OGH 12Os74/13v

OGH12Os74/13v5.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Sol und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Buchner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alban G***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15 Abs 1, 144 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Asmir K***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 7. Februar 2013, GZ 14 Hv 163/12x-81, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Asmir K***** des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15 Abs 1, 144 Abs 1 StGB (I./) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er in G*****

I./ am 8. Oktober 2012 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Andrea S***** durch gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, die Jürgen Ko***** am Vermögen schädigen sollte, zu nötigen versucht, indem er sie unter Androhung von Schlägen aufforderte, einen 100 Euro Schein zu überbringen;

II./ am 4. Mai 2012 Mihael M***** durch Versetzen von Schlägen am Körper verletzt, wodurch dieser zahlreiche Prellungen, ein Hämatom und eine Muskelzerrung erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die sich auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und Z 10a StPO stützt. Sie verfehlt ihr Ziel.

Die ungeachtet unterschiedlicher Anfechtungskategorien in einem zu I./ ausgeführte Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) zeigt weder formelle Begründungsdefizite auf noch vermag sie beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken an den dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Mängelrüge orientiert sich nämlich nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0116504, RS0119370), indem sie bloß einzelne Aspekte der Aussagen der Zeugen isoliert betrachtet und insbesondere auf die unterschiedliche Beschreibung der Kleidung des Angeklagten Bezug nimmt, ohne die Erwägungen des Erstgerichts, das sich durchaus auch mit den entsprechenden Ungereimtheiten auseinandergesetzt hat, zu berücksichtigen (US 7 f).

Dass aus den Beweismitteln auch für den Angeklagten günstigere Schlüsse möglich waren und jene des Urteils nicht zwingend sind, vermag Nichtigkeit nicht zu begründen (RIS-Justiz RS0098471, RS0099455). Mit der Behauptung, es lägen keine Beweisergebnisse vor, die eine „100%-ige Sicherheit für den Schuldspruch rechtfertigen“ würden und dem erneuten Hinweis auf die Täterbeschreibung (vgl im Übrigen das Ergebnis der Wahlkonfrontation ON 18 S 87) verlässt die Tatsachenrüge prozessordnungswidrig den Anfechtungsrahmen des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes. Denn Z 5a verlangt, aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen - deutlich und bestimmt zu bezeichnenden - Beweismaterial erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu entwickeln (RIS-Justiz RS0119583; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 471, 481).

Insgesamt werden von der Nichtigkeitsbeschwerde den Urteilsannahmen bloß eigene Auffassungen und Erwägungen des Beschwerdeführers entgegengestellt, somit unzulässig das Beweiswürdigungsermessen des Schöffengerichts angegriffen.

Die gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge (Z 9 lit a) hat den gesamten Urteilssachverhalt zugrunde zu legen und demnach auch die im Urteil in Ansehung der subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen mit dem darauf angewendeten Gesetz zu vergleichen (RIS-Justiz RS0099724, RS0099810).

Indem der Beschwerdeführer die Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 6 f) außer Acht lässt und diese aufgrund eigener Schlussfolgerungen aus dem Beweisverfahren in Abrede stellt, verfehlt er mangels Orientierung am festgestellten Sachverhalt die prozessordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0116565; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588 f).

Die Rechtsrüge wendet schließlich mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, absolute Versuchsuntauglichkeit (§ 15 Abs 3 StGB) ein, ohne jedoch - wie für die gesetzmäßige Darstellung eines Feststellungsmangels zu diesem Ausnahmesatz erforderlich - einen Hinweis auf dieses Ergebnis indizierende Verfahrensergebnisse darzustellen (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602) und verlässt mit Spekulationen über das Verhalten „durchschnittlich vernünftiger Menschen“ in der Situation des Opfers gänzlich den Anfechtungsrahmen.

Der Vollständigkeit halber sei im Übrigen festgehalten, dass ein Versuch nur dann absolut untauglich ist, wenn es unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls geradezu denkunmöglich ist, dass er zur Vollendung führen könnte, wobei die Versuchstauglichkeit nicht an der misslungenen Versuchshandlung, sondern am Tatplan des Täters zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0115363).

Da die Diversionsrüge (Z 10a) bloß zu II./ des Schuldspruchs unter Außerachtlassung der gebotenen Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Kriterien (Schroll, WK-StPO § 198 Rz 21 ff) unter der Prämisse eines Freispruchs von I./ argumentiert, erübrigt sich ein inhaltliches Eingehen darauf, zumal im Übrigen eine Teilung in eine diversionelle Erledigung und eine Sanktion nach Schuldspruch nicht zulässig ist (Schroll, WK-StPO § 198 Rz 47).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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