Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Behar J***** des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in der Nacht vom 26. auf 27. August 2010 in G***** an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst verursacht, indem er die Theke des Lokals P***** mittels eines eingeschalteten Heißluftföns in Brand setzte, wodurch die Flammen in unbeherrschbarer Weise auf das gesamte Lokal überzugreifen begannen und lediglich durch den Einsatz der Feuerwehr gelöscht werden konnten.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Die Verfahrensrüge (Z 3, der Sache nach Z 2) zeigt mit der Behauptung, durch die „unzulässige Verwertung“ des Protokolls über die Vernehmung des Angeklagten als unter Wahrheitspflicht stehendem Zeugen ohne Belehrung „gemäß § 157 StPO“ sei „die Bestimmung des § 157 Abs 1 Z 1 und des § 159 Abs 3 StPO verletzt“ worden, keine nichtige Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren auf, weil darunter nur die durch Gesetz ausdrücklich als nichtig bezeichneten Akte zu verstehen sind (RIS‑Justiz RS0099344; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 173 f), wozu das Unterlassen der rechtzeitigen Information über das Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 1 StPO nicht zählt (§ 159 Abs 3 StPO; vgl RIS‑Justiz RS0124907; Kirchbacher, WK‑StPO § 159 Rz 24, 26). Im Übrigen ist der Beschwerdeführer zur Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht legitimiert, weil er weder seiner gesetzlichen Rügeobliegenheit nachgekommen ist, noch dargelegt hat, wodurch er an einem rechtzeitigen Widerspruch gehindert worden wäre (RIS‑Justiz RS0099326; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 191); vielmehr hat er sich mit dem Vortrag des gesamten Akteninhalts einverstanden erklärt (ON 39 S 16; vgl RIS‑Justiz RS0116040).
Soweit dieses Vorbringen auch auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützt wird, übersieht die Beschwerde, dass dessen erfolgreiche Geltendmachung einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers voraussetzt (RIS‑Justiz RS0099250, RS0099244; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 302).
Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) vermisst eine „tragfähige Begründung“ der Feststellung, wonach der Angeklagte den noch eingesteckten Fön, welchen er zuvor in einem Schrank unterhalb der Theke abgelegt hatte, einschaltete (US 4). Sie übergeht unzulässig die Gesamtheit der Erwägungen der Tatrichter (vgl RIS‑Justiz RS0119370; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 394, 449, 455), welche die monierte Feststellung vertretbar und im Rahmen des gesetzlichen Beweiswürdigungsermessens aus dem Gutachten des Brandsachverständigen Harald F***** (US 6 ff) sowie den Angaben der Zeugen Alena A***** (US 8), Jeanette ***** (US 9) und Dietmar R***** (US 10) abgeleitet, und die leugnende Verantwortung des Angeklagten ‑ ausführlich begründet ‑ als widerlegt angesehen haben. Mit der Behauptung, die Feststellung gründe sich „auf eine abstrakt gehaltene Vermutung“, wird übersehen, dass nicht nur zwingende, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse das Gericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu Tatsachenfeststellungen berechtigen (vgl RIS‑Justiz RS0098362, RS0098471; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 449).
Die vom Beschwerdeführer vermisste Begründung für die Feststellungen zur subjektiven Tatseite findet sich auf US 11, wobei die Tatrichter den Vorsatz des Angeklagten mängelfrei aus dem objektiven Tatgeschehen geschlossen haben (vgl RIS‑Justiz RS0116882, RS0098671).
Der aus Z 10, der Sache nach jedoch Z 5 dritter Fall, behauptete Widerspruch in den Feststellungen, wonach der Angeklagte einerseits sich bewusst war und damit abfand, „dass durch seine Handlung zumindest der Thekenbereich des Lokals von Enver M***** zu brennen beginnen konnte“, und andererseits es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, „dass sich der von ihm ohne Einwilligung des Eigentümers am Lokal des Enver M***** gelegte Brand auf solche Weise ausdehnt und eine Größe erreicht, dass sie ein Mensch mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr in seiner Gewalt hat“ (US 5), liegt nicht vor, weil ‑ entgegen der Beschwerde ‑ dem Wort „zumindest“ nicht die Bedeutung „nur“ zu unterstellen ist, sodass beide Aussagen nach den Kriterien logischen Denkens und der allgemeinen Lebenserfahrung nebeneinander bestehen können (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 438).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) übersieht mit den Behauptungen, das Erstgericht habe „die Rechtsfrage, ob im gegenständlichen Fall eine Feuersbrunst vorgelegen sei, unrichtig beurteilt“, und es würden „ausreichende Feststellungen zur Gemeingefahr fehlen“, dass für die Tatbestandsmäßigkeit nach § 169 Abs 1 StGB die Verwirklichung einer Feuersbrunst angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit einer im Versuchsstadium verbliebenen Tat (§ 15 Abs 1 StGB) nicht entscheidend ist (RIS‑Justiz RS0122138), und verfehlt so die gesetzmäßige Ausführung.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht mit der Behauptung, das Erstgericht habe die Frage nicht erörtert, worauf der Vorsatz des Angeklagten gerichtet war, die Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite, wonach es der Angeklagte ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, „dass sich der von ihm ohne Einwilligung des Eigentümers am Lokal des Enver M***** gelegte Brand auf solche Weise ausdehnt und eine Größe erreicht, dass sie ein Mensch mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr in seiner Gewalt hat“ (US 5), und verfehlt so den Bezugspunkt prozessordnungsgemäßer Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581, 584).
Mit dem von der Beschwerde vermissten ‑ jedoch erörterten (US 11) ‑ Motiv des Angeklagten wird keine für die Schuld‑ und Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache angesprochen (RIS‑Justiz RS0088761).
Indem die Beschwerde (aus Z 5 erster Fall gerügt) behauptet, die Urteilsbegründung sei „undeutlich geblieben“, weil das Erstgericht „nicht die für eine Verurteilung gemäß § 169 Abs 1 StGB erforderlichen Feststellungen hinsichtlich der subjektiven Tatseite getroffen“ und „keine Abgrenzung zu den Tatbildern des § 170 Abs 1 StGB oder §§ 125, 126 StGB stattgefunden“ habe, macht sie der Sache nach keinen Begründungsmangel, sondern einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 10) geltend, der jedoch ‑ ohne Festhalten an den Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 5) ‑ nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung gebracht wird.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Anzumerken bleibt, dass die angesichts der Feststellung, wonach „ein Übergreifen auf andere Räumlichkeiten und auf das gesamte Objekt (...) verhindert werden konnte“ (US 5), ‑ insoweit ungerügt gebliebene ‑ rechtlich verfehlte Annahme der Vollendung einer § 169 Abs 1 StGB zu unterstellenden Tat (vgl RIS‑Justiz RS0094987, RS0090314) für eine amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO keinen Anlass bietet, weil dem durch die fehlerhafte Beurteilung einer (bloßen) Strafzumessungstatsache ‑ vorliegend des Milderungsgrundes nach § 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB (RIS‑Justiz RS0122138) ‑ hergestellten Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 712) im Rahmen der Berufungsentscheidung Rechnung getragen werden kann (RIS‑Justiz RS0090885; Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 29).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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