OGH 6Ob229/13i

OGH6Ob229/13i20.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** GmbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte‑Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Dkfm. L*****, vertreten durch Dr. Andreas Joklik, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen 400.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2013, GZ 15 R 173/13s‑78, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist das Berufungsgericht nicht von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 241/04a abgewichen. Darin hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass ein Spaltungsplan immer dort, wo der Rechtsverkehr betroffen ist, nach objektiven Kriterien unter Bedachtnahme auf den Empfängerhorizont eines verständigen Dritten auszulegen ist. Das Berufungsgericht legte diese Rechtsprechung seiner Auslegung des Spaltungs‑ und Übernahmevertrags zugrunde. Die Auslegung eines Spaltungs‑ und Übernahmevertrags im Einzelfall bildet wegen der Einzelfallbezogenheit in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Im Spaltungs‑ und Übernahmevertrag wurde bestimmt, dass das „Fruchtgenussrecht P*****“ bei der klagenden Partei verbleibt. Den Feststellungen der Vorinstanzen zufolge hatte der Beklagte im Darlehensvertrag vom 18. 7. 1977 zur Sicherstellung des Darlehenskapitals samt allen Zinsen und Nebenverbindlichkeiten aus diesem Vertrag seinen Gesellschaftsanteil an der „W*****“ und die daraus resultierenden Rechte in „jenem durch die Bestimmung des Handelsgesetzbuches limitierten Umfang“ verpfändet und mit dem Darlehensgeber vereinbart, dass die Rückzahlung des Darlehens samt Nebenspesen in der Weise erfolgt, dass die dem Beklagten aus seiner Beteiligung an der Gesellschaft zustehenden Gewinnanteile ab dem Geschäftsjahr 1976/1977 und sonstigen Erträgnissen einschließlich einer allfälligen Auseinandersetzungsforderung zur Gänze zur Abdeckung herangezogen werden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Wendung „Fruchtgenussrecht P*****“ nur eine unscharfe, aber hinreichend deutliche Bezeichnung dieses Darlehensvertrags und der darin getroffenen Abreden ist, ist unter dem Blickwinkel eines verständigen Dritten jedenfalls vertretbar, wird doch der Name des Beklagten im Spaltungs‑ und Übernahmevertrag sonst nicht genannt und gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass mit dem Ausdruck „Fruchtgenussrecht P*****“ ein anderes Rechtsverhältnis gemeint wäre. Die weiteren Argumente des Berufungsgerichts zur Begründung seines Auslegungsergebnisses sind nicht entscheidungswesentlich.

Im Hinblick auf die Ausführlichkeit der Begründung in der Entscheidung 4 Ob 241/04a kann von einer gesicherten Rechtsprechung zur Auslegung von Spaltungsplänen (bzw Spaltungs‑ und Übernahmeverträgen) ausgegangen werden (vgl RIS‑Justiz RS0103384).

Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers stellt sich keine Frage der Beweislastverteilung bei Zessionen, hat doch das Erstgericht alle zur Beurteilung der von der klagenden Partei behaupteten Abtretungen der Darlehensforderung notwendigen Feststellungen getroffen. Die Ausführungen unter Punkt 1.2.1 der Revisionsschrift laufen auf die Bekämpfung der nicht revisiblen Beweiswürdigung der Vorinstanzen hinaus, wonach Gegenstand der Abtretungen die Forderungen des Darlehensgebers aus dem Darlehensvertrag mit dem Beklagten vom 18. 7. 1977 waren.

Zu Unrecht rügt der Revisionswerber, dass bei der ersten Zession nicht festgestellt worden sei, wer wann den Einlösungsbetrag gezahlt habe und aus wessen Vermögen dieser Betrag stamme. Nach den Feststellungen hat ein Rechtsanwalt als Treuhänder des H***** D***** dem Kurator der Verlassenschaft des Darlehensgebers die Einlösung der Darlehensforderung nach § 1422 ABGB angeboten. Das Angebot wurde vom Verlassenschaftskurator angenommen. Daran anschließend stellte das Erstgericht fest, dass der Einlösungsbetrag gezahlt wurde. Die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall ist regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0118891). Der Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Feststellungen im Zusammenhang mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass der Einlösungsbetrag vom Treuhänder gezahlt wurde, ist nicht entgegenzutreten. Aus welchen Mitteln der Betrag stammte, ist für die Wirksamkeit der Einlösung ohne Relevanz. Wer die Schulden des anderen, für die er nicht haftet (§ 1358 ABGB), bezahlt, kann vor oder bei der Zahlung von Gläubigern die Abtretung seiner Rechte verlangen; hat er dies getan, so wirkt die Zahlung als Einlösung der Forderung (§ 1422 ABGB). Dritter, der die Einlösung begehren kann, ist nur, wer im eigenen Namen auf eine fremdliche Verbindlichkeit leistet und vom Schuldner nicht zur Erfüllung herangezogen wird (Koziol in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB3 § 1422 Rz 2).

Den Ausführungen unter Punkt 1.2.3 der Revisionsschrift ist zu erwidern, dass es für die Wirksamkeit der zweiten Zession nicht auf die fehlende Feststellung ankommt, dass bei der Einlösung die Forderung aus Mitteln des Treugebers erworben wurde. Der zweiten Zession liegt den Feststellungen zufolge ein Vergleich zwischen dem Treugeber und der klagenden Partei über deren Forderungen aus einem bestimmten Projekt zugrunde. Ein Vergleich ist seinem Wesen nach entgeltlich, er bedarf daher zu seiner Gültigkeit keiner besonderen Form (RIS‑Justiz RS0032527).

Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Wuchergeschäfts ist nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0016912). Die Ausführungen des Revisionswerbers, die die weitere Entwicklung der Höhe der Darlehensschuld und der geleisteten Rückzahlungen betreffen, sind unter dem Blickwinkel des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB daher nicht entscheidungswesentlich. Ob die notwendigen Voraussetzungen für die Annahme eines Wuchergeschäfts vorliegen, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0016864). Für die Annahme eines Wuchergeschäfts muss unter anderem ein auffallendes Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung und der Gegenleistung bestehen (vgl RIS‑Justiz RS0016864). Ein bloßes Fehlen der Gleichwertigkeit der Leistungen reicht jedenfalls nicht aus (RIS‑Justiz RS0104128). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist ein Zinsfuß von 9‑11,5 % für ein nicht ausreichend gesichertes Darlehen nicht wucherisch (RIS‑Justiz RS0016905). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, es liege kein die Äquivalenz störendes Geschäft vor, weil selbst durch die unregelmäßigen Leistungen und den Verzug des Beklagten der effektive Zinssatz nur bei rund 11 % pa liege, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung. Die eingeräumten Sicherheiten reichten offensichtlich nicht zur Rückführung der Darlehensvaluta aus. Eine Wertsicherungsvereinbarung unter Zugrundelegung des Verbraucherpreisindex macht das Geschäft nicht rechtsunwirksam (vgl RIS‑Justiz RS0024179).

Wenn der Revisionswerber meint, das Berufungsgericht hätte die „festgestellte Vorgeschichte“ von Amts wegen in die rechtliche Beurteilung des Darlehensvertrags nach § 879 Abs 1 ABGB wegen Gesetzes‑ oder Sittenwidrigkeit einfließen müssen, ist ihm zu erwidern, dass die Nichtigkeit einer Vereinbarung zufolge § 879 ABGB grundsätzlich nicht von Amts wegen zu beachten ist (RIS‑Justiz RS0016435).

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