OGH 4Ob46/14i

OGH4Ob46/14i23.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei T***** S*****, vertreten durch Dr. Peter Ozlberger, Rechtsanwalt in Waidhofen an der Thaya, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 3. Februar 2014, GZ 4 R 7/14z‑26, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß

§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Wettbewerbsklauseln sind nicht nur im Geltungsbereich ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen (zB §§ 36, 37 AngG; § 25 HVertrG), sondern ganz allgemein nur beschränkt zulässig, insbesondere dann, wenn sie die Berufs- und Erwerbsinteressen des Verpflichteten über den Rahmen der schutzwürdigen Interessen des Berechtigten hinaus beschränken (8 Ob 141/08f).

1.2. Eine Konkurrenzklausel ist sittenwidrig iSd § 879 Abs 1 ABGB, wenn durch die Klausel Beschränkungen im übergroßen Umfang ohne zeitliche oder örtliche Begrenzungen auferlegt werden oder ein auffallendes Missverhältnis zwischen den durch das Verbot zu schützenden Interessen des einen Vertragsteils und der dem anderen Teil auferlegten Beschränkung besteht (8 Ob 141/08f; 16 Ok 8/10; vgl RIS‑Justiz RS0016609; RS0016608; RS0016607; RS0016610).

1.3. Wettbewerbsverbote, die dem Veräußerer im Zusammenhang mit der Übertragung eines Unternehmens auferlegt werden, sind bis zu drei Jahre gerechtfertigt, wenn zusammen mit dem Unternehmen der Geschäftswert und das know-how übertragen werden, ohne letzteres nur zwei Jahre (Bekanntmachung der Kommission über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind, ABl 2005 C 56/24 Punkt III.A.20, abgedruckt bei Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, EG‑Kartellrecht² Anh B 20).

2.1. Von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung und europäischen Verwaltungspraxis ist das Rekursgericht nicht abgewichen, wenn es die dem Beklagten auferlegte unbefristete Konkurrenzklausel zumindest insoweit als teilnichtig beurteilt hat, als sie dem Beklagten eine Bindung von mehr als vier Jahren auferlegt hat.

2.2. Ob einer Vertragspartei durch eine Konkurrenzklausel Beschränkungen im übergroßen Umfang ohne zeitliche oder örtliche Begrenzungen auferlegt werden oder ein auffallendes Missverhältnis zwischen den durch das Verbot zu schützenden Interessen des einen Vertragsteils und der dem anderen Teil auferlegten Beschränkung besteht, hängt im Übrigen regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet ‑ abgesehen von einer hier nicht gegebenen krassen Fehlbeurteilung ‑ keine erhebliche Rechtsfrage.

2.3. In der im Rechtsmittel angesprochenen Entscheidung 3 Ob 541/87 wird die Frage der zulässigen Bindungsdauer einer Konkurrenzklausel nicht behandelt.

3.1. Die Verletzung wettbewerbsregelnder Vertragspflichten fällt nach der UWG‑Nov 2007 weiterhin unter die lauterkeitsrechtliche Generalklausel. An die Stelle der nach altem Recht erforderlichen Absicht, einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, hat nun die objektive Eignung des Verhaltens zu treten, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Vertragspartnern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen (RIS‑Justiz RS0078846 [T9]). Um die Unlauterkeit zu begründen, muss die Wettbewerbshandlung unabhängig von der Vertragsverletzung unlauter sein (vgl 4 Ob 84/07t mwN; vgl auch RIS‑Justiz RS0078872, RS0031669). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls.

3.2. Der Beklagte hat der Klägerin eine Internet‑Plattform zusammen mit ihm von angeblich geschädigten Kunden eines bestimmten Glücksspiel-Unternehmens abgetretenen Schadenersatzforderungen gegen dieses Unternehmen verkauft und sich verpflichtet, über den Abschluss und Inhalt des Kaufvertrags Stillschweigen zu wahren. Er hat später im Internet ein Buch eines dritten Autors beworben, das sich kritisch mit der Tätigkeit dieses Glücksspiel‑Unternehmens auseinandersetzt und in dem auch über den Kaufvertrag zwischen den Streitteilen berichtet wird; die entsprechenden Informationen hat der Buchautor vom Beklagten erhalten.

3.3. Das Rekursgericht hat dieses Verhalten des Beklagten zwar als Verstoß gegen eine vertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung, nicht aber als lauterkeitswidrigen Vertragsbruch iSd § 1 UWG beurteilt; die vom Beklagten eingegangene Verpflichtung habe keine unmittelbare Regelung des Wettbewerbs zwischen den Streitteilen zum Gegenstand, befasse sie sich doch nicht mit Absatzmöglichkeiten, Umsatzsicherung, Marktzugang, Werbemaßnahmen, Kundenbindungen, Gebietsschutz, Produktions‑ oder Vertriebsfragen uä.

3.4. Diese Beurteilung legt im Einzelfall die in Frage stehende Verschwiegenheitsverpflichtung in vertretbarer Weise dahin aus, dass sie keinen unmittelbar wettbewerbsregelnden Inhalt hat. Soweit demnach der Beklagte durch Weitergabe von Informationen über Abschluss und Inhalt des Kaufvertrags mit der Klägerin die ihn treffende Verpflichtung zum Stillschweigen verletzt hat, ist dies mangels Auswirkung auf den Wettbewerb zwischen den Streitteilen keine unlautere Wettbewerbshandlung.

3.5. Soweit im Rechtsmittel auf Textpassagen der Homepage des Beklagten verwiesen wird, die die Tätigkeit der Klägerin einer kritischen Beurteilung unterziehen und ihr vorwerfen, sie unterstütze in Wahrheit das im Buch kritisch beleuchtete Glücksspiel-Unternehmen, waren solche Themen nicht Gegenstand der vom Beklagten eingegangenen Verpflichtung zum Stillschweigen und können schon deshalb das von der Klägerin erhobene Unterlassungsbegehren nicht tragen.

Stichworte