Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerinnen sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Beklagten die mit 23.809,50 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 3.968,50 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Erstklägerin ist Medieninhaberin, die Zweitklägerin Verlegerin der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung". Die Beklagte ist Medieninhaberin und Verlegerin der "Tiroler Tageszeitung".
In Tirol erscheint eine Mutationsausgabe der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung", die "Tiroler Krone". Um deren Marktanteil in Tirol zu erhöhen, haben die Klägerinnen verschiedene Werbeaktionen durchgeführt. Da die Beklagte jeweils mit entsprechenden Aktionen reagiert hat, blieb der erwartete Erfolg aus. Schließlich haben sich die Klägerinnen entschlossen, zur Verbesserung ihrer Marktposition den Abonnementpreis der "Tiroler Krone" mit Hauszustellung beginnend mit 1. 8. 1999 von 165 S auf 99 S herabzusetzen. Die Klägerinnen haben für das Angebot intensiv geworben.
Die Beklagte reagierte auf die Preisherabsetzung mit einer Postwurfsendung, die sie in der dritten Augustwoche in Wien, Niederösterreich und im Burgenland verteilen ließ und deren Vorderseite wie folgt gestaltet war:
"Achtung! Wichtig!
Konsumenten-Information
für das Bundesland Wien
Wiener
aufgepasst!"
Auf der Rückseite stellte sie dem vom 165 S ab 1. August 1999 auf 99 S gesenkten Preis für ein "Krone"-Monats-Abo (7 Tage mit Hauszustellung) den in Wien ab 1. August 1999 von 210 S auf 225 S erhöhten Preis für das gleiche Abonnement gegenüber. Darunter hieß es:
"Gleiche Leistung!
Gleicher Preis?
Seit 1. August 1999 zahlen Krone-Abonnenten in Wien um 127% mehr als in Tirol.
Eine Konsumenten-Information der S***** Gesellschaft mbH Innsbruck"
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten,
1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Verbreitung von Informationen über die Preisgestaltung der Abonnements der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung" in den einzelnen Bundesländern zu unterlassen, wenn dabei der reguläre Abonnementpreis insbesondere in den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland, mit einem nur für Tirol geltenden Aktionspreis verglichen wird und dadurch der Eindruck entsteht, der reguläre Abonnementpreis der "Neuen Kronen Zeitung" sei willkürlich und/oder überhöht;
in eventu: im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Verbreitung von Äußerungen zu unterlassen, in denen durch den Vergleich der Abonnementpreise für die einzelnen Bundesländer-Ausgaben der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung", nämlich insbesondere Wien, Niederösterreich und Burgenland einerseits sowie Tirol andererseits, der Eindruck erweckt wird, es würden aus unsachlichen und willkürlichen Gründen unterschiedliche Preise begehrt;
2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Verbreitung von Informationen über die klagenden Parteien, insbesondere durch Postwurfsendungen, in denen auf die Abonnementpreisgestaltung der "Neuen Kronen Zeitung" Bezug genommen wird, zu unterlassen, wenn dadurch der Eindruck entstehen kann, es handle sich um die Information eines Dritten, insbesondere um eine unabhängige Konsumenten-Information, insbesondere wenn dies durch Bezeichnungen wie "Konsumenten-Information für das Bundesland Wien, Niederösterreich und Burgenland", "Eine Konsumenten-Information der Schlüsselverlag J.S. Moser GmbH", geschieht, sofern dabei nicht mit dem gleichen Auffälligkeitswert offengelegt wird, dass es sich bei der S***** GmbH um die Medieninhaberin und Verlegerin der "Tiroler Tageszeitung" handelt.
Die "Tiroler Tageszeitung" habe in Tirol nach der Mediaanalyse eine Reichweite von 61,8 %, in Wien, Niederösterreich und Burgenland habe sie praktisch keine Bedeutung. In Tirol nütze die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung dazu aus, "die Konkurrenz soweit als möglich am Boden zu halten". Ende Mai 1999 hätten die Klägerinnen versucht, ihr Service durch Einführung der Hauszustellung zu verbessern. Ihren intensiven Werbemaßnahmen sei die Beklagte umgehend mit gezielten Gegenmaßnahmen entgegengetreten. Den Klägerinnen sei nur die Möglichkeit geblieben, den Wettbewerb über den Preis zu führen. Die mit August 1999 in Kraft getretene Preisherabsetzung auf 99 S für ein Monatsabonnement der "Tiroler Krone" sei als zeitlich befristete Aktion geplant; ein Ende der Aktion sei noch nicht festgelegt. Mit der beanstandeten Postwurfsendung erwecke die Beklagte den Eindruck, es handle sich dabei um eine unabhängige, ja amtliche "Konsumenten-Information". Auf der anderen Seite entstehe der Eindruck einer völlig willkürlichen Preisgestaltung der Klägerinnen. Der von ihnen in Wien, Niederösterreich und Burgenland verrechnete Preis sei absolut marktüblich; die in Ostösterreich vertriebene "Neue Kronen Zeitung" habe mehr Seiten als die "Tiroler Krone". Durch das Flugblatt erwachse den Klägerinnen ein beträchtlicher Schaden. Abonnements seien gekündigt worden; täglich entstünden Kosten für die Bearbeitung von Anrufen und Schreiben. Die Aussendung sei eine ausschließlich destruktive Form des Behinderungswettbewerbs. Die Beklagte versuche, einen Mitbewerber in dessen größtem Verbreitungsgebiet zu behindern, ohne damit auch nur ansatzweise Wettbewerbserfolge für ihr eigenes Produkt erzielen zu wollen oder zu können. Die Preissenkung der Klägerinnen sei nicht wettbewerbswidrig; die Flugblattaktion sei daher keine gerechtfertigte Abwehrmaßnahme. Sie erwecke den unwahren Eindruck, der in Ostösterreich verlangte Abonnementpreis sei exorbitant überhöht. Die Beklagte handle auch dadurch wettbewerbswidrig, dass sie den Anschein erwecke, unabhängige "Konsumenten-Informationen" zu verbreiten. Der Konsument werde dadurch veranlasst, der Information vorbehaltlos Glauben zu schenken. Dies täte er nicht in diesem Ausmaß, wüsste er, dass er die Äußerung eines Konkurrenten über einen anderen vor sich hat.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Ihre Aktion sei eine gerechtfertigte Reaktion auf den intensiven Marketing- und Preiskampf der Klägerinnen. Sie beschränke sich auf sachliche Information, die sich von der Werbung der Klägerinnen für ihr preisgünstiges Angebot nicht unterscheide. Die "Neue Kronen Zeitung" sei eine einheitliche Zeitung für ganz Österreich, deren Mutationsausgaben sich nur im jeweiligen Lokalteil unterschieden. Der unterschiedliche Seitenumfang der Mutationsausgaben sei kein preisrelevantes Merkmal. Die Klägerinnen hätten seit ihrem Markteintritt in Tirol sukzessive einen Preiskampf entwickelt. Von 1993 bis 1998 hätten sie ihre Leserzahl von 61.000 auf 117.000 gesteigert. Während der letzten fünf Jahre hätten die Klägerinnen die "Tiroler Krone" auch während der Woche über "stumme" Verkäufer vertrieben und damit faktisch mehreren tausend Interessenten einen Gratiszugang zur "Tiroler Krone" eröffnet. Zum Abonnement erhalte der Zeitungsbezieher gegen einen Aufpreis von 99 S Gutscheine im Wert von 800 S. Damit reduziere sich der monatliche Abonnementpreis auf rund 40 S. Dieser Betrag liege unter den branchenüblichen Gestehungskosten. Die Preissenkung für Tirol werde durch die zeitgleich für Ostösterreich festgelegte Preiserhöhung finanziert. In Ostösterreich hätten die Klägerinnen mit "Neuer Kronen Zeitung" und "Kurier" einen Anteil von rund 83 % am Tageszeitungslesermarkt erreicht. Die Behandlung der eigenen treuen Kunden sei eine besondere Eigenart marktmissbräuchlichen Verhaltens eines Quasi-Monopolisten. Das Verhalten der Klägerinnen rechtfertige die Aktion der Beklagten. Ziel der Klägerinnen sei es, den nationalen Werbemarkt durch Eroberung auch der regionalen Lesermärkte zu erobern. Das führe zu einer massiven Konzentration der nationalen Werbebudgets bei den Klägerinnen. Die Beklagte habe nichts als die Wahrheit mitgeteilt; das von den Klägerinnen begehrte Verbot verletze den Grundsatz der Meinungsfreiheit. Die Klägerinnen hätten sich in einer Postwurfsendung für die Bekanntmachung ihres sensationellen Angebots bedankt und bedauert, dass die Beklagte ihre Aussendung nur in Ostösterreich verbreitet habe. Die Klägerinnen hätten damit ihr Rechtsschutzinteresse an der Klage und am Sicherungsantrag verloren; die Beklagte habe die Dankesworte zur Kenntnis genommen. Damit sei die Angelegenheit außergerichtlich bereinigt.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung, wobei es zu Punkt
1) des Sicherungsantrags dem Eventualantrag stattgab. Die Postwurfsendung erwecke den Eindruck, von irgendeiner Konsumentenschutzorganisation und nicht von einem Konkurrenten der Klägerinnen zu stammen. Einziger Zweck der Aussendung sei es, die Herausgeber und Verleger der "Neuen Kronen Zeitung" beim Wiener Publikum dadurch zu diskriminieren, dass dem in Tirol verlangten Abonnementpreis der in Wien verlangte gegenübergestellt wird. Dadurch würden die niedrigsten Neidkomplexe des zumeist sehr einfachen Leserpublikums angesprochen, wobei durchaus bei vielen derart angesprochenen Lesern der Eindruck entstehen könne, dass der in Wien verlangte Preis überhöht sei, um den in Tirol verlangten Preis zu stützen. Da die Beklagte mangels jeglicher Werbung für ein eigenes Produkt keinen anzuerkennenden Grund für die Anprangerung der Preispolitik der Klägerinnen gehabt habe, sei ihr Verhalten als sittenwidrig zu beurteilen.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Mit ihrem Dank für die beanstandete Postwurfsendung hätten die Klägerinnen in Tirol für die "Tiroler Krone" geworben; ihr Rechtsschutzinteresse hätten sie dadurch nicht verloren. Die Richtigkeit der Angaben in der Postwurfsendung stehe außer Zweifel. Die drastische Senkung des Abonnementpreises in Tirol bei gleichzeitiger Anhebung des Abonnementspreises in Ostösterreich könne nur als Kampfpreisunterbietung gewertet werden. Die niedrigen Preise in Tirol würden durch die höheren Preise in Wien gleichsam "quersubventioniert", um in die Leserschaft der "Tiroler Tageszeitung" einzudringen. Es liege auf der Hand, dass die Wiener Abonnenten einen höheren Preis zahlen müssen als sie sonst zu zahlen hätten; die Expansion in Tirol solle durch entsprechend höhere Preise in Wien finanziert werden. Die Wiener Leser dürften hoffen, bei entsprechendem Erfolg ihrer Zeitung in Tirol von dem geringeren Anteil an den Fixkosten zu profitieren. Es könne aber sein, dass sich ein Teil der Wiener Leser mit diesen langfristigen und nicht gewissen Hoffnungen nicht zufriedengeben wolle und, "niedrigsten Neidkomplexen" folgend, sich als Wiener den Tiroler Lesern gegenüber benachteiligt erachte und den von ihm verlangten Preis als überhöht ansehe. Es bestehe aber kein Grund, gerade Medien durch künstliche Informationshemmnisse vor den Folgen des von ihnen selbst erzeugten Neides zu schützen. Dieser sei das natürliche Risiko der von den Klägerinnen gewählten Taktik der Kampfpreisunterbietung. Der die Kosten dafür tragende Leserkreis habe ein legitimes Interesse daran, über diesen Umstand aufgeklärt zu werden. Es liege in der Natur der Sache, dass der Konkurrent aufklären werde; an das Offenkundigkeitsprinzip dürften daher keine hohen Anforderungen gestellt werden. Die von der Beklagten gewählte Aufmachung wäre für Konsumentenschutzorganisationen sehr ungewöhnlich. Ihr Name als Informantin sei angegeben; aus ihrem Sitz sei zu schließen, dass das Flugblatt höchstwahrscheinlich von einem Konkurrenten der Klägerinnen stamme.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Klägerinnen ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Die Klägerinnen bekämpfen die Auffassung des Rekursgerichts, sie hätten ihre "Kampfpreisunterbietung" in Tirol durch eine Erhöhung des Abonnementpreises in Ostösterreich "quersubventioniert". Der Abonnementpreis von 99 S in Tirol sei kostendeckend, weil auch die Anzeigenerlöse zu berücksichtigen seien. Zu Preisdifferenzen zwischen verschiedenen Märkten komme es wegen unterschiedlicher Druck- und Herstellkosten, unzufriedenstellender Anzeigenerlöse udgl. Die Klägerinnen könnten das Hauszustellungssystem in Tirol nur einführen und aufrechterhalten, wenn es ihnen gelinge, mehr Abonnenten zu gewinnen. Mit einem 100 S übersteigenden Preis sei dies angesichts der marktbeherrschenden Stellung der "Tiroler Tageszeitung" ausgeschlossen. Die beanstandete Postwurfsendung erwecke den Eindruck, dass die Abonnementpreise der Klägerinnen in Ostösterreich überhöht seien; das sei jedoch unrichtig, weil ihre Preise denen der Konkurrenz entsprächen. Die Durchschnittsleser stellten keine betriebswirtschaftlichen Erwägungen an. Auch eine zutreffende Information wäre wettbewerbswidrig, weil die Beklagte danach trachte, die (potenziellen) Abonnenten der Klägerinnen in Wien, Niederösterreich und Burgenland gegen die Klägerinnen aufzubringen. Sie betreibe ausschließlich destruktiven Behinderungswettbewerb. Hätte sie ihre Eigenschaft als Konkurrentin offengelegt, so wäre der Aussendung eine wesentliche geringere Bedeutung zugemessen worden.
Die Klägerinnen machen damit einerseits geltend, dass die Beklagte
sie durch die beanstandete Aussendung in wettbewerbswidriger Weise
behindere, andererseits werfen sie ihr vor, die Wirkung ihrer
Maßnahme durch Täuschung über ihre Urheberschaft zu verstärken. Die
Klägerinnen berufen sich auf die Entscheidungen ecolex 1994, 109 = MR
1993, 232 = ÖBl 1993, 216 = RdW 1994, 107 = WBl 1994, 95 -
Jahresbonifikation; ecolex 1994, 109 = MR 1994, 30 = WBl 1994, 134 =
ARD 4570/39/94 - Abonnentenwerbung II und ÖBl 1998, 129 = WBl 1998,
320 - Nintendo.
Nach der Entscheidung ecolex 1994, 109 = MR 1993, 232 = ÖBl 1993, 216
= RdW 1994, 107 = WBl 1994, 95 - Jahresbonifikation liegt
sittenwidriger Behinderungswettbewerb dann vor, wenn der Unternehmer durch das Mittel der Behinderung des Konkurrenten zu erreichen sucht, dass dieser Mitbewerber seine Leistung auf dem Markt nicht oder nicht mehr rein zur Geltung bringen kann, so dass die Verdrängung des Mitbewerbers vom Markt nicht eine unvermeidliche, begriffswesentliche Folge des Wettbewerbs, sondern die Folge der Ausschaltung des Mitbewerbers vom Leistungswettbewerb ist. Ein solches Vorgehen beeinträchtigt nicht nur die freie wirtschaftliche Betätigung des Konkurrenten; sie gefährdet zugleich das Bestehen des Wettbewerbs als solchen, welchen § 1 UWG im Interesse der Gesamtheit der Mitbewerber und darüber hinaus der Allgemeinheit schützen will.
Gegenstand dieser Entscheidung war eine von einer Anzeigengesellschaft an potenzielle Interessenten von Personalanzeigen verteilte Broschüre "Jahresbonifikation für Personalanzeigen". In der Broschüre wurde angekündigt, jedem Einschaltungskunden von Personalanzeigen im "Kurier" einen gestaffelten Rabatt für den Fall zu gewähren, dass sich ein bestimmtes, in Prozenten ausgedrücktes Übergewicht der Einschaltungen im "Kurier" gegenüber den Einschaltungen in den überregionalen Tageszeitungen "Der Standard" und "Die Presse" ergibt. Diese Ankündigung wurde als sittenwidrig beurteilt, weil die Anzeigengesellschaft den Rabatt nicht daran knüpfte, dass ihr mehr Aufträge, sondern dass ihren Mitbewerbern weniger Aufträge erteilt werden. Die Anzeigenkunden sollten dadurch veranlasst werden, ihre Geschäftsverbindung zu den Konkurrenten des "Kurier" einzuschränken; die Ankündigung wirkte daher ähnlich einem Boykott.
Gegenstand der Entscheidung ecolex 1994, 109 = MR 1994, 30 = WBl
1994, 134 = ARD 4570/39/94 - Abonnentenwerbung II war ein von der Verlegerin der Tageszeitung "täglich Alles" vorbereiteter und an einen unbestimmten Personenkreis verschickter Kündigungsbrief für ein Abonnement der Tageszeitungen "Neue Kronen Zeitung" oder "Kurier". Die Aktion wurde als sittenwidriges Ausspannen von Kunden gewertet und untersagt. Das Verbreiten vorgedruckter, an einen bestimmten Mitbewerber adressierter Kündigungsschreiben durch Massenpostwurf sei ein massiver Eingriff in den Kundenkreis des Mitbewerbers, der den Wettbewerb verfälsche, weil er nicht darauf ausgerichtet sei, den Kunden durch bessere und/oder preisgünstigere Ware zu gewinnen.
In der Entscheidung ÖBl 1998, 229 = WBl 1998, 320 - Nintendo hatte sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage zu befassen, ob der Erwerb einer Marke durch einen Parallelimporteur wettbewerbswidrig ist, wenn unter dieser Marke im Ausland ein Videospiel vorgestellt wurde, das auch auf dem österreichischen Markt eingeführt werden soll. Der Markeninhaber hatte die Marke registrieren lassen, um den Vertrieb des Videospiels in Österreich von seiner - wohl nur gegen Entgelt erhältlichen - Zustimmung abhängig zu machen. Zweck der Markenregistrierung war es demnach, den Absatz der Generalimporteurin in Österreich zu behindern.
Keiner dieser Entscheidungen liegt ein Sachverhalt zugrunde, der dem hier zu entscheidenden Fall vergleichbar wäre. Im vorliegenden Fall geht es um eine Postwurfsendung, durch die ein Mitbewerber Kunden seines Konkurrenten über dessen Preispolitik aufklärt, obwohl er gar nicht anstrebt, diese Kunden für sich zu gewinnen. Grund für die Postwurfsendung ist der vom Konkurrenten geführte Preiswettbewerb auf einem örtlich verschiedenen Markt.
Der Inhalt der Postwurfsendung beschränkt sich auf die Wiedergabe der Fakten und die rhetorische Frage, ob für die gleiche Leistung der gleiche Preis verlangt werde. Der durch sie erweckte Eindruck ist für die Klägerinnen von Nachteil, weil das zeitliche Zusammentreffen von Preissenkung und Preiserhöhung annehmen lässt, dass die Klägerinnen den Preiswettbewerb in Tirol durch einen Preiszuschlag in Ostösterreich finanzieren. Diese nachteiligen Auswirkungen werden allein schon durch die wahrheitsgetreue Information über die Preispolitik der Klägerinnen und nicht durch eine von der Beklagten gewählte Formulierung ausgelöst; sie können daher nicht der Beklagten angelastet werden. Wer nämlich ein, wenn nicht sogar in einem für ihn negativen Sinn eindeutiges, so doch zumindest mehrdeutiges Verhalten an den Tag legt, das zu für ihn nachteiligen Schlüssen führen kann, kann dafür nicht denjenigen verantwortlich machen, der über dieses Verhalten informiert.
Die Information über die Preispolitik der Klägerinnen ist zwar geeignet, Zweifel an der Seriosität ihrer Preisgestaltung zu wecken und damit Kunden der Klägerinnen gegen diese einzunehmen. Das macht sie aber noch nicht zu einer Behinderungsmaßnahme, die es den Klägerinnen unmöglich machte oder auch nur erschwerte, ihre Leistung auf dem von ihnen beherrschten ostösterreichischen Markt zur Geltung zu bringen. Als Zeitungsunternehmen können die Klägerinnen jederzeit ihrer Auffassung nach unrichtigen Schlussfolgerungen entgegenwirken; sie brauchen dazu nur die von ihnen behaupteten sachlichen Gründe für die Preiserhöhung in Ostösterreich offenzulegen. Dass ein solcher Aufklärungsbedarf bestehen mag, folgt nicht (nur) aus der Aktion der Beklagten, sondern aus der von den Klägerinnen praktizierten "Preisspaltung", die ihren Kunden auch auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sein kann.
Die Art und Weise, wie dies geschieht, wirkt sich auf den bei den Kunden erweckten Eindruck nicht aus. Anders als bei einer als amtliche (ecolex 1997, 442 = MR 1997, 166 = ÖBl 1998, 11 = RdW 1997, 455 - Zuweisungs-Bescheinigung) oder als private (4 Ob 59/00f; 4 Ob 64/00s) Mitteilung getarnten Werbemaßnahme wird der Empfänger nicht durch Täuschung über den wahren Charakter der Postwurfsendung veranlasst, eine Werbebotschaft zur Kenntnis zu nehmen. Er erhält eine Information, deren Eignung, zur Kenntnis genommen zu werden, in erster Linie von ihrem Inhalt bestimmt wird. Dass dieser weniger glaubwürdig wäre, wenn sich ein Mitbewerber eindeutig als Urheber deklarierte, können die Klägerinnen nicht für sich ins Treffen führen, weil auch sie nicht bestreiten können, dass ihre Preispolitik wahrheitsgemäß beschrieben wird.
Ihr Unterlassungsbegehren wäre nur dann berechtigt, wenn die Voraussetzungen zuträfen, unter denen wahre Behauptungen über das Geschäftsgebaren eines Mitbewerbers unzulässig sind. Wahre Behauptungen geschäftsschädigender Art sind nur dann sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn kein hinreichender Anlass besteht, das eigene Erfolgsstreben mit der Herabsetzung des Mitbewerbers zu verbinden und wenn sich die Kritik nicht nach Art und Maß im Rahmen des Erforderlichen hält (MR 1997, 170 = ÖBl 1998, 14 - Schwarzhörer willkommen mwN). Einen hinreichenden Anlass für die Informationskampagne der Beklagten bildet der von den Klägerinnen geführte Preiswettbewerb in Tirol; die Kritik ist auch nicht überschießend, sondern beschränkt sich darauf, die Fakten offenzulegen. Da demnach der Schutz des lauteren Wettbewerbs das von den Klägerinnen begehrte Verbot nicht zu rechtfertigen vermag, wäre ein Unterlassungsgebot mit dem - auch die kommerzielle Werbung schützenden (Mayer, B-VG**2, 567 mwN) - Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art 10 EMRK unvereinbar.
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.
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