OGH 10Ob43/12i

OGH10Ob43/12i20.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. DI H***** und 2. T*****, beide *****, vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö***** AG, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17‑19, wegen Festsetzung einer Enteignungsentschädigung, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 30. Mai 2012, GZ 14 R 66/12x‑34, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Jänner 2012, GZ 61 Nc 4/08k‑29 bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, den Antragstellern zu Handen deren Vertreters die mit 818,66 EUR (darin enthalten 136,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Erstantragsteller ist zu ¾ und die Zweitantragstellerin zu einem ¼ Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, KG ***** Hetzendorf, die aus den Grundstücken Nr ***** und ***** mit einer Gesamtfläche von 886 m² besteht. Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 29. 5. 2008 wurde die Enteignung des Grundstücks Nr ***** durch Einräumung einer Tunnelservitut ohne Bauverbot auf Dauer hinsichtlich einer Teilfläche von 95 m² zur Duldung der Errichtung des Bestands und des Betriebs einer unterirdischen Eisenbahnanlage, die in geschlossener Bauweise errichtet wird, verfügt. Unter einem wurde die Einräumung der Duldung der vorübergehenden Inanspruchnahme einer weiteren Teilfläche von 85 m²während der Errichtung der Eisenbahntunnelanlage für unterirdische Bauarbeiten aller Art und die Duldung des Verbleibs von unterirdischen Bauhilfsmaßnahmen aller Art verfügt und eine Entschädigung für den Erstantragsteller in Höhe von 2.835,93 EUR und für die Zweitantragsstellerin in Höhe von 945,32 EUR festgesetzt. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Antragsteller wurde mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 10. 7. 2008 abgewiesen.

In ihrem vorliegenden Antrag begehren die Antragsteller die gerichtliche Festsetzung der Höhe der Enteignungsentschädigung mit der Begründung, die mit der Servitut verbundene Wertminderung sei durch die im Verwaltungsweg zuerkannte Entschädigung nicht ausreichend abgegolten.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Antrags.

Das Erstgericht setzte die Enteignungsentschädigung mit 13.400 EUR fest. Es traf zusammengefasst folgende Feststellungen:

„Die nahezu trapezförmige Liegenschaft weist für den Objektbereich eine Baulandwidmung (Wohngebiet, Schutzzone, Bauklasse II) und für den Gartenbereich die Widmung 'gärtnerisch auszugestalten' auf. Auf der Liegenschaft befindet sich eine gründerzeitliche (etwa um 1900 errichtete), freistehende Villa in gut erhaltenem Zustand mit Souterrain, drei Geschossen und ausgebautem Dachboden mit einer vermietbaren Fläche von insgesamt ca 550,30 m². Die restlichen Grundstücksflächen sind gärtnerisch gestaltet. Aus den Planunterlagen ist am hinteren Rand der Liegenschaft zu dieser parallel verlaufend eine 'vorübergehend durch die Bautätigkeit erforderliche Servitut' im Ausmaß von 88 m² ersichtlich, weiters eine 'Dauerservitut', in deren Bereich die Tunnelröhre errichtet wird, deren Oberkante sich ca 8 m unter Niveau befindet. Die durch die 'Dauerservitut' beanspruchte Fläche umfasst gerundet 95m2 und reicht seitlich bis 2,86 m in die Liegenschaft. Die im Tunnel verlaufenden Eisenbahngeleise schließen laut Plan daran an.

Unter Berücksichtigung des kalkulatorischen Bezugsstichtags zum 1. 1. 1998 ergibt sich ein Bodenwert von gerundet 455 EUR/m². Bei der Bestimmung der Vermögensnachteile durch die Einräumung der Servitut sowie dem Betrieb der vorgesehenen Tunnelröhre wird als bewertungsbedingter Grundgedanke (ohne dass faktisch ein Unterschied besteht) zwischen der direkt belasteten Fläche von 95 m² und den indirekt belasteten Flächen unterschieden. Die auf Dauer beanspruchte Fläche beträgt 95,18 m². Erweitert um die ermittelten Quadratmeterkosten der gegenständlichen Lage ergibt sich ein Grundwert von 44.671,90 EUR. Die Beeinträchtigung der direkt belasteten Flächen ist aufgrund der Situierung und Tiefe der Tunnelröhre als unwesentlich bis mittelschwer einzuordnen. Diese Beeinträchtigung wird mit 30 % veranschlagt und beträgt folglich 13.401,57 EUR (30 % von 44.671,90 EUR), gerundet 13.400 EUR. Da der gesamte Grundstücksbereich mit Ausnahmen des Baukörpers als 'gärtnerisch auszugestalten' gewidmet ist, wodurch eine oberirdische Bebauung unmöglich ist, resultiert die Wertminderung aufgrund des bloßen Vorhandenseins der Tunnelröhre. Erfahrungsgemäß werden solche Flächen durch die Eigentümer als belastet empfunden. Dies insbesondere durch das Vorhandensein einer Unterführung und des daraus erwachsenden Unbehagens im Hinblick auf ein eventuell gegebenes Gefahrenpotential (Hochleistungsbahnstrecke, Güter ‑ und Personenverkehr bis 160 km/h, Setzungen, Evakuierungen bis zu Einstürzen), weiters im Hinblick auf die Unwissenheit über Art, Beschaffenheit und Häufigkeit der durch die Tunnelröhre transportierten Güter. Reelle Belastungen sind durch Immissionen wie Erschütterungen, auftretende Störungen elektronischer Geräte durch Magnetfelder etc denkbar. Eine Aussage über den daraus sich ergebenden Vermögensnachteil der indirekt belasteten Flächen kann erst nach vollständiger Inbetriebnahme der Tunnelröhre getroffen werden.

Der durch die Enteignung erlittene Vermögensnachteil beträgt insgesamt 13.400 EUR.“

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, infolge fristgerechter Anrufung des Gerichts sei die Festsetzung der Enteignungsentschädigung durch die Verwaltungsbehörde außer Kraft getreten. Das Eisenbahnunternehmen sei verpflichtet, den Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile schadlos zu halten. Der Begriff der Enteignung schließe die zwangsweise Einräumung von Servituten mit ein. Werde nur ein Teil eines Grundbesitzes enteignet, sei bei der Ermittlung der Entschädigung nicht nur der Wert der abzutretenden Grundstücke, sondern auch auf die Verminderung des Werts Rücksicht zu nehmen, die der zurückbleibende Teil des Grundbesitzes erleide. Es sei somit der durch die Enteignung verursachte vermögensrechtliche Nachteil des Enteigneten einschließlich der entstandenen Wertminderung zu entschädigen. Dieser Grundsatz gelte auch für zwangsweise eingeräumte Dienstbarkeiten. Zu prüfen sei ua der Eintritt der Wertminderung aufgrund der zu erwartenden Abneigung präsumptiver Käufer gegen Liegenschaften, die mit einer derartigen Dienstbarkeit belastet sind. Die daraus resultierende Vermögensbeeinträchtigung sei laut dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens mit insgesamt 13.400 EUR festzusetzen. Da das EisbEG ausdrücklich auf die Wertminderung der verbliebenen Grundfläche Rücksicht nehme, komme eine gedankliche Abtrennung des von der Dienstbarkeit direkt betroffenen Teils von 95 m2 nicht in Frage.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge. Es ließ vorerst den Revisionsrekurs nicht zu, sprach aber infolge Zulassungsvorstellung aus, dass der Revisionsrekurs (doch) zulässig sei, weil die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 22. 12. 2011, GZ 1 Ob 236/11d nicht berücksichtigt worden sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Obersten Gerichtshof in dieser Entscheidung behandelten Fragen „nicht bebaubaren Baulands“ auf die von der Tunnelservitut direkt betroffenen Teile der Liegenschaft sinngemäß anwendbar seien, was zu einem für den Prozessstandpunkt der Antragsgegnerin günstigeren Ergebnis führen könnte.

Das Rekursgericht billigte die vom Sachverständigen herangezogene Methode und übernahm die auf das Gutachten gegründeten Feststellungen als unbedenklich. Der Sachverständige habe die Anwendung des Vergleichswertverfahrens zur Ermittlung des Bodenwerts als sinnvoll angesehen und sei nach Erhebung der Vergleichspreise von fünfzehn unbebauten/abbruchreifen Objekten in der näheren Umgebung von Hetzendorf zu einem Bodenwert von 455 EUR/m2 gelangt, wobei er zu reinen Plausibilisierungszwecken den Bodenwert noch mit dem Residualwertverfahren verifiziert habe. Vom ermittelten Bodenwert habe der Sachverständige einen „merkantilen Minderwert“ abgezogen, weil nur so die präsumptive Abneigung potentieller Käufer gegen mit Tunnelservituten belastete Liegenschaften zum Ausdruck komme. Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin könne nicht unterstellt werden, dass die vom Sachverständigen zu Vergleichszwecken herangezogenen Liegenschaften allesamt zu 100 % verbaut werden dürfen, sondern sei davon auszugehen, dass erhebliche Teile auch der Vergleichsliegenschaften ausschließlich gärtnerisch nutzbar seien. Eine Einteilung der Liegenschaft in mehrere Zonen sei untunlich, weil aus der Sicht der Käufer Liegenschaften wie die gegenständliche zu einem Gesamtpreis gehandelt werden. Zwar werde dieser Preis von den Marktteilnehmern auf einen Quadratmeterpreis umgelegt, mit diesem Preis solle aber nicht ausgedrückt werden, dass jeder einzelne Quadratmeter der Liegenschaft wirtschaftlich gleichwertig sei, sondern handle es sich eben nur um eine Rechengröße. Der Sachverständige habe den gesamten Liegenschaftswert einschließlich der Bebauung ermittelt. Die Einschätzung der Beeinträchtigung der direkt belasteten Fläche mit 30 % sei im Hinblick auf die Situierung und Tiefe der Tunnelröhre sowie die Flächenwidmung unbedenklich. Auch die Rechtsrüge bleibe erfolglos: Nach der Rechtsprechung verlieren auch die nicht unmittelbar von der Servitut betroffenen Liegenschaftsflächen an Wert. Es stelle keinen sekundären Verfahrensmangel dar, wenn das Erstgericht dem Sachverständigen nicht aufgetragen habe, Vergleichswerte für die Abgeltung von Dienstbarkeiten auf Grundstücken zu erheben. Dass in einem anderen Verfahren bei einer Tunnelservitut im Rahmen des Wiener U‑Bahnbaus ein prozentueller Abschlag von nur 5 % der Freigrundfläche erfolgt sei, sei nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil die Beeinträchtigung in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Antragsteller beantragten in ihrer Revisionrekursbeantwortung, den Revisionrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihn abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig. An den Ausspruch des Rekursgerichts über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht gebunden.

1.1. Die gerügten Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor:

Wie die Revisionsrekurswerberin zutreffend ausführt, wurde im Verfahren erster Instanz keine Feststellung getroffen, nach der der Bauwert der auf der Liegenschaft errichteten Baulichkeit durch die Tunnelröhre beeinträchtigt sei. Wie sich aus der Aktenlage eindeutig ergibt, hat der Sachverständige mangels Belastung des verbaubaren Bereichs der Liegenschaft nur den Bodenwert und nicht auch den Wert der Baulichkeit (der gründerzeitlichen Villa) als Grundlage für die Ermittlung der Entschädigungssumme herangezogen und dementsprechend zur Ermittlung des Bodenwerts ausschließlich unbebaute/abbruchreife Objekte als Vergleichsliegenschaften gewählt (siehe insbesondere Frage 4c der Antragsteller an den Sachverständigen in ON 15, AS 44 und die Antwort des Sachverständigen in ON 19, AS 69).

Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Rekursgerichts nicht dahin zu verstehen, dass damit die vom Gutachten bzw von den erstinstanzlichen Feststellungen abweichende Tatsachenfeststellung getroffen werden sollte, es sei auch der Wert der Baulichkeit in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen. Vielmehr handelt es sich um Ausführungen, mit denen das Rekursgericht im Rahmen der Erledigung der Tatsachenrüge darlegen wollte, dass das Sachverständigengutachten schlüssig und nachvollziehbar sei. Dem Satz „der Sachverständige habe den gesamten Liegenschaftswert einschließlich der Bebauung ermittelt“, ist demnach nur die Bedeutung beizumessen, der Sachverständige habe den Bodenwert der gesamten Liegenschaft einschließlich des Werts der bebauten Bodenfläche ermittelt, nicht aber den Wert der auf der Liegenschaft befindlichen Baulichkeit.

1.2. Der Tatbestand der qualifiziert mangelhaften Beschlussfassung nach § 57 Z 1 AußStrG ist nur dann erfüllt, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RIS‑Justiz RS0042133 [T13]). Dies trifft auf die vorliegende Rekursentscheidung nicht zu.

2. Besteht für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen ‑ wie hier ‑ keine gesetzlich vorgeschriebene oder vom Gericht vorgegebene Methode, so hat der Sachverständige gemäß § 7 Abs 1 Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG) die geeignete Methode unter Beachtung des jeweiligen Stands der Wissenschaft und der im redlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten selbst auszuwählen (RIS‑Justiz RS0109006; RS0066223; RS0056492). Dabei handelt es sich um eine Kernaufgabe der Sachverständigentätigkeit (RIS‑Justiz RS0119439; RS0066223). Die Auswahl der Bewertungsmethode kann im Enteignungsverfahren als eine nicht dem Tatsachenbereich angehörige Frage nur dann vom Obersten Gerichtshof überprüft werden, wenn das Rekursgericht die vom Erstgericht gewählte Methode ohne Änderung der Sachverhaltsgrundlage aufgrund rein abstrakter Argumente modifiziert und dadurch zu einem anderen Ergebnis gelangt (RIS‑Justiz RS0109006 [T4]; RS0043517 [T3]; RS0043122 [T5]). Sonst gehört die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung dem Tatsachenbereich an (RIS‑Justiz RS0109006 [T5]; RS0043517 [T1]), es sei denn, es werde gegen zwingende Denkgesetze verstoßen (RIS-Justiz RS0043122), etwa wegen der Unrichtigkeit rechnerischer Schlussfolgerungen (RIS‑Justiz RS0099292 [T4])

2.1. Die vom Sachverständigen gewählte Methode, die Wertminderung in Bezug zum Bodenwert der gesamten Liegenschaft zu setzen und einen prozentuellen Abschlag vom Wert der von der Servitut direkt in Anspruch genommenen Grundstücksfläche vorzunehmen, widerspricht weder den Gesetzen der Logik, noch beruht sie auf mit der Erfahrung unvereinbaren Schlussfolgerungen. Das Revisionsrekursvorbringen, ein Wertverlust für den nicht direkt betroffenen Teil der Liegenschaft sei nicht festgestellt, entfernt sich von den Feststellungen. Dass bei anderen Sachverhalten (etwa jenen, die den Entscheidungen 8 Ob 141/09g und 6 Ob 171/09d zu Grunde lagen) jeweils keine zusätzliche Wertminderung der verbleibenden, von der Tunnelservitut nicht unmittelbar in Anspruch genommenen Grundstücksflächen feststellbar war, gehört zum Tatsachenbereich und lässt nicht die Schlussfolgerung zu, diese Situation sei auch im vorliegenden Fall gegeben.

2.2. Weiters bekämpft die Revisionsrekurswerberin die Ermittlungsmethode des Sachverständigen unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 236/11d. Diese Entscheidung ist aber nicht einschlägig:

Sie erging zu der Frage, wie die Anordnung einer Bewertung von Bauland als „nicht bebaubar“ im Tiroler Landesrecht (§ 66 Abs 3 TirStraßenG, LGBl 1989/13) bei der Enteignung von Grundflächen für den Neubau einer Gemeindestraße zu verstehen sei. Es wurde ausgesprochen, dass die in § 66 Abs 3 TirStraßenG angeordnete Bewertung als „nicht bebaubare Grundfläche“ nicht mit dem Begriff des Freilands identisch sei, weil die Vergütung des ‑ notorisch unverhältnismäßig niedrigeren ‑ Freilandpreises vor allem dann ungenügend wäre, wenn die teilweise enteignete Liegenschaft als Bauland gewidmet ist. Dass das Erstgericht die nicht bebaubare Fläche im Bauland mit rund 35 % des Baulandpreises angesetzt habe, sei eine Tatsachenfeststellung, die der Kognition des Obersten Gerichtshofs entzogen sei.

Die Revisionsrekurswerberin vermeint, aus dieser Entscheidung sei ableitbar, bei der Enteignung von „nicht bebaubarem Bauland“ sei der Ansatz eines einheitlichen Quadratmeterpreises für die Gesamtliegenschaft generell rechtlich unzulässig. Es sei zwingend ein gesonderter Wert des „nicht bebaubaren Baulands“ zu ermitteln, der jedenfalls zu einem niedrigeren Ansatz führe. Diese Meinung lässt aber außer Acht, dass § 66 Abs 3 TirStraßenG ausschließlich die Enteignung von Grundflächen für den Neubau einer Gemeindestraße im Bundesland Tirol betrifft und die ausdrückliche Anordnung einer Bewertung als „nicht bebaubares Bauland“ enthält. Daraus ist aber auf keine generelle, bundesweite Methode für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen zu schließen, vielmehr liegt hier die Wahl der geeigneten Methode beim Sachverständigen selbst (siehe oben Pkt 2).

3. Die Frage, ob und inwieweit die vom Sachverständigen im Rahmen des Vergleichswertverfahrens als Vergleichsliegenschaften herangezogenen Grundstücke vergleichbar sind, betrifft ‑ wie die Revisionsrekurswerberin selbst einräumt ‑ eine vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Tatsachenfrage.

4. Mit welchem Prozentsatz die Beeinträchtigung der direkt betroffenen Grundstücksfläche zu berücksichtigen ist, bezieht sich auf die Ausmittlung der Entschädigung im konkreten Einzelfall.

5. Ausgehend von der vom Sachverständigen konkret gewählten Methode stellt es keinen rechtlichen Feststellungsmangel dar, wenn keine Feststellungen zu einer gesonderten Bemessungsgrundlage für die Entschädigung der durch die Servitut direkt betroffenen Liegenschaftsfläche getroffen wurden.

6. Nach den oben zu Pkt 2 dargelegten Grundsätzen könnte aber ein etwaiger Rechenfehler des Sachverständigen, der Einfluss auf die Ermittlung des Verkehrswerts hat, beachtlich sein. Im Rahmen des Revisionsrekursgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht die Revisionsrekurswerberin erstmals eine derartige Unrichtigkeit rechnerischer Schlussfolgerungen geltend, indem sie vorbringt, der Grundwert für die belastete Fläche sei mit 44.671,90 EUR festgestellt worden, was bei dem Abschlag von 30 % für eine Fläche von 95,18 m² zu einem Quadratmeterwert von 469,34 EUR führe, wohingegen der Sachverständige einen Bodenwert für die gesamte Bodenfläche von nur 455 EUR pro Quadratmeter ermittelt habe. Es sei daher primär davon auszugehen, dass es sich um einen Rechenfehler des Sachverständigen handle. Andernfalls habe der Sachverständige offenbar einen Zuschlag von 14,34 EUR zu dem von ihm ermittelten durchschnittlichen Bodenwert von 455 EUR pro Quadratmeter vorgenommen, wobei aus dem Gutachten keine Ableitung dieses Differenzbetrags hervorgehe.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Ein zur Anfechtung im Revisionsrekurs geeigneter Verstoß gegen Denkgesetze liegt nur dann vor, wenn die gezogene Schlussfolgerung logisch unmöglich ist. Das zeigt die Revisionsrekurswerberin mit ihren Ausführungen aber nicht auf, bringt sie doch selbst vor, auch andere Schlussfolgerungen seien denkbar. Unter diesen Voraussetzungen ist keine Revisibilität gegeben (vgl RIS‑Justiz RS0043356 [T1]).

Da die Antragsgegnerin keine Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, ist ihr Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 44 EisbEG. Die Antragsteller haben in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen, sodass ihnen Kostenersatz auf Basis des ersiegten Betrags gebührt. Bemessungsgrundlage ist die Differenz des gerichtlichen Zuspruchs zur bescheidmäßigen Erledigung (Obermaier, Kostenhandbuch2 Rz 835, 836)

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