OGH 8Ob8/14f

OGH8Ob8/14f28.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** F*****, vertreten durch Dr. Hubert F. Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1) und 2) W***** B*****, 3) O***** R*****, und 4) M***** R*****, ebendort, alle vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 3. Dezember 2013, GZ 2 R 313/13i‑18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 25. September 2013, GZ 3 C 853/12m‑13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00008.14F.0428.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird, wobei aufgrund der Richtigstellung der Parteibezeichnung in Ansehung der zweitbeklagten Partei sowie mit Rücksicht auf die Klagseinschränkung in Ansehung der drittbeklagten Partei der Spruch lautet:

„Die erstbeklagte und die viertbeklagte Partei sind schuldig, der klagenden Partei die von ihnen titellos genutzte Teilfläche des Grundstücks 598, Grundbuch Hard, bezeichnet mit Teilfläche Nr 206, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution geräumt zu übergeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 1.574,05 EUR (darin enthalten 242,94 EUR USt und 116,40 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagten Parteien sind (unter Einschluss der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts gegenüber der drittbeklagten Partei) zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 652,52 EUR (darin enthalten 108,75 EUR USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die erstbeklagte Partei und die viertbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 633,07 EUR (darin enthalten 68,11 EUR USt und 224,40 Pauschalgebühren) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Alleineigentümerin eines Grundstücks mit einer nicht parzellierten Teilfläche, die im Ausmaß von 9/10 mit einem Ferienhaus bebaut ist. Eine kleingartenähnliche Anlage besteht nicht. Im Jahr 1963 überließ die Klägerin dem Rechtsvorgänger der Beklagten die Teilfläche zur Errichtung einer Bootshütte mit Bootsgarage. Am 25. 6. 1992 schlossen die Beklagten mit der Klägerin eine Vereinbarung über die beschränkte Nutzung der Teilfläche für ein Ferienhaus; die Vereinbarung wies eine Befristung auf 20 Jahre (bis 25. 6. 2012) auf. Mit Schreiben vom 14. 5. 2012 wies die Klägerin die Beklagten auf das Auslaufen des Bestandvertrags hin.

Die Klägerin begehrte, die Beklagten zu verpflichten, ihr die von ihnen titellos genutzte Teilfläche geräumt von den eigenen Fahrnissen und dem errichteten Ferienwohnhaus zu übergeben. Die Teilfläche sei den Beklagten für die Dauer von 20 Jahren zur beschränkten Benützung für ein Ferienhaus überlassen worden. Der befristet abgeschlossene Mietvertrag sei am 25. 6. 2012 ausgelaufen. Mit Schreiben vom 14. 5. 2012 sei den Beklagten unmissverständlich erklärt worden, dass der Mietvertrag nicht mehr aufrechterhalten oder verlängert werde. Auf den zugrunde liegenden Bestandvertrag sei weder das Mietrechtsgesetz noch das Kleingartengesetz anzuwenden.

Die Beklagen entgegneten, dass es zu einer stillschweigenden Verlängerung des Bestandverhältnisses gekommen sei. Außerdem sei die Befristung zum 25. 6. 2012 erzwungen worden. Hinzu komme, dass die Teilfläche vorrangig zu einer kleingärtnerischen Nutzung überlassen worden sei. Auf das Bestandverhältnis seien auch die Bestimmungen der §§ 29 ff MRG anzuwenden. Schließlich sei die Räumungsklage nicht innerhalb von 14 Tagen nach Ablauf des Räumungstermins eingebracht worden.

Nach Klagseinbringung schloss die Klägerin am 1. 10. 2012 nur mit dem Drittbeklagten eine neue Vereinbarung über die Nutzung der Teilfläche. Daraufhin schränkte die Klägerin das Klagebegehren dem Drittbeklagten gegenüber mit Schriftsatz vom 5. 10. 2012 auf Kosten ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (außer gegenüber dem Drittbeklagten aufgrund der erfolgten Klagseinschränkung) statt. Flächenmieten, bei denen Grundflächen zur Errichtung von Superädifikaten vermietet würden, stelle die Rechtsprechung der Raummiete gleich. Allerdings seien die Ausnahmeregelungen in § 1 Abs 2 bis 4 MRG zu beachten. Nach § 1 Abs 2 Z 4 MRG bestehe eine Ausnahme für Zweitwohnungen zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung. Auch ein Kleingarten liege nicht vor. Gemäß § 1113 ABGB erlösche der Bestandvertrag durch Ablauf der bedungenen Zeit. Das Erfordernis einer Aufkündigung nach Ablauf der Bestandzeit sei nicht vereinbart worden. Zu einer stillschweigenden Vertragsverlängerung sei es nicht gekommen, zumal die Klägerin die Beklagten schon vor Ablauf der vereinbarten Zeit darauf hingewiesen habe, dass das Bestandverhältnis ende. Damit liege eine titellose Benützung der Teilfläche durch die Beklagten (mit Ausnahme des Drittbeklagten) vor.

Das Berufungsgericht stellte ‑ nach entsprechender Mitteilung des Beklagtenvertreters mit Schriftsatz vom 20. 11. 2013 ‑ aufgrund des Todes der Zweitbeklagten und der Einantwortung der Verlassenschaft an den Erstbeklagten zunächst die Parteibezeichnung der Zweitbeklagten auf den Erstbeklagten richtig. In der Sache änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es das Räumungsbegehren abwies. Mehrere Mitmieter bildeten eine einheitliche Streitpartei. Sei wie hier (als Vorfrage) strittig, ob ein Miet‑ oder Pachtvertrag noch aufrecht bestehe, müsse die Klage gegen sämtliche Vertragspartner gerichtet werden. Dies gelte auch für Streitigkeiten über die wirksame Befristung eines Mietverhältnisses. Damit habe im Anlassfall trotz Abschlusses eines neuen Bestandvertrags mit dem Drittbeklagten die einheitliche Streitpartei weiterbestanden, weil die Vorfrage, ob das alte Bestandverhältnis vom 25. 6. 1992 durch Zeitablauf geendet habe, nur einheitlich gelöst werden könne. Die Klägerin hätte das Räumungsbegehren gegen den Drittbeklagten daher nicht auf Kosten einschränken dürfen. So wie im Fall einer anfänglichen Nichtbeteiligung eines Mitmieters mangle es den verbliebenen Beklagten an der Sachlegitimation. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht an der höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientiert habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, die auf eine Stattgebung des Räumungsbegehrens abzielt.

Mit ihrer ‑ durch den Obersten Gerichtshof freigestellten ‑ Revisionsbeantwortung beantragen der Erstbeklagte und die Viertbeklagte, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionszulässigkeit bestimmt sich nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO, weil die zu beurteilende Räumungsklage aus der Beendigung eines Bestandverhältnisses resultiert (RIS‑Justiz RS0122891). Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zulässig, weil zum Vorliegen einer einheitlichen Streitpartei im Bestandprozess eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten erscheint. Die Revision ist auch berechtigt.

1.  Ein relevanter Verfahrensmangel im Zusammenhang mit einer angeblichen Überraschungsentscheidung des Berufungsgerichts zur Frage der einheitlichen Streitpartei liegt ‑ wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat ‑ nicht vor.

Auch die Rüge der Klägerin zur Richtigstellung der Parteibezeichnung in Ansehung der Zweitbeklagten ist nicht berechtigt. Stirbt eine Prozesspartei während des Verfahrens, so hat eine Richtigstellung der Parteibezeichnung entweder auf die Verlassenschaft oder auf den Erben zu erfolgen (vgl RIS‑Justiz RS0035114). Die Zweitbeklagte ist nach dem Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz gestorben. Die entsprechende Mitteilung an das Berufungsgericht erfolgte nach Einbringung der Berufung. Die Vorgangsweise des Berufungsgerichts ist damit nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, dass die Klägerin durch die Richtigstellung der Parteibezeichnung materiell nicht beschwert ist (vgl RIS‑Justiz RS0002396), führt die vorliegende Entscheidung in der Hauptsache ohnedies auch zu einer neuen Kostenentscheidung.

2.  In der Sache steht das Berufungsgericht auf dem Standpunkt, dass mehrere Mitmieter eines befristeten Mietverhältnisses im Räumungsprozess des Vermieters eine einheitliche Streitpartei bildeten, die notwendige Streitgenossenschaft hier weiterbestanden habe, weil die Beendigung des gemeinschaftlichen alten Bestandvertrags eine einheitliche Vorfrage darstelle, sowie dass durch Einschränkung des Klagebegehrens gegen den Drittbeklagten auf Kosten dieser aus dem Prozessrechtsverhältnis ausgeschieden sei und die verbliebenen Beklagten damit die Sachlegitimation verloren hätten.

3.1  Eine einheitliche Streitpartei liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn es das materielle Recht gebietet, den Anspruch für oder gegen alle übrigen Partner zu erheben, sodass über den Streitgegenstand zwangsläufig eine einheitliche Entscheidung ergehen muss (RIS‑Justiz RS0035496; RS0035473). Dies wird angenommen, wenn für sämtliche Streitgenossen aus der Einheitlichkeit des rechtserzeugenden Sachverhalts ein allen Streitgenossen gemeinsames Begehren abgeleitet wird (zB Identität des Streitgegenstands), oder wenn die Kläger nur gemeinschaftlich über den strittigen Anspruch verfügen bzw die gemeinsame Sache verändern können, oder wenn das allen Streitgenossen gemeinschaftliche Rechtsverhältnis seiner Natur nach nur gegen alle oder für alle einheitlich festgestellt oder gestaltet werden kann (RIS‑Justiz RS0035409; 7 Ob 293/04w; 4 Ob 204/11w). Im Zweifel liegt eine einheitliche Streitpartei vor, wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen besteht (7 Ob 293/04w mwN). Ob wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr solcher unlösbarer Verwicklungen besteht, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0035479).

3.2  Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung bilden mehrere Mitmieter bzw Mitpächter eine Rechtsgemeinschaft bürgerlichen Rechts nach § 825 ABGB und im (Auf‑)Kündigungs- oder Räumungsprozess über das gemeinsam begründete Bestandverhältnis im Allgemeinen daher eine einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO (9 Ob 36/05t; 3 Ob 159/05m jeweils mwN). Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann nicht, wenn vom Zeitpunkt des Besitzerwerbs, also schon von Anfang an, eine titellose Benützung vorliegt (RIS‑Justiz RS0035616; vgl 4 Ob 196/11v).

3.3  Ausgehend von dieser Rechtslage ist den Vorinstanzen für den Anlassfall insoweit beizupflichten, als bezogen auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung für das Räumungsbegehren eine einheitliche Streitpartei der Beklagten angenommen wurde.

Es ist daher zu prüfen, ob diese Konstellation durch Abschluss des neuen Bestandvertrags nur mit dem Drittbeklagten während des erstinstanzlichen Verfahrens eine Änderung erfahren hat.

4.1  Gemäß § 14 zweiter Satz ZPO gilt dann, wenn einzelne einheitliche Streitgenossen prozessual untätig sind oder widersprechende Prozesserklärungen abgeben, die dem Prozessstandpunkt der einheitlichen Streitpartei günstigste Prozesshandlung (7 Ob 109/02h; 9 Ob 36/05t; 5 Ob 103/09x; Schubert in Fasching/Konecny ² § 14 ZPO Rz 28).

Ein derartiger Fall, der eine im gegebenen Zusammenhang zu beurteilende Prozesshandlung des Drittbeklagten voraussetzen würde, liegt hier nicht vor. Vielmehr hat die Klägerin von sich aus das Räumungsbegehren gegen den Drittbeklagten (nach Abschluss des neuen Mietvertrags) auf Kosten eingeschränkt.

4.2  Im Allgemeinen entbindet bei Vorliegen einer einheitlichen Streitpartei weder die außergerichtliche Anerkennung des Klagsanspruchs noch eine vorprozessuale Erfüllungshandlung davon, dass dennoch alle Rechtsgenossen zu klagen sind; die prozessuale Notwendigkeit der Einheitlichkeit des Handelns der Streitpartei bleibt vielmehr unberührt ( Schubert in Fasching/Konecny ² § 14 ZPO Rz 31).

4.3  Dieser Grundsatz wird allerdings sowohl in Literatur als auch in Judikatur relativiert.

Reich-Rohrwig (EAnm zu 7 Ob 606/90 ecolex 1990, 757) vertritt (zur einheitlichen Streitpartei im Gesellschaftsrecht) die Auffassung, dass die Beteiligung eines Gesellschafters am Verfahren auf der Kläger- oder der Beklagtenseite dann entbehrlich sei, wenn sich dieser bindend mit dem Klagsziel einverstanden erkläre. Der Oberste Gerichtshof hat sich diesem Standpunkt allerdings nicht angeschlossen (verstSen 1 Ob 40/01s).

Schubert (in Fasching/Konecny ² § 14 ZPO Rz 10 und 15) plädiert im Interesse der Rechtssicherheit an sich für die Einnahme eines strengeren Standpunkts. Da es Zweck der einheitlichen Streitgenossenschaft sei, widersprüchliche Entscheidungen über dieselbe Frage auszuschließen, könne der gelockerten Handhabung bei einem außergerichtlichen Anerkenntnis aber nur dann beigepflichtet werden, wenn das Anerkenntnis in einer Form abgegeben worden sei, die einen späteren Widerruf ausschließe.

4.4  In der (bestandrechtlichen) Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, dass mehrere Miteigentümer in einem Prozess auf Feststellung des Bestandverhältnisses grundsätzlich eine einheitliche Streitpartei bildeten, die Klage ausnahmsweise aber gegen jene Miteigentümer unterbleiben könne, die das Feststellungsbegehen außergerichtlich anerkannt hätten (2 Ob 603/94; 4 Ob 572/95; siehe dazu Schubert in Fasching/Konecny ² § 14 ZPO Rz 10). Demgegenüber hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 293/04w an der Notwendigkeit eines Verfahrens gegen alle Miteigentümer trotz Vorliegens eines außergerichtlichen Anerkenntnisses eines von ihnen festgehalten. An dieser Notwendigkeit könne die Behauptung des Klägers, einer der beklagten Miteigentümer habe das (Zufahrts‑)Recht des Klägers außergerichtlich anerkannt, nichts ändern, weil eine solche Erklärung jederzeit widerrufen werden könne.

Im Fall der Aufkündigung eines Bestandverhältnisses durch einen Mitmieter lässt die Entscheidung 7 Ob 642/92 die außergerichtliche Zustimmung des anderen genügen, weil dadurch die Einhelligkeit dargetan sei. Einer von mehreren Mitmietern sei auch dann zur Aufkündigung legitimiert, wenn ein Verzicht des anderen auf seine Mitmietrechte gegenüber dem Vermieter feststehe.

Bei einer Teilungsklage entspricht es wiederum der ständigen Rechtsprechung, dass sämtliche ‑ auch die zustimmenden ‑ Miteigentümer der betroffenen Liegenschaft eine einheitliche Streitpartei bilden und dementsprechend am Teilungsverfahren beteiligt sein müssen (RIS‑Justiz RS0013245; 7 Ob 109/02h).

4.5  Primärer Zweck der Anordnung in § 14 ZPO besteht in der Vermeidung unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen. Ob eine solche Gefahr tatsächlich besteht, kann nur im Einzelfall beantwortet werden.

Bei Vorliegen einer außergerichtlichen Zustimmung eines beklagten Mitbestandnehmers zum gegnerischen Klagsanspruch ist die Forderung auf Einbeziehung aller Mitglieder einer an sich bestehenden einheitlichen Streitpartei dann entbehrlich, wenn sich diese Forderung in einem reinen Formalismus erschöpfen würde.

Im Anlassfall hat die Klägerin während des erstinstanzlichen Verfahrens nur mit dem Drittbeklagten einen neuen Bestandvertrag über die der Klage zugrunde liegende Teilfläche abgeschlossen und ausgehend von ihrem Prozessstandpunkt, dass der bisherige alte Bestandvertrag aufgelöst wurde, eine zulässige Verfügung über das Bestandobjekt vorgenommen. Der Abschluss des neuen Bestandvertrags mit dem Drittbeklagten begründete für diesen ein neues Bestandrecht. Daraus kann mit gutem Grund abgeleitet werden, dass der Drittbeklagte das alte Bestandrecht aufgegeben und damit seine außergerichtliche Zustimmung zum Klagsanspruch, der sich nur auf den gemeinschaftlichen Bestandvertrag aus dem Jahr 1992 bezieht, gegeben hat. Auf diesen Umstand hat sich die Klägerin im Verfahren auch berufen, indem sie vorgebracht hat, dass der Drittbeklagte mit dem Abschluss des neuen Bestandvertrags die Beendigung des alten Vertrags akzeptiert habe. Mit Eingehen der neuen vertraglichen Bindung durch den Drittbeklagten ist die Gefahr eines nachträglichen Widerrufs seiner Zustimmungserklärung zum Klagsanspruch nicht mehr gegeben. Aufgrund dieses neuen Benützungstitels des Drittbeklagten hat die Klägerin das Klagebegehren gegen ihn auch prozessual zutreffend auf Kosten eingeschränkt.

In diesem besonderen Fall sind durch ein stattgebendes Urteil gegen die übrigen Beklagten widersprüchliche Entscheidungen aufgrund desselben rechtserzeugenden Sachverhalts und daraus resultierende unlösbare Verwicklungen somit nicht zu befürchten. Vielmehr führt ein solches Urteil über die vorliegende Klage (nunmehr) gegen den Erstbeklagten und die Viertbeklagte endgültig zu dem von der Klägerin angestrebten Erfolg. Damit kann ohne weiteres gesagt werden, dass im Anlassfall nicht vom Vorliegen einer einheitlichen Streitpartei auszugehen ist, weil trotz Gemeinsamkeit des rechtserzeugenden Sachverhalts (in Bezug auf die Auflösung des alten gemeinschaftlichen Bestandvertrags als Vorfrage) keine rechtliche Notwendigkeit für eine in jedem Fall einheitliche Entscheidung besteht (vgl RIS‑Justiz RS0035473, 4 Ob 196/11v).

4.6  Die Einschränkung des Räumungsbegehrens auf Kosten gegenüber dem Drittbeklagten war demnach im Anlassfall nicht schädlich. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann das Klagebegehren nicht unter Hinweis auf das Vorliegen einer einheitlichen Streitpartei abgewiesen werden.

5.  Die übrigen Rechtsfragen zur Nichtanwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes und des Kleingartengesetzes sowie zum Nichtvorliegen einer stillschweigenden Verlängerung des alten Bestandvertrags hat das Erstgericht zutreffend gelöst.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass das Bestandobjekt den Mitmietern für ein Ferienhaus überlassen wurde. Der Vertragszweck bezog sich damit klar nur auf eine Zweitwohnung zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung (vgl RIS‑Justiz RS0069666). Der Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes ist nach § 1 Abs 2 Z 4 MRG damit nicht eröffnet. Auch von einem Kleingarten im Sinn des Kleingartengesetzes kann angesichts der Größenverhältnisse (9/10) und der fehlenden kleingartenähnlichen Anlage keine Rede sein.

Bei objektiver Betrachtung hat die Klägerin mit Schreiben vom 14. 5. 2012 sowie beim nachfolgenden Gespräch die Ablehnung einer Vertragsverlängerung zu den bisherigen Vertragsbedingungen nicht nur rechtzeitig, sondern auch ausreichend klar gegenüber den bisherigen Bestandnehmern zum Ausdruck gebracht (vgl RIS‑Justiz RS0020804). Zu diesem Zweck muss nicht unbedingt eine Räumungsklage eingebracht werden, wenn sich der ablehnende Wille zur Vertragserneuerung aus den Erklärungen oder aus dem Erklärungsverhalten eindeutig ergibt. Auch eine vor dem Endtermin eines befristeten Bestandvertrags abgegebene eindeutige Erklärung des Bestandgebers, das Bestandverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, schließt ein „Bewenden-Lassen“ im Sinn des § 1114 ABGB aus (RIS‑Justiz RS0032945).

6.1  Zusammenfassend ergibt sich:

Grundsätzlich bilden mehrere Mitmieter bzw Mitpächter im (Auf‑)Kündigungs- oder Räumungsprozess über das gemeinsam begründete Bestandverhältnis eine einheitliche Streitpartei. Im Fall einer außergerichtlichen Zustimmung eines beklagten Mitbestandnehmers zum gegnerischen Klagsanspruch ist die Einbeziehung dieses Mitbestandnehmers in den Prozess aber dann nicht geboten, wenn die Gefahr eines nachträglichen Widerrufs seiner Zustimmungserklärung zum Klagsanspruch nicht besteht. In einem solchen Fall besteht trotz Gemeinsamkeit des rechtserzeugenden Sachverhalts keine rechtliche Notwendigkeit für eine einheitliche Entscheidung.

6.2  Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof somit nicht Stand. Dementsprechend war das dem Räumungsbegehren stattgebende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Berufung wurde noch im Namen aller vier Beklagten eingebracht. Der Drittbeklagte hat die Berufung in der Folge zurückgezogen, was das Berufungsgericht in seiner Kostenentscheidung berücksichtigt hat. Am Revisionsverfahren waren demgegenüber auf Beklagtenseite nur mehr der Erstbeklagte und die Viertbeklagte beteiligt. Dies führt zu einer Reduktion des Streitgenossenzuschlags auf 10 %.

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