OGH 10ObS56/14d

OGH10ObS56/14d19.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhold Hohengartner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Horst Nurschinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Mag. Dr. Clemens Lanschützer, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Romana Zeh‑Gindl, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, wegen Invaliditätspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 18. März 2014, GZ 10 Rs 137/13k‑81, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:010OBS00056.14D.0519.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1 Nach der durch die 55. ASVG‑Novelle BGBl I 1998/138 rückwirkend mit 1. 9. 1996 in Kraft gesetzten geänderten Fassung des § 223 Abs 2 ASVG hat auch die Feststellung, ob ein Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit eingetreten ist, ausschließlich zu dem durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag zu erfolgen (RIS‑Justiz RS0111054). Die Frage, ob überhaupt der Versicherungsfall eingetreten ist, kann somit nur zum Stichtag geprüft werden. Der Stichtag ist für die Beurteilung sowohl der primären Anspruchsvoraussetzungen - zu denen der Versicherungsfall gehört ‑ als auch der sekundären Anspruchsvoraussetzungen maßgeblich (RIS‑Justiz RS0110083; RS0111054 [T1] = 10 ObS 175/01k, SSV‑NF 15/87).

1.2 Selbst wenn ‑ wie in der außerordentlichen Revision vorgebracht wird ‑ beim Kläger der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit bereits vor dem durch die Antragstellung ausgelösten Stichtag (dem 1. 3. 2011) eingetreten und durchgehend gegeben gewesen sein sollte, wären demnach die Anspruchsvoraussetzungen nur nach der am Stichtag geltenden Rechtslage zu beurteilen. Es ist daher auch keine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens darin zu erblicken, dass der Kläger nicht dazu angeleitet wurde, „Einwand gegen den vom Gericht mit 1. 3. 2011 angenommenen Stichtag zu erheben und diesen mit dem 14. 8. 2004 vorzubringen“ bzw eine „Berücksichtigung des Rahmenzeitraums rückwirkend bis 2004“ zu beantragen.

2. Die grundsätzlich allen Versicherten eingeräumte Stichtagswahl samt damit ausgelöstem grundsätzlich unverrückbaren Stichtag ist verfassungsrechtlich unbedenklich (RIS‑Justiz RS0084543 [T2, T3]). Ebenso die Tatsache, dass bei früherer Antragstellung allenfalls eine Leistung gebührt hätte, jedoch an dem durch die spätere Antragstellung ausgelösten Stichtag die Wartezeit nicht mehr erfüllt ist (RIS‑Justiz RS0084543 [T1]).

3. Selbst eine wegen Unkenntnis des Gesetzes verspätete Antragstellung könnte nicht auf einen früheren Zeitpunkt zurückwirken (RIS‑Justiz RS0085841). Die Fiktion eines tatsächlich nicht gestellten (früheren) Antrags lässt sich auch aus dem Grundsatz der sozialen Rechtsanwendung nicht ableiten (RIS‑Justiz RS0086446 [T1]).

Stichworte