OGH 5Ob234/13t

OGH5Ob234/13t21.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Arch. Ing. W***** S*****, vertreten durch Pflaum Karlberger Wiener Opetnik, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei B*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Hawel ‑ Eypeltauer & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen (restlich) 287.278,93 EUR sA, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 16. September 2013, GZ 6 R 117/13p‑47, mit dem infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Linz vom 16. Mai 2013, GZ 1 Cg 100/11p‑41, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 83,70 EUR (darin 13,95 EUR an Umsatzsteuer) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil bislang ‑ soweit ersichtlich ‑ keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Auslegung der §§ 3, 5 HOA 2002 (gemeint: 2004) vorliege.

Die von den beiden Parteien erhobenen Revisionen sind entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig; dies ist gemäß § 510 Abs 3 ZPO ‑ kurz ‑ zu begründen:

Rechtliche Beurteilung

A. Zur Revision des Klägers:

1. Die vom Kläger behauptete Aktenwidrigkeit und der angebliche Mangel des Berufungsverfahrens hat der Oberste Gerichtshof geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Ausführungen des Klägers zu den genannten Rechtsmittelgründen erweisen sich als ‑ im Revisionsverfahren unzulässige ‑ Bekämpfung der Beweis‑ und Tatfrage (RIS‑Justiz RS0043371; RS0042903).

2.1. Die Auslegung von (konkludenten) Willenserklärungen im Einzelfall ist vom Obersten Gerichtshof ‑ von groben Auslegungsfehlern und sonstigen krassen Fehlbeurteilungen abgesehen ‑ nicht zu überprüfen. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt in einem solchen Fall unabhängig davon nicht vor, ob (auch) die vom Rechtsmittelwerber angestrebte Auslegung vertretbar ist (RIS‑Justiz RS0042555).

2.2. Nach der Rechtsprechung hat Schweigen für sich allein keinen Erklärungswert. Stillschweigen wird aber von der Rechtsprechung dort als Zustimmung gewertet, wo Gesetz, Verkehrssitte oder Treu und Glauben eine Pflicht zum Handeln auferlegen, wo der nicht Zustimmende nach Treu und Glauben oder nach der Verkehrssitte hätte reden müssen oder wenn der Erklärungsempfänger dem Schweigen seines Partners schlechterdings keine andere Bedeutung als jene der Zustimmung beilegen kann (RIS‑Justiz RS0014124; RS0014122; RS0013958; RS0016507; RS0014126).

2.3. Die Frage, ob irgendwelche besonderen Begleitumstände die eine oder andere Deutung einer Willenserklärung zulassen, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS‑Justiz RS0042555). Dies gilt insbesondere auch für die Beurteilung der Konkludenz von Willenserklärungen (RIS‑Justiz RS0042776, RS0043253, RS0044298). Auslegungsfragen entziehen sich zufolge ihrer Einzelfallbezogenheit im Allgemeinen generellen Aussagen. Sie begründen daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO, sofern keine auffallende Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (RIS‑Justiz RS0044358). Ein unvertretbares Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts liegt hier nicht vor:

2.4. Bei der Darstellung jener Umstände, die nach Ansicht des Klägers zur angeblich konkludenten Zustimmung der Beklagten zu Honoraranbot (Blg ./B) und Architektenvertrag (Blg ./C) geführt haben sollen, bleiben beurteilungsrelevante Umstände unerwähnt. Mit diesen Urkunden hat der Kläger nicht bloß „das bereits mündlich Vereinbarte in Schriftform verfasst“, weil zuvor gerade kein „Gesamtauftrag“, sondern „eine Beauftragung und Leistungserbringung nur für die jeweils konkret anfallenden Planungsschritte vereinbart“ war. Die Beklagte hatte in einem wenige Tage nach der Übermittlung des Honoraranbots geführten Telefongespräch mit dem Kläger lediglich keine Einwände gegen die Honorarvereinbarung, namentlich die vorgesehenen Nachlässe geäußert. Konkrete, der Beklagten zuzurechnende Umstände, die auch auf deren Willen zur Änderung des Auftragsumfangs hingedeutet hätten, vermag der Kläger auf der Basis der vorliegenden Feststellungen nicht plausibel aufzuzeigen. Den der Beklagten übermittelten Entwurf des Architektenvertrags (Blg ./C) hatte nicht einmal der Kläger selbst unterfertigt und er ist in der Folge auch von der Beklagten nicht unterschrieben worden. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend (ua) darauf hingewiesen, dass das Projekt zum Zeitpunkt der mündlichen Beauftragung des Klägers noch wenig konkretisiert war, die Realisierung von verschiedenen näher angeführten unsicheren Faktoren abhing und die Beauftragung des Klägers auf Wunsch der Stadt L***** erfolgte, während die Beklagte selbst auch auf ein Architekturbüro zurückgreifen konnte. Unter diesen Umständen liegt ein als unvertretbar aufzugreifendes Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts, welches eine die ursprünglich abschnittsweise Beauftragung abändernde Gesamtbeauftragung des Klägers verneinte, nicht vor.

B. Zur Revision der Beklagten:

1. Sofern man ‑ wie das Berufungsgericht ‑ eine Genehmigung des Vorentwurfs als Voraussetzung für den Honoraranspruch des Klägers annehmen wollte, hat das Berufungsgericht deren konkludente Erteilung durch die Beklagte ‑ ohne unvertretbares Auslegungsergebnis (siehe dazu die Ausführungen zu A.2.1. bis A.2.3.) ‑ angenommen. Die gegenteiligen Argumente der Beklagten lassen ‑ wie die Revisionsausführungen des Klägers für dessen Standpunkt ‑ für die Beurteilung wesentliche Tatumstände unbeachtet. Die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Genehmigung der erbrachten Leistungen beruhte nämlich nicht, wie die Beklagte zu argumentieren versucht, auf „der bloßen Abforderung des Vorabzugs“, sondern in einer vom Erstgericht detailliert festgestellten Abfolge von Schritten der einvernehmlichen Zusammenarbeit der Streitteile, bei welcher der Kläger mehrfach auf Änderungswünsche der Beklagten einging und die letztlich zu Einreichplänen führte, die die Beklagte nicht nur nicht beanstandete, sondern zusätzlich im weiter bearbeitbaren DWG‑Format abforderte. Die vom Berufungsgericht daraus abgeleitete Genehmigung ist jedenfalls kein unvertretbares Auslegungsergebnis; ob auch ein anderes Verständnis besagten Verhaltens der Beklagten möglich gewesen wäre, darauf kommt es für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht an (siehe A.2.1.).

2.1. Dass das Erstgericht bei seiner rechtlichen Beurteilung § 5 Abs 1 Z 1 HOA 2004 berücksichtigt hat, obwohl er ‑ wie die Beklagte argumentiert ‑ „im Verfahren nicht vorgelegt worden ist“, ist nicht zu beanstanden. Die Geltung der HOA 2004 haben die Parteien vereinbart und der Inhalt des § 5 Abs 1 Z 1 HOA 2004 war aus dem eingeholten Sachverständigengutachten aktenkundig. Einer gesonderten „Vorlage“ dieses Richtlinienteils bedurfte es nicht.

2.2. Soweit die Beklagte behauptet, das Berufungsgericht habe § 5 Abs 1 Z 1 HOA 2004 („mehrere Vorentwürfe oder Entwürfe nach ähnlichen oder gleichen Anforderungen“) unrichtig angewandt, geht sie ‑ unzulässig ‑ nicht von den getroffenen Feststellungen aus. Das Erstgericht hat nämlich ‑ entgegen der Wiedergabe des Sachverhalts durch die Beklagte ‑ sehr wohl festgestellt, dass der Kläger tatsächlich mehrere alternative Lösungsvorschläge erarbeitet hat („mehrere Varianten mit und ohne Saalneubau“; Ersturteil Seite 4).

C. Ergebnis und Kostenentscheidung:

1. Die vom Berufungsgericht im Zulassungsausspruch genannte Rechtsfrage wird nicht ‑ vom festgestellten Sachverhalt ausgehend ‑ aufgegriffen. Auch sonst zeigen die Parteien keine erhebliche Rechtsfrage auf. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO sind daher beide Revisionen unzulässig und deshalb zurückzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Beide Parteien haben in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979). Abgerechnet ergibt sich zugunsten des Klägers der aus dem Spruch ersichtliche Kostenüberhang.

Stichworte