OGH 3Ob42/14v

OGH3Ob42/14v21.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** R*****, vertreten durch Suppan & Spiegl Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 24. September 2013, GZ 44 R 325/13i-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 10. April 2013, GZ 8 C 4/13z‑12, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00042.14V.0521.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die zum Ausspruch, dass der betriebene Anspruch im Umfang eines Betrags von 145 EUR erloschen ist, in Teilrechtskraft erwachsen ist, werden im Übrigen aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Streitteile sind kroatische Staatsangehörige, die seit vielen Jahren in Österreich leben. Ihrer Ehe, die im Jahr 2009 vom Erstgericht geschieden wurde, entstammen neben einem Sohn zwei Töchter, und zwar geboren am 10. Mai 1996, und geboren am 15. Mai 1998; die Obsorge kommt nach dem Beschluss vom 5. Oktober 2011 der Klägerin alleine zu. Im ‑ nach kroatischem Sachrecht entschiedenen ‑ Aufteilungsverfahren wurde der Klägerin das Alleineigentum an der vormaligen Ehewohnung vom Beklagten übertragen und sie zu einer Ausgleichszahlung von 20.000 EUR verpflichtet (letztinstanzlicher Beschluss vom 6. September 2012). Zur Hereinbringung dieses Betrags (abzüglich einer von der Klägerin vorweg aufgerechneten Zahlung für den Beklagten) von 19.587,20 EUR wurde dem Beklagten mit Beschluss vom 28. Dezember 2012 die Fahrnis- und Gehaltsexekution bewilligt.

Der Beklagte ist zumindestens seit Februar 2011 ohne Arbeit, hat die Ehewohnung seit 13. Februar 2011 wegen einer Wegweisung verlassen und steht seit 9. August 2012 im Bezug von Krankengeld. Er leistete seit Februar 2011 keine Unterhaltszahlungen für die Töchter. Die Töchter, vertreten durch die Klägerin, beantragten am 5. Juli 2011 beim Erstgericht die Verpflichtung des Beklagten zur Unterhaltsleistung ab Juli 2011, worüber das Erstgericht mit Beschluss vom 26. März 2012 (überwiegend iSd Antrags) entschied, der vom Rekursgericht über Rekurs des Beklagten aufgehoben wurde. Die neuerliche Unterhaltsfestsetzung durch das Erstgericht mit Beschluss vom 11. Jänner 2013 war (wegen eines neuerlichen Rekurses des Vaters) am 18. März 2013 (bei Schluss der Verhandlung im vorliegenden Prozess) noch nicht rechtskräftig. Mit Beschluss des Rekursgerichts vom 26. März 2013 wurde in teilweiser Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung der Unterhalt der Kinder rechtskräftig bestimmt.

Als Haushälterin verdiente die Klägerin bis Ende 2012 monatlich netto 448,13 EUR und ab Jänner 2013 518,13 EUR. Sie bestreitet die Kosten für sich und ihre Kinder mit ihrem eigenen (geringen) Einkommen, der Familienbeihilfe für die Kinder, mit Unterstützung von Familienangehörigen, die ihr mit Privatdarlehen „unter die Arme greifen“ und wohl auch durch „inoffizielle“, jedoch bezahlte Arbeit und Tätigkeit. Die Schulden bei den Verwandten betragen derzeit 6.000 EUR. Die ältere [Tochter] erzielt als geringfügig Beschäftigte ein Eigeneinkommen in der Größenordnung von rund 360 EUR monatlich, dies neben dem (erfolgreichen) Besuch der Handelsakademie. Der Sohn [...] leistet aus seinem Einkommen einen kleinen finanziellen Beitrag. Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin tatsächlich zumindest jene finanzielle Aufwendungen für die Kinder monatlich tätigte, zu denen der Vater in dem noch nicht rechtskräftigen Unterhaltsbeschluss verpflichtet ist. Die dem Vater auferlegten Unterhaltsleistungen sind deutlich unter dem sogenannten Durchschnittsbedarf von Jugendlichen dieses Alters. Legt man den (noch nicht rechtskräftigen) Beschluss vom 11. Jänner 2013 in Unterhaltssachen zugrunde, hätte der Kindesvater für seine beiden Töchter beginnend mit Juli 2011 bis inklusive März 2013 gesamt 9.370 EUR an Unterhalt zu leisten gehabt.

Der Beklagte wurde im Aufteilungsbeschluss rechtskräftig zur Zahlung von anteiligen Pauschalgebühren von 145 EUR an die Klägerin verhalten. Der Beklagte ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen.

Die Klägerin erklärte mit Anwaltschreiben vom 10. Oktober 2012 (mit den 145 EUR und mit dem Kindesunterhalt für die Monate Juli 2011 bis Oktober 2012 über 7.440 EUR), vom 23. November 2012 (mit 465 EUR, erkennbar an Kindesunterhalt für November 2012), vom 20. Dezember 2012 (mit 465 EUR, erkennbar an Kindesunterhalt für Dezember 2012) und 23. Jänner 2013 (mit 285 EUR, erkennbar an Kindesunterhalt für Jänner 2013) gegenüber dem Beklagten die „Aufrechnung der fehlenden Unterhaltsleistungen gegenüber der Ausgleichszahlung“. Im Schriftsatz vom 11. März 2013, ON 8, erklärte die Klägerin schließlich die (unbedingte) Aufrechnung mit dem Kindesunterhalt für Februar und März 2013 von zusammen 570 EUR gegen die Ausgleichszahlung und dehnte das Klagebegehren entsprechend aus.

Mit ihrer am 30. Jänner 2013 eingebrachten Oppositionsklage macht die Klägerin die Aufrechnung gegen die betriebene Forderung des Beklagten auf Ausgleichszahlung für die Übertragung der Ehewohnung, die auch den beiden Töchtern Unterkunft biete, geltend. Primär behauptet sie die Aufrechnung mit ihren Ansprüchen nach § 1042 ABGB wegen Leistung des vom Beklagten geschuldeten Unterhalts für die beiden Töchter. Sie habe seit 1. Juli 2011 ‑ über den Naturalunterhalt der beiden bei ihr lebenden Kinder hinaus ‑ deren gesamten Unterhalt gezwungenermaßen allein getragen, weil der Beklagte seither seiner Unterhaltsverpflichtung nicht mehr nachgekommen sei. Damit habe sie ihm vorläufig einen Aufwand erspart und iSd § 1042 ABGB Anspruch auf Rückzahlung der ‑ vom Pflegschaftsgericht mit Beschluss vom 11. Jänner 2013 festgesetzten ‑ Unterhaltsbeiträge für die Monate Juli 2011 bis einschließlich März 2013. Keinesfalls sei es ihre Absicht gewesen, den Aufwand des Beklagten ersatzlos zur Gänze zu übernehmen; vielmehr sei sie bis zuletzt davon ausgegangen, spätestens nach Klärung der Höhe der vom Beklagten zu leistenden Zahlungen durch rechtskräftige Festsetzung des Kindesunterhalts im Pflegschaftsverfahren Ersatz vom Beklagten zu erhalten, allenfalls durch Aufrechnung mit einer im Aufteilungsverfahren festgesetzten Ausgleichszahlung. Die geringfügige Beschäftigung der älteren Tochter habe keinen Einfluss auf die übernommenen Aufwendungen. Die Klägerin sei gezwungen gewesen, sich Geld zu leihen, um die notwendigen, vom Beklagten zu tragenden Ausgaben für die Kinder bestreiten zu können. Die im Unterhaltsbeschluss angeführten Zahlungen im Oktober und November 2011 für beide Töchter von insgesamt 321,48 EUR (Betriebskosten und GIS-Gebühren für die Wohnung) stellten keine Unterhaltsleistungen dar. Weiters habe die Klägerin mit einer rechtskräftigen Kostenersatzforderung (Hälfte der Pauschalgebühr im Aufteilungsverfahren) von 145 EUR gegen den Anspruch auf Ausgleichszahlung aufgerechnet. Insgesamt macht die Klägerin die Aufrechnung mit einem ‑ detailliert aufgeschlüsselten ‑ Gesamtbetrag von 9.370 EUR geltend (ON 1 und 8).

Der Beklagte bestritt und wendete ein, ihm seien Pauschalgebühren nie vorgeschrieben worden. Er spreche sich ausdrücklich gegen die Aufrechnung mit ‑ noch gar nicht rechtskräftig festgesetztem - Kindesunterhalt aus, zu der die Klägerin nicht aktiv legitimiert sei. Die minderjährigen Kinder könnten aber keine Aufrechnungserklärung abgeben. Die Klägerin könne wegen ihres geringen Einkommens nichts zum Unterhalt der Kinder beigetragen haben, was über ihre persönlichen Naturalleistungen hinausgehe; sie könne daher den Unterhalt des Beklagten nicht „mitfinanziert“ haben. Die ältere Tochter arbeite an Samstagen bei einem Lebensmittelmarkt und sei deshalb geringfügig beschäftigt (ON 3 und 9).

Das Erstgericht gab der Klage statt und sprach aus, dass der in Exekution gezogene Anspruch hinsichtlich eines Betrags von 9.370 EUR erloschen sei. Es ging von dem eingangs wiedergegebenen, im kursiv gedruckten Bereich vom Beklagten in seiner Berufung bekämpften Sachverhalt aus und folgerte rechtlich, die Klägerin habe durch die beantragte Festsetzung des Kindesunterhalts ihren Willen, Unterhaltsleistungen vom Vater zu fordern, unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht. Ihr Anspruch auf Ersatz nach § 1042 ABGB sei durch die dem Unterhaltsschuldner obliegende Verpflichtung beschränkt. Die fehlende Rechtskraft des Beschlusses vom 11. Jänner 2013 schade nicht, weil die damit zugemessenen Unterhaltsbeiträge deutlich unterhalb des Durchschnittsbedarf lägen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin tatsächlich die aufgerechneten Beträge für die Kinder ausgeben habe müssen und ausgegeben habe. Die schlechte wirtschaftliche Situation der Klägerin und ein durch Schwarzarbeit erzieltes Zusatzeinkommen enthebe den Kläger nicht von seiner Unterhaltspflicht; ebensowenig die Auszahlung von Familienbeihilfe, deren Berücksichtigung bei der Bemessung des Unterhalts zu erfolgen gehabt hätte.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte das Ersturteil zum Ausspruch, die betriebene Forderung sei im Umfang von 145 EUR erloschen; im Übrigen änderte es das Ersturteil dahin ab, dass das Klagebegehren auf Ausspruch, dass der betriebene Anspruch des Beklagten hinsichtlich eines Betrags von 9.225 EUR erloschen sei, abgewiesen werde.

Es behandelte weder die Mängel- noch die Beweisrügen. Schon dem Vorbringen der Klägerin sei nämlich klar zu entnehmen, dass sie den Unterhalt für die Kinder nicht in der Absicht geleistet habe, deren Ansprüche zum Erlöschen zu bringen. Der Umstand, dass sich die Klägerin nach Durchsetzung dieser Ansprüche einen Ausgleich verschaffen wollte, begründe noch nicht einen Anspruch nach § 1042 ABGB. Einen Ausgleich könnte sich die Mutter nämlich auch durch eine Zession der Unterhaltsansprüche der Kinder an sie verschaffen. Der Oberste Gerichtshof habe wiederholt ausgesprochen, dass der Vermutung des „animus obligandi“ des Dritten der Boden entzogen sei, wenn auch Unterhaltsansprüche des Kindes geltend gemacht würden, da beide Forderungen nicht nebeneinander bestehen könnten. Da der Anspruch nur entweder dem Kind oder dem Drittzahler zustehen könne und sich die Klägerin bereits in ihrem Klagevorbringen auf bestehende Unterhaltsforderungen der Töchter berufe, stehe ihr kein Anspruch nach § 1042 ABGB zu. Deshalb könne sie auch nicht mit der behaupteten Forderung von 9.225 EUR aus diesem Rechtsgrund aufrechnen. Die rechtskräftig auferlegte Pflicht zum Ersatz der 145 EUR habe der Beklagte nicht erfüllt, weshalb die Oppositionsklage nur in diesem Umfang berechtigt sei.

Die ordentliche Revision wurde nachträglich zugelassen, weil das Argument der Klägerin, die außerstreitige Festsetzung der Höhe der Unterhaltsansprüche, die die Klägerin erfüllt habe, stehe einer Geltendmachung einer Forderung nach § 1042 ABGB nicht entgegen, im Hinblick auf die allenfalls widersprüchliche Formulierung des Rechtssatzes RIS-Justiz RS0047353 und die in der Lehre vertretene Ansicht einer Gesamtgläubigerschaft nicht von vornherein gänzlich von der Hand zu weisen sei.

Die Klägerin erhob eine ordentliche Revision mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des Ersturteils, hilfsweise auf Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht. Inhaltlich macht die Klägerin zusammengefasst geltend, die vom Berufungsgericht angewendete Vermutung einer bloß vorschussweisen Zurverfügungstellung der Unterhaltsleistungen durch sie greife nach der Judikatur nur bis zur doppelten Geltendmachung des Drittzahlers, die seit der Aufrechnung durch die Klägerin neben dem laufenden Unterhaltsverfahren vorgelegen habe. Sie habe in der Klage auch eindeutig vorgebracht, dass sie die Absicht gehabt habe, den getätigten Aufwand vom Beklagten ersetzt zu bekommen; einen mangelnden Ersatzwillen habe der Beklagte weder behauptet noch bewiesen, sondern nur die Leistungsfähigkeit der Klägerin bestritten. Der Oberste Gerichtshof habe zuletzt auch vertreten, dass ein Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB nicht voraussetze, dass der Leistende den Schuldner von dessen Verpflichtung endgültig befreit habe, sondern es genüge, dass sich der Schuldner den Aufwand vorläufig erspart habe; der Unterhaltsberechtigte und der Drittzahler seien dann als Gesamtgläubiger anspruchsberechtigt. Die vom Berufungsgericht angenommene Konkurrenz dieser Ansprüche sei daher nicht von vornherein ausgeschlossen.

Dem tritt der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung entgegen, in der er im Wesentlichen einerseits auf die vom Berufungsgericht angewendete Judikatur verweist und andererseits auf die nunmehr rechtskräftige Entscheidung im Unterhaltsverfahren, die er als bindend für den vorliegenden Prozess erachtet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Verneinung eines Verwendungsanspruchs der Klägerin nach § 1042 ABGB mit der Begründung, sie habe das außerstreitige Verfahren zur Festsetzung des Kindesunterhalts als Vertreterin der Kinder geführt und unterstelle in der Klageerzählung Unterhaltsforderungen der Kinder gegen den Beklagten, nicht aufrecht zu erhalten ist. Sie ist deshalb im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Nach dem der Erfolg der Oppositionsklage im Betrag von 145 EUR unbekämpft in Teilrechtskraft erwachsen ist, ist noch der von der Klägerin geltend gemachte Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB zu prüfen.

2. Wegen der Verbindung zum Recht verschiedener Staaten (kroatische Staatsangehörigkeit beider Parteien, Prozessführung in Österreich) stellt sich die Frage nach dem anzuwendenden Sachrecht.

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Oppositionsprozess Aufrechnung geltend gemacht werden kann, ist prozessual zu qualifizieren und daher nach der lex fori zu beurteilen (Musger in KBB4 Art 17 Rom I-VO Rz 2). Sie wurde vom Berufungsgericht zutreffend (und unbeanstandet) bejaht (RIS-Justiz RS0000786).

2.1. Bei der Aufrechnung sind das Bestehen der Gegenforderung und ‑ wenn dies nach dem Statut der Hauptforderung erforderlich ist ‑ deren Fälligkeit selbstverständlich nach dem auf die Gegenforderung anzuwendenden Recht zu beurteilen (vgl Neumayr in KBB4 § 35 IPRG Rz 5; Musger Rz 1). Dieses ist nach der Rom II-VO zu ermitteln. Nach herrschender Ansicht folgt aus Art 1 Abs 1 Satz 1 Rom II-VO (arg „Verbindung zum Recht verschiedener Staaten“) und Art 3 Rom II-VO (Geltung auch dann, wenn nicht das Recht eines Mitgliedstaates berufen wird) die Geltung der VO als loi uniforme; die VO verlangt daher nicht, dass der Sachverhalt einen Bezug zu mehreren Mitgliedstaaten aufweist, sondern gilt ua auch dann, wenn der Sachverhalt Bezüge nur zu einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat aufweist (3 Ob 8/14v mwN). Es ist daher in diesem Zusammenhang irrelevant, dass Kroatien erst mit 1. Juli 2013 Mitglied der EU wurde.

2.2. Ob ein Verwendungsanspruch iSd § 1042 ABGB von Art 10 Rom II-VO (Ungerechtfertigte Bereicherung) oder von Art 11 Rom II-VO (Geschäftsführung ohne Auftrag) erfasst ist (vgl dazu Neumayr Art 10 Rom II‑VO Rz 3), kann dahingestellt bleiben.

Beide Bestimmungen sehen nämlich eine inhaltlich übereinstimmende Anknüpfungsleiter vor (Rechtswahl; akzessorisches Rechtsverhältnis zwischen den Parteien [Art 10 Abs 1 und Art 11 Abs 1 Rom II-VO]; Recht des gemeinsamen Aufenthalts im Zeitpunkt des die ungerechtfertigte Bereicherung auslösenden /schadensbegründenden Ereignisses [Art 10 Abs 2 und Art 11 Abs 2 Rom II-VO]). Eine Rechtswahl wurde weder behauptet noch ist eine solche zu erkennen. Ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien besteht nicht. Damit ist an dem seit Jahren bestehenden gemeinsamen Aufenthalt in Österreich (auch für die Monate Juli 2011 bis März 2013) anzuknüpfen, was zur Anwendung österreichischen Rechts führt.

Zu diesem Ergebnis gelangt man auch, wenn man an das Recht der bezahlten Forderung (hier Kindesunterhalt) anknüpfen wollte (vgl dazu Schacherreiter Rom II‑VO 92). Auch das Unterhaltsstatut besteht nämlich wegen des aus den Feststellungen ableitbaren gewöhnlichen Aufenthalts der Töchter in Österreich nach Art 15 EuUVO iVm Art 3 Abs 1 HPU im österreichischen Recht.

2.3. Die Parteien und die Vorinstanzen sind daher im Ergebnis zu Recht von der Prüfung des von der Klägerin aufgerechneten Verwendungsanspruchs nach § 1042 ABGB ausgegangen.

3. Wer für einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen, hat nach § 1042 ABGB das Recht, den Ersatz zu fordern. Davon sind vor allem auch Unterhaltspflichten erfasst (4 Ob 201/07y = SZ 2007/193). Das Wesen des Anspruchs nach § 1042 ABGB ist es, dass jemand (ein anderer, der Bereicherte) aus dem Rechtsgut des Eigentümers (des Verkürzten, des Verletzten) ohne Rechtsgrund einen Vorteil zieht (RIS‑Justiz RS0019908).

3.1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, einen solchen Verwendungsanspruch nur dann zu bejahen, wenn der Verkürzte zu der Zeit, als der Aufwand gemacht wurde, den Forderungswillen (animus obligandi) besaß, also seine Leistungen in Erwartung eines Ersatzes erbrachte (RIS-Justiz RS0019936). Die Feststellung des animus obligandi ‑ oder seines Fehlens ‑ ist Tatsachenfeststellung (RIS-Justiz RS0019968). Die rechtserzeugende Tatsache des animus obligandi bedarf im Normalfall keines besonderen Beweises der klagenden Partei, weil grundsätzlich zu vermuten ist, dass eine Leistung nicht unentgeltlich erbracht wird (RIS-Justiz RS0019948; RS0019915).

3.2. Leistet ein Dritter den gesetzlichen Unterhalt in der Erwartung des Ersatzes vom Unterhaltsschuldner, so ist die Unterhaltsverpflichtung im Umfang der erbrachten Leistung erloschen. Dem Leistenden steht ‑ außer bei Schenkungsabsicht ‑ der Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den Unterhaltspflichtigen zu (RIS-Justiz RS0020019). Verwendet hingegen ein Dritter Geld nicht zum Nutzen des Unterhaltspflichtigen, sondern gleichsam vorschussweise für den Unterhaltsberechtigten in der Absicht, dessen Ansprüche nicht zum Erlöschen zu bringen und sich allenfalls nach deren Durchsetzung Ausgleich zu verschaffen, so hat er keinen Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den Unterhaltspflichtigen, und dieser hat weiter an den Berechtigten zu leisten (RIS-Justiz RS0019975). Eine solche Drittleistung kann auch vom betreuenden Elternteil erbracht werden (4 Ob 146/08m).

Zur Abgrenzung dieser vom Motiv des Leistenden abhängigen Fallgruppen hat die Rechtsprechung folgende Zweifelsregel entwickelt: Macht ein Kind (zumindestens) mit Wissen des betreuenden Elternteils einen Unterhaltsanspruch geltend, so ist, solange der betreuende Elternteil nicht selbst Aufwandersatz begehrt, auf dessen Willen zu schließen, die von ihm erbrachte Leistung dem Kind nur vorschussweise zur Verfügung zu stellen; in solchen Fällen ist daher unabhängig von Mehrleistungen des betreuenden Elternteils ein Weiterbestehen des Unterhaltsanspruchs gegen den Unterhaltspflichtigen anzunehmen (4 Ob 146/08m; RIS-Justiz RS0047353).

3.3. In ihrer Revision verweist die Klägerin aktenkonform darauf, dass sie in ihrer Oppositionsklage unmissverständlich behauptete, sie habe die Leistungen nicht in der Absicht erbracht, den Aufwand ersatzlos zur Gänze zu übernehmen; damit stellte sie eine Leistung in Schenkungsabsicht ausdrücklich in Abrede. Weiters brachte sie vor, sie sei bis zuletzt davon ausgegangen, spätestens nach Klärung der Höhe der vom Beklagten zu leistenden Zahlungen durch rechtskräftige Festsetzung des Kindesunterhalts im Pflegschaftsverfahren Ersatz vom Beklagten zu erhalten; damit behauptete sie, bei allen klagegegenständlichen Leistungen (arg „bis zuletzt“) den Willen gehabt zu haben, vom Beklagten als Unterhaltspflichtigen Ersatz zu verlangen.

Diese Tatsachenbehauptungen blieben ohne substantiierte Bestreitung des Beklagten, obwohl ihm das außerstreitige Unterhaltsverfahren bekannt war. Deshalb ist es als iSd § 267 ZPO zugestanden anzusehen (RIS-Justiz RS0039927) und der weiteren rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen, dass die Klägerin die behaupteten Leistungen ohne Schenkungsabsicht und mit dem auf den Beklagten gerichteten animus obligandi erbrachte. Folgerichtig finden sich im Ersturteil auch keine Feststellungen dazu (RIS-Justiz RS0040110).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verbleibt daher für die Anwendung der Zweifelsregel zum Motiv des betreuenden Elternteils bei seiner Leistung kein Raum. Vielmehr ist die Anspruchsvoraussetzung des animus obligandi für die geltend gemachte Forderung nach § 1042 ABGB zu bejahen.

4. Der Umstand, dass (erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) der Kindesunterhalt rechtskräftig in einem Außerstreitverfahren ua für die auch hier gegenständlichen Monate festgesetzt wurde, steht dem nicht entgegen. Die Entscheidung im Verfahren wegen Unterhaltsfestsetzung wirkt nur zwischen den Parteien des Unterhaltsanspruchs (hier: Töchter und Beklagter) (8 Ob 49/74 = SZ 47/32 vgl Punkt 6.). Deshalb hindert sie die Annahme eines Regressanspruchs der Klägerin iSd § 1042 ABGB dem Grunde nach im vorliegenden Prozess nicht.

5. Die Argumente des Berufungsgerichts für die Verneinung eines Verwendungsanspruchs der Klägerin nach § 1042 ABGB schon dem Grunde nach erweisen sich daher als unzutreffend.

Abgesehen davon verweist die Revision zu Recht darauf, dass ab Oktober 2012 (wegen der erstmaligen Aufrechnungserklärung der Klägerin) von einer doppelten Geltendmachung durch die Klägerin auszugehen ist, die die Aufrechterhaltung der Vermutung einer Vorschussleistung ‑ auch nach der vom Berufungsgericht verwerteten Rechtsprechung ‑ nicht mehr erlaubt.

Ausgehend von seiner unzutreffenden Rechtsansicht hat es das Berufungsgericht unterlassen, sowohl die Mängel- als auch die Beweisrügen in der Berufung des Beklagten zu behandeln. Dennoch hat es nicht zur Zurückverweisung in die zweite Instanz zu kommen, weil das Ersturteil an rechtlichen Feststellungsmängeln leidet.

6. Der Umfang des Regressanspruchs ist zweifach begrenzt, und zwar einerseits mit der Leistung des Verkürzten und andererseits mit dem Umfang der Verpflichtung des Bereicherten (RIS-Justiz RS0020073; RS0104142). Bei der Leistung auf eine fremde Unterhaltspflicht beschränkt diese den Anspruch daher sowohl zeitlich als auch inhaltlich, sodass es darauf ankommt, in welchem Ausmaß der Bereicherte während der Unterhaltsgewährung selbst unterhaltspflichtig war (1 Ob 535/83). Mangels Bindung der im Außerstreitverfahren erwirkten Unterhaltsentscheidung ist das Ausmaß der Unterhaltspflicht im Falle eines Verwendungsanspruchs nach § 1042 ABGB neuerlich als Vorfrage zu prüfen, selbst wenn es im Verhältnis zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem Unterhaltsberechtigten bereits rechtskräftig durch Urteil, pflegschaftsgerichtlichen Beschluss oder Vergleich festgestellt ist (8 Ob 231/69 = SZ 42/169; 6 Ob 672/85 = SZ 59/19; Apathy in Schwimann 3 Rz 7; Rummel in Rummel 3 § 1042 ABGB Rz 10).

6.1. Im Ersturteil fehlen ausreichend präzise Feststellungen zum Umfang der monatlichen, über den von ihr erbrachten Naturalunterhalt hinausgehenden Leistungen der Klägerin und ‑ wegen ihrer unstrittig schlechten Einkommenssituation und der Behauptung des Beklagten, sie sei gar nicht in der Lage gewesen, mehr als den Naturalunterhalt zu leisten ‑ wie diese von ihr finanziert wurden, also ob dies aus ihrem frei verfügbaren Einkommen und/oder (allenfalls von dritter Seite bereitgestelltem) Vermögen erfolgte.

Zur vom Erstgericht erwähnten, von der Klägerin bezogenen Familienbeihilfe ist ganz allgemein darauf hinzuweisen, dass jener Teil der nicht der steuerlichen Entlastung von Geldunterhaltsschuldnern dient, seinem rechtlichen Wesen nach kein frei verfügbares Einkommen des Elternteils ist, der Kinder, für die Familienbeihilfe gewährt wird, in seinem Haushalt betreut; er ist vielmehr Betreuungshilfe für die mit der Pflege und Erziehung von Kindern verbundenen Lasten (RIS-Justiz RS0119332); soweit die Klägerin die nicht der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltsschuldners dienende Familienbeihilfe zur Abdeckung des vom Beklagten geschuldeten Geldunterhalts verwendet haben sollte, wäre darin kein von der Klägerin getragener Aufwand zu erblicken, sodass ein Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB dafür ausgeschlossen wäre.

6.2. Die Unterhaltspflicht des Beklagten blieb ohne jede selbständige inhaltliche Prüfung durch das Erstgericht, weil es eine solche aus unzutreffenden Gründen nicht für erforderlich hielt und auf einen noch gar nicht rechtskräftigen Beschluss des Pflegschaftsgerichts abstellte. Deshalb mangelt es dem Ersturteil auch dazu an einer ausreichenden Tatsachengrundlage.

Zu den schon in der Oppositionsklage angesprochenen Zahlungen des Beklagten an Betriebskosten und GIS-Gebühren für die frühere Ehewohnung genügt der Hinweis darauf, dass es sich dabei um anrechenbaren Naturalunterhalt handelt, wobei die Anrechnung dieser Aufwendungen gleichteilig nach Köpfen zu erfolgen hat (2 Ob 264/04v; 2 Ob 224/08t).

7. Da noch gar nicht feststeht, ob der behauptete außervertragliche Verwendungsanspruch (zum Teil) besteht, erscheint derzeit eine Klärung der Frage, welchem Sachrecht die einseitig vorgenommene Aufrechnung durch die Klägerin gegen die nach kroatischem Recht ermittelte, ebenso außervertragliche Judikatschuld unterliegt, entbehrlich.

In der Rom II-VO findet sich, anders als in der Rom I-VO, keine Regelung der Aufrechnung. In der Lehre wird deshalb mehrfach eine analoge Anwendung der Bestimmung des Art 17 Rom I-VO (Anknüpfung an das Statut der Hauptforderung [hier: kroatisches Recht]) für die Aufrechnung gegen außervertragliche Ansprüche als naheliegend angesehen (idS: Neumayr in KBB4 § 35 IPRG Rz 5; Musger in KBB4 Art 17 Rom I-VO Rz 1; Ferrari/Kieninger/Mankowski/Kieninger VO (EG) 593/2008 Art 17 Rn 4; Thorn in Palandt 73 Art 17 Rn 1; zweifelnd: HK‑BGB/Ansgar Staudinger ROM I Art 17 Rn 2; abl MüKoBGB/Spellenberg VO (EG) 593/2008 Art 17 Rn 7).

Soweit überblickbar ist allerdings die Frage der Aufrechenbarkeit nach kroatischem und österreichischem Recht wegen des bedeutenden Einflusses des ABGB auf das kroatische Recht nicht unterschiedlich geregelt (vgl zu diesem Einfluss des ABGB auf die moderne Entwicklung des kroatischen Zivilrechts: Josipovič, Das ABGB in Kroatien [Vortrag Europäische Notarentage 2011]). Auch ein ‑ vom Beklagten bisher gar nicht behauptetes ‑ Aufrechnungsverbot nach kroatischem Recht für die Hauptforderung (Ausgleichszahlung an den Beklagten) wird in der Literatur nicht vertreten (vgl Mihaljevic-Schulze/Pürner in Süß/Ring, Eherecht in Europa [2012] Länderteil Kroatien Rz 46 ff).

8. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht mit den Parteien die hier angesprochenen Rechtsfragen zu erörtern und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben haben, um im Anschluss das Verfahren zu vervollständigen. Zur Beurteilung eines allfälligen Verwendungsanspruchs der Klägerin wird die ermittelte Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seinen Töchtern für die Monate Juli 2011 bis März 2013 (abzüglich allenfalls anzurechnender Zahlungen) jenen anrechenbaren Leistungen der Klägerin im genannten Zeitraum, die ihre Naturalunterhaltspflicht übersteigen, gegenüber zu stellen sein.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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