OGH 13Os19/14i

OGH13Os19/14i5.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Juni 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kotanko als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hannes G***** und eine Beschuldigte wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 29. Mai 2013, AZ 11 Bl 12/12k (GZ 19 St 216/10v-74 der Staatsanwaltschaft Graz), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, des Verteidigers Dr. Horn und der Vertreterin der Privatbeteiligten, Dr. Paulitsch, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E107818

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 29. Mai 2013, AZ 11 Bl 12/12k, verletzt

1. soweit er die Fortführung des Verfahrens AZ 19 St 216/10v der Staatsanwaltschaft Graz anordnete anstatt den nicht gesetzeskonformen Antrag der Privatbeteiligten Go***** GmbH auf Fortführung dieses Verfahrens zurückzuweisen, § 196 Abs 2 erster Satz StPO iVm § 195 Abs 2 dritter Satz StPO;

2. soweit er die Anordnung der Fortführung des bezeichneten Verfahrens auf schlichte Bedenken gegen die Richtigkeit der von der Staatsanwaltschaft bei der Entscheidung über die Beendigung zu Grunde gelegten Tatsachen stützte, § 195 Abs 1 Z 2 StPO;

3. soweit er in der Begründung trotz des Vorwurfs unzureichender Sachverhaltsaufklärung konkrete Ausführungen unterließ, welche Beweise im fortgeführten Ermittlungsverfahren aufzunehmen wären, § 196 Abs 2 iVm § 86 Abs 1 vierter Satz StPO.

Der bezeichnete Beschluss wird aufgehoben und der Antrag der Go***** GmbH auf Fortführung des Verfahrens AZ 19 St 216/10v der Staatsanwaltschaft Graz wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

1. Zufolge einer bei der Staatsanwaltschaft Graz am 30. April 2008 erstatteten Anzeige der Privatbeteiligten Go***** GmbH zu AZ 19 St 216/10v (davor AZ 19 St 92/08f) wegen des Verdachts des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen haben Andrea W***** als handelsrechtliche Geschäftsführerin und Hannes G***** als faktischer Geschäftsführer der Reifen G***** GmbH & Co KG und der Reifen G***** GmbH im Zeitraum von Juni 2007 (vgl die ergänzende Sachverhaltsdarstellung ON 47 S 27) bis kurz vor der Konkurseröffnung am 7. März 2008 bei der Go***** GmbH Reifen insbesondere unter Vortäuschung ihrer Zahlungsfähigkeit bestellt, jedoch in der Folge nicht (zur Gänze) bezahlt, sodass 1.035.664,33 Euro unberichtigt aushaften (ON 2).

2. Am 18. August 2010 stellte die Staatsanwaltschaft (bei gleichzeitiger Anklageerhebung gegen Andrea W***** zu AZ 12 Hv 128/10g des Landesgerichts für Strafsachen Graz wegen damit nicht im Zusammenhang stehender Vermögensdelinquenz; vgl ON 1 S 23, siehe 12 Os 103/11f) das Ermittlungsverfahren gegen Andrea W***** und Hannes G***** nach umfangreichen Ermittlungen wegen des Verdachts des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB („Reifenbestellungen Go*****“) gemäß § 190 Z 2 StPO ein (ON 1 S 21 f).

Begründend wurde ausgeführt, dass die inkriminierten „Großbestellungen für das Herbst/Wintergeschäft“ im Zeitraum von Juni 2007 bis 27. September 2007 erfolgten und als Zahlungsziel der 15. Dezember 2007 (abzüglich 3 % Skonto) oder der 15. Jänner 2008 vereinbart war. Am 21. Dezember 2007 habe die Reifen G***** GmbH & Co KG den Gläubigern ihre Finanzprobleme mitgeteilt und einen außergerichtlichen Ausgleich mit einer Quote von 40 % angeboten, der von der Privatbeteiligten abgelehnt worden sei. Die objektive Zahlungsunfähigkeit der Reifen G***** GmbH & Co KG und der Reifen G***** GmbH sei laut Sachverständigengutachten ‑ auch subjektiv erkennbar ‑ am 31. Dezember 2007 eingetreten. In Ansehung danach erfolgter Bestellungen sei aufgrund von Gutschriften, teils aufgrund von Retournierung der Reifen bei der Privatbeteiligten kein Vermögensschaden eingetreten. Da die „Großbestellungen“ mit einem Auftragsvolumen von rund 1 Mio Euro im Zeitraum Juni 2007 bis 27. September 2007 erfolgt seien, „die objektive und subjektive Zahlungsunfähigkeit aber erst per 31. 12. 2007 eintrat“, könne eine Täuschung über die Zahlungsfähigkeit nicht nachgewiesen werden. Auch eine vorsätzliche Täuschung über die Zahlungswilligkeit sei nicht erweislich, weil den Beschuldigten „kein Vorwurf dahingehend gemacht werden kann, dass sie die Erlöse aus den Reifenverkäufen bei ihren Banken auf die jeweiligen Firmenkonten überwiesen und damit die revolvierenden Kontokorrentkredite naturgemäß getilgt wurden“. Eine faktische Geschäftsführung seitens Hannes G***** verneinte die Staatsanwaltschaft.

3. Mit Antrag vom 2. September (richtig:) 2010 begehrte die Privatbeteiligte Go***** GmbH die Fortführung des Verfahrens gegen Hannes G***** und Andrea W***** wegen des Verdachts des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (begangen durch Reifenbestellungen im Zeitraum von Juli 2007 bis 31. Dezember 2007; vgl ON 62 dritter Absatz letzter Satz und fünfter Absatz) gemäß § 195 Abs 1 StPO.

3.1 Die Privatbeteiligte kritisierte unter Hinweis auf einzelne Passagen in der Aussage des Hannes G*****, dass „eindeutige Anhaltspunkte“ für dessen strafrechtlich relevantes Handeln außer Betracht gelassen wurden und verweist zum „Einfluss von G***** in die Geschäftsführung von Reifen G*****“ darauf, dass sich aus dem Firmenbuch dessen Mehrheitseigentümerschaft ergebe.

Zur Annahme einer (subjektiv erkennbar) erst ab 31. Dezember 2007 bestehenden objektiven Zahlungsunfähigkeit (ON 1 S 21 f) behauptete die Privatbeteiligte unzureichende Berücksichtigung von zwei Gutachten und verwies auf einzelne darin enthaltene Passagen zum Vorliegen und der Erkennbarkeit der Überschuldung, zum Fehlen einer Fortbestehensprognose, zur Beurteilung von Lieferantenkrediten und zum Abbau von Kreditlinien (ON 62 S 11 ff), aus denen sich ergebe, dass die Zahlungsunfähigkeit schon vor dem 31. Dezember 2007 bestanden habe und von den Beschuldigten bereits im Sommer 2007 anlässlich der „Reifengroßbestellungen“ erkannt worden sei. Daraus leite sich eine Überschreitung der Grenzen der freien Beweiswürdigung und des pflichtgemäßen Ermessens der Anklagebehörde ab, sodass nach allgemeinen Verfahrens- und Vernunftsätzen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der von der Staatsanwaltschaft vorgenommenen Beweiswürdigung bestünden (ON 62 S 19); auf Basis des „bisherigen Vorverfahrens“ gäbe es für die „den Beschuldigten vorgeworfenen strafbaren Handlungen ausreichende und konkrete Anhaltspunkte, die weiteren“ (nicht konkretisierten) „Ermittlungen und einer Anklage Erfolg versprechen“ (ON 62 S 7 vierter Absatz). Mit den auf eine (subjektiv erkennbar) erst am 31. Dezember 2007 bestehende Zahlungsunfähigkeit hinweisenden (ON 43 S 435 Tz 601 und S 439 Tz 607) und von der Staatsanwaltschaft zur Begründung der Einstellung herangezogenen (ON 1 S 21 f; vgl auch ON 63 S 3) Ermittlungsergebnissen setzt sich die Privatbeteiligte nicht auseinander. Weitere Fehler hat sie nicht behauptet und auch nicht auf neue Tatsachen oder Beweismittel verwiesen.

3.2 Die Argumente der Staatsanwaltschaft in ihrer dazu erstatten Stellungnahme vom 15. September 2010 decken sich im Wesentlichen mit jenen der Einstellungsbegründung (ON 63).

3.3 In der dazu eingebrachten Äußerung vom 6. Oktober 2010 wiederholte die Privatbeteiligte ihr Vorbringen des Fortführungsantrags und ergänzte dieses durch die Behauptung, bei der Beurteilung der Frage, ob die Beschuldigten über ihre Zahlungsfähigkeit getäuscht haben, habe die Anklagebehörde allein auf den Zeitpunkt der Bestellung abgestellt und (auch) dadurch das Gesetz unrichtig angewendet. Weiters verwies sie darauf, dass die zur Rückführung von Bankkrediten verwendeten Gelder aus dem Verkauf von unter Eigentumsvorbehalt stehenden Reifen stammten. Neue Tatsachen oder Beweismittel wurden nicht ins Treffen geführt (ON 64).

3.4 Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Senat von drei Richtern vom 20. Mai 2011, AZ 12 Bl 15/10f (ON 69), wurde die Fortführung des Strafverfahrens gegen Hannes G***** und Andrea W***** wegen des Verdachts des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB gemäß § 195 Abs 1 StPO angeordnet. In seiner Begründung stützte sich das Gericht auch auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. April 2011, GZ 12 Hv 128/10g‑80.

3.5 Diesen Beschluss hob der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 30. August 2012, GZ 13 Os 51/12t, 13 Os 52/12i-8, auf, weil er ‑ wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes aufgezeigt hatte ‑ in einem rechtlich mangelhaften Verfahren zustande gekommen war. Das Höchstgericht wies ausdrücklich darauf hin, dass bei der neuerlichen Entscheidung ‑ weil das Gericht über den vom Antragsteller (im Antrag auf Fortführung und in der Äußerung zur diesbezüglichen Stellungnahme der Staatsanwaltschaft) gesteckten Rahmen hinaus (zum Nachteil der Beschuldigten) nicht amtswegig tätig werden darf ‑ das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. April 2011, GZ 12 Hv 128/10g-80, zur Begründung nicht herangezogen werden darf (ON 72).

4. Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 29. Mai 2013, AZ 11 Bl 12/12k (ON 74), wurde erneut die Fortführung des Strafverfahrens gegen Hannes G***** und Andrea W***** gemäß § 195 Abs 1 StPO angeordnet.

Begründend führte das Gericht aus, dass insbesondere deshalb, weil die Staatsanwaltschaft von einer (subjektiv erkennbar) erst ab 31. Dezember 2007 vorliegenden Zahlungsunfähigkeit der Reifen G***** GmbH & Co KG ausgegangen sei, Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsache bestünden, wonach ein strafbares Verhalten der Beschuldigten auf Basis der Ermittlungsergebnisse nicht nachgewiesen werden könne.

Dabei stützte es sich ‑ entgegen dem erwähnten Hinweis des Obersten Gerichtshofs (13 Os 51/12t, 13 Os 52/12i) ‑ erneut auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 18. April 2011, GZ 12 Hv 128/10g-80, und führte aus, dass sich angesichts des darin festgestellten, vor dem 23. August 2007 gefassten bedingten Gläubigerschädigungsvorsatzes auch der Verdacht ergebe, Andrea W***** habe schon im Zeitraum der Reifengroßbestellungen bei der Go***** GmbH von Juni 2007 bis 27. September 2007 in Bezug auf Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit der Reifen G***** GmbH & Co KG mit Täuschungsvorsatz gehandelt.

Unter Einbeziehung der im Gutachten des Sachverständigen Mag. K***** festgestellten rechnerischen Überschuldung der Reifen G***** GmbH & Co KG zum 30. Juni 2007 und der fehlenden Fortbestehensprognose würden darüber hinaus weitere Anhaltspunkte dafür vorliegen, „dass die Beschuldigten die Bestellungen in der Kenntnis vorgenommen haben, die Reifenlieferungen bei Fälligkeit nicht bezahlen zu können“. Die „durch unredlich erlangte Lieferantenkredite verschaffte Liquidität“ sei „bei der Beurteilung des Zeitpunktes des Eintrittes der Zahlungsunfähigkeit außer Betracht zu lassen, was wiederum auf einen früheren Eintritt der objektiven Zahlungsunfähigkeit schließen lässt“.

Hinsichtlich Hannes G***** sei trotz dessen Pensionierung zu prüfen, „inwieweit er tatsächlich im Tatzeitpunkt in die Geschäftsführung der Reifen G***** GmbH & Co KG einbezogen war und inwieweit er Einfluss auf die Geschäftsführungsentscheidungen der Reifen G***** GmbH & Co KG hatte“.

„Die vorliegende Abgabe einer Einstellungserklärung, ohne dass der gegen die Beschuldigten bestehende Tatverdacht entsprechend den strafprozessualen Vorschriften unter Ausschöpfung aller zweckdienlichen Beweismittel so weit als möglich aufgeklärt wurde“, sei „nicht sachgerecht“. Von „der Aussichtslosigkeit weiterer Beweisaufnahmen“ könne „nicht ausgegangen werden, zumal es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Beschuldigten im Zeitraum der Reifengroßbestellungen gegenüber der Go***** GmbH mit Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz im Sinne des § 146 StGB gehandelt haben könnten“. Konkrete - Ermittlungsschritte erfordernde - Beweisquellen nannte das Gericht nicht.

Rechtliche Beurteilung

5. Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht dieser Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz mit dem Gesetz nicht im Einklang:

5.1 Gemäß § 195 Abs 2 dritter Satz StPO hat ein Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens die Gründe einzeln und bestimmt zu bezeichnen, aus denen eine Verletzung oder unrichtige Anwendung des Gesetzes oder erhebliche Bedenken abzuleiten sind, widrigenfalls er vom Gericht gemäß § 196 Abs 2 erster Satz StPO zurückzuweisen ist. Das Gesetz unterscheidet bei Einstellungen aus ‑ wie vorliegend ‑ tatsächlichen Gründen (§ 190 Z 2 StPO) zwischen Ermessensmissbrauch (§ 195 Abs 1 Z 1 StPO), der sich auch aus einer willkürlichen (also nach den Kriterien des § 281 Abs 1 Z 5 StPO mangelhaft begründeten) Beurteilung ergeben kann, und erheblich bedenklichem Ermessensgebrauch (§ 195 Abs 1 Z 2 StPO). Diesem Begründungserfordernis, das am für Nichtigkeitsbeschwerden geltenden Standard orientiert ist, entspricht eine Antragsbindung des Gerichts, das nicht befugt ist, vom Fortführungswerber nicht (gesetzmäßig) geltend gemachte, sich (nach Ansicht des Gerichts) etwa aus dem Akt ergebende Argumente gegen die Einstellung aufzugreifen (14 Os 168/11d; 13 Os 51/12t, 13 Os 52/12i-8).

Die prozessförmige Darstellung erheblicher Bedenken (§ 195 Abs 1 Z 2 StPO) verlangt, die hiezu ins Treffen geführten aktenkundigen Beweismittel an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen zu messen, wobei Eindrücke, Hypothesen und Spekulationen zu unterbleiben haben (vgl RIS-Justiz RS0117446 [T1, T3, T5 und T9]).

Indem die Privatbeteiligte die von der Staatsanwaltschaft zur Verneinung einer Täuschung herangezogenen Beweisergebnisse zum Eintritt und zur Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit „per 31. Dezember 2007“ überging (ON 43 S 435 Tz 601 und S 439 Tz 607), ließ sie diese Grundsätze außer Acht und beschränkte sich im Ergebnis darauf, der Beurteilung der Anklagebehörde nach Art einer Schuldberufung eigene beweiswürdigende Erwägungen unter Hinweis auf isoliert herausgegriffene und in die von ihr gewünschte Richtung weisende einzelne Beweisergebnisse gegenüberzustellen. Erhebliche Bedenken im Sinn des § 195 Abs 1 Z 2 StPO machte sie solcherart nicht geltend.

Mangels Nennung konkreter Beweisquellen ließ auch der mit der Behauptung, es gebe auf Basis des bisherigen Vorverfahrens „ausreichende und konkrete Anhaltspunkte, die weiteren Ermittlungen und einer Anklage Erfolg versprechen“, erkennbar erhobene Vorwurf einer unrichtigen Beurteilung der rechtlichen Einstellungsvoraussetzungen (§ 195 Abs 1 Z 1 StPO; Nordmeyer, WK-StPO § 195 Rz 15) die gesetzmäßige Darstellung vermissen (Nordmeyer, WK‑StPO § 195 Rz 29).

Dies gilt auch für die Behauptung einer der Anklagebehörde bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens einer Täuschung unterlaufenen unrichtigen Anwendung des Gesetzes (§ 195 Abs 1 Z 1 StPO), die ‑ entgegen der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsbegründung ‑ von einer bereits im Bestellzeitpunkt vorliegenden Erkennbarkeit einer bei Fälligkeit bestehenden Zahlungsunfähigkeit und damit von einer anderen Sachverhaltsgrundlage ausgeht (ON 64 S 11; vgl RIS-Justiz RS0099810 [T4, T9 und T15]).

Der zur tatsächlichen Position des Hannes G***** erhobene Vorwurf einer verfehlten Anwendung des Gesetzes aufgrund übergangener Beweisergebnisse (14 Os 168/11d; Nordmeyer, WK‑StPO § 195 Rz 15) bezog sich angesichts der der Einstellung zugrunde liegenden Annahme fehlender Täuschung auf keine entscheidende Tatsache (RIS‑Justiz RS0106268).

Die solcherart nicht gesetzmäßig vorgebrachte Argumentation hätte das Landesgericht für Strafsachen Graz demnach ebenso wenig aufgreifen dürfen (Nordmeyer, WK‑StPO § 196 Rz 4a) wie das vom Fortführungsvorbringen nicht umfasste Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 18. April 2011, GZ 12 Hv 128/10g-80, (RIS-Justiz RS0126210 [T1]).

Das Landesgericht für Strafsachen Graz hätte den Fortführungsantrag vielmehr gemäß § 196 Abs 2 erster Satz StPO zurückweisen müssen, sodass seine Entscheidung diese Bestimmung iVm § 195 Abs 2 dritter Satz StPO verletzt.

5.2 Überdies verfehlte das Landesgericht für Strafsachen Graz, indem es auf (schlichte) Bedenken sowie Anhaltspunkte und Ansätze für eine andere Würdigung der Beweise hinwies und solcherart nicht auf erhebliche Bedenken abstellte, den lediglich an einer unerträglichen Lösung der Beweisfrage im Sinn der §§ 281 Abs 1 Z 5a und 362 Abs 1 StPO orientierten Prüfungsmaßstab und verletzte solcherart auch § 195 Abs 1 Z 2 StPO (RIS-Justiz RS0126211).

5.3 Soweit das Landesgericht der Staatsanwaltschaft ungeachtet der von dieser veranlassten Ermittlungen eine unzureichende Aufklärung („nicht sachgerecht“) des Sachverhalts global wegen unterbliebener „Ausschöpfung aller zweckdienlichen Beweismittel“ vorwirft, ohne auszuführen, welche Beweise zur vollständigen Klärung des Sachverhalts im fortgeführten Ermittlungsverfahren aufzunehmen gewesen wären (Nordmeyer, WK-StPO § 196 Rz 34, § 195 Rz 15), verletzte es § 196 Abs 2 iVm § 86 Abs 1 vierter Satz StPO.

5.4 Da sich der Fortführungsbeschluss zum Nachteil von Hannes G***** und Andrea W***** auswirkte, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, der Feststellung der Gesetzesverletzungen auf die im Spruch ersichtliche Weise konkrete Wirkung zuzuerkennen (§ 292 letzter Satz StPO).

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