OGH 3Ob92/12v

OGH3Ob92/12v11.7.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R***** GmbH, *****, wider die beklagte Partei „Ö*****“‑***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hubert Simon, Rechtsanwalt in Wien, wegen 16.877,09 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2012, GZ 2 R 266/11v-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 14. Oktober 2011, GZ 43 Cg 35/11m‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.049,04 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 174,84 EUR an USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht eröffnete mit Beschluss vom 5. Februar 2008 über das Vermögen der R***** GmbH den Konkurs und bestellte den Kläger, einen Rechtsanwalt, zum Masseverwalter. Die vom Kläger dem Konkursgericht angezeigte Masseunzulänglichkeit wurde am 2. April 2008 in der Insolvenzdatei öffentlich bekannt gemacht.

Am 4. Juni 2008 brachte der Kläger gegen die Beklagte beim Erstgericht eine Anfechtungsklage ein, die mit unangefochten in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Erstgerichts vom 5. Jänner 2011 abgewiesen und der Beklagten ein binnen 14 Tagen zu leistender Kostenersatz von 16.093,73 EUR zuerkannt wurde; die Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit erfolgte am 10. Februar 2011. Am 18. Februar 2011 forderte die Beklagte den Kläger zur Überweisung eines Kosten‑(teil‑)betrags von 13.411,44 EUR auf. Der Kläger antwortete noch am selben Tag, dass er keine Zahlung leisten könne.

Am 7. März 2011 legte der Kläger dem Konkursgericht in Einem vor (./A = ./4): 1. einen Bericht, 2. einen Antrag auf Bestimmung seiner Entlohnung und Prozesskosten (aufgeschlüsselt in sechs detaillierten Kostennoten), 3. die Schlussrechnung, die einen Massestand („Überschuss“) von 21.463,49 EUR aufwies, und 4. einen Verteilungsentwurf nach § 47 Abs 2 KO, in dem die hier streitgegenständliche Forderung der Beklagten gar nicht enthalten war.

Bereits mit Beschluss vom 8. März 2011 bestimmte das Insolvenzgericht die Kosten des Masseverwalters mit einem Betrag von 47.424,31 EUR antragsgemäß und berechtigte ihn, nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag der Masse zu entnehmen. Darin enthalten waren 40.071,91 EUR an Vertretungskosten (inklusive Barauslagen und USt), die der Kläger für seine Vertretung der Masse in insgesamt sechs Verfahren in dieser Höhe geltend gemacht hatte; der restliche Betrag umfasste seine Entlohnung nach § 82 KO samt Barauslagen und USt.

Dieser Kostenbestimmungsbeschluss wurde sowohl dem Kläger als auch dem Gemeinschuldnervertreter am 11. März 2011 zugestellt (AußerstrSt ON 9 S 5).

Der Verteilungsentwurf wurde vom Kläger wieder zurückgezogen und die Verteilungstagsatzung auf unbestimmte Zeit vertagt (AußerstrSt ON 9 S 2).

Zur Hereinbringung der titulierten Kostenersatzforderung samt 4 % Zinsen ab 5. Jänner 2011 und der mit 607 EUR bestimmten Kosten des Exekutionsantrags wurde der Beklagten gegen den Kläger am 18. März 2011 die Forderungsexekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung eines Kontoguthabens bewilligt, das dem Kläger gegenüber einer Bank zustand. Der Kläger setzte sich dagegen mit einer am 1. April 2011 eingebrachten Impugnationsklage zur Wehr und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Aufschiebung der Exekution, der am 11. April 2011 abgewiesen wurde. Die Drittschuldnerin überwies der Beklagten am 21. April 2004 16.877,09 EUR; dafür wurden dem Kläger an Bankspesen und wegen „Eilüberweisung“ insgesamt 111,50 EUR verrechnet, die er bezahlte. Darauf schränkte der Kläger seine Impugnationsklage wegen der Beendigung des Exekutionsverfahrens auf Kosten ein; dieses Verfahren ist derzeit unterbrochen.

Der Kläger begehrt die Rückzahlung von 16.877,09 EUR als infolge unzulässiger Exekutionsführung vereinnahmter Beträge und von 111,50 EUR an Spesen. Die Verweigerung der Bezahlung des streitgegenständlichen Prozesskostenersatzanspruchs und die Unzulässigkeit der Exekution, die zur Befriedigung der Beklagten führte, begründete der Kläger damit, durch seine nach Bekanntmachung der Masseunzulänglichkeit vorgenommenen Vertretungshandlungen für die Masse in vier Zivil- und einem Strafverfahren seien weitere Neumasseforderungen zu seinen Gunsten entstanden, die jener der Beklagten vorrangig und höher als der damalige Massestand gewesen seien.

Dem hielt die Beklagte entgegen, im Zeitpunkt der Weigerung des Klägers, ihre Neumasseforderung zu bezahlen (18. Februar 2011) habe diese die einzige Neumasseforderung dargestellt, da die Kosten des Klägers als Masseverwalter damals noch nicht bestimmt und fällig gewesen seien, sondern erst mit Rechtskraft des Bestimmungsbeschlusses des Konkursgerichts vom 8. März 2011 vermutlich am 24. März 2011; das gelte auch für den Zeitpunkt der Einleitung und Bewilligung des Exekutionsverfahrens. Jedenfalls würden die Kosten für ein sinnlos fortgesetztes Verfahren und für den auf vom Kläger unterlassene Erhebungen zurückzuführenden Anfechtungsprozess nicht zustehen. Nach § 124a KO sei der Kläger weder zur Innehaltung mit der Bezahlung fälliger Neumasseforderungen berechtigt gewesen, noch habe eine Exekutionssperre für diese bestanden. § 47 Abs 2 letzter Satz KO schließe überdies die Rückforderung bezahlter Masseforderungen aus.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Exekutionsführung der Beklagten sei zulässig gewesen, weil ihre Neumasseforderung gemäß § 124a Abs 2 Satz 2 KO von keiner Exekutionssperre umfasst gewesen sei. Darüber hinaus stehe dem Rückforderungsanspruch des Klägers § 47 Abs 2 letzter Satz KO entgegen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Ob § 47 Abs 2 KO zur Anwendung komme, bedürfe keiner näheren Prüfung. Denn selbst wenn man die Anwendbarkeit dieser Bestimmung unterstelle, könnten geleistete Zahlungen gemäß § 47 Abs 2 letzter Satz KO nicht zurückgefordert werden. Dies gelte auch dann, wenn ein Massegläubiger im Rahmen eines Exekutionsverfahrens Befriedigung erlange, zumal der Gesetzeswortlaut keine Differenzierung erkennen lasse. Die ordentliche Revision wurde nachträglich zugelassen, weil diese Rechtsansicht in einem Spannungsverhältnis zur E 3 Ob 69/87 stehe, sodass zum Anwendungsbereich des § 47 Abs 2 letzter Satz KO keine gefestigte höchstgerichtliche Judikatur vorliege.

Dagegen richtet sich die ordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Stattgebung der Klage, hilfsweise auf Aufhebung. Als erhebliche Rechtsfrage macht der Kläger geltend, es fehle Judikatur zur Frage, ob § 47 Abs 2 letzter Satz KO nur Zahlungen erfasse, die vor Eintritt der Masseunterdeckungen geleistet wurden und zur Frage, ob das auch für exekutiv durchgesetzte Zahlungen gelte. Der Kläger sei wegen der Geltung des § 47 Abs 2 KO zur Innehaltung mit der Befriedigung der Forderung der Beklagten nach Erkennbarkeit der Masseunzulänglichkeit auch für die Neumasseforderungen verpflichtet gewesen; die unzulässig erfolgte Vollzahlung an die Beklagte könne von ihm zurückgefordert werden.

Die Beklagte begehrt in ihrer Revisionsbeantwortung primär die Zurückweisung der Revision und tritt deren Argumenten auch inhaltlich entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur mit der InsNov 2002 eingeführten Regelung des § 124a KO (Eröffnung des Konkursverfahrens vor dem 1. Juli 2010) fehlt, wie bei Unzulänglichkeit der Masse auch zur Deckung der Forderungen der Neumassegläubiger vorzugehen ist. Sie ist allerdings nicht berechtigt.

Vorweg klarzustellen ist, dass die Rechtsmittelerklärung zwar lautet, das Berufungsurteil in seinem gesamten Umfang anzufechten, und auch der Rechtsmittelantrag primär auf Abänderung im Sinn der vollen Stattgebung der Klage lautet. Inhaltlich finden sich allerdings keine Ausführungen gegen die Abweisung des Spesenbetrags von 111,50 EUR, sodass diese unbekämpft blieb und dazu Teilrechtskraft eingetreten ist.

1. Massegläubiger sind nach § 124 Abs 1 KO ohne Rücksicht auf den Stand des Verfahrens zu befriedigen, sobald sie feststehen und fällig sind. Können die Masseforderungen nicht vollständig befriedigt werden, sieht § 47 Abs 2 KO eine rangmäßige, innerhalb des Rangs eine quotenmäßige Befriedigung vor. Strittig war das Verhältnis der Grundregel des § 124 Abs 1 KO zur Spezialregelung des § 47 Abs 2 KO. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (3 Ob 16/92 = SZ 65/48; 8 Ob 66/98h) wurde dem Fälligkeitsprinzip des § 124 Abs 1 KO der Vorrang eingeräumt, indem unstrittige und fällige Masseforderungen stets zu bezahlen waren, auch wenn das bei insgesamt unzulänglicher Konkursmasse bedeutete, dass später fällig werdende Ansprüche teilweise oder ganz unbefriedigt blieben; in eine Verteilung gemäß § 47 Abs 2 KO waren nur die feststehenden und fälligen Masseforderungen einzubeziehen.

§ 124a KO sieht im Wesentlichen vor, dass der Masseverwalter unverzüglich dem Konkursgericht anzuzeigen hat, wenn die Masse nicht mehr ausreicht, um die Masseforderungen zu erfüllen, und mit der Befriedigung der Massegläubiger innezuhalten hat. Er darf jedoch die zur Verwaltung und Verwertung gebotenen Rechtshandlungen vornehmen, daraus herrührende Masseforderungen (die sog Neumasseforderungen) sind unverzüglich zu befriedigen und unterliegen keiner Exekutionssperre. Es können richterliche Pfand‑ oder Befriedigungsrechte erworben werden. Die vom Konkursgericht in der Insolvenzdatei vorzunehmende Bekanntmachung der Masseunzulänglichkeit löst hingegen für die Altmasseforderungen eine Exekutionssperre aus. Nach Verwertung hat der Masseverwalter einen Verteilungsentwurf iSd § 47 Abs 2 KO vorzulegen, nach Durchführung der Verteilung wird der Konkurs aufgehoben. Auch der Wegfall der Masseunzulänglichkeit ist unverzüglich anzuzeigen. Ab dessen Bekanntmachung ist wieder nach § 124 Abs 1 KO vorzugehen und die Exekutionssperre beseitigt.

Ziel der Regelung bei Masseunzulänglichkeit, also für den „Konkurs im Konkurs“ ist es, die sogenannten Altmassegläubiger möglichst gleich zu behandeln und gleichzeitig einen der weiteren Verwertung entgegenstehenden „Kontrahierungsstopp“ dadurch zu verhindern, dass die Forderungen der im Zuge der weiteren Verwaltung und Verwertung hinzutretenden Neumassegläubiger privilegiert zu befriedigen sind (8 Ob 116/10g; ErläutRV zur InsNov 2002, 988 BlgNR 21. GP 34).

2. § 124a KO enthält keine ausdrückliche Regelung, wie in dem Fall vorzugehen ist, in dem die Masse auch nicht für die Erfüllung aller Neumassegläubiger ausreicht.

2.1. In der Lehre wird dazu einhellig die Meinung vertreten, dass in diesem Fall die Masse nach den Regeln des § 47 Abs 2 KO nur auf die Neumassegläubiger aufzuteilen ist (Konecny, Masseunzulänglichkeit und ihre Folgen, Insolvenzforum 2002, 61 ff [90]) und der Masseverwalter sogar berechtigt ist, mit der Befriedigung fälliger (auch Neu-) Masseforderungen innezuhalten (Katzmayr, Masseunzulänglichkeit, 98 f; Nathschläger, Ersatz der Prozesskosten bei Masseunzulänglichkeit, ZIK, 2005/32, 49; Engelhart in Konecny/Schubert KO § 47 Rz 15; Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger Insolvenzrecht4 § 124a Rz 34).

2.2. Dem ist nicht zu folgen.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Wortlaut des § 124a Abs 1 letzter Satz KO für die unverzügliche Befriedigung der Neumasseforderungen keinerlei Einschränkung vorsieht; dies obwohl für den Fall der Masseunzulänglichkeit für die Altmasseforderungen gleichzeitig die Anwendung des § 47 Abs 2 KO ausdrücklich normiert wurde (§ 124a Abs 3 KO).

Wenn in derselben Gesetzesstelle (§ 124a Abs 1 KO) für unterschiedliche Gläubiger unterschiedliche Regeln normiert werden (Innehaltung mit der Befriedigung der Altmassegläubiger und Verteilung nach § 47 KO; unverzügliche Befriedigung der neuen Massegläubiger) kann das im Schrifttum befürwortete Prinzip der Gleichbehandlung der Neumassegläubiger, wenn die dem Masseverwalter zur Verfügung stehende Masse unzulänglich ist, nicht auf den Gesetzeswortlaut gestützt werden und setzte entweder eine am Gesetzeszweck orientierte einschränkende Auslegung (keine unverzügliche Auszahlungspflicht des Masseverwalters bei erkennbarer Unzulänglichkeit der Masse für die Befriedigung aller Neumassegläubiger) oder aber eine planwidrige Gesetzeslücke dahin voraus, dass der Gesetzgeber diesen Fall nicht Bedacht hat und auch hier die Gleichbehandlung der Neumassegläubiger angeordnet hätte (analog der Regelung für die Altmassegläubiger). Wenn der Gesetzgeber aber die klare Anordnung einer unverzüglichen Befriedigung der Neugläubiger mit dem Ziel der Vermeidung einer Kontrahierungssperre, also zur Ermöglichung einer Unternehmensfortführung, begründet, steht das im Einklang mit der naheliegenden Erwägung, dass nach einer öffentlich bekannt gemachten Masseunzulänglichkeit der Masseverwalter nur mehr mit Zug‑um‑Zug‑Geschäften (unverzügliche Zahlung) oder unter Einräumung von Pfandrechten Geschäftspartner finden wird und diese berechtigt auf das Prioritätsprinzip vertrauen dürfen. Derjenige, dessen Forderung zuerst fällig wird, hat unbedingten Anspruch auf Befriedigung durch den Masseverwalter. Die gegenteilige Auffassung steht mit der klaren Anordnung des § 124a Abs 1 dritter Satz KO und den Gesetzesmaterialien in Widerspruch. Sie führte in der Praxis zu einer faktischen Kontrahierungssperre, weil sich kein Vertragspartner des Masseverwalters finden wird, wenn er der Gefahr ausgesetzt ist, dass dieser im Sinne der zitierten Lehrmeinungen mit der Zahlung fälliger Forderungen von Neumassegläubigern innehält und beispielsweise über Jahre hinaus darüber Unsicherheit bestünde, welche Neugläubiger in welchem Ausmaß aus der unzulänglichen Masse in einer Verteilung nach § 47 KO zu befriedigen wären. Der erkennende Senat vermag also keine planwidrige Gesetzeslücke und auch keinen Anlass für eine teleologische Reduktion dahin, dass die unverzügliche Befriedigung nur für das Vorliegen einer zulänglichen Masse gelten sollte, zu erkennen. Bei erkennbarer Unzulänglichkeit der Masse zur Befriedigung der Masseneugläubiger wird der Masseverwalter im Rahmen seiner Verantwortlichkeit Informationspflichten zu erfüllen haben. Ohne Mittel zur Deckung der Neugläubiger wird eine beabsichtigte Fortführung der Geschäfte zwangsläufig ein Ende finden müssen. Die Begründung neuer Verbindlichkeiten in Kenntnis des Sachverhalts wäre schuldhaft. Wegen der Haftung des Masseverwalters bestehen daher auch keine Bedenken gegen das Fälligkeits‑(Prioritäts‑)prinzip des § 124a Abs 1 dritter Satz KO und die dort normierte Privilegierung der Neumassegläubiger. Für eine Gleichbehandlung mit den Altmassegläubigern im Analogieweg (§ 124a Abs 3 iVm § 47 Abs 2 KO) fehlen die Voraussetzungen.

Die Absicht des Gesetzgebers, für die Neumassegläubiger in jedem Fall die Geltung des Fälligkeitsprinzips anzuordnen, wird durch die ‑ auch von der Beklagten ins Treffen geführte ‑ Formulierung in den ErläutRV (zur InsNov 2002, 988 BlgNR 21. GP 34), die Neumasseforderungen seien „unverzüglich, somit vorrangig und unabhängig von der Reihenfolge des § 47 Abs. 2, zu befriedigen“, bekräftigt. Die Bedeutungslosigkeit der Reihenfolge des § 47 Abs 2 KO, die ja zur Voraussetzung hat, dass die (hier: Neu-)Masseforderungen nicht vollständig befriedigt werden können, also auch für sie Masseunzulänglichkeit vorliegt, bedeutet nichts anderes als den unmissverständlichen Ausschluss einer Verteilung nach Rang und Quoten in einem solchen Fall.

Ein Verständnis, diese Formulierung diene (nur) der Darstellung der uneingeschränkten Privilegierung gegenüber den Altmassegläubigern (so aber erkennbar Konecny 90), ist nicht angebracht, weil dies durch den Hinweis auf die Vorrangigkeit der Neumasseforderungen geschehen ist.

Es ist somit für den Fall der Unzulänglichkeit der Masse auch zur Erfüllung aller Neumasseforderungen von der gesetzlichen Normierung der Weitergeltung des Fälligkeitsprinzips (§ 124 Abs 1 KO) auszugehen.

2.3. An diesem Ergebnis ändert nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Umstand nichts, dass es hier um eine Prozesskostenforderung eines erfolgreichen Anfechtungsgegners geht, also nicht um die Forderung eines Neugläubigers aus Rechtsgeschäften mit dem Masseverwalter, welchen Fall die zitierten Gesetzesmaterialien im Auge haben. Wohl wird ein Anfechtungsgegner gegen seinen Willen belangt, während es ein möglicher Geschäftspartner in der Hand hat, das Kontrahieren zu verweigern. Dieser Unterschied allein rechtfertigt noch nicht eine Verschiedenbehandlung bei Masseunzulänglichkeit. Die Anfechtungsklage ist zweifellos eine Verwertungshandlung des Masseverwalters iSd § 124a Abs 1 2. Satz KO, wie etwa auch eine Gewährleistungsklage aus einem Rechtsgeschäft. Wenn die Kosten des Masseverwalters dem Fälligkeitsprinzip unterliegen muss dies auch für den obsiegenden Anfechtungsgegner gelten.

2.4. Damit kann für Neumassegläubiger weder der in § 124a Abs 1 KO angesprochene Zahlungsstopp noch die im folgenden Absatz vorgesehene Exekutionssperre zum Tragen kommen. Die Verneinung der Anwendbarkeit des § 47 Abs 2 KO erübrigt eine Auseinandersetzung mit dem im letzten Satz dieser Bestimmung enthaltenen Ausschluss einer Rückforderung.

3. Zu prüfen ist aber, ob die Erfüllung des Prozesskostenersatzanspruchs der Beklagten durch den Drittschuldner dem Fälligkeitsprinzip entsprach.

Wird nämlich durch den Vollzug einer Exekution ein Zustand geschaffen, der der materiellen Rechtslage nicht entspricht, so kann mit einer Klage der Anspruch auf Herstellung des der materiell rechtlichen Rechtslage entsprechenden Zustands geltend gemacht werden. Es kann die Rückgabe der Sache nach §§ 1431, 1435 ABGB begehrt werden (RIS-Justiz RS0001105 [T1]; RS0033569 [T1]). Dem steht die Anhängigkeit einer Oppositionsklage nicht entgegen, weil die Entscheidung im Oppositionsprozess zwar, insoweit sie das Bestehen oder Nichtbestehen des betriebenen Anspruchs feststellen sollte, für die Entscheidung des Rechtsstreits über die Leistungsklage präjudiziell ist, der Kläger jedoch nur mit der Leistungsklage die Rückzahlung der ihm zustehenden Beträge erreichen kann, weshalb zwischen diesen beiden Klagen keine Streitanhängigkeit besteht (3 Ob 72/98d = RIS-Justiz RS0112767).

4.1. Durchsetzbar und fällig wird ein prozessualer Kostenersatzanspruch erst mit Ablauf der in der Kostenentscheidung festgesetzten Leistungsfrist (M. Bydlinski in Fasching/Konecny² § 41 ZPO Rz 4), die hier 14 Tage beträgt. Nach § 409 Abs 3 ZPO beginnt die Leistungsfrist dann, wenn ‑ wie hier ‑ gar kein Rechtsmittel erhoben wird, bereits mit dem der Wirksamkeit des Urteils folgenden Tag (Fucik in Fasching/Konecny² § 409 Rz 14), also gemäß § 416 Abs 1 ZPO mit dem der Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung folgenden Tag.

Nun steht zwar das Datum der Zustellung des Urteils im Anfechtungsprozess nicht fest; wenn aber vom Erstgericht mit 10. Februar 2011 eine Bestätigung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit ausgestellt wurde, musste die Rechtskraft spätestens mit Ablauf des 9. Februar 2011 eingetreten sein, was einer Zustellung am 12. Jänner 2011 entspricht. Die Leistungsfrist endete daher spätestens mit Ablauf des 26. Jänner 2011, sodass die Fälligkeit des streitgegenständlichen Anspruchs der Beklagten auf Prozesskostenersatz jedenfalls ab 27. Jänner 2011 gegeben war.

4.2. Der Kläger berief sich auf weitere Neumasseforderungen zu seinen Gunsten aus der Vertretung der Masse in insgesamt fünf Verfahren, die jener der Beklagten vorrangig seien. Nach den Feststellungen machte der Kläger diese Honorarforderung gemeinsam gegenüber der Masse am 7. März 2011 im Rahmen eines Antrags auf Bestimmung seiner Entlohnung und Prozesskosten (einschließlich jeweils aufgeschlüsselter Kostennoten) an das Konkursgericht geltend.

Die Kostenforderung eines Rechtsanwalts wird im Allgemeinen mit der Beendigung seiner Tätigkeit fällig

; erbringt der Rechtsanwalt aber eine größere Zahl von Einzelleistungen und steht das Entgelt nicht von vornherein fest, wird das Honorar erst mit Übermittlung der Honorarnote fällig, außer der Klient hat die Honorarforderung anerkannt oder auf deren Detaillierung verzichtet (RIS-Justiz RS0019330 [T5]; RS0019324 [T5]). Das hat auch für den Honoraranspruch des Masseverwalters zu gelten.

Die Fälligkeit der zahlreichen und in viele Einzelleistungen aufgesplitterten Kostenforderungen des Klägers als Masseverwalter gegenüber der Masse kann daher unabhängig von der jeweiligen Beendigung seiner Tätigkeit frühestens mit der Aufschlüsselung gegenüber dem Konkursgericht eingetreten sein, also mit 7. März 2011.

4.3. Die Vollzahlung an die Beklagte durch die Drittschuldnerin entsprach somit dem in § 124a Abs 1 letzter Satz KO vorgesehenen Fälligkeitsprinzip, weil die Beklagte über die früher fällig gewordene Neumasseforderung verfügte (27. Jänner 2011/7. März 2011).

Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Fälligkeit der Prozesskostenforderungen des Klägers nicht ohnehin erst mit der Rechtskraft des konkursgerichtlichen Kostenbestimmungsbeschlusses gegeben war und letztlich auch, ob diese Ansprüche des Klägers rechtlich als Neumasseforderungen iSd § 124a Abs 1 KO zu qualifizieren sind.

Der vom Kläger erhobene Rückersatzanspruch besteht daher nicht zu Recht, weshalb sich die Klagsabweisung der Vorinstanzen insgesamt als zutreffend erweist.

5. Die Erfolglosigkeit der Revision hat die Ersatzpflicht des Klägers nach §§ 41, 50 ZPO für die richtig verzeichneten Kosten der Revisionsbeantwortung zur Folge.

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