OGH 4Ob184/12f

OGH4Ob184/12f28.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Horak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C***** KG., *****, vertreten durch Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung (Streitwert 31.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. Juli 2012, GZ 6 R 110/12g-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 28. April 2012, GZ 26 Cg 23/11b-31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.959,48 EUR (darin 326,58 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte erzeugt und vertreibt Stempel. Sie gab im Herbst 2010 eine Presseaussendung heraus, in der sinngemäß davon die Rede war, dass die Beklagte 2009 einen Jahresumsatz von knapp 50 Mio EUR erzielt hat. Tatsächlich lag der Umsatz der Beklagten 2009 inklusive „angegliederter Unternehmen“ bei rund 38,2 Mio EUR.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts, soweit darin der Beklagten aufgetragen wurde es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu behaupten, 2009 alleine oder mit ihren angegliederten Unternehmen knapp 50 Mio EUR Umsatz erzielt zu haben. Zum Bereich der unternehmensbezogenen Irreführung (§ 2 Abs 1 Z 6 UWG) zähle unter anderem auch die Irreführung über Unternehmenseigenschaften. Der Begriff der geschäftlichen Verhältnisse sei weit auszulegen; dazu gehörten auch Angaben über die Größe und Bedeutung eines Unternehmens, die die gewerbliche Tätigkeit im Wettbewerb förderten und mit dem Geschäft direkt oder indirekt in Beziehung stünden. Die angesprochenen Publikumskreise verbänden mit dem erzielten Umsatz eines Unternehmens auch dessen besondere Leistungsfähigkeit; ein Unternehmen, das einen namhaften höheren Umsatz zu erzielen vermöge, werde für leistungsfähiger gehalten. Wahrheitswidrige Angaben über die Höhe des tatsächlich erzielten Umsatzes eines Unternehmens seien daher irreführend iSd § 2 Abs 1 Z 6 UWG.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.

1.1. Kriterien für die Größe eines Unternehmens sind nicht nur die räumliche Ausdehnung eines Geschäfts und der Betriebsgebäude, die betriebliche Organisation, die Zahl der Beschäftigten, die Verkehrslage und der Lagerbestand, sondern vor allem auch das Warenangebot und der Umsatz (vgl 4 Ob 1/96 = RIS-Justiz RS0078382 [T1]; vgl auch 4 Ob 354/74 = RIS-Justiz RS0078386). Je nach konkretem Geschäftszweig kommt es für die Bedeutung eines Unternehmens auf dem Markt auch auf den Umsatz, die Kapitalkraft oder aber auf die Verwendung modernster technischer Hilfsmittel an (vgl 4 Ob 123/93). Im Umsatz eines Unternehmens kommt regelmäßig dessen Erfolg zum Ausdruck (4 Ob 314/82 = ÖBl 1982, 124 - Thermoservice).

1.2. Die Relevanz der Irreführungseignung ist schon dann zu bejahen, wenn die unrichtige Angabe den Durchschnittsverbraucher dazu veranlassen kann, sich näher mit dem Angebot des Unternehmers zu befassen (RIS-Justiz RS0078202 [T28]).

2.1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, auf dem hier betroffenen Markt der Stempelerzeugung betrachteten die angesprochenen Publikumskreise den Umsatz als Indikator der Größe eines Unternehmens und verbänden mit hohen Umsätzen auch eine besondere Leistungsfähigkeit, hält sich im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Irreführungseignung unternehmensbezogener Angaben und wendet diese in vertretbarer Weise auf den Einzelfall an.

2.2. Weshalb eine Pressemitteilung und die dadurch bewirkte Medienberichterstattung nicht geeignet sein soll, einen Marktteilnehmer bei seiner geschäftlichen Entscheidung zu beeinflussen, wie die Revisionswerberin meint, ist nicht nachzuvollziehen.

2.3. Ob eine Angabe über geschäftliche Verhältnisse im Einzelfall zur Irreführung geeignet ist, ist keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO (4 Ob 39/98h = RIS-Justiz RS0053112 [T4]).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

Stichworte