OGH 1Ob22/14p

OGH1Ob22/14p27.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H***** F*****, gegen die beklagten Parteien 1. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, 2. Dr. M***** M*****, und 3. V***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Hubert Simon, Rechtsanwalt in Wien, wegen Leistung und Feststellung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 13. Dezember 2013, GZ 6 Nc 1/13t‑12, mit dem der Antrag der klagenden Partei auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 27. Juni 2013, AZ 1 Ob 89/13i, abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass er lautet:

„Die am 9. 8. 2013 erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 27. 6. 2013, AZ 1 Ob 89/13i, wird aufgehoben.

Der Kläger hat die Kosten seines Antrags selbst zu tragen.“

Die zweit‑ und drittbeklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 492,57 EUR (darin enthalten 82,10 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 26. 3. 2013, GZ 6 Nc 1/13t‑3, mit dem es die Ablehnung mehrerer Richter dieses Gerichts abgewiesen hatte, mit Beschluss vom 27. 6. 2013, AZ 1 Ob 89/13i, nicht Folge. Der Kläger wurde zum Ersatz der Kosten der zweit‑ und drittbeklagten Parteien binnen 14 Tagen verpflichtet. Am 9. 8. 2013 bestätigte ein Senatspräsident des Oberlandesgerichts Graz die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit dieses Beschlusses. Die zweit‑ und drittbeklagten Parteien leiteten gegen den Kläger aufgrund des Kostentitels ein Exekutionsverfahren ein. Dieser stellte an das Oberlandesgericht Graz den Antrag, die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs nach § 7 Abs 3 EO aufzuheben.

Das Oberlandesgericht Graz wies diesen Antrag ab.

Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist im Ergebnis berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Dass nach der ständigen Rechtsprechung über offenkundig rechtsmissbräuchliche Ablehnungen nicht formell entschieden werden muss (RIS‑Justiz RS0046015), hat der Oberste Gerichtshof dem Kläger in vorangegangenen Entscheidungen bereits mehrfach dargelegt (1 Ob 206/12v; 1 Ob 89/13i; zuletzt 1 Ob 191/13i). Keiner der Richter des Oberlandesgerichts Graz, welche die angefochtene Entscheidung gefasst hatten, wurde rechtskräftig als befangen abgelehnt, weshalb die im Rekurs nach § 477 Abs 1 Z 1 ZPO geltend gemachte Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht vorliegt (3 Ob 7/03f mwN; 1 Ob 89/13i).

2. Die Bestätigung der Vollstreckbarkeit wird irrtümlich erteilt, wenn ihr ein der Wirklichkeit nicht entsprechender Sachverhalt zugrunde gelegt wurde; deshalb liegt eine irrtümlich erteilte Vollstreckbarkeitsbestätigung insbesondere dann vor, wenn der Exekutionstitel dem Titelschuldner nicht rechtswirksam zugestellt worden war und die Vollstreckbarkeit des Titels tatsächlich nicht eingetreten ist (RIS‑Justiz RS0001544).

3. Nach der Aktenlage hat der Oberste Gerichtshof seinen Beschluss vom 27. 6. 2013, AZ 1 Ob 89/13i, allen Parteien im Sinn des § 42 Abs 3 OGH‑Geo 2005 idF der 6. Novelle 2010 direkt auf elektronischem Weg zugestellt. Zustellungszeitpunkt war nach § 89d Abs 2 GOG jeweils der 29. 7. 2013. Warum diese nach der zitierten Bestimmung der OGH‑Geo verfügte Zustellung seiner Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof gesetzwidrig sein sollte, vermag der Rekurswerber nicht zu erklären, entspricht sie doch auch der Bestimmung des die Zustellung verfügenden Gerichts in § 89 zweiter Satz ZPO (vgl auch § 5 ZustellG). Ebenso wenig nachvollziehbar ist sein Vorwurf, dass jener Richter, der die Vollstreckbarkeit des letztinstanzlichen Beschlusses bestätigte, aufgrund der angeblich gesetzwidrigen „Direktzustellung“ eine strafbare Handlung im Sinn des § 311 StGB begangen und deshalb „als Richter in eigener Sache“ im Sinn des § 20 Z 1 JN ausgeschlossen gewesen sei.

4. Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Bestätigung der Vollstreckbarkeit nicht nur bedeutet, dass der Titel keinem die Exekution hemmenden Rechtszug unterliegt, sondern auch, dass die Leistungsfrist, deren Beginn sich aus dem Titel allein nicht ergibt, verstrichen ist (RIS‑Justiz RS0000188; zuletzt ausführlich mit Darstellung auch gegenteiliger Lehre 4 Ob 16/10x). Die Vollstreckbarkeit darf daher nur bestätigt werden, wenn die in einer formell rechtskräftigen Entscheidung festgesetzte Leistungsfrist abgelaufen ist. Der Kläger spricht zwar den konkreten Zeitpunkt des tatsächlichen Verstreichens der Leistungsfrist in seinem Rekurs gar nicht an, dieser Punkt ist allerdings in diesem Verfahren nach § 7 Abs 3 EO von Amts wegen zu prüfen. Der Beschluss des Obersten Gerichtshofs, der eine 14‑tägige Leistungsfrist festsetzte, wurde am 29. 7. 2013 rechtswirksam zugestellt. Zu dem für die Prüfung der Vollstreckbarkeitsbestätigung maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Erteilung (RIS‑Justiz RS0001576 [T1]) am 9. 8. 2013 war diese Frist noch nicht abgelaufen. Der Antrag des Klägers nach § 7 Abs 3 EO erweist sich daher tatsächlich als berechtigt.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Das Verfahren über den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung ist an sich ein selbständiger Zwischenstreit (vgl RIS‑Justiz RS0001596), in dem das Rechtsmittelverfahren zweiseitig ist (RIS‑Justiz RS0121467). In diesem Fall blieb das erstinstanzliche Verfahren einseitig, weil der Antrag des Klägers abgewiesen wurde, ohne den Prozessgegnern Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Dem Kläger sind daher nur die Kosten seines erfolgreichen Rekurses zuzusprechen.

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