildung für Sicherheitswachebeamte oder Justizwache im öffentlichen Dienst nachweislich absolviert haben.
...
14. Erfahrung im Umgang mit psychisch auffälligen Personen.
15. Physische und psychische Belastbarkeit der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes.
...“
Der Verein stützt seinen Antrag, das Festhalten des Kranken durch Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes für unzulässig zu erklären, darauf, dass laut dem Bericht der intervenierenden Polizeibeamten die Fixierung des Kranken durch Mitarbeiter der N***** durchgeführt worden sei. Es fehle jegliche Rechtsgrundlage dafür, dass diese einen Patienten festhalten dürften, sei es auch zur Ermöglichung einer Fixierung.
Das Erstgericht erklärte die Beschränkung der Bewegungsfreiheit des Patienten durch Festhalten durch Mitarbeiter der N***** für zulässig. Es sei zwar in den einschlägigen Gesetzesbestimmungen keine konkrete Grundlage für das Tätigwerden eines Sicherheitsdienstes zu ersehen, doch sei klar, dass in Krankenanstalten auch anderes Personal als der Pflegedienst tätig sei. Mit dem Vertrag sei der N***** die Mitwirkung bei Beschränkungsmaßnahmen im Sinn des UbG nach Anweisung des medizinischen Personals übertragen worden. Die Mitwirkung von Angehörigen anderer Berufsgruppen als Ärzte sei zwar im UbG nicht erwähnt, werde aber vorausgesetzt, weil der behandelnde Arzt die Beschränkungen nur anzuordnen, nicht aber zu vollziehen habe. Der Umstand, dass ein Sicherheitsdienst auf Grund eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses tätig werde, mache sein Einschreiten nicht unzulässig. Entscheidend sei nur, dass die Maßnahmen vom Arzt angeordnet und von Personen ausgeführt würden, die dazu fachlich qualifiziert seien. Dies sei hier der Fall. Überdies erscheine eine Rollenverteilung, dass nämlich „handgreifliche Maßnahmen“ vom Sicherheitsdienst und nicht von Mitarbeitern des Pflegedienstes gesetzt würden, auch zweckmäßig. Der Pflegedienst solle mit dem Kranken nach Möglichkeit ein Vertrauensverhältnis aufbauen.
Das Rekursgericht bestätigte den Beschluss. Die „erforderliche Gewaltanwendung“ zum Erzwingen der Untersuchung nach § 10 Abs 1 UbG könne auch von Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes vorgenommen werden, zumal dadurch eine Gefährdung des Pflegepersonals verringert werde und ein schnelles und effizientes Handeln auch dem Kranken diene. Es komme nicht darauf an, ob die Sicherheitsleute den Kranken nur festhielten oder auch einen Gurt anlegten.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil sich der Oberste Gerichtshof bisher mit der Rechtsfrage, ob die Delegierung der Vornahme von Maßnahmen nach § 33 UbG (hier Festhalten eines Kranken) an Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes einer Krankenanstalt zulässig sei, noch nicht auseinandergesetzt habe.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Vereins mit dem Antrag, das Festhalten des Kranken durch Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes für unzulässig zu erklären. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Abteilungsleiterin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt.
Eine Person darf gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine psychiatrische Abteilung gebracht werden, wenn ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt oder ein Polizeiarzt sie untersucht und bescheinigt, dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen (§ 8 UbG). Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können bei Gefahr in Verzug die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung in eine psychiatrische Abteilung bringen (§ 9 Abs 2 UbG). Der Anstaltsleiter hat die betroffene Person unverzüglich zu untersuchen. Sie darf nur aufgenommen werden, wenn nach seinem ärztlichen Zeugnis die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen (§ 10 Abs 1 UbG).
Unterliegt eine Person einer Bewegungseinschränkung, dann ist sie im Sinn des UbG „untergebracht“, unabhängig davon, ob sie sich in einem geschlossenen Bereich befindet oder nicht. Aus dem Zusammenhang zwischen § 2 UbG und § 33 UbG ergibt sich, dass sämtliche in § 33 UbG erwähnten Formen von Beschränkungen auch zum Vorliegen einer „Unterbringung“ im Sinn von § 2 UbG führen. Eine besondere „Erheblichkeitsschwelle“ hinsichtlich Dauer und Ausmaß der Beschränkung sieht das Gesetz nicht vor. Therapeutische und pflegerische Beweggründe können die Qualifikation einer solchen Maßnahme als Unterbringung nicht verhindern (RIS‑Justiz RS0075831, RS0075836). Dies stimmt auch mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs überein (RIS‑Justiz RS0109292). Das Gericht ist daher berufen, die Zulässigkeit der Unterbringung bereits für die Zeit zwischen der Einlieferung in die Krankenanstalt und dem Abschluss der fachärztlichen Untersuchung zu prüfen (RIS‑Justiz RS0107537).
Die Mitarbeiter der N***** waren im Rahmen des privatrechtlichen Vertrags auf Weisung der Krankenanstalt in deren Interesse tätig. Ihr Verhalten ist der Krankenanstalt zuzurechnen. Da der Kranke in der Krankenanstalt spätestens durch das Festhalten am Körper durch Mitarbeiter der N***** in seiner Bewegungsfreiheit beschränkt wurde, gilt er ab diesem Zeitpunkt als untergebracht, sodass das Gericht berufen ist, die Zulässigkeit dieser Maßnahme nach § 33 UbG zu prüfen.
Das Festhalten diente der Anlegung der Vier‑Punkt‑Fixierung. Diese sollte die ärztliche Aufnahmeuntersuchung und die Krankenpflege ermöglichen.
Die Gesundheits‑ und Krankenpflegeberufe dürfen nur nach Maßgabe des Gesundheits‑ und Krankenpflegegesetzes (GuKG) ausgeübt werden. Auf die Ausübung dieser Berufe findet die Gewerbeordnung keine Anwendung (§ 3 Abs 1 und 2 GuKG). Die Pflegeberufe nach dem GuKG dienen vorrangig der Unterstützung der ärztlichen Tätigkeit und damit der Pflege von Personen, die medizinischer Hilfe bedürfen (RIS‑Justiz RS0115067). Die Grenze zur Laientätigkeit liegt dort, wo medizinisches oder pflegerisches Fachwissen Voraussetzung für die fachgerechte Durchführung der Tätigkeit ist und auf Grund dieses Fachwissens Selbst‑ und Fremdgefährdung vermieden werden kann ( Schwamberger/Biechl , GuKG 7 , § 3, 15).
Angehörige von Sozialbetreuungsberufen sind nicht zur Ausübung der Pflegehilfe berechtigt (§ 3a Abs 1 Z 1 GuKG). Darüber hinaus sind Personen, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses zu Trägern von Einrichtungen der Behindertenbetreuung, die behördlich bewilligt sind oder der behördlichen Aufsicht unterliegen, behinderte Menschen in multiprofessionellen Teams, deren Aufgabe die ganzheitliche Begleitung und Betreuung der behinderten Menschen ist, in einer Gruppe von höchstens zwölf behinderten Menschen betreuen, nach Maßgabe bestimmter Voraussetzungen zur Durchführung unterstützender Tätigkeiten bei der Basisversorgung an den von ihnen betreuten Personen berechtigt (§ 3a Abs 3 GuKG).
Die Delegation von pflegerischen Tätigkeiten an Laien unterliegt den §§ 3b und 3c GuKG.
Für Mitarbeiter eines gewerblichen Sicherheitsdienstes besteht damit keine gesetzliche Grundlage, die sie zur Vornahme von Pflegehandlungen berechtigt. Die hier zu beurteilende körpernahe Tätigkeit des Festhaltens einer widerstrebenden Person ist von den Ausnahmebestimmungen nicht umfasst. Es werden im Gegenteil besondere Regelungen im Hinblick auf die Pflege von Personen mit psychischen Störungen und neurologischen Erkrankungen getroffen:
Im zweiten Hauptstück des GuKG ist der gehobene Dienst für Gesundheit und Krankenpflege geregelt. Zum Tätigkeitsbereich gehört die psychiatrische Gesundheits‑ und Krankenpflege. Diese umfasst die Betreuung und Pflege von Menschen mit psychischen Störungen und neurologischen Erkrankungen aller Alters‑ und Entwicklungsstufen sowie die Förderung der psychischen Gesundheit (§ 19 Abs 1 GuKG). Dazu zählt nach § 19 Abs 2 GuKG insbesondere das Beobachten, die Betreuung und Pflege sowie die Assistenz bei medizinischen Maßnahmen unter anderem im stationären, teilstationären und ambulanten Bereich von Menschen mit akuten und chronischen psychischen Störungen einschließlich untergebrachten Menschen (§ 19 Abs 2 Z 1 GuKG). Zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits‑ und Krankenpflege sind Personen unter anderem nur berechtigt, wenn sie einen entsprechenden Qualifikationsnachweis (§§ 28 ‑ 31 GuKG) erbringen (§ 27 Abs 1 Z 3 GuKG). Die Sonderausbildung in der psychiatrischen Gesundheits‑ und Krankenpflege dauert mindestens ein Jahr und umfasst mindestens 1.600 Stunden theoretische und praktische Ausbildung (§ 67 Abs 1 GuKG). Sie beinhaltet insbesondere die Pflege und Betreuung von Menschen mit psychischen Störungen (Z 1), mit organischen und psychischen Störungen im höheren Lebensalter (Z 3), mit Abhängigkeitserkrankungen (Z 5), mit Intelligenzminderung (Z 7), die Einführung in die Psychologie (Z 12), Psychotherapie, Supervision und Soziotherapie (Z 13), Gesprächsführung (Z 14) und Krisenintervention (Z 15).
Der Gesetzgeber erachtet es damit als notwendig, dass insbesondere untergebrachte Kranke nur von Personen gepflegt werden dürfen, die für diese sehr anspruchsvolle Aufgabe entsprechend den gesetzlichen Vorgaben ausgebildet sind. Dies dient dem Schutz der Kranken, weil damit gewährleistet werden soll, dass die Pflegepersonen sowohl in psychischer als auch physischer Hinsicht adäquat auf den Kranken eingehen können und eine zweckmäßige Behandlung unter größtmöglicher Schonung erfolgen kann. Das GuKG enthält sogar in seinem § 105 eine Strafbestimmung, die unterbinden soll, dass die Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits‑ und Krankenpflege jemand ausübt, ohne hiezu durch dieses Bundesgesetz oder durch eine andere gesetzliche Vorschrift berechtigt zu sein.
Abgesehen davon, dass das GuKG ausdrücklich festlegt, dass die Gesundheitsberufe nicht der Gewerbeordnung unterliegen, ergibt sich auch für das Sicherheitsgewerbe nach § 129 Abs 1 GewO kein Hinweis auf eine besondere Ausbildung ihrer Mitarbeiter für die Bedürfnisse untergebrachter Kranker. In der taxativen Aufzählung der Aufgaben und Befugnisse von Berufsdetektiven ( Grabler/Stolzlechner/Wendl , Kommentar zur GewO 3 § 129 Rz 1) wird der Schutz von Personen (Z 7) hervorgehoben. Diese Befugnis bezieht sich auf Maßnahmen, die für den Schutz von Angriffen auf Leben, Gesundheit und Sicherheit einer Person erforderlich sind. Die Gewerbeordnung normiert aber keine besonderen Handlungsbefugnisse für Berufsdetektive, die mit dem Schutz einer konkreten Person beauftragt sind. Sie haben nur jene Rechte, die allen Bürgern zustehen (sog „Jedermannsrechte“). Diese dürfen sie im Namen und im Auftrag ihres Auftraggebers wahrnehmen, dürfen sie aber nicht überschreiten ( Grabler/Stolzlechner/Wendl aaO § 129 Rz 9).
Das Anlegung einer Vier‑Punkt‑Fixierung dient der Ermöglichung medizinischer oder pflegerischer Maßnahmen. Das vorangehende Festhalten des Kranken ist nicht anders zu beurteilen. Es gehört bereits zur psychiatrischen Gesundheits‑ und Krankenpflege. Es besteht das gleiche Schutzbedürfnis wie bei anderen Pflegemaßnahmen. Damit ist bereits das Festhalten als eine Pflegehandlung dem Pflegepersonal nach den oben dargelegten gesetzlichen Regelungen vorbehalten. Eine vom GuKG geforderte Ausbildung haben die Mitarbeiter der N***** unstrittig gerade nicht.
Selbst wenn die Mitarbeiter der N***** hier auf Anordnung eines anwesenden Mitarbeiters des Pflegedienstes tätig wurden, ändert dies nichts daran, dass sie das Festhalten des widerstrebenden Kranken (naturgemäß) in der Aktion selbständig durchführen, wofür sie nicht die gesetzlich geforderte fachliche Qualifikation haben und daher nicht wie ein speziell Geschulter reagieren können.
Eine Notwehrsituation (eine aktuelle oder unmittelbar drohende Gefährdung von notwehrfähigen Rechtsgütern wie Leib, Leben und Gesundheit), die in dieser Ausnahmesituation einen Rechtfertigungsgrund für jedermann, also auch hinsichtlich des Einschreitens der Mitarbeiter der N*****, darstellen könnte (§ 19 ABGB, § 3 StGB), wurde weder behauptet noch wurde sie festgestellt, sodass sich weitere Ausführungen dazu erübrigen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mangels gesetzlicher Grundlage ein Mitarbeiter eines von der Krankenanstalt beauftragten Sicherheitsdienstes keine Pflegemaßnahmen wie das Festhalten eines Kranken setzen darf. Die Maßnahme nach § 33 UbG war daher unzulässig.
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