OGH 6Ob204/12m

OGH6Ob204/12m16.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Partei *****, Landesorganisation *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei *****partei, Landesorganisation *****, vertreten durch Suppan & Spiegl Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 35.000 EUR), Widerrufs und Veröffentlichung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juni 2012, GZ 1 R 98/12g-30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin geht in ihrer außerordentlichen Revision selbst davon aus, es sei „Zweck der Bestimmung des § 26 MedG, dem Konsumenten zu vermitteln, dass eine Einschaltung den Interessen des Auftraggebers dient“. Dass es sich bei § 26 MedG auch um eine Konsumentenschutzbestimmung handelt, entspricht der herrschenden Auffassung (Brandstetter/Schmid, Mediengesetz² [1999] § 26 Rz 1; Noll in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz² [2005] § 26 Rz 1; vgl auch 4 Ob 124/90 EvBl 1991/79; 4 Ob 85/91 MR 1992, 39 uva [„Leserpublikum“]). Da die Parteien politische Mitbewerberinnen sind, die Klägerin jedoch nicht Konsumentin, ist für sie insoweit aus § 26 MedG nichts abzuleiten. Ihren im bisherigen Verfahren vertretenen Rechtsstandpunkt, sie sei auch Mitbewerberin der Beklagten im Sinn des UWG, in welchem Fall sie ebenfalls durch § 26 MedG geschützt wäre (4 Ob 124/91 MR 1992, 75; 4 Ob 60/92 MR 1992, 255 [Korn]; 4 Ob 79/92 SZ 65/122 = MR 1992, 207 [Korn]; 4 Ob 56/99k; 4 Ob 221/08s), hält sie im Revisionsverfahren nicht mehr aufrecht.

2. Die Klägerin meint, das Berufungsgericht habe jene Rechtsprechung nicht beachtet, wonach „getarnte Werbung“ per se sittenwidrig sei. Tatsächlich ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Tarnung einer Werbemaßnahme, wodurch der Umworbene getäuscht wird und diese Täuschung erst nach näherem Betrachten und (teilweisem) Lesen offenbar wird, unzulässig (statt vieler 4 Ob 64/00s SZ 73/74; vgl auch 4 Ob 59/00f; 4 Ob 73/00i). Eine Anwendung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall scheitert aber schon daran, dass die inkriminierte Einschaltung der Beklagten deutlich als „Anzeige“ bezeichnet ist und damit eine Täuschung entfällt.

3. Schließlich meint die Klägerin, das Berufungsgericht sei von jener Rechtsprechung abgewichen, wonach bei Wiedergabe einer Umfrage die dieser zugrunde liegenden Erhebungsparameter bekannt gegeben werden müssten; durch das Verschweigen dieser Parameter habe die Beklagte unrichtige Behauptungen aufgestellt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0031963) kann zwar die Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung auch in einer Unvollständigkeit des bekannt gegebenen Sachverhalts liegen, wodurch ein falscher Eindruck erweckt wird. Allerdings ist nicht jede unvollständige Äußerung einer unwahren gleich zu halten; vielmehr kommt es darauf an, ob durch das Weglassen von Umständen der Sachverhalt so entstellt wird, dass die Äußerung geeignet ist, deren Adressaten in einem wichtigen Punkt irrezuführen. Ob dies der Fall war, ist eine Frage, die in ihrer Qualität nicht den Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO entspricht. Da es sich im vorliegenden Fall um eine Einschaltung mit parteipolitischem Hintergrund handelt, dies für das Leserpublikum durch den Hinweis „Anzeige“ auch offen gelegt wurde und - vor allem - nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Ergebnisse der Studie im Wesentlichen richtig wiedergegeben wurden, ist die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, es sei zu keiner Irreführung der Adressaten der Einschaltung gekommen, durchaus vertretbar.

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