OGH 8Ob143/12f

OGH8Ob143/12f24.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin A***** Gesellschaft mbH, zuletzt *****, vertreten durch Dr. iur. F***** B*****, über den Rekurs der Gemeinschuldnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 19. Oktober 2012, GZ 13 Nc 12/12g, 13 Nc 13/12d-2, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

1. Die Gemeinschuldnerin bekämpfte mit Rekurs vom 8. 8. 2012 (ON 516) den Beschluss des Erstgerichts vom 25. 7. 2012 (ON 499). Dieser Rekurs wurde dem Rekursgericht zur Entscheidung am 3. 9. 2012 zur AZ 28 R 178/12w vorgelegt.

Mit einem weiteren Rekurs vom 4. 9. 2012 (ON 529) bekämpfte die Gemeinschuldnerin den Beschluss des Erstgerichts vom 21. 8. 2012 (ON 521). Dieser Rekurs wurde dem Rekursgericht zur Entscheidung am 12. 9. 2012 zur AZ 28 R 190/12k vorgelegt.

Am 17. 9. 2012 überreichte die nunmehrige Rekurswerberin in beiden Rechtsmittelverfahren einen Ablehnungsantrag gegen sämtliche Mitglieder des Senats 6 des Erstgerichts. Sie begründet den Ablehnungsantrag zusammengefasst damit, dass die an der in diesem Konkursverfahren ergangenen Rekursentscheidung vom 1. 12. 2009, AZ 28 R 137/09m, beteiligten Senatsmitglieder schwerwiegende Rechtsverletzungen zu verantworten hätten. Sie hätten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht beachtet und das Vorliegen einer Patronatserklärung verschwiegen, aus der sich die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin ergeben hätte. Sie seien - trotz einer von der Gemeinschuldnerin vorgelegten Bilanz - zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese über keine Vermögenswerte verfüge. Aus dieser Bilanz hätte sich auch die Werthaltigkeit einer Forderung der Gemeinschuldnerin ergeben. Dennoch seien die Mitglieder des Rekurssenats in Verkennung der Sach- und Rechtslage von der Wertlosigkeit dieser Forderung ausgegangen. Infolgedessen habe die Gemeinschuldnerin die ihr gemäß § 119 Abs 5 KO überlassenen Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz in einem noch anhängigen Amtshaftungs- und Schadenersatzprozess geltend gemacht. Die abgelehnten Richter seien zwar nicht formell, jedoch materiell als Parteien dieses Amtshaftungsverfahrens anzusehen. Sie müssten in diesem Verfahren als Zeugen aussagen und seien von Regressansprüchen bedroht. Überdies seien sie vom Präsidenten des Rekursgerichts zur Stellungnahme zu den von der Gemeinschuldnerin geltend gemachten Ansprüchen herangezogen worden. Die Gemeinschuldnerin gehe daher in effektiver Art und Weise und nicht vollkommen begründungslos gegen die abgelehnten Richter vor. Diese hätten nunmehr über zwei weitere Rechtsmittel der Gemeinschuldnerin zu entscheiden, die den anhängigen Amtshaftungs- und Schadenersatzprozess beeinflussen könnten. Aktenkundig sei auch, dass die abgelehnten Richter vielfach die Fehlleistungen des Masseverwalters nicht wahrhaben wollten. Der Ablehnungsantrag richte sich gegen sämtliche Mitglieder des Senats, weil noch nicht feststehe, aus welchen Senatsmitgliedern der Senat sich bei der nun zu treffenden Entscheidung über die eingebrachten Rekurse zusammensetzen werde. Jedoch begründe bereits das kollegiale Naheverhältnis auch der nicht an der Entscheidung vom 1. 12. 2009 beteiligten Senatsmitglieder infolge der Tätigkeit im selben Senat deren Befangenheit.

Das Erstgericht wies den Ablehnungsantrag sowie den Antrag der Gemeinschuldnerin auf Zustellung der Äußerungen der als befangen abgelehnten Richter zum Ablehnungsantrag zurück. Es ging - soweit für das Rekursverfahren noch wesentlich - zusammengefasst davon aus, dass Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen seien. Die Ablehnungswerberin habe nicht dargelegt, warum das Interesse der abgelehnten Richter am Ausgang eines Amtshaftungsverfahrens für die Entscheidung über die nunmehr vorgelegten Rekurse maßgeblich sein sollte. Ein allenfalls kollegiales Naheverhältnis begründe keine Befangenheit.

Gegen diese Entscheidung, und zwar lediglich im Umfang der Abweisung des Ablehnungsantrags gegen die an der Entscheidung vom 1. 12. 2009, AZ 28 R 137/09m, beteiligten Senatsmitglieder, richtet sich der Rekurs der Gemeinschuldnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und dem Ablehnungsantrag stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), er ist jedoch nicht berechtigt.

Bei der Prüfung, ob Befangenheit vorliegt, ist im Interesse des Ansehens der Justiz grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen; schon der Anschein, ein Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten, muss jedenfalls vermieden werden (RIS-Justiz RS0046052; RS0045949). Dementsprechend genügt es auch, wenn die Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss, also bei objektiver Betrachtungsweise der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (9 ObA 6/12s mwH). Die Ablehnung soll allerdings nicht die Möglichkeit bieten, dass sich Parteien eines nicht genehmen Richters entledigen können (RIS-Justiz RS0109379; RS0111290 ua).

Aus der bloßen Tatsache, dass Amtshaftungsansprüche wegen Entscheidungen eines Richters geltend gemacht werden, kann - was die Rekurswerberin nicht bestreitet - nach der ständigen Rechtsprechung keine Befangenheit abgeleitet werden. Von einem Richter kann erwartet werden, dass er auch dann unbefangen entscheidet, wenn eine Partei gegen ihn Klagen, Aufsichtsbeschwerden oder Strafanzeigen erstattet (RIS-Justiz RS0045970). Es müssen daher besondere Umstände hinzutreten, um einen Zweifel an der Unbefangenheit annehmen zu können (RIS-Justiz RS0046101; 7 Ob 252/07w). Solche besonderen Umstände zeigt die Rekurswerberin schon deshalb nicht auf, weil die von ihr aufgezählten Umstände regelmäßig Begleiterscheinungen eines Amtshaftungsverfahrens sind.

Die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass eine (behauptete) Unrichtigkeit der Entscheidung des Rekurssenats vom 1. 12. 2009, AZ 28 R 137/09m keinen Ablehnungsgrund begründet (8 Ob 121/09s mwH; 4 Ob 217/07a mwN), weil Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen sind (RIS-Justiz RS0111290), stellt die Rekurswerberin nicht in Frage. Dass sich die Richter bei ihrer Entscheidung von unsachlichen Überlegungen hätten leiten lassen, hat die Rekurswerberin schlüssig nicht vorgebracht, zumal selbst sie die Möglichkeit eines bloß fahrlässigen Verhaltens einräumt.

Dem unberechtigten Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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