OGH 6Ob128/14p

OGH6Ob128/14p17.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Manfred Angerer ua, Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee gegen die beklagten Parteien 1. H***** K*****, 2. S***** T*****, beide vertreten durch Dr. Matthias Lüth und Mag. Michael Mikuz, Rechtsanwälte in Innsbruck wegen 12.516,15 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 7. Mai 2014, GZ 4 R 122/14d‑14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 26. Februar 2014, GZ 21 C 376/13i‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

I. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird von „H***** AG“ auf „A***** AG“ richtiggestellt.

II. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 922,07 EUR (darin 153,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Im Zuge einer Umschuldung nahmen die Beklagten bei der Klägerin einen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken auf. Als Sicherheit diente eine Eigentumswohnung der Beklagten. Das Währungsrisiko war den Beklagten bewusst. Da es in der Folge zu Zahlungsschwierigkeiten kam und die Klägerin die Beklagten bereits dreimal gemahnt hatte, verkauften die Beklagten mit Genehmigung des Vorstands der Klägerin im November 2011 die Wohnung. Der Verkaufserlös wurde am 19. 1. 2012 vom Treuhänder an das von der Klägerin bekanntgegebene Konto zur Tilgung des Fremdwährungskredits überwiesen. Der Wechselkurs betrug an diesem Tag 1,2060. Ein „Zwischenparken“ des Verkaufserlöses auf einem Eurokonto, um einen besseren Wechselkurs abzuwarten, war zwischen den Streitteilen nicht vereinbart. Nach Überweisung des Verkaufserlöses verblieb vom Kredit ein Restsaldo von 13.895,69 Schweizer Franken. Eine Vereinbarung dahingehend, dass mit der Überweisung des Kaufpreiserlöses sämtliche Verbindlichkeiten aus dem Kredit abgedeckt wären, gab es nicht. Hinsichtlich des Restbetrags kam es aufgrund einer zwischen den Streitteilen abgeschlossenen „Stop‑Loss‑Vereinbarung“ am 9. 5. 2012 wegen Erreichen des Stop‑Loss‑Kurses von 1,1995 zur Konvertierung in Euro. Die Beklagten hatten niemals den Wunsch geäußert, den verbliebenen Restbetrag zu einem früheren Zeitpunkt in Euro zu konvertieren. Der Erstbeklagte informierte sich selbst laufend über den Kurs.

Die Klägerin begehrt Zahlung des zuletzt noch ausständigen Betrags von 12.516,15 EUR sA.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Kreditabrechnung sei ordnungsgemäß vorgenommen worden. Die Konvertierung am Tag des Einlangens des Verkaufserlöses könne der Klägerin nicht zum Vorwurf gemacht werden. Ebenso sei die Konvertierung des noch offenen Restbetrags zum Zeitpunkt des Erreichens des vereinbarten Stop‑Loss‑Kurses ordnungsgemäß erfolgt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach Verwerfung der Beweis‑ und Mängelrüge erwog es in rechtlicher Sicht, die Beklagten hätten ein Vorbringen dahingehend, sie wären im Zuge der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht ordnungsgemäß beraten und aufgeklärt worden, in erster Instanz nicht erstattet. Dieses erstmals im Berufungsverfahren erhobene Vorbringen verstoße gegen das Neuerungsverbot.

Die ordentliche Revision sei zulässig. Die Beklagten hätten sich auf eine Verletzung der Aufklärungspflicht des Kreditgebers gestützt. Von diesem Vorbringen könnte man eine Verletzung der „nachvertraglichen Fürsorgepflicht“ umfasst sehen. Es lasse sich daher der Standpunkt vertreten, die Klägerin hätte im Stadium der finalen Vertragsabwicklung den Erstbeklagten umfassender über den Zeitpunkt der Konvertierung aufklären und informieren müssen.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (RIS‑Justiz RS0042392) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Frage nach Art und Ausmaß der aus der Geschäftsbeziehung zwischen einem Kreditinstitut und einem Kunden entspringenden Sorgfalts‑ und Aufklärungspflichten eine solche des Einzelfalls (1 Ob 44/07p; RIS‑Justiz RS0116074 [T3]; RS0106373). Nach ständiger Rechtsprechung dürfen die Anforderungen an die Aufklärungspflichten der Kreditinstitute nicht überspannt werden, weil dem Bankkunden zugemutet werden kann, selbst seine wirtschaftlichen Interessen ausreichend zu wahren (RIS‑Justiz RS0016182 [T1], RS0038122 [T11]).

2. Der Frage, wann und unter welchen Umständen eine Konvertierung des Fremdwährungskredits durch den Kreditgeber zulässig ist, kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, es sei denn, dem Berufungsgericht ist eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen (6 Ob 275/05t).

3. Auf die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage kommt es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht an, weil die diesbezüglichen Ausführungen der beklagten Parteien gegen das Neuerungsverbot verstoßen. Die Beantwortung bloß abstrakter Rechtsfragen ist aber nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0111271 [T2]).

4.1. Im Übrigen liegen entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bereits zahlreiche Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zum Nachwirken von Aufklärungs‑, Schutz‑ und Sorgfaltspflichten vor. Demnach hat sich jeder Vertragspartner so zu verhalten, wie es der andere in der gegebenen Situation mit Rücksicht auf den konkreten Vertragszweck, die besondere Art der Leistung und die Erfordernisse eines loyalen Zusammenwirkens erwarten darf, damit die Erreichung des Vertragszwecks nicht vereitelt, sondern erleichtert und Schaden verhütet wird. Diese weiteren Verhaltenspflichten können auch die Verpflichtung umfassen, dem anderen den ihm nach dem Vertrag zukommenden Vorteil zu erhalten und dafür zu sorgen, dass ihm für die Zeit nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses keine Nachteile entstehen; sie können unter Umständen verlangen, dass der eine Vertragsteil nach der Erfüllung aller Hauptleistungspflichten noch bestimmte Handlungen zum Vorteil des anderen Vertragsteils vornimmt oder solche Handlungen unterlässt, durch die dem anderen die ihm durch den Vertrag gewährten Vorteile wieder entzogen oder wesentlich geschmälert würden (RIS‑Justiz RS0018232, [insbesondere T9]; 9 Ob 13/09s; vgl auch 2 Ob 193/04b).

4.2. In der Auffassung der Vorinstanzen, die in der Vorgangsweise der Klägerin keinen Sorgfaltsverstoß erblickt haben, ist keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war nicht vereinbart, dass der Kaufpreiserlös nach Überweisung durch den Treuhänder auf einem Eurokonto „zwischengeparkt“ werde. Vielmehr war allen Beteiligten klar, dass mit Überweisung des Kaufpreiserlöses der Betrag obligomindernd auf das Schweizer Franken‑Konto überwiesen werde. Nach den Feststellungen informierte sich der Erstbeklagte laufend über den Kurs; ein vorheriges Verlangen nach Konvertierung des Restsaldos wurde zu keinem Zeitpunkt geäußert. Folgerichtig nahm die Klägerin daher die Konvertierung erst bei Erreichen des Stop‑Loss‑Kurses vor. Beiden Beklagten war nach den Feststellungen der Vorinstanzen das Fremdwährungsrisiko bewusst. Bei dieser Sachlage ist aber ein besonderes Schutzbedürfnis der Beklagten, das weitere Beratung und Aufklärung seitens der Klägerin erfordert hätte, zu verneinen.

Zusammenfassend bringen die Beklagten daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Die Bezeichnung der Klägerin war auf A***** AG, FN 245157a, richtig zu stellen.

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