OGH 4Ob223/12s

OGH4Ob223/12s19.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Einsatzgruppe GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wiener Neustadt, wegen Unterlassung (Streitwert 16.000 EUR), Änderung der Firma der Beklagten (Streitwert 16.000 EUR), Rechnungslegung (Streitwert 1.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision und den Rekurs der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. August 2012, GZ 4 R 165/12g‑18, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 6. März 2012, GZ 11 Cg 35/11a‑12, teilweise abgeändert und teilweise unter Rückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz aufgehoben wurde, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

1. Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.049,04 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 174,84 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

2. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Inhaberin der österreichischen Wort-Bild-Marke AT 135.825 mit dem Wortbestandteil „SKORPION MOBILE EINSATZGRUPPE“ und der bildlichen Darstellung eines Skorpions. Die Marke ist mit Priorität vom 11. September 1990 für Bewachungsdienste (Klasse 39) und Dienstleistungen eines Detektivs (Klasse 42) eingetragen. In ihrer Firma führt die Klägerin den Begriff „Skorpion“ seit 2008.

Die Beklagte wurde 1992 als „Scorpio Security Bewachungen GmbH“ gegründet. Sie bietet ebenso wie die Klägerin Bewachungs- und Detektivdienstleistungen an.

Die Klägerin beantragt, der Beklagten aufzutragen,

1. es zu unterlassen, Bewachungsdienstleistungen und/oder Dienstleistungen als Detektiv unter der Bezeichnung „Scorpio“ oder in einer anderen, dem Kennzeichen „Skorpion“ der Klägerin verwechselbar ähnlichen Bezeichnung anzubieten und/oder zu erbringen;

2. binnen drei Monaten ihre Firma derart zu ändern, dass darin die Bezeichnung „Scorpio“ oder ein anderes, dem Kennzeichen „Skorpion“ der Klägerin verwechselbar ähnliches Wort nicht mehr aufscheint;

3. über die unter ihrer Firma erzielten Umsätze Rechnung zu legen und die Überprüfung der Rechnungslegung durch die Klägerin ‑ insbesondere durch einen Sachverständigen nach deren Wahl ‑ unter den Kostenfolgen des § 151 PatG zu dulden.

Damit verbindet die Klägerin ein Begehren auf Urteilsveröffentlichung im Textteil je einer Sonntag-Stammausgabe der Tageszeitungen „Kronen Zeitung“ und „Kurier“. Sie stützt sich auf ihre gegenüber der Firma der Beklagten ältere Marke. Zudem habe ein Dritter schon 1986 eine (andere) Wort-Bild-Marke „Skorpion“ angemeldet, die die Klägerin nach ihrer Gründung „übernommen“ habe. Da sie die Marke in „geänderter“ Form verwenden wollte, habe der Dritte aber die Löschung seiner Marke beantragt, gleichzeitig habe die Klägerin ihre eigene Marke angemeldet. Sie könne sich daher auch auf die Priorität des älteren Zeichens stützen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Ihr Gründer habe vor 1990 eine mit „Skorpion“ bezeichnete Einheit der Wiener Polizei geführt. Er und seine Mitarbeiter seien unter diesem Namen auch aufgrund „privater“ Aufträge tätig geworden. Nach Auflösung der Polizeieinheit sei die Beklagte gegründet worden und habe den Namen weitergeführt. Sie verfüge daher über die älteren Rechte. Denn die Klägerin könne sich nicht auf die Priorität der vom Dritten angemeldeten Marke berufen. Diese habe anders ausgesehen, zudem sei sie gelöscht worden. Außerdem habe der Dritte seine Marke bis 1996 in seinem eigenen Unternehmen genutzt; die Klägerin habe sie daher nicht „übernommen“. Die Klägerin habe die Marke in der geschützten Form in den letzten fünf Jahren nicht ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt, da sie hauptsächlich auf dem Gebiet des Personenschutzes und damit in Zivil ohne Kennzeichnung tätig gewesen sei. Sie habe den ihr bekannten Auftritt der Beklagten jahrelang geduldet, weshalb die Ansprüche verwirkt seien. Es bestehe keine Verwechslungsgefahr.

Die Klägerin erwidert, sie habe die Marke in den letzten fünf Jahren ernsthaft benützt, und zwar durch „verdeckte“ Verwendung entsprechender Dienstmarken im Personenschutz und Detektivbereich, auf ihrer Website und auf ihren Streifenwagen sowie durch eine im Jahr 2003 gegründete Tochtergesellschaft. Vom Auftritt der Beklagten habe sie erstmals im September 2010 erfahren. Auf die Nutzung eines vergleichbaren Zeichens durch eine Polizeieinheit könne sich die Beklagte zur Begründung der Priorität nicht berufen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in den Punkten 1 bis 3 statt und wies das Veröffentlichungsbegehren ab. Von der Berufung der Beklagten bekämpft stellte es fest, die Klägerin habe

- ihre Bewachungs- und Detektivdienst-leistungen seit 1990 unter der Bezeichnung „Skorpion“ angeboten; insbesondere habe sie Uniformen, Dienstausweise, Dienstmarken ihrer Mitarbeiter und ihre Einsatzfahrzeuge mit ihrer Marke gekennzeichnet;

- vom Auftritt der Beklagten unter der Bezeichnung „Scorpio“ bis 2010 nichts gewusst.

„Scorpio“ im Firmenwortlaut der Beklagten und der Markenbestandteil „Skorpion“ seien nahezu ident, daher bestehe im Hinblick auf die zu denselben Warenklassen gehörenden Dienstleistungen Verwechslungsgefahr. Die Klägerin habe die älteren Rechte, weil sich die Beklagte nicht auf die „Verkehrsgeltung“ einer Polizeieinheit berufen könne. Die Klägerin habe ihre Marke geltungserhaltend benutzt, sie habe auf ihr Ausschließungsrecht nicht schlüssig verzichtet. Damit sei der Unterlassungs-, Beseitigungs- und Rechnungslegungsanspruch begründet. Ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit bestehe jedoch nicht, da sogar den Streitteilen der Auftritt des anderen branchenintern unbekannt geblieben sei.

Das von beiden Seiten angerufene Berufungsgericht wies Punkt 2 des Begehrens (Änderung der Firma) mit Teilurteil ab. Im Übrigen hob es das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache insofern zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es bewertete seinen Entscheidungsgegenstand mit (insgesamt) über 30.000 EUR und sprach aus, dass Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig, die ordentliche Revision gegen das Teilurteil hingegen nicht zulässig sei.

Die Beklagte sei nicht zur Änderung ihrer Firma verpflichtet. Nach § 10 Abs 1 iVm § 10a MSchG könne der Inhaber einer Marke (nur) deren Benutzung verbieten. Das Führen einer Firma sei nach der Entscheidung C‑17/06, Céline, für sich allein noch keine Benutzung der Marke. Daher bestehe kein Anspruch auf Änderung der Firma. Ob sich dasselbe Ergebnis auch aus der sinngemäßen Anwendung der Rechtsprechung zum Nichtbestehen eines markenrechtlichen Anspruchs auf Löschung einer Domain ergebe, könne offen bleiben. Im Übrigen sei die Sache jedoch nicht spruchreif. Die Klägerin nehme in den Begehren auf ihr „Kennzeichen Skorpion“ Bezug. Dies bedürfe einer über das Markenrecht hinausgehenden Grundlage, da nicht jeder Markenteil für sich schon ohne weiteres ein eigenständiges „Kennzeichen“ des Markeninhabers sei. Dies sei mit den Parteien zu erörtern. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Priorität sei bei registrierten Marken regelmäßig der Tag der Anmeldung, bei einer Firma der Zeitpunkt der Benutzungsaufnahme im Inland. Die Klägerin habe ihre Marke 1990 angemeldet, die Beklagte handle unter ihrer Firma erst seit 1992. Insofern besitze daher die Klägerin das bessere Recht. Nach § 33a Abs 1 MSchG könne aber jedermann die Löschung einer seit mindestens fünf Jahren im Inland registrierten Marke begehren, soweit diese innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung im Inland weder vom Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung von einem Dritten ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt worden sei. In einem solchen Fall bestehe auch kein Unterlassungsanspruch. Hätte also die Klägerin ihre Marke beispielsweise in den Jahren 1991 bis 1996 nicht entsprechend benutzt und somit an sich den Löschungstatbestand verwirklicht, so wäre ein im Jahre 1997 von ihr erhobenes Unterlassungsbegehren erfolglos geblieben. Damit wäre auch der Verlust ihrer vormaligen Priorität aus dem Jahr 1990 verbunden gewesen. Später begonnene Benutzungshandlungen könnten demjenigen, der zwischenzeitig ein Schutzrecht erworben habe, nicht mehr „rückwirkend entgegengehalten“ werden. Damit habe die Beklagte aufgrund ihrer seit 1992 verwendeten Firma Priorität. Entscheidungswesentlich dafür, ob die Klägerin ihre Marke iSd § 33a MSchG fünf Jahre lang ernsthaft benutzt habe, seien somit nicht die letzten fünf Jahre vor Klagseinbringung, sondern der Beginn der 1990er Jahre. Diese bisher nicht beachtete Rechtslage sei mit den Parteien zu erörtern, dann seien konkrete Feststellungen zu Benutzungshandlungen zu treffen. Weiters habe sich die Beklagte auf noch ältere Rechte im Zusammenhang mit einer einzelunternehmerischen Tätigkeit ihres Gründers bereits 1989 berufen. Das angefochtene Urteil enthalte dazu weder Feststellungen noch Rechtsausführungen. Verwirkung nach § 58 MSchG könne ‑ abgesehen von der subjektiven Kenntnis des Markeninhabers vom Eingriff in sein Markenrecht ‑ nur eintreten, wenn die Beklagte ihrerseits ein schutzfähiges Kennzeichen verwendet habe. Das setze ‑ mangels eigener Markenregistrierung ‑ Verkehrsgeltung voraus. Solange die Beklagte daher nicht behaupte und beweise, dass ihrer Bezeichnung Verkehrsgeltung zukomme, gehe ihr Verwirkungseinwand jedenfalls fehl. Daher müsse derzeit nicht geprüft werden, ob die Feststellungen des Erstgerichts zur Kenntnis der Beklagten zuträfen. Zu den bekämpften Feststellungen, auf die es nicht ankomme, lägen bloße „Scheinbegründungen“ vor, die das Erstgericht im zweiten Rechtsgang vermeiden müsse. Das Veröffentlichungsinteresse könne nicht von vornherein verneint werden, weil es insofern auf die Verhältnisse bei Schluss der Verhandlung ankomme.

Die Revision sei nicht zulässig, weil die Rechtslage insofern durch die zitierte Entscheidung des EuGH nicht zweifelhaft sei. Hingegen fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Priorität „in Fällen wie dem gegenständlichen, in dem zwar der ursprüngliche Ablauf der fünfjährigen Benutzungsschonfrist des § 33a MSchG, jedoch eine nachträgliche ernsthafte Markenbenutzung innerhalb der letzten fünf Jahre vor Klagseinbringung im Raum“ stehe. Der Rekurs sei daher zulässig.

Gegen diese Entscheidung richten sich eine außerordentliche Revision und ein Rekurs der Klägerin. Sie beantragt, ihrem Begehren zur Gänze stattzugeben, hilfsweise das Teilurteil und den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts aufzuheben und dem Erstgericht (sic!) die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die Beklagte beantragt, die Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen, hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

A. Die Revision der Klägerin ist zulässig, weil die Rechtslage einer Klarstellung bedarf, sie ist aber nicht berechtigt.

1. Es trifft zu, dass der Oberste Gerichtshof in der Vergangenheit ohne weitere Differenzierung einen Anspruch auf Unterlassung des Führens einer Marke oder eines (kennzeichnungskräftigen) Markenbestandteils in einer Firma bejaht hat (4 Ob 334/75 = ÖBl 1976, 39; RIS-Justiz RS0078749; 4 Ob 80/92 = wbl 1993, 164 ‑ Coss). Daraus wird in der Lehre ‑ in sich schlüssig ‑ abgeleitet, dass bei Vorliegen von Verwechslungsgefahr ein Anspruch auf Änderung der (jüngeren) Firma bestehe, der als Beseitigungsanspruch iSv § 52 Abs 1 MSchG zu qualifizieren sei ( Korn in Kucsko , marken.schutz [2006] 740; Koppensteiner , Markenrecht [2012] F Rz 89).

2. Diese Auffassung kann allerdings nicht aufrecht erhalten werden.

2.1. Nach § 10 Abs 1 MSchG (Art 5 Abs 1 MarkenRL) kann der Inhaber einer Marke Mitbewerbern untersagen, (a) ein identisches Zeichen zur Kennzeichnung identischer Waren oder Dienstleistungen zu verwenden (Doppelidentität) oder (b) die Marke oder eine ähnliche Zeichenmarke in einer Verwechslungsgefahr begründenden Weise zur Kennzeichnung identischer oder ähnlicher Waren oder Dienstleistungen zu verwenden. Eine solche kennzeichenmäßige Verwendung wurde in der früheren Rechtsprechung ohne weitere Differenzierung auch bei der Verwendung einer Marke oder eines Markenbestandteils als Firma oder Teil einer Firma bejaht, weil damit zwar unmittelbar auf die Person des Unternehmensinhabers, mittelbar aber doch auch auf die Herkunft der aus diesem Unternehmen stammenden Waren und Dienstleistungen hingewiesen würde (4 Ob 339/81 = SZ 54/68 = ÖBl 1981, 162 [ Schönherr ] ‑ Euro.TV-Produktion; RIS-Justiz RS0066705; ebenso die frühere Rechtsprechung des BGH, zuletzt etwa I ZR 161/02 = GRUR 2005, 871 - Seicom).

2.2. Aufgrund der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-17/06 (Céline, Slg 2007 I‑7041) bedarf diese Auffassung einer Korrektur. Danach ist die Benützung einer Marke durch den Inhaber einer gleichnamigen Firma infolge der unterschiedlichen Funktionen von Firma und Marke kein Kennzeichenverstoß (Rz 21), es sei denn, dass der dazu nicht befugte Dritte seine Firma auf den Waren, die er vertreibt, anbringt (Rz 22) oder sie in der Weise benutzt, dass eine Verbindung zwischen der Firma und den vom Dritten vertriebenen Waren hergestellt wird (Rz 23), sie also gewissermaßen zur Marke macht, und dadurch die Funktionen der Marke, insbesondere die Herkunftsfunktion, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (Rz 26). Eine solche Verwendung einer Firma als Warenzeichen war in der Entscheidung 17 Ob 36/08f (= ecolex 2009, 697 [ Horak ] = jusIT 2009, 136 [ Thiele ] ‑ Cobra) zu beurteilen. Hingegen greift die Nutzung einer fremden Marke nur als (Teil einer) Unternehmensbezeichnung noch nicht in Markenrechte ein, entscheidend ist vielmehr, ob damit auch Waren oder Dienstleistungen gekennzeichnet werden und ob in diesem Fall Doppelidentität oder Verwechslungsgefahr vorliegt. Das hat inzwischen auch den deutschen Bundesgerichtshof veranlasst, seine oben (Punkt 2.1.) zitierte Rechtsprechung zu modifizieren. Die Marke ist gegen einen rein firmenmäßigen Gebrauch nicht mehr geschützt (I ZR 33/05 = GRUR 2008, 254 ‑ The Home Store; I ZR 49/05 = GRUR 2008, 1002 ‑ Schuhpark). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.

2.3. Daraus folgt, dass auch kein markenrechtlicher Anspruch auf (vollständige oder teilweise) Löschung einer Firma bestehen kann. Denn ein solcher Anspruch wäre wegen der Zulässigkeit der rein firmenmäßigen Nutzung durch keinen gleich weit reichenden Unterlassungsanspruch gedeckt; er ginge über das hinaus, was der Markeninhaber materiell‑rechtlich verlangen kann. Dazu kommt ein Weiteres: Der Schutz der Marke besteht nur in Bezug auf bestimmte Waren oder Dienstleistungen. Selbst eine unmittelbar kennzeichenmäßige Nutzung ‑ etwa durch das Bewerben von Dienstleistungen unter der Firma ‑ könnte daher nicht untersagt werden, wenn weder Doppelidentität noch Verwechslungsgefahr besteht. Die Rechtslage ist hier nicht anders als bei der Nutzung einer fremden Marke als Domain-Name: Der Unterlassungsanspruch bezieht sich auch dort (nur) auf die konkrete Verwendung zur Kennzeichnung bestimmter (Webseiten-)Inhalte; ein Löschungsanspruch besteht daher ‑ anders als nach der früheren Rechtsprechung ‑ nicht (17 Ob 13/07x = SZ 2007/152 = jusIT 2008, 14 [ Thiele 85] = ÖBl 2008, 83 [ Gamerith ] = ecolex 2008, 251 [ Boecker / Straberger ] ‑ Ski Amadé; RIS‑Justiz RS0122725; zuletzt 4 Ob 197/10i = jusIT 2011, 91 [ Thiele ] = ecolex 2011, 726 [ Schumacher ] = ÖBl 2011, 225 [ Gamerith ] ‑ faschingprinz.at). Gleiches muss für den markenrechtlich begründeten Anspruch auf vollständige oder teilweise Löschung einer Firma gelten.

3. Aus diesen Gründen muss die Revision gegen das Teilurteil scheitern. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:

Nur die Verwendung einer Firma als Warenzeichen kann in Rechte an einer Marke eingreifen und daher unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 MSchG Unterlassungsansprüche begründen. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Änderung oder Löschung der Firma als solcher besteht nicht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

B. Der Rekurs der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zu § 33a MSchG tragen die Aufhebung nicht.

1.1. § 33a MSchG regelt den Antrag auf Löschung einer Marke wegen Nichtbenutzung. Nach § 33a Abs 1 MSchG sind grundsätzlich die letzten fünf Jahre vor der Antragstellung maßgebend. § 33a Abs 4 MSchG enthält eine Sonderregelung für den Fall, dass der Markeninhaber (oder Lizenznehmer) die Benutzung erst aufgenommen hatte, nachdem er sich gegenüber dem Antragsteller auf die Marke berufen hatte (Z 1) oder nachdem der Antragsteller den Markeninhaber auf die Nichtbenutzung hingewiesen hatte (Z 2). Auf eine solche Nutzung kann sich der Markeninhaber nicht berufen, wenn der Antrag binnen drei Monaten nach der erstmaligen Berufung auf die Marke oder dem erstmaligen Hinweis auf deren Nichtbenutzung gestellt wird.

1.2. Diese Regelung beruht auf Art 12 Abs 1 MarkenRL:

„Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist.

Wird die Benutzung innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Stellung des Antrags auf Verfallserklärung begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag auf Verfallserklärung gestellt werden könnte.“

Diese Bestimmung legt zwar ‑ anders als § 33a Abs 1 MSchG ‑ im ersten Unterabsatz nicht ausdrücklich fest, dass grundsätzlich die letzten fünf Jahre vor der Antragstellung maßgebend sind. Diese Rechtsfolge ergibt sich aber eindeutig aus dem zweiten und dritten Unterabsatz, wonach eine nach Ablauf der fünf Jahre begonnene oder wieder aufgenommene Benutzung den Verfall im Regelfall ausschließt; die im dritten Unterabsatz enthaltene Ausnahme entspricht im Kern dem § 33a Abs 3 Z 2 MSchG.

1.3. Der Senat hat aus § 33a MSchG abgeleitet, dass die Nichtbenutzung auch einredeweise gegen einen Unterlassungsanspruch des Markeninhabers eingewendet geltend gemacht werden kann (4 Ob 134/06v = ecolex 2007, 266 [ Schumacher ] = RdW 2007, 204 [ Grünzweig ] = ÖBl 2007, 176 [ Donat ] ‑ Buzz!; 17 Ob 11/08d = SZ 2008/68 = ÖBl 2009, 44 ‑ Buzz! II; 17 Ob 40/08v = ecolex 2009, 779 [ Schumacher ] ‑ Tramontana II). Dies ist durch Art 11 Abs 3 MarkenRL gedeckt:

„Unbeschadet der Anwendung des Artikels 12 in den Fällen, in denen eine Widerklage auf Erklärung des Verfalls erhoben wird, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Marke in einem Verletzungsverfahren nicht wirksam geltend gemacht werden kann, wenn im Wege der Einwendung Nachweise erbracht werden, dass die Marke gemäß Artikel 12 Absatz l für verfallen erklärt werden könnte.“

Auch diese Bestimmung stellt darauf ab, dass die Marke „für verfallen erklärt werden könnte“ („could be revoked“, „que le titulaire de la marque pourrait être déchu de ses droits“), dass also der Löschungstatbestand iSv Art 12 Abs 1 MarkenRL (§ 33a MSchG) in jenem Zeitpunkt erfüllt ist, in dem der Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird. Maßgebend sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse bei Schluss der Verhandlung erster Instanz (17 Ob 40/08v ‑ Tramontana).

1.4. Das Berufungsgericht vertritt demgegenüber die Auffassung, dass schon die Möglichkeit der Löschung in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum ausreiche, um ein während dieses Zeitraums ‑ sei es durch Aufnahme der Benutzung, Erlangen von Verkehrsgeltung oder Registrierung ‑ entstandenes Kennzeichenrecht als (relativ) „älteres“ Recht iSv § 10 Abs 1 MSchG zu qualifizieren. Damit käme es für die Priorität nicht mehr auf den Registerstand an. Vielmehr könnte der Inhaber eines (formal) jüngeren Rechts als Beklagter im Verletzungsstreit einwenden, dass sein Recht zu einem Zeitpunkt entstanden sei, zu dem das (formal) ältere Recht hätte gelöscht werden können (auch wenn es inzwischen zufolge erstmals oder neuerlich aufgenommener Benutzung wieder bestandkräftig ist).

1.5. Eine solche Durchbrechung des Registerprinzips ist in § 22 Abs 1 Z 2 dMarkenG vorgesehen. Danach ist der Einwand des Entstehens eines „Zwischenrechts“ zulässig und führt nach § 22 Abs 2 d MarkenG zur Koexistenz der Rechte. § 51 Abs 4 dMarkenG sieht dementsprechend vor, dass die jüngere Marke in einem solchen Fall auch nicht aufgrund des (formal) besseren Zeitrangs der älteren Marke gelöscht werden kann. In der deutschen Lehre wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass dies mit der Richtlinie vereinbar sei ( Ingerl/Rohnke , Markengesetz 3 [2010] § 22 Rz 11 mwN; Hacker in Ströbele/Hacker , Markengesetz 10 [2012] § 22 Rz 2; aA Lange , Ist das Zwischenrecht wegen Nichtbenutzung noch zu halten? MarkenR 2009, 11 ff; rechtsvergleichend Bomhard , Zwischenrechte im europäischen Markenrecht, MarkenR 2008, 291 ff). Während der Wortlaut von § 22 Abs 1 Z 2 dMarkenG nur den Fall erfasst, dass die ältere Marke bei Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke löschungsreif ist, bejaht der BGH das Entstehen eines Zwischenrechts auch dann, wenn die Eintragung der jüngeren Marke zu einem Zeitpunkt veröffentlicht wurde, in dem die ältere Marke noch nicht löschungsreif war, diese Löschungsreife aber in weiterer Folge eintrat, ohne dass die jüngere Marke zuvor gelöscht worden wäre (I ZR 187/98 = GRUR 2002, 59 ‑ ISCO [Rz 39]). Der spätere Eintritt der Löschungsreife bei der älteren Marke saniert daher die ursprüngliche Löschungsreife der jüngeren.

1.6. Es kann dahinstehen, ob der ‑ nach Ansicht des Senats eindeutige ‑ Wortlaut der Richtlinie Spielraum für eine solche nationale Regelung bietet. Dem österreichischen Recht ist eine derartige Regelung jedenfalls nicht zu entnehmen. Vielmehr übernimmt § 33a MSchG, wie oben dargestellt, ohne weitere Einschränkung die entsprechende Bestimmung der Richtlinie. Damit wird eine Entwertung des Registers verhindert: Denn die Priorität eingetragener Marken bestimmt sich damit ausschließlich nach dem Registerstand, nicht (auch) nach den faktischen Verhältnissen während vergangener Zeiträume. Der Inhaber eines jüngeren Rechts wird durch das Nichtentstehen von „Zwischenrechten“ bei zwischenzeitiger Löschungsreife eines älteren Rechts nicht unverhältnismäßig belastet: Zum einen muss er vor Aufnahme der Nutzung eines Kennzeichens ohnehin im eigenen Interesse prüfen, ob entgegenstehende ältere Rechte bestehen. Ist ein solches Recht löschungsreif, kann er einen entsprechenden Antrag stellen; unterlässt er das, fällt ihm Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten zur Last. Zum anderen steht ihm der Verwirkungseinwand nach § 58 MSchG zur Verfügung, wenn der Inhaber der älteren Marke die Nutzung des jüngeren Kennzeichens fünf Jahre geduldet hat.

2. Damit ist ‑ im Sinn der bisherigen Rechtsprechung (oben B.1.3.) ‑ entscheidend, ob bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz Löschungsreife vorlag. Das traf zwar nach den (pauschalen) Feststellungen des Erstgerichts nicht zu. Das Berufungsgericht nahm insofern aber eine formal mangelhafte Beweiswürdigung („Scheinbegründung“), also einen Mangel des Verfahrens erster Instanz an. Damit hat es im Ergebnis bei der Aufhebung zu bleiben. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren konkrete Feststellungen zur Nutzung der Marke der Klägerin zu treffen haben. Analog § 33a Abs 3 MSchG wären dabei Nutzungshandlungen, die erst nach der erstmaligen Berufung der Klägerin auf ihre Marke und nicht früher als drei Monate vor Erheben der Verfallseinrede durch die Beklagte aufgenommen wurden, unerheblich. Eine ernsthafte Nutzung läge jedenfalls vor, wenn die Klägerin unter der Marke für ihre Dienstleistungen geworben hätte. Die Rechtslage wird mit den Parteien zu erörtern sein; ob danach weitere Beweise aufzunehmen sind, ist von den Tatsacheninstanzen zu beurteilen.

3. Sollte der Einwand des Verfalls scheitern, wäre ‑ wie bereits vom Berufungsgericht aufgetragen ‑ die Berufung der Beklagten auf noch ältere Rechte zu prüfen. Selbstverständlich kann sich die Beklagte nicht auf die (offenkundig informelle) Bezeichnung einer Polizeieinheit stützen. Ihrem Vorbringen ist jedoch zu entnehmen, dass ihr Gründer diese Bezeichnung als Einzelunternehmer geführt hat. Ein schlüssiges Vorbringen, weswegen sie daraus Rechte ableiten kann (Rechtsnachfolge?), hat sie bisher aber nicht erstattet. Gleiches gilt für den Versuch der Klägerin, sich auf wiederum ältere Rechte eines Dritten zu berufen. Dies wird mit den Parteien zu erörtern sein.

4. Wenn noch erforderlich, wird das Erstgericht in weiterer Folge neuerlich über den Verwirkungseinwand zu entscheiden haben. Insofern hat das Rekursgericht im Ansatz zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Verwirkung nur gegenüber einem jüngeren Kennzeichenrecht eintreten kann (17 Ob 14/09x = ÖBl 2010, 122 [ Gamerith ] ‑ Burberry-Karo). Im vorliegenden Fall ist allerdings zu beachten, dass sich die Beklagte ohnehin auf ihre Firma ‑ also ein registriertes Kennzeichenrecht ‑ stützt. Daher ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass sie insofern (zusätzlich) Verkehrsgeltung nachweist. Wohl aber muss sie behaupten und beweisen, dass sie die strittigen Dienstleistungen unter dieser Firma angeboten hat und die Klägerin davon Kenntnis hatte. Denn die Verwirkung tritt nur für jene Waren oder Dienstleistungen ein, für die das jüngere Zeichen verwendet wurde (17 Ob 14/09x ‑ Burberry-Karo). Der Beweis der Kenntnis ist der Beklagten zwar nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht gelungen. Auch insofern hat das Berufungsgericht aber (erkennbar) eine formal mangelhafte Begründung und damit einen Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens angenommen. Dies ‑ wenn noch erforderlich ‑ wird im fortgesetzten Verfahren zu beheben sein.

5. Zu erörtern bleibt zuletzt die Fassung des Unterlassungsbegehrens. Dabei ist allerdings zu beachten, dass schon ein einzelner Markenbestandteil gegen unbefugte Verwendung Schutz genießt, sofern er für sich allein unterscheidungskräftig und durch seine Verwendung die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen ist (RIS-Justiz RS0066816; zuletzt etwa 4 Ob 38/06a = ÖBl 2007, 22 ‑ Shopping-City). Die Bezugnahme auf ein „Kennzeichen Skorpion“ ist allerdings tatsächlich missverständlich.

6. Aus diesen Gründen hat es im Ergebnis bei der Aufhebung in die erste Instanz zu bleiben. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht jedoch die oben dargestellte Rechtslage zu beachten haben.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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