European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0170OS00019.13T.0306.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Franz U***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (A) und Klaus M*****, Birgit O*****, Andreas W*****, Mag. Hannes T*****, Johann H*****, Maria‑Luise R*****, Josef O*****, Franz S*****, DI (FH) Armin L*****, Christoph We*****, Bernhard D***** und Rene Sch***** jeweils des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 dritter Fall, 302 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach haben in W*****
A./ Franz U***** am 15. Dezember 2011 als Bürgermeister der Gemeinde W***** und somit gemäß § 53 Abs 1 TBO 2011 „als Baubehörde I. Instanz, mithin als Beamter, mit dem Vorsatz, dadurch den Bund in seinem konkreten Recht auf Erhaltung von unbeweglichen von Menschen geschaffenen Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung (Denkmälern), sowie in seinem konkreten Recht, nur jene Abbrüche von unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden oder Teilen von Gebäuden zu bewilligen, hinsichtlich welcher eine Bewilligung des Bundesdenkmalamtes vorliegt, zu schädigen, seine Befugnis, im Namen der Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er in Kenntnis dessen, dass hinsichtlich des alten Widums in W***** und eines freskierten Teils des Zubaues des Widums mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 17. 10. 2008, GZ 51.326/4/2008, gemäß § 2 DMSG der Denkmalschutz festgestellt worden und diesbezüglich keine Änderung erfolgt war, somit entgegen dem ausdrücklichen Verbot des § 42 Abs 5 TBO und unter Missachtung der in § 43 Abs 1 TBO normierten Notwendigkeit einer denkmalschutzrechtlichen Bewilligung, mit Ergänzungsbescheid die Bewilligung des Abbruches des denkmalgeschützten Teiles des Widums erteilte und diesen Bescheid sodann durch Erteilung eines Abbruchauftrages sogleich in Vollzug setzte“;
B./ Klaus M*****, Birgit O*****, Andreas W*****, Mag. Hannes T*****, Johann H*****, Maria‑Luise R*****, Josef O*****, Franz S*****, DI (FH) Armin L*****, Christoph We*****, Bernhard D***** und Rene Sch***** am 14. Dezember 2011 mit dem Vorsatz, dadurch den Staat in den zu A./ genannten Rechten zu schädigen, wissentlich zur Ausführung der zu A./ beschriebenen strafbaren Handlung sonst beigetragen, indem sie in „Kenntnis dessen, dass hinsichtlich des alten Widums in W***** und eines freskierten Teiles des Zubaues des Widums Denkmalschutz bestand, beschlossen, dass das gesamte Widum der Pfarre W*****, mithin auch dessen unter Denkmalschutz stehenden Teile, abzureißen sei“.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten, die Franz U***** auf Z 4, 9 lit a und b, Z 11, und Klaus M*****, Birgit O*****, Andreas W*****, Mag. Hannes T*****, Johann H*****, Maria‑Luise R*****, Josef O*****, Franz S*****, DI (FH) Armin L*****, Christoph We*****, Bernhard D***** sowie Rene Sch***** auf Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und b, 10, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, stützen. Berechtigung kommt diesen nicht zu.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz U*****:
Mit ihren einleitenden Überlegungen („Grundsätzliches“) macht die Beschwerde ‑ soweit sie das Tatmotiv des Angeklagten anspricht ‑ keinen Nichtigkeitsgrund geltend (RIS‑Justiz RS0088761). Da die übrigen Argumente („zu einem möglichen Rechtsirrtum“ und „zur Höhe der Wertersatzstrafe und Schadensgutmachung“) ohnedies bei Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde wiederholt werden, wird bei der Erledigung der jeweiligen Beschwerdepunkte darauf eingegangen.
Der Verfahrensrüge (Z 4) ist vorauszuschicken, dass § 42 Abs 5 Tiroler Bauordnung (TBO 2011, LGBl 2011/57) (je)den Abbruch von denkmalgeschützten Gebäuden oder Gebäudeteilen untersagt, soweit nicht für eine solche Maßnahme eine rechtskräftige denkmalschutzrechtliche Bewilligung (§ 5 Abs 1 DMSG) vorliegt (vgl auch § 4 Abs 1 DMSG). Verstöße gegen dieses Verbot sind vom Gericht nach § 37 Abs 1 erster Satz DMSG zu bestrafen, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung (wie hier: § 302 Abs 1 StGB) mit strengerer gerichtlicher Strafe bedroht ist. Nach § 37 Abs 6 DMSG ist ein bereits laufendes Strafverfahren einzustellen, soweit das Bundesdenkmalamt eine nachträgliche Bewilligung erteilt oder bescheidmäßig feststellt, dass ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Denkmals tatsächlich nicht besteht oder bestanden hat (vgl zum Ganzen 11 Os 13/05d). Für die Annahme, dass dieses Verfolgungshindernis hinsichtlich eines Verhaltens gilt, das einer § 37 Abs 1 DMSG vorgehenden Strafnorm subsumierbar ist, geben weder das Gesetz noch die Materialien (EBRV 1769 BlgNR 20. GP 66) etwas her (vgl hingegen § 37 Abs 1 dritter Satz DMSG, wo die Wertersatzstrafe ausdrücklich auf mit strengerer Sanktionsdrohung versehene Straftatbestände erstreckt wird; vgl Wieshaider, Denkmalschutzrecht [2002], 28 f; aA Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Das österreichische Denkmalschutzrecht, § 37 Anm 3 mit Bezug auf § 126 Abs 1 Z 3 StGB). Demnach spielt das vom Beschwerdeführer unter Verfassungsaspekten (Art 94 B‑VG; Art 6 MRK) kritisierte Bescheiderfordernis des § 37 Abs 6 DMSG im vorliegenden Fall keine Rolle, womit sich die angeregte Normanfechtung beim Verfassungsgerichtshof von Vornherein erübrigt (Art 89 Abs 2 zweiter Satz B‑VG). Damit bleibt lediglich der Vollständigkeit halber anzumerken, dass ein Bescheid im Sinn des § 37 Abs 6 DMSG nach dem klaren Gesetzeswortlaut eine unabdingbare Voraussetzung für die Einstellung davon erfasster Strafverfahren darstellt. Die Gerichte sind daher nicht berechtigt, das Vorliegen mangelnden öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Denkmals selbstständig zu prüfen (zur vergleichbaren Situation bei § 2 Abs 1 DMSG siehe 5 Ob 148/01b).
Die Anträge auf Einholung von Sachverständigengutachten aus dem Bereich „Denkmalschutz und Ortsbildpflege“ und „aus dem Bereich Hochbau und Architektur bzw Revitalisierung und Renovierung alter Bausubstanz“, auf Vernehmung des Zeugen DI Benedikt G***** sowie auf Einholung einer „Kostenschätzung des Harald K*****“ zum Beweis der Höhe der Sanierungskosten und einer „Kostenschätzung über die notwendigen Sanierungskosten zum Kerngebäude des Architektenbüros DI Ho***** ZT GmbH“ (ON 46 und ON 47, jeweils iVm ON 49 S 23 f) bezogen sich unter dem Aspekt mangelnden öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Denkmals (§ 37 Abs 6 DMSG) daher nicht auf erhebliche Tatsachen und wurden demnach zu Recht abgewiesen.
Gleiches gilt für die Kritik am angeblichen (vgl aber ON 29) Unterbleiben der (im Übrigen nur angeregten [ON 49 S 24]; zum Erfordernis einer Antragstellung in der Hauptverhandlung vgl aber Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 302, 311) „bescheidmäßigen Äußerung im Sinne des § 37 Abs. 6 und 8 DMSG“ zur Frage, „ob an der Erhaltung des Kerngebäudes (…) und des Wandfreskos (…) ein öffentliches Interesse im Sinne des § 37 Abs 6 DMSG tatsächlich nicht gegeben ist“ (ON 47 S 13).
Das ‑ auf unzulässige Erkundung (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330 f) ‑ gerichtete Begehren, DI Benedikt G***** zum Beweis dafür zu vernehmen, „welche Angaben der Zeuge an den Sachverständigen DI Schm***** weitergegeben hat“ (ON 46 S 2 iVm ON 49 S 23), hat der Schöffensenat ebenfalls zu Recht abgewiesen.
Soweit die Beschwerde die Begründung des abweisenden Beschlusses (ON 49 S 24 f) releviert, entfernt sie sich vom Prüfungsmaßstab des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 318; RIS‑Justiz RS0116749).
Das die Beweisanträge ergänzende Rechtsmittelvorbringen hat mit Blick auf das aus dem Wesen des beanspruchten Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot auf sich zu beruhen.
Mit der Behauptung, dem Angeklagten sei ein zur Straflosigkeit führender Rechtsirrtum (§ 9 StGB) im Hinblick auf die ihm unbekannte Wertersatzstrafdrohung nach § 37 Abs 1 zweiter und dritter Satz DMSG zuzubilligen, macht die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit a und b, der Sache nach nur lit b) nicht deutlich, was aus angeblicher Unkenntnis einer Nebenstrafe dafür zu gewinnen sein sollte (zur Irrelevanz eines Strafbarkeitsirrtums vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0089684, RS0087951; Kienapfel/Höpfel/Kert AT14 Z 18 Rz 16 f).
Die Behauptung (nominell Z 9 lit a), die Gerichte seien verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Denkmalserhaltung im Sinn des § 37 Abs 6 DMSG selbstständig zu prüfen, bleibt ohne Ableitung aus dem Gesetz (vgl im Übrigen die vorstehend angestellten Überlegungen zur Verfahrensrüge).
Mit dem Einwand, der Vollzug eines Abbruchbescheids stelle eine privatwirtschaftliche Tätigkeit dar, übergeht der Beschwerdeführer die ‑ bereits allein eine Tatbeurteilung nach § 302 Abs 1 StGB tragenden - Konstatierungen zum wissentlichen Befugnismissbrauch durch rechtswidrige Erlassung dieses Bescheids (US 6; zu partiell der Hoheitsverwaltung zuzurechnendem Verhalten im Rahmen eines mehrphasigen Geschehens vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0097076).
Der Antrag (Z 11 erster Fall iVm Z 4; vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 322) auf Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen DI Schm***** (ON 49 S 23) zur Frage, „wie hoch die Kosten eines gleichwertigen Gegenstandes im Sinne des § 37 Abs 1 DMSG unter Berücksichtigung der bautechnischen Verbesserungen des Gebäudes tatsächlich sind, wenn man die bautechnisch bessere Ausführung berücksichtigt (Beton und Armierung etc)“, zielte neuerlich auf unzulässige Erkundung ab. Soweit er zum Beweis dafür gestellt wurde, dass „der wirtschaftliche Nutzen durch den Abriss tatsächlich heute mit einem geringfügigen Mehrbetrag der unter EUR 50.000,-- liegt, anzusetzen wäre, nachdem die Aufwendungen für Gemeinde und Pfarrgemeinde für den Neubau entsprechend zu berücksichtigen sind“, ließ er angesichts der vom Sachverständigen errechneten, weitaus höheren Herstellungskosten nicht erkennen, inwieweit ein solcher Nutzen für die Lösung der Sanktionsfrage von Bedeutung sein soll (vgl § 37 Abs 1 vierter Satz letzter Fall DMSG, der nur einem die Herstellungskosten übersteigenden Nutzen Relevanz zuschreibt). Das letztlich angesprochene „Beweisthema“, dass „die von DI Schm***** errechneten Fixkosten der Errichtung nicht für die Wertersatzstrafe heranzuziehen sind“, ist kein Gegenstand des Sachverständigenbeweises (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 343).
Weshalb die Tatrichter trotz der Urteilsannahme, wonach das Widum samt dem Fresko vollkommen zerstört wurde und nicht wieder aufgebaut werden kann (US 8), Feststellungen zu unterbliebener Verfügung oder Vornahme der Wiederherstellung im Sinn des § 37 Abs 1 zweiter Satz DMSG treffen hätten müssen, bleibt unerfindlich.
Soweit der Beschwerdeführer den ihm auferlegten Anteil der Wertersatzstrafe mit dem Hinweis auf zusätzliche Milderungsgründe (§ 34 StGB) als überhöht erachtet, erstattet er lediglich ein Berufungsvorbringen.
Gleiches gilt für die Behauptung, die Wertersatzstrafe hätte zumindest teilweise bedingt nachgesehen werden müssen (zur prinzipiellen Zulässigkeit vgl Art I Abs 1 StRAG 1974 iVm § 44 Abs 2 StGB; Birklbauer, SbgK § 44 Rz 24 f).
Indem die Beschwerde die Nichtverhängung einer ‑ in § 37 DMSG im Übrigen nicht vorgesehenen (vgl auch Art I Abs 1 StRAG 1974, der nur auf in Tagessätzen bemessene Geldstrafen nach § 19 Abs 3 StGB Bezug nimmt) - Ersatzfreiheitsstrafe kritisiert, wird sie nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt.
Der Einwand, Aspekte der Strafzumessungsschuld müssten bereits bei Ermittlung des Strafrahmens der Wertersatzsanktion berücksichtigt werden, trifft angesichts des gegenteiligen Gesetzeswortlauts (vgl § 37 Abs 1 vierter Satz DMSG: „Die Höhe der Wertersatzstrafe hat … zu entsprechen“) nicht zu.
Da Nichtigkeitsgründe stets nicht nur deutlich, sondern auch bestimmt zu bezeichnen ‑ also auch (wenngleich nicht nur) mit Bestimmtheit zu behaupten ‑ sind, wird mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe nicht etwa die ‑ bei verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift (wie in § 19 Abs 4 FinStrG idF BGBl 1975/335; vgl dazu Lässig in WK 2 FinStrG § 19 Rz 9) ‑ von § 37 Abs 1 fünfter Satz DMSG angeordnete Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlassen, vielmehr ein mangels einer solchen Anordnung verfassungswidriges Gesetz angewendet, eine Sanktionsrüge nach Z 11 dritter Fall nicht prozessförmig geltend gemacht. Solcherart ist der Oberste Gerichtshof zwar zu einer Stellungnahme zu angeblich vorliegenden verfassungs-rechtlichen Bedenken (Art 89 Abs 2 B‑VG) gegen die Anwendung des § 37 Abs 1 DMSG, nicht aber zur Frage von Nichtigkeit des Sanktionsausspruchs verhalten. Diese Prüfung kann, wie zur Klarstellung angemerkt wird, bereits bei der nichtöffentlichen Beratung erfolgen, weil das erst in jüngster Zeit von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejahte (vgl 11 Os 132/06f, EvBl 2008/8, 32; RIS‑Justiz RS0122229, RS0122737; Ratz , WK‑StPO § 285a Rz 1, § 281 Rz 597) subjektive Recht auf Normanfechtung vom Programm der §§ 284 ff StPO, das nur geltend gemachte Nichtigkeitsgründe erfasst, nicht angesprochen wird, sodass § 285d StPO darauf keine Rücksicht nimmt. Einem Zwischenverfahren im Sinn des § 285f StPO vergleichbar, ist ‑ auch schon vor Inkrafttreten von Art 89 B‑VG idF BGBl I 2012/51 (sog Gesetzesbeschwerde) ‑ die Zulässigkeit von Erledigung bereits bei der nichtöffentlichen Beratung angezeigt.
Ist das angewendete Gesetz aus Sicht des Obersten Gerichtshofs (zum Prüfungsmaßstab nach einem sog Vieraugenprinzip vgl Ratz , Zur Entwicklung des Grundrechtsschutzes im Straf‑ und Medienrecht, in Pilgermair [Hrsg], Perspektiven der Justiz [2013] 155 [157]) verfassungskonformer Auslegung zugänglich und sind die Bedenken an der Verfassungskonformität der Vorschrift damit ausgeräumt, obliegt es bei ‑ hier von sämtlichen Angeklagten gegen den Ausspruch über die Wertersatzstrafe (§ 294 Abs 2 vierter Satz StPO) ‑ erhobener Berufung dem Oberlandesgericht, das einfache Gesetz im Sinn der vom Obersten Gerichtshof gemachten Vorgaben verfassungskonform auszulegen. Vorliegend hat das Oberlandesgericht demnach die verlangte Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen und vom Aufteilungsermessen nach § 37 Abs 1 fünfter Satz DMSG iVm §§ 32 bis 35 StGB Gebrauch zu machen (ist doch die Kritik an dessen Ausübung durch das Erstgericht einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen). Verfassungskonform lässt sich § 37 Abs 1 fünfter Satz DMSG zwar auch derart auslegen, wie es der Oberste Gerichtshof bei der vergleichbaren Bestimmung des § 19 Abs 4 FinStrG idF vor BGBl 1988/414 getan hat. Indem BGBl 1988/414 jedoch bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Erfordernisses einer Verhältnismäßigkeitsprüfung eine davon abweichende Möglichkeit gewählt hat, ist es angezeigt, daran Maß zu nehmen und von den beiden Varianten verfassungskonformer Auslegung die vom Gesetzgeber für das FinStrG gewählte heranzuziehen (eingehend dazu Lässig in WK 2 FinStrG § 19 Rz 9, 11 ff, insb 20).
Der gegen die Verfassungskonformität der Wertersatzstrafenregelung des § 37 Abs 1 DMSG gerichteten Argumentation des Beschwerdeführers ist mit Blick auf die Bedeutung individueller Strafzumessungsschuld bei Verhängung einer Wertersatzstrafe weitgehend der Boden entzogen. Im Übrigen ist nicht erkennbar, weshalb die Sanktionskriterien des § 37 Abs 1 vierter Satz DMSG dem Bestimmtheitserfordernis des Art 18 B‑VG nicht entsprechen sollten (vgl Berka , Verfassungsrecht 4 Rz 1670 mwN). Schließlich bietet auch die in § 37 DMSG nicht vorgesehene Ersatzfreiheitsstrafe keinen Anlass für die angeregte Stellung eines Normenprüfungsantrags beim Verfassungsgerichtshof, schon weil nicht zu erkennen ist, welcher grundrechtliche Anspruch auf zusätzliche Sanktionsbefugnisse bestehen sollte.
Zur gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Klaus M*****, Birgit O*****, Andreas W*****, Mag. Hannes T*****, Johann H*****, Maria‑Luise R*****, Josef O*****, Franz S*****, DI (FH) Armin L*****, Christoph We*****, Bernhard D***** und Rene Sch*****:
Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider verstößt das Erkenntnis nicht gegen § 260 Abs 1 Z 1 StPO. Denn aus den zur Verdeutlichung heranziehbaren Entscheidungsgründen (RIS‑Justiz RS0116587) geht klar hervor, dass die im Urteilsspruch bezeichnete „Beschlussfassung“ auf Abriss des Widums (US 4) durch Unterschrift aller Beschwerdeführer auf der vom Angeklagten U***** veranlassten (als Beschluss bezeichneten) Erklärung des Gemeinderates erfolgte (US 6). Damit wurde aber eine Beitragshandlung im Sinn des § 12 dritter Fall StGB eindeutig individualisiert.
Mit ihrer auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützten Kritik an der Abweisung ihrer Beweisanträge sind die Beschwerdeführer auf die Erledigung der Verfahrensrüge des Angeklagten Franz U***** zu verweisen. Einen Antrag auf Einsichtnahme in (nicht näher bezeichnete) „Lichtbilder“ haben sie in der Hauptverhandlung nicht gestellt (vgl ON 49 S 24), sodass ihnen insoweit keine Anfechtungslegitimation zukommt.
Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider sind angebliche Widersprüche in der Aussage des Franz U***** zu dessen Einschätzung, inwieweit der Gemeinderatsbeschluss eine ihn bindende Vollzugsanordnung dargestellt hat, ebensowenig entscheidend wie unterschiedliche Beweisergebnisse dazu, ob dem Abbruch des Widums ein eigener Tagesordnungspunkt in der Gemeinderatssitzung am 14. Dezember 2011 gewidmet war.
Weshalb die Konstatierungen, dass der Gemeinderat einen Beschluss fasste (US 4), indem dessen Mitglieder einen vorbereiteten Text unterschrieben (US 6, 10), widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) sein sollten, bleibt unerfindlich.
Die Urteilserwägungen zur Unglaubwürdigkeit der ‑ Aspekte strafbarer Beteiligung (§ 12 dritter Fall StGB) betreffenden ‑ Verantwortung der Beschwerdeführer, Franz U***** sei zur Tat fest entschlossen gewesen (US 9; „ominmodo facturus“ ‑ vgl dazu Kienapfel/Höpfel/Kert AT14 E 4 Rz 16), stehen nicht im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) dazu, dass der Schöffensenat das Wissen der Gemeinderatsmitglieder um den vorsätzlichen Fehlgebrauch der Befugnis durch den Bürgermeister (auch) aus deren Angaben zu den in der fraglichen Gemeinderatssitzung gefallenen Äußerungen ableitete (US 10 f).
Mit Zweifeln an den Erwägungen zur Glaubwürdigkeit des Zeugen Hoc***** (US 10) wegen Unzuverlässigkeit seiner ‑ auf handschriftlichen Notizen beruhenden ‑ Schilderungen bekämpft die Mängelrüge bloß die Beweiswürdigung des Schöffensenats nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.
Gleiches gilt, soweit die Beschwerde eine nähere Begründung für den Angeklagten attestierte Unglaubwürdigkeit einfordert.
Da das Erstgericht die leugnende Verantwortung der Beschwerdeführer gar nicht mit dem Argument verworfen hat, dass diese vor der Polizei „keine weiteren Angaben zum Vorwurf der psychischen Beitragstäterschaft zum Missbrauch der Amtsgewalt“ gemacht haben (vgl US 10), geht auch der Einwand mangelnder Berücksichtigung (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) des Umstands ins Leere, dass bei diesen Vernehmungen ein nach §§ 12 dritter Fall, 302 Abs 1 StGB subsumierbares Verhalten (noch) nicht im Raum stand.
Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) die subjektive Tatseite mit dem Hinweis auf das ‑ jedoch von nachträglich eintretenden Umständen abhängige ‑ Strafverfolgungs-hindernis nach § 37 Abs 6 DMSG (vgl auch den Bezug der EBRV 1769 BlgNR 20. GP 66 auf den bereits „gegebenen Unrechtstatbestand“) bezweifelt und im Übrigen bloß Argumente der Mängelrüge wiederholt, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.
Mit ihrer nach Art einer Aufklärungsrüge (Z 5a) erhobenen Kritik (zu den Anfechtungsvoraussetzungen vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0115823) an unterbliebener Einholung einer Äußerung des Bundesdenkmalamtes sind die Beschwerdeführer auf die Erledigung der Verfahrensrüge des Angeklagten Franz U***** zu verweisen.
Ob Franz U***** zur Erlassung eines Bewilligungsbescheids zur Zerstörung oder Veränderung eines Denkmals (§ 5 Abs 1 DMSG) nicht einmal abstrakt befugt war, ist bedeutungslos, weil ihm ein solches Verhalten gar nicht angelastet wurde, vielmehr die bewilligungslose (§ 4 Abs 1 DMSG; § 42 Abs 5 TBO 2011) Erlassung eines Abbruchbescheids (§ 40 Abs 2, 4 TBO 2011). So bleibt die Argumentation, eine strafbare Beteiligung (§ 12 dritter Fall StGB) komme mangels Befugnismissbrauchs des unmittelbaren Täters nicht in Betracht, ohne Ableitung aus dem Gesetz.
Der Einwand fehlender Konstatierungen zur Kausalität der Beitragshandlungen übergeht die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 584; RIS‑Justiz RS0117247 [T5]), aus denen klar hervorgeht, dass die Zustimmung des Gemeinderates ausschlaggebenden Einfluss auf die (unmittelbar darauf folgende) Erlassung des Abbruchbescheids durch den Bürgermeister hatte (US 6, 9, 10, 11, 12 f).
Weshalb die Angaben des Franz U*****, bereits ein Mehrheitsbeschluss des Gemeinderates hätte ihn zum Abbruch des Gebäudes veranlasst, einer Strafbarkeit der Beitragshandlungen (zu den Voraussetzungen Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 86) entgegenstehen soll, macht die Beschwerde nicht deutlich.
Soweit die Beschwerdeführer ein Verfolgungshindernis (Z 9 lit b) mit dem Hinweis auf Verfahrensergebnisse zum fehlenden öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines Denkmals behaupten, fehlt die für die Geltendmachung eines Feststellungsmangels erforderliche Ableitung aus dem Gesetz (vgl im Übrigen die bei der Erledigung der Verfahrensrüge des Angeklagten Franz U***** angestellten Überlegungen).
Die Behauptung (der Sache nach Z 5a), die amtswegige Einholung einer entsprechenden Äußerung des Bundesdenkmalamtes sei unterblieben, teilt das Schicksal des gleichsinnigen Vorbringens aus Z 4 des § 281 Abs 1 StPO.
Da sich die weitere ‑ nominell auf „Z 9a i.V.m. Z 10 StPO“ gestützte ‑ Rechtsmittelargumentation in einer bloßen Wiederholung des bisherigen Vorbringens erschöpft, erübrigt es sich, darauf einzugehen.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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