OGH 3Ob127/12s

OGH3Ob127/12s19.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei B*****bank *****, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei D*****, vertreten durch Mag. Ralf Staindl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 31.472.619,21 EUR, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 18. Mai 2012, GZ 53 R 390/11a‑35, womit über Rekurs der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 21. Mai 2011, GZ 7 E 2667/11t‑2, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 26. März 2012, GZ 7 E 2667/11t‑33, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts idF des Berichtigungsbeschlusses vom 26. März 2012, GZ 7 E 2667/11t‑33, im Umfang der Exekutionsbewilligung wiederhergestellt wird.

Die Kosten der betreibenden Partei im Rekursverfahren werden mit 28.978,50 EUR und jene im Revisionsrekursverfahren werden mit 252.144,75 EUR (darin enthalten 217.371 EUR an Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

Text

Begründung

Die Betreibende beantragte die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines Urteils eines deutschen Gerichts, dessen Spruch im Punkt 1. lautet: „Wegen einer Forderung der Arrestklägerin [= der Betreibenden] in Höhe von 31.472.619,21 Euro wird der dingliche Arrest in das gesamte gegenwärtige und künftige Vermögen des Arrestbeklagten [= des Verpflichteten] angeordnet.“ Weiters wurde angeordnet (Punkt 5. des Spruchs), dass in der Folge näher aufgezählte angebliche Forderungen des Verpflichteten gepfändet werden und sich der Verpflichtete jeder Verfügung darüber, insbesondere der Einziehung, zu enthalten habe und die Drittschuldner nicht mehr an den Verpflichteten leisten dürfen (Arresturteil). Unter einem beantragte die Betreibende jeweils „zur Hereinbringung“ der Forderung von 31.472.619,21 EUR samt 4 % Zinsen ab 1. Februar 2011, von ‑ nicht näher bezeichneten ‑ Kosten und den mit 109.567,08 EUR begehrten Kosten des Antrags

die Forderungsexekution nach § 294 EO auf zahlreiche Guthaben und Geldforderungen des Verpflichteten gegen näher genannte Drittschuldnern „durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung“,

die Fahrnisexekution durch Pfändung der beweglichen Sachen aller Art, die sich in der Gewahrsame des Verpflichteten oder bestimmter Drittschuldner befinden, und „die Pfändung und Überweisung der in § 296 EO angeführten Wertpapiere“, insbesondere sämtliche in der Gewahrsame der Staatsanwaltschaft Salzburg befindlichen näher genannten Genussscheine,

die Rechteexekution durch Pfändung der dem Verpflichteten sowohl als Stifter als auch als Begünstigter und Letztbegünstigter gegenüber einer näher genannten Stiftung (= einer der Drittschuldner) zustehenden Gesamtrechte und

die Rechteexekution durch Pfändung der von zwei der Drittschuldner gehaltenen Geschäftsanteilen an beispielhaft angeführten Tochtergesellschaften.

Das Erstgericht erklärte das Arresturteil für in Österreich vollstreckbar und bewilligte der Betreibenden auf Grund dieses Titels „zur Sicherstellung der Forderung über EUR 31,472.619,21“ die Exekution

durch Pfändung der dem Verpflichteten als Stifter, Begünstigter und Letztbegünstigter gegenüber der näher genannten Stiftung zustehenden Gesamtrechte, insbesondere sämtlicher gegenwärtiger und künftiger Rechte zum Widerruf der Stiftung und zur Änderung der Stiftungsurkunde sowie im Falle der Auflösung und Liquidation der Stiftung, aus welchem Grund immer, insbesondere auf den Liquidationserlös und erließ ein Verfügungsverbot an den Verpflichteten sowie ein Leistungsverbot an die „betreibende Partei“ gegenüber der Stiftung (Punkt 2. der ON 2),

(zu ergänzen: durch Pfändung) der in der Gewahrsame des Verpflichteten befindlichen beweglichen körperlichen Sachen aller Art sowie Pfändung der in § 296 EO angeführten Papiere und ordnete an, dass der Vollzug der Fahrnisexekution unter verschiedenen zugleich genannten Anschriften nach Maßgabe des § 262 EO zu erfolgen habe; soweit der Vollzug per Adresse der Staatsanwaltschaft Salzburg beantragt wurde, sprach das Erstgericht aus, dass der vorliegende Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werde (Punkt 6. der ON 2);

zur Hereinbringung der Kosten des Antrags von 109.567,08 EUR bewilligte das Erstgericht der Betreibenden

die Pfändung der Gesamtrechte des Verpflichteten gegenüber der Privatstiftung im vorgenannten Umfang und erließ ein Verfügungsverbot an den Verpflichteten sowie ein Leistungsverbot an die „betreibende Partei“ gegenüber der Stiftung (Punkt 3. der ON 2) und

(zu ergänzen: durch Pfändung) der in der Gewahrsame des Verpflichteten befindlichen beweglichen körperlichen Sachen aller Art sowie Pfändung und Überweisung der in § 296 EO angeführten Papiere (Punkt 7. der ON 2).

Hingegen wies das Erstgericht ab:

den Antrag auf Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung der Forderung von 31.472.619,21 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. Februar 2011

durch Pfändung der Gesamtrechte des Verpflichteten als Stifter, Begünstigter und Letztbegünstigter gegenüber der Stiftung (Punkt 4. der ON 2),

durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung verschiedener Forderungen gegen die Drittschuldner (Punkt 5. der ON 2),

durch Pfändung der von der Stiftung und einer weiteren Drittschuldnerin gehaltenen Gesellschaftsanteile an mehreren Unternehmen (Punkt 8. der ON 2) und

durch Pfändung der Forderung eines Drittschuldners gegenüber einem weiteren Drittschuldner auf Quotenzahlung aufgrund eines Insolvenzverfahrens (Punkt 9. der ON 2).

Neben dem Auftrag zur Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten im Inland (Punkt 10. der ON 2) ordnete das Erstgericht schließlich noch an, dass gemäß § 84a Abs 2 EO der Vollzug von Verwertungsmaßnahmen erst nach Rechtskraft der Entscheidung über die vorliegende Vollstreckbarerklärung erfolge (Punkt 11. der ON 2).

Das Arresturteil laute auf die Anordnung eines dinglichen Arrests und beinhalte daher keine an den Verpflichteten gerichtete Zahlungsverpflichtung. Die Bewilligung der Exekution sei daher nur zur Sicherstellung der im Titel angeführten Forderung möglich, nicht aber ‑ ausgenommen betreffend die Kosten des Exekutionsantrags ‑ auch zur Hereinbringung einer Forderung.

Nach Verbesserung des Exekutionsantrags durch Nennung der AZ des bei der Staatsanwaltschaft Salzburg geführten Verfahrens wies das Erstgericht mit Beschluss vom 3. Juni 2011 auch den Antrag auf Pfändung und Überweisung zur Einziehung der im Tresor der Verwahrungsabteilung des Landesgerichts Salzburg verwahrten Genussscheine ‑ unbekämpft ‑ ab (ON 5).

Mit Beschluss vom 26. März 2012 berichtigte das Erstgericht den Beschluss ON 2 ‑ unbekämpft ‑ dahin, dass gegenüber der Stiftung die in den Punkten 2. und 3. ausgesprochenen Verbote als Verbote der Leistung an den Verpflichteten (statt an die Betreibende) zu lauten haben; weiters ergänzte es die Beschlussausfertigungen um den Namen des entscheidenden Richters (ON 33).

Dem Rekurs (nur) des Verpflichteten sowohl gegen die Vollstreckbarerklärung als auch gegen die Exekutionsbewilligung (ON 26) gab das Rekursgericht teilweise Folge. Es bestätigte den Ausspruch über die Vollstreckbarerklärung; im Übrigen änderte es die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung jedoch dahin ab, dass es den Exekutionsantrag auch hinsichtlich der Exekution zur Sicherstellung der Forderung von 31.472.619,21 EUR sowie der Exekution zur Hereinbringung der mit 109.567,08 EUR bestimmten Antragskosten durch Pfändung der Gesamtrechte der verpflichteten Partei als Stifter, Begünstigter und Letztbegünstigter sowie (gemeint jeweils) durch Pfändung von beweglichen körperlichen Sachen aller Art sowie der in § 296 EO angeführten Papiere (einschließlich der Überweisung zur Einziehung und des Verkaufs von Fahrnissen bei den Antragskosten) abwies; zugleich wurde der angefochtene Beschluss im erstinstanzlichen Kostenpunkt abgeändert und die Kosten des Rekursverfahrens gegeneinander aufgehoben. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig.

Es hielt die Rekursbeantwortung der Betreibenden für zulässig. Den Argumenten des Rekurses zur Nichtigkeit/Mangelhaftigkeit des Beschlusses des Erstgerichts, die darin erblickt wurde, dass nicht zu erkennen gewesen sei, von welchem Richter er stamme, folgte es nicht; es gestand der Betreibenden das Recht zu, das Arresturteil trotz der schon darin ausgesprochenen Pfändung auch in Österreich für vollstreckbar erklären zu lassen. Bei der Bewilligung der Exekution sei aber darauf Bedacht zu nehmen, dass nach deutschem Recht die Arrestpfändung nur Sicherungsfunktion haben könne. Die österreichische Rechtsordnung kenne zur Sicherung von Geldforderungen vergleichbare Sicherungsmittel im Rahmen der Exekution zur Sicherstellung. Ausgehend vom deutschen Arresturteil sei der Exekutionsantrag der Betreibenden verfehlt, mit dem zu allen Exekutionsarten die Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung beantragt worden sei, bei der Forderungsexekution zugleich auch durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung. Nach ständiger Rechtsprechung umfasse ein Antrag auf Befriedigungsexekution nicht auch jenen auf Sicherungsexekution. Das Bewilligungsgericht sei daher grundsätzlich nicht berechtigt, aufgrund eines Exekutionsantrags zur Hereinbringung einer Geldforderung als Minus eine Exekution zur Sicherung dieser Geldforderung zu bewilligen. Die Betreibende habe sich auch nicht nur im zulässigen Exekutionsmittel vergriffen. Daher sei der ausdrücklich auf Hereinbringung einer Geldforderung gerichtete Exekutionsantrag zur Gänze abzuweisen gewesen. Werde nur der Antrag auf Vollstreckbarerklärung bewilligt, so könne nicht allein zur Hereinbringung der damit verbundenen Kosten zugleich Exekution geführt werden.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ua zur exekutionsrechtlichen Umsetzung eines für vollstreckbar erklärten deutschen Arresturteils und zur Frage fehle, ob in diesem Zusammenhang bei einem verfehlten Antrag auf Bewilligung der Befriedigungsexekution dennoch als Minus eine Exekution zur Sicherstellung bewilligt werden dürfe.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Betreibenden mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses, hilfsweise auf Aufhebung. Sie macht im Wesentlichen geltend, das Arresturteil stelle keinen „werdenden“ Titel dar, ähnle aber einem inländischen Exekutionstitel, der einen Anspruch auf Sicherstellung verbriefe, zu dessen Durchsetzung eine Befriedigungsexekution zu beantragen und zu bewilligen sei. Dem Vollzug des Arresturteils durch Exekution zur Sicherstellung stehe auch entgegen, dass eine Überprüfung der für die Exekution zur Sicherstellung maßgebenden Voraussetzungen eine unzulässige révision au fond erfordere. Es sei auch im Rahmen der Befriedigungsexekution die Pfändung von Ansprüchen gegenüber der Überweisung ein Minus. Selbst wenn seine Rechtsansicht zutreffen sollte, wäre das Rekursgericht zur Vermeidung des Verlusts des Pfandrangs für die Betreibende zur Umdeutung des Exekutionsantrags in einen solchen auf Sicherstellung ‑ analog § 40a JN ‑ verpflichtet gewesen, jedenfalls aber zur Einräumung der Möglichkeit einer Verbesserung iSd der Rechtsmeinung des Rekursgerichts. Die Unterlassung der Gewährung einer Verbesserungsmöglichkeit und der Umdeutung mache das Rekursverfahren mangelhaft.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur vorliegenden Konstellation noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiert; er ist auch berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass das Revisionsrekursverfahren in Exekutionssachen grundsätzlich einseitig ist. Ein Grund für eine ausnahmsweise doch zweckmäßige Beteiligung des Revisionsrekursgegners (dazu RIS-Justiz RS0118686) liegt hier nicht vor, weil der Verpflichtete schon in seinem Rekurs an die zweite Instanz seinen Rechtsstandpunkt vertreten konnte.

2. Nachdem sowohl die Betreibende den Beschluss des Erstgerichts im Umfang der Teilabweisung ihrer Exekutionsanträge als auch der Verpflichtete die Bestätigung der Vollstreckbarerklärung durch das Rekursgericht unbekämpft ließen, ist Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens nur mehr der Antrag auf Exekutionsbewilligung im Umfang der teilweisen Bewilligung durch das Erstgericht.

3. Der im betriebenen Exekutionstitel angeordnete Arrest findet nach § 916 Abs 1 dZPO zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, der in eine Geldforderung übergehen kann. Der dingliche Arrest findet statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (§ 917 Abs 1 dZPO). Die Vollziehung des Arrests in das bewegliche Vermögen wird durch Pfändung bewirkt. Die Pfändung erfolgt nach denselben Grundsätzen wie jede andere Pfändung und begründet ein Pfandrecht mit den in § 804 dZPO bestimmten Wirkungen (§ 930 Abs 1 dZPO). Der bloß auf Sicherung ausgerichtete Charakter des Arrests wird bei der Vollziehung dadurch deutlich, dass auch die Vollziehung nicht zur Befriedigung des Gläubigers, sondern nur zur Erreichung eines gesicherten Zustands dient; es werden daher nur solche Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt, die den Gläubiger noch nicht befriedigen. Gegenstände und Forderungen werden also gepfändet, aber nicht verwertet oder zur Einziehung überwiesen. Nur in bestimmten Fällen (§ 930 Abs 2 und 3 dZPO) erfolgt auch die Verwertung, jedenfalls aber bleibt der Erlös hinterlegt (Berger, Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht [2006] 409; Mayer in Vorwerk/Wolf, Beck'scher Online‑Kommentar ZPO § 930 Rz 1). Der mit dem Arrestpfandrecht gewährte einstweilige Rechtsschutz dient also der Sicherung, nicht der Befriedigung des Gläubigers (Huber in Musielak, ZPO9 § 930 Rz 1). Erwirkt der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel in der Hauptsache, so entsteht neben dem Arrestpfandrecht kraft Gesetzes, also ohne die Notwendigkeit nochmaliger Pfändung, ein Vollstreckungspfandrecht in Höhe der Arrestsumme; dieses hat den Rang des Arrestpfandrechts (Mayer Rz 9 mwN; Drescher in Münchener Kommentar zur ZPO3 § 930 Rz 10). Obsiegt hingegen der Schuldner im Hauptsacheverfahren, so kann er Aufhebung des Arrestbefehls (§ 927 ZPO) und seiner Vollziehung verlangen (§§ 775 Z 1, 776 ZPO); das Arrestpfandrecht bleibt bis zur Aufhebung bestehen (Drescher Rz 12; Huber in Museliak § 930 ZPO9 Rz 8).

4. Die in Art 33 Abs 1 EuGVVO angeordnete ipso‑iure‑Anerkennung von in einem Mitgliedsstaat ergangenen Entscheidungen geht vom Gedanken der Wirkungserstreckung aus, dh dem anerkannten Urteil kommen im Zweitstaat dieselben Rechtswirkungen zu wie im Ursprungsstaat. Ein Urteil eines ausländischen Gerichts kann daher im Inland nur jene Wirkungen entfalten, die ihm im Bereich des Ursprungsstaats zukommt (RIS‑Justiz RS0117940 [T1]; vgl § 84b EO; RIS‑Justiz RS0110172 [T4]). Für einen österreichischen Richter macht es deshalb keinen Unterschied, ob eine anerkannte ausländische Entscheidung oder ein inländisches Urteil vorliegt, weil die ausländische Entscheidung ebenso viel wert ist, wie das Urteil eines österreichischen Gerichts (Rassi in Fasching/Konecny 2 Art 33 EuGVVO Rz 7; Kodek in Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands‑ und VollstreckungsR3 Art 33 EuGVVO Rz 1). Andererseits entfaltet das fremde Urteil auch solche Rechtswirkungen, die in Österreich nicht bekannt sind (Mayr, EuZPR Rz IV/10; Rassi Art 32 Rz 20 und Art 38 Rz 8; Kodek Rz 5).

Der Umstand, dass in Österreich ein Zivilurteil mit einer Wirkung, die jener eines Arresturteils nach der dZPO entspricht, nicht vorgesehen ist, steht daher weder der Anerkennung des hier zu beurteilenden Exekutionstitels noch seiner ‑ nunmehr ohnehin bereits rechtskräftigen ‑ Vollstreckbarerklärung entgegen. Bei der Zwangsvollstreckung darf dem Titel nur keine weitreichendere Wirkung verliehen werden, als er in Deutschland hätte.

5. Der Exekutionsvollzug an sich ‑ also die Zwangsvollstreckung einer ausländischen Entscheidung in das Vermögen des Verpflichteten ‑ wird von den europäischen Rechtsquellen nicht geregelt, sondern ist dem nationalen Recht vorbehalten. Die Zäsur bildet die Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung, bis dahin wird das Verfahren von der EuGVVO und der EO gemeinsam gestaltet, danach ausschließlich durch die EO (Mayr, EuZPR Rz IV/8 und Rz IV/51; 3 Ob 212/06g = RIS‑Justiz RS0121712). Bezogen auf Geldforderungen sieht die EO die Exekution zu deren Hereinbringung (= Befriedigung) mit den üblichen drei Schritten Pfändung, Verwertung und Verteilung (§§ 87 bis 345 EO) oder zu deren Sicherung (§§ 370 bis 377 EO), deren Vollzugsverfahren in der Regel nicht über die Pfändung hinausgeht, vor. Schließlich besteht auch die Möglichkeit, Geldforderungen durch einstweilige Verfügungen zu sichern (§§ 379 ff EO).

6. Da der mit dem (deutschen) Arrestpfandrecht gewährte einstweilige Rechtsschutz auf die Sicherung einer Geldforderung beschränkt ist, und diese Wirkung bei der Vollstreckung in Österreich beibehalten bleibt, stellt eine mit dem Ziel der Befriedigung der (nur zu sichernden) Geldforderung geführte Exekution nicht die adäquate Maßnahme zur Vollstreckung eines solchen Titels dar; sie kann daher ‑ unabhängig von Art 47 EuGVVO ‑ keinesfalls bewilligt werden.

Den dagegen vorgetragenen Argumenten der Betreibenden ist nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, dass kein „werdender“ Exekutionstitel, also ein Exekutionstitel, der zwar bereits existiert, aber noch nicht vollstreckbar ist, durchzusetzen ist. Vielmehr liegt ein bereits vollstreckbarer Titel vor; der damit gewährte einstweilige Rechtsschutz ist aber, wie bereits dargelegt, auf die Sicherung einer Geldforderung beschränkt, weshalb kein Anspruch auf deren Befriedigung geschaffen wurde und eine Exekution zur Hereinbringung dieser Geldforderung ‑ wie von der Betreibenden begehrt ‑ nicht bewilligt werden kann. Soweit sie ein Arresturteil mit „inländischen Exekutionstiteln, die Ansprüche auf (bloße) Sicherstellung verbriefen“ vergleicht, übersieht sie, dass die Durchsetzung eines materiell‑rechtlichen Anspruchs auf Sicherheitsleistung die Schaffung eines mehr oder weniger bestimmten Titels verlangt, der den Schuldner zu einer Leistung verpflichtet (vgl Mader/W. Faber in Schwimann 3 §§ 1373, 1374 ABGB Rz 8). Damit fehlt es aber einem solchen Exekutionstitel an der Vergleichbarkeit mit einem Arresturteil.

7. § 379 Abs 4 EO schließt die Pfändung von Sachen des Gegners der gefährdeten Partei durch einstweilige Verfügung zur Sicherung von Geldforderungen aus, sodass diese hier als Sicherungsmaßnahme keinesfalls in Frage kommt.

8.1. Zu prüfen bleibt daher, ob zur Durchsetzung einer derartigen Entscheidung eine Exekution zur Sicherstellung bewilligt werden kann. Die Wirkungen der Exekution zur Sicherstellung entsprechen nämlich im Wesentlichen jenen des Arresturteils: Das Vollzugsverfahren geht grundsätzlich nicht über das Pfändungsstadium hinaus und kann nur ausnahmsweise zur Verwertung führen, keinesfalls jedoch zur Befriedigung (§ 374 Abs 1 und 3 EO). Erworben wird ein exekutives Pfandrecht, das mit dem Eintritt der Vollstreckbarkeit des Titels ipso iure zu einem unbedingten wird (RIS‑Justiz RS0004696; zuletzt 3 Ob 167/10w mwN); das exekutive Befriedigungsrecht hat daher den Rang vom Tag der Vornahme der Sicherstellungsexekution (RIS‑Justiz RS0004709).

In der österreichischen Lehre wird die Zulässigkeit der Sicherstellungsexekution für einen ausländischen Titel wie den vorliegenden im Rahmen der EuGVVO befürwortet (Kodek Art 38 Rz 22 f; Rechberger/Oberhammer, ExekutionsR5 Rz 471a; vgl auch Neumayr/Nunner‑Krautgasser, ExekutionsR3 280).

8.2. Dem ist aus nachstehenden Gründen zu folgen:

§ 370 Satz 1 EO, der einen inländischen Exekutionstitel zur Voraussetzung macht, steht dem nicht entgegen. Schon die ipso iure eintretende Anerkennung der Entscheidung aus dem Ursprungsstaat in Österreich (Art 33 Abs 1 EuGVVO) hat zur Folge, dass nicht mehr zwischen in‑ und ausländischem Exekutionstitel zu unterscheiden ist.

Die Betreibende hat hier zulässig den Antrag auf Vollstreckbarerklärung mit dem Antrag auf Exekutionsbewilligung verbunden, worüber zugleich zu entscheiden war (§ 84a Abs 1 EO) und entschieden wurde. Die dem nationalen Recht vorrangige (§ 86 Abs 1 EO) Bestimmung des Art 47 Abs 2 EuGVVO gibt dem Gläubiger die Befugnis, schon nach der erstinstanzlichen Erteilung der Vollstreckbarerklärung und vor deren Rechtskraft (nur) Sicherungsmaßnahmen zu veranlassen. Das gilt für auf Geldleistung lautende Titel und muss umso mehr für einen solchen gelten, der von vorne herein allein auf Sicherung einer Geldforderung lautet. Damit steht einer Exekution zur Sicherstellung zur Durchsetzung eines deutschen Arresturteils nichts entgegen. Ihre Bewilligung darf aber nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht werden, weil der ‑ vorrangige ‑ Art 47 Abs 2 EuGVVO weder eine Glaubhaftmachung von (weiteren) Antragsvoraussetzungen noch eine Sicherheitsleistung verlangt und damit auch nicht gestattet (Rassi Art 47 Rz 10 ff mwN; Kodek Art 38 Rz 22 und Art 47 Rz 14). Damit geht auch der Einwand der Betreibenden ins Leere, die Bewilligung der Sicherstellungsexekution erfordere eine (neuerliche) Überprüfung ihrer Voraussetzungen nach der EO und stelle daher einen Verstoß gegen das Verbot der révision au fond (Art 36 EuGVVO) dar.

Das vorliegende und bereits für vollstreckbar erklärte deutsche Arresturteil ist daher in Österreich jedenfalls ab der Vollstreckbarerklärung mittels Exekution zur Sicherstellung zu vollziehen.

9.1. Die Betreibende hat allerdings nach dem Wortlaut ihres Antrags die Exekution zur Hereinbringung der (bloß zu sichernden) Forderung von 31.472.619,21 EUR beantragt, dies zum Teil durch Vollzugsschritte, die schon zur Befriedigung führen sollen (Überweisung zur Einziehung von Geldforderungen und der in § 296 EO angeführten Wertpapiere). Der Inhalt des Exekutionsantrags erweist sich daher seinem Wortlaut nach als inkonsequent, weil er Elemente der Befriedigungs‑ und der Sicherungsexekution vermengt, und bedarf daher der Auslegung.

9.2. Die Umdeutung von fehlerhaften Prozesserklärungen ist zulässig; dabei ist die Parteiabsicht nach dem in der fehlerhaften Prozesserklärung enthaltenen Gesamtvorbringen unter Berücksichtigung der Prozesslage objektiv zu ermitteln (RIS‑Justiz RS0106420). Bei der Auslegung einer Prozesshandlung kommt es darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Prozesszwecks und der dem Gericht und Gegner bekannten Prozesslage und Aktenlage objektiv verstanden werden muss

(RIS‑Justiz RS0037416; RS0097531). Es ist jener Variante der Vorzug zu geben, die es erlaubt, eine prozessuale Willenserklärung als wirksame Prozesshandlung anzusehen (RIS‑Justiz RS0106326).

9.3. Der Diktion im Exekutionsantrag, die Exekution werde „zur Hereinbringung“ einer näher bezeichneten Geldforderung begehrt, darf aus mehreren Gründen kein entscheidender Stellenwert beigemessen werden. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die österreichische Rechtsordnung das Institut eines „Arresturteils“ nicht kennt und zur Frage der Kompatibilität mit den Vollstreckungnormen in Österreich bisher keine höchstgerichtliche Judikatur existiert und auch von der Lehre noch nicht eindeutig Stellung bezogen wurde, weiters dass die Betreibende bei der Auswahl der Vollzugsmittel zum Teil ohnehin respektiert, dass sich der Vollzug des Arresturteils auf die Setzung von Sicherungsmaßnahmen (bloße Pfändung) beschränken muss; schließlich soll nicht übersehen werden, dass auch die Sicherungsexekution darauf ausgerichtet ist, für die spätere Hereinbringung vorzusorgen. Aus diesen Gründen ist es angebracht, den Exekutionsantrag ‑ bei objektiver Betrachtung ‑ nicht als einen auf Befriedigung gerichteten zu verstehen, sondern als Antrag auf Sicherungsexekution, in dem allerdings zum Teil (derzeit) unzulässige Vollzugsschritte begehrt werden. Für diesen Fall wurde judiziert, dass dann, wenn die Voraussetzungen vorliegen und sich der betreibende Gläubiger nur im zulässigen Exekutionsmittel vergriffen hat, die Exekution zur Sicherstellung mit dem richtigen Exekutionsmittel zu bewilligen und das Mehrbegehren abzuweisen ist (3 Ob 422/58 = RIS‑Justiz RS0004712).

Dieses Auslegungsergebnis erübrigt Überlegungen zu einem allenfalls notwendigen Verbesserungsverfahren ebenso wie zur Frage, in welchem Verhältnis Befriedigungs‑ und Sicherungsexekution zueinander stehen.

10.1. Die Bewilligung der Sicherungsexekution für den Hauptanspruch durch das Erstgericht erweist sich daher als zutreffend.

10.2. Das weitere Rekursargument, die erstgerichtliche Entscheidung sei nichtig, weil deren Ausfertigung nicht erkennen lasse, von welchem Richter der Beschluss gefasst worden sei, hat schon das Rekursgericht zutreffend ua mit dem Hinweis verworfen, dass dazu vom Erstgericht bereits eine Berichtigung vorgenommen worden ist.

10.3. Zur Vollstreckung der ‑ unbeanstandet ‑ bestimmten Kosten des Vollstreckbarerklärungs‑ und Exekutionsantrags von 109.567,08 EUR mittels Rechteexekution nur durch Pfändung der dem Verpflichteten sowohl als Stifter als auch als Begünstigter und Letztbegünstigter gegenüber einer näher genannten Stiftung zustehenden Gesamtrechte (Punkt 3. der ON 2) wendete der Verpflichtete schließlich im Rekurs ein, es sei von einer perplexen Exekution auszugehen; da die Exekution zur Hereinbringung der Kosten beantragt und bewilligt worden sei, allerdings nur durch Pfändung von Rechten, sei die bewilligte Exekution „einem Vollzug nicht zugänglich“ und einzustellen. Diese Schlussfolgerung geht schon deshalb ins Leere, weil die Pfändung nach § 331 EO unabhängig davon zu bewilligen ist, ob gleichzeitig mit dem Pfändungsantrag auch ein Verwertungsantrag gestellt wurde (RIS‑Justiz RS0004230; 3 Ob 26/08g). § 331 Abs 2 EO sieht nämlich vor, dass die Art der Verwertung des Rechts erst nach Einvernehmung des Verpflichteten und aller Gläubiger, zu deren Gunsten Pfändung erfolgte, vom Exekutionsgericht auf Antrag des Betreibenden zu bestimmen ist.

Die zur Hereinbringung der Antragskosten bewilligte Exekution (Punkt 3. und 7. der ON 2) blieb im Übrigen vom Verpflichteten unbekämpft, sodass eine weitere Auseinandersetzung damit zu unterbleiben hat.

11. Der Revisionsrekurs der Betreibenden erweist sich somit als berechtigt, weshalb der erstgerichtliche Beschluss idF des Berichtigungsbeschlusses im Umfang der Exekutionsbewilligung wiederherzustellen war, also in den Punkten 2., 3., 6. und 7. der ON 2.

12. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO. Das Rekursgericht hat die Rekursbeantwortung der Betreibenden als zulässig angesehen.

Die jeweils verzeichnete Umsatzsteuer ist allerdings nicht zuzusprechen. Da im vorliegenden Fall nach der Aktenlage davon auszugehen ist, dass die Betreibende ihr Unternehmen in Deutschland betreibt, gelten die Leistungen ihres Rechtsfreunds als in Deutschland erbracht und unterliegen daher nicht der österreichischen Umsatzsteuer. Ob ‑ und allenfalls in welcher Höhe ‑ die Betreibende (oder ihr inländischer Vertreter selbst) für die erbrachten anwaltlichen Leistungen in Deutschland Umsatzsteuer abzuführen hat, bedarf keiner näheren Prüfung, weil mit der kommentarlosen Verzeichnung von 20 % USt in der Revisionsrekursbeantwortung ohne Zweifel nur die inländische USt angesprochen worden ist. Dass die Beklagte für die angesprochenen Leistungen in Deutschland umsatzsteuerpflichtig ist, wäre dem Grunde und der Höhe nach gemäß § 54 Abs 1 ZPO zu behaupten und zu bescheinigen gewesen (4 Ob 199/01w; RIS‑Justiz RS0114955).

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