Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 18. 5. 2009 eröffnete das Landesgericht K***** das Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin und bestellte Rechtsanwalt Dr. G***** R***** zum Masseverwalter. Gegen diesen Beschluss erhob ua die Gemeinschuldnerin Rekurs an das Oberlandesgericht Wien (28 R 137/09m) und beantragte, ihrem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Mit Beschluss vom 2. 6. 2009 wies das Konkursgericht den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unter Hinweis auf § 71c Abs 2 KO ab. Auch gegen diesen Beschluss erhob die Gemeinschuldnerin Rekurs (28 R 138/09h des Oberlandesgerichts Wien), in welchem sie ua beantragte, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend § 71c Abs 2 KO einzuleiten. Mit Beschluss vom 3. 8. 2009, 28 R 138/09h, gab das Oberlandesgericht Wien in der Besetzung ua des Senatspräsidenten Dr. R***** als Vorsitzenden und der Richterin des OLG Dr. F***** als Mitglied des Senates diesem Rekurs nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist; gegen die Bestimmung des § 71c Abs 2 KO bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Am 17. 8. 2009 überreichte die nunmehrige Rekurswerberin einen Ablehnungsantrag gegen den Senatspräsidenten des OLG Dr. R***** und die Richterin des OLG Dr. F***** als Mitglieder des Rekurssenats zu 28 R 138/09h. Sie begründet den Ablehnungsantrag zusammengefasst damit, dass die Genannten eine „geradezu verfassungswidrige Rechtsansicht" zu § 71c Abs 2 KO im Beschluss vom 3. 8. 2009 vertreten hätten, die an ihrer Objektivität zweifeln ließe. Diese unrichtige und unzulänglich begründete Rechtsansicht stehe zur Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs in Widerspruch und „indiziere" daher eine Befangenheit der abgelehnten Mitglieder des Senats.
Das Oberlandesgericht Wien wies den Ablehnungsantrag zurück. Es ging zusammengefasst davon aus, dass Richter dann als befangen anzusehen sind, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, ihre Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Der Ablehnungsantrag enthalte jedoch keine Ablehnungsgründe gegen die abgelehnten Richter, sondern beziehe sich nur auf die Begründung ihrer Entscheidung. Aus dem Umstand, dass das Rekursgericht der Anregung zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nicht gefolgt sei, könne keine Befangenheit abgeleitet werden. Nicht einmal aus einer unrichtigen Entscheidung könne eine Befangenheit abgeleitet werden. Das Ablehnungsverfahren diene nicht der Überprüfung unrichtiger Rechtsmeinungen von Gerichten. Anhaltspunkte für eine vorgefasste Meinung der abgelehnten Mitglieder des Senats lägen nicht vor.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Gemeinschuldnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und dem Ablehnungsantrag stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN; Ballon in Fasching/Konecny, I2 § 24 JN Rz 5), jedoch nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin führt aus, dass die Frage, ob eine „ohne jede Begründung" erfolgte Ablehnung eines Antrags auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm bei objektiver Beurteilung Befangenheit begründen könne, noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen sei. Die Begründung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien vom 3. 8. 2009 sei „in Wahrheit eine Scheinbegründung" und daher gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nichtig. Der Verfassungsgerichtshof habe das Fehlen einer aufschiebenden Wirkung schon mehrfach - etwa im Zusammenhang mit § 61 Abs 1 Z 2 ASGG - als Verstoß gegen das „Rechtsstandsprinzip" (gemeint offenbar: Rechtsstaatsprinzip) gerügt. Auch könne die Vollziehung eines verfassungswidrigen Gesetzes mangels abwägender Begründung Amtshaftungsansprüche auslösen. Eine spätere Amtshaftung indiziere zwar in der Regel keine Befangenheit. Dies treffe jedoch hier nicht zu, weil das Rekursgericht in seiner Entscheidung vom 3. 8. 2009 nicht auf die ausführlichen Argumente der Gemeinschuldnerin in ihrem Rekurs gegen den Beschluss vom 2. 6. 2009 eingegangen sei.
Der Oberste Gerichtshof hat hiezu Folgendes erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung besteht das Wesen der Befangenheit im Sinne des § 19 JN in einer Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive (vgl RIS-Justiz RS0045975 mwN; Mayr in Rechberger ZPO3 § 19 JN Rz 4). Im Interesse des Ansehens der Justiz ist für die Beurteilung, ob Befangenheit vorliegt, ein strenger Maßstab anzuwenden (RIS-Justiz RS0045949), weil auch schon der Anschein, ein Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten, jedenfalls vermieden werden soll (RIS-Justiz RS0046052). Umgekehrt soll es durch die Regelungen über das Ablehnungsrecht nicht ermöglicht werden, sich nicht genehmer Richter entledigen zu können (RIS-Justiz RS0109379; RS0046087). Ob Befangenheit vorliegt, ist bezogen auf den jeweiligen Einzelfall zu beurteilen (RIS-Justiz RS0045933).
Eine (behauptete) Unrichtigkeit der Gerichtsentscheidung begründet im Allgemeinen keinen Ablehnungsgrund (4 Ob 217/07a mwN). Denn Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen (RIS-Justiz RS0111290). Es kann nicht Aufgabe des zur Beurteilung eines aus der Entscheidung eines Richters abgeleiteten Ablehnungsantrags berufenen gerichtlichen Organs sein, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (RIS-Justiz RS0046047). Auch das Vertreten einer bestimmten Rechtsansicht durch den Richter begründet in der Regel keinen Ablehnungsgrund (RIS-Justiz RS0045916). Schon Ballon wies zutreffend darauf hin (aaO § 19 JN Rz 10), dass die von der Rekurswerberin zitierte gegenteilige Entscheidung des LGZ Wien, EFSlg 72.758, vereinzelt geblieben ist.
Umstände, die beispielsweise auf eine vorgefasste, auf einseitigen Informationen beruhende oder nicht überprüfte Rechtsansicht der konkret abgelehnten Senatsmitglieder hindeuten (vgl wiederum Ballon aaO § 19 JN Rz 10 mwH) hat die Rekurswerberin gar nicht behauptet: vielmehr beziehen sich die Rekursausführungen ausschließlich auf die vom Entscheidungswillen des gesamten Senats getragene Begründung der Rekursentscheidung, die nach Ansicht der Rekurswerberin nichtig sei. Konkrete, den abgelehnten Senatspräsidenten und die abgelehnte Richterin betreffende Ablehnungsgründe werden auch im Rekurs nicht aufgezeigt. Die bloß vermeintlich unrichtige Begründung der Entscheidung vermag für sich allein im konkreten Fall daher keine Befangenheit der abgelehnten Senatsmitglieder zu begründen (RIS-Justiz RS0046019 [T3]; RS0111290).
Die Rekurswerberin zeigt daher keine Unrichtigkeit der erstgerichtlichen Entscheidung auf, weshalb dem Rekurs nicht Folge zu geben war.
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