OGH 10ObS164/13k

OGH10ObS164/13k19.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Susanne Jonak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht Dr. Gerhard Jöchl Kommandit-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Josefstädter Straße 80, 1081 Wien, wegen Versehrtenrente, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. September 2013, GZ 10 Rs 35/13k-31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin erstattet weitere Ausführungen zur bereits in der Berufung behaupteten Unrichtigkeit des vom gerichtlich bestellten, von ihr erfolglos abgelehnten (ON 29) Sachverständigen erstatteten Gutachtens. Sie zweifelt damit weiterhin die Richtigkeit dieses, den Feststellungen zugrunde liegenden Sachverständigengutachtens an. Dabei wird übersehen, dass die Frage, ob bestehende Beschwerden eines Versicherten in medizinischer Hinsicht Folgen eines Unfalls oder einer Berufskrankheit sind, und die Feststellung der sogenannten „natürlichen Kausalität“ - entgegen der Ansicht der Klägerin - zum Tatsachenbereich gehören (RIS-Justiz RS0043151 [T1 und T2]), also einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen sind (RIS-Justiz RS0022582 [T8 und T12]). Die außerordentliche Revision bekämpft daher in unzulässiger Weise die in dritter Instanz nicht mehr angreifbare Tatsachengrundlage der angefochtenen Entscheidung (vgl jüngst: 10 Ob 119/13t mwN [dazu, dass die Frage in welchem Grad die Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht, also aufgrund der durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit bedingten Leiden, gemindert ist, eine reine Tatfrage darstellt]).

2. Im Übrigen macht die Rechtsmittelwerberin geltend, dass sie durch die „krassen“ Verfahrensmängel, die das Berufungsgericht nicht saniert habe, auch in ihrem rechtlichen Gehör verletzt worden und das Verfahren daher nichtig sei, weil zum einen die Klägerin nicht einvernommen und zum anderen der von ihr beantragte (sachverständige) Zeuge nicht zugelassen wurde. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass weder die unterbliebene Einvernahme als Partei noch das Unterlassen der Einvernahme beantragter Zeugen als Verletzung des rechtlichen Gehörs anzusehen sind (vgl RIS-Justiz RS0006048 [T11]). Der Grundsatz des Parteiengehörs fordert nur, dass der Partei ein Weg eröffnet wird, auf dem sie ihre Argumente für ihren Standpunkt vorbringen kann (RIS-Justiz RS0006048). Warum der schon im Verfahren erster Instanz anwaltlich vertretenen Klägerin diese Möglichkeit nicht offen gestanden wäre, vermag sie nicht aufzuzeigen. Die bereits in der Berufung erfolglos geltend gemachte Frage, ob zu dem bereits vorliegenden noch ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre, ob also ein schon in der Berufung behaupteter Mangel des Verfahrens erster Instanz vom Berufungsgericht zu Recht verneint wurde, ist vom Revisionsgericht auch in Sozialrechtssachen nicht mehr zu prüfen (RIS-Justiz RS0043061; 10 ObS 119/13t mwN).

3. Da dem Obersten Gerichtshof ein Eingehen auf die von der Rechtsmittelwerberin inhaltlich weiterhin geltend gemachte angebliche Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verwehrt ist, ist auch die Begründung, die das Berufungsgericht für das Nichtvorliegen des Verfahrensmangels gegeben hat, der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei (RIS-Justiz RS0042963 [T58]; RS0043061 [T18]; vgl auch RS0043144; jüngst: 10 ObS 95/13p und 10 ObS 98/13d mwN).

3.1. Die Beurteilung, ob noch weitere Beweisaufnahmen erforderlich waren oder nicht, kann in der Revision auch auf dem Umweg der Rüge einer Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Beweisaufnahme nicht mehr bekämpft werden (RIS-Justiz RS0043320 [T26]).

4. Davon abgesehen gehört die Frage, ob ein Sachverständigengutachten schlüssig und nachvollziehbar ist, zur Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen und kann daher im Revisionsverfahren nicht überprüft werden (RIS-Justiz RS0043320 [T8, T12, T14, T21]). Eine Anfechtung der Ergebnisse von Sachverständigengutachten, welche die Tatsacheninstanzen ihren Entscheidungen zugrunde legten, kann unter dem Gesichtspunkt eines Verfahrensmangels somit gar nicht erfolgen (RIS-Justiz RS0043168).

5. Mittels Rechtsrüge sind Gutachtensergebnisse nur bekämpfbar, wenn dabei ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze, (sonstige) Erfahrungssätze oder zwingende Gesetze des sprachlichen Ausdrucks unterlaufen sind (RIS-Justiz RS0043168; RS0043404 ua; 10 ObS 115/12b; jüngst: 10 ObS 90/13b und 10 ObS 95/13p). Einen Verstoß dieser Art zeigt die außerordentliche Revision der Klägerin aber - wie bereits das Berufungsgericht nachvollziehbar dargelegt hat - gar nicht auf:

5.1. Die hier angesprochene Frage, ob dem Sachverständigengutachten gefolgt werden kann oder ob - wie die Klägerin meint - ein weiteres einzuholen gewesen wäre, ist nämlich eine solche der nicht revisiblen Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043163; RS0043320; RS0043414; 10 ObS 90/13b mwN), und wurde von den Tatsacheninstanzen (unanfechtbar) dahin beantwortet, dass die Ausführungen der Klägerin zur Unvollständigkeit bzw Unschlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens nicht überzeugend sind (S 6 f der Berufungsentscheidung).

5.2. Daher ist von folgenden - mit der Revision nicht mehr angreifbaren - Feststellungen auszugehen: Der im Befund vom 12. 1. 2011 (Blg ./C) festgestellte degenerative Einriss und die Degeneration des Meniskus der Klägerin sind nicht auf den Dienstunfall vom 3. 12. 2010 (Ausrutschen am Arbeitsweg und dadurch Zerrung des verdrehten rechten Knies, die jedoch folgenlos ausheilte) zurückzuführen, sondern durch anlagebedingte Degeneration des Meniskus entstanden, wobei (auch) das Auftreten der Fibrosen in keinem Zusammenhang mit dem aufgetretenen Meniskusriss steht, also (ebenfalls) nicht kausal auf das Unfallgeschehen am 3. 12. 2010 zurückzuführen ist. Die Klägerin erlitt aufgrund dieses Vorfalls also gar keine Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Mangels Vorliegens einer für die Entscheidung des Verfahrens relevanten Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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