OGH 5Ob49/12k

OGH5Ob49/12k16.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) A***** S*****, 2.) H***** S*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Sepp Manhart, Dr. Meinrad Einsle, MMag. Dr. Rupert Manhart LL.M., Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagten Parteien 1.) Dr. W***** H*****, 2.) I***** H*****, beide *****, beide vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in Bregenz, wegen Verbücherung eines Bringungsrechts (Streitwert 5.800 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2011, GZ 2 R 351/11z-10, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 18. Oktober 2011, GZ 5 C 491/11i-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien die mit 642,70 EUR (darin 107,12 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit vor Gericht geschlossenem Vergleich vom 3. 8. 1989 räumten die Beklagten der Klägerin und deren Rechtsnachfolgern für sich und ihre Rechtsnachfolger die Dienstbarkeit des Holzbringungsrechts ein. Dabei wurden konkrete Regeln über die Ausübung dieses Rechts vereinbart und unter anderem, weil die Verbücherung der Dienstbarkeit nach der damals geltenden Rechtslage nicht möglich war, festgehalten: „Für den Fall, dass sich die Rechtslage ändert und eine Verbücherung möglich ist, sind jedenfalls die Parteien verpflichtet, jederzeit die erforderlichen Aufsandungserklärungen abzugeben“.

Die Kläger begehrten die (Anm: Zustimmung zur) Verbücherung des ihr mit Vergleich vom 3. 8. 1989 eingeräumten Bringungsrechts, weil eine solche infolge Änderung der Gesetzeslage nunmehr möglich sei.

Die Beklagten wendeten im Wesentlichen ein, Bringungsrechte seien öffentlich-rechtlicher Natur und würden sich daher ihrem Wesen nach einer gerichtlichen Behandlung entziehen.

Das Berufungsgericht bestätigte das klagestattgebende Ersturteil unter Beseitigung von sprachlichen Unklarheiten des erstgerichtlichen Urteilsspruchs. Das von den Beklagten der Erstklägerin und deren Rechtsnachfolgern eingeräumte Holzbringungsrecht stelle als dingliches Recht auf beschränkte Nutzung einer fremden Sache eine Dienstbarkeit iSd § 472 ABGB und der Rechtsstreit auf Einwilligung in die bücherliche Eintragung einer solchen Dienstbarkeit eine bürgerliche Rechtssache dar. Die der Einverleibung ursprünglich entgegengestandene gesetzliche Beschränkung nach RGBl 1905/33 sei durch Art V Abs 1 der GB-Novelle 1997, BGBl I 1997/30, mit 1. 4. 1997 weggefallen.

Die Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Zulässigkeit des Rechtswegs in Bezug auf Waldservituten in Vorarlberg, die unter das Grundgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (WWSGG) fallen würden, und auf forst- und agrarwirtschaftliche Holzbringungsrechte, die ausschließlich auf privatrechtlicher Vereinbarung beruhten, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

1. Die Zulässigkeit des (hier: ordentlichen) Rechtswegs bildet eine absolute Prozessvoraussetzung. Die Wahrnehmung des Mangels dieser Prozessvoraussetzung ist aber nach § 42 Abs 3 JN nicht mehr möglich, wenn darüber bereits eine bindende Gerichtsentscheidung vorliegt (RIS-Justiz RS0035572 [T9]). Eine solche, den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung liegt nach ständiger Rechtsprechung auch dann vor, wenn sich die Vorinstanzen nur in den Entscheidungsgründen mit dem Vorliegen der Prozessvoraussetzung auseinandergesetzt haben (RIS-Justiz RS0046249 [T8]; RS0035572 [T33]; RS0039811 [T4]; RS0114196 [T1]; Mayr in Rechberger ZPO3 § 42 JN Rz 11 mwN). Lediglich die bloß implizite Bejahung der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs allein durch die meritorische Behandlung des Begehrens reicht für die Annahme einer Entscheidung mit bindender Wirkung nach § 42 Abs 3 JN nicht aus (RIS-Justiz RS0046249 [T7]).

2. Die Beklagten haben sich bereits in ihrem als „Klagebeantwortung“ bezeichneten Schriftsatz vom 12. 9. 2011 (ON 4) auf die ihrer Meinung nach gegebene Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den geltend gemachten Anspruch berufen und damit die Unzulässigkeit des (ordentlichen) Rechtswegs geltend gemacht. Die Vorinstanzen haben sich jeweils in der Begründung ihrer Entscheidungen mit diesem Einwand auseinandergesetzt und übereinstimmend die Zulässigkeit des Rechtswegs für den geltend gemachten Anspruch bejaht. Dem Obersten Gerichtshof ist es daher nach § 42 Abs 3 JN iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO verwehrt, die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage einer (nochmaligen) Beurteilung zu unterziehen und auf die von den Beklagten in Ausführung des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung dazu ins Treffen geführte Praktikabilitätserwägungen einzugehen. Auch sonst können sich die Beklagten auf keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) berufen.

3. Beweis ist nur über bestrittene Tatsachen zu erheben (RIS-Justiz RS0040110 [T1]; §§ 266, 267 ZPO). Der vollständige Wortlaut des Vergleichs vom 3. 8. 1989 war nie strittig. Es begründet daher keinen Verfahrensmangel, den die Beklagten mit den von ihnen als „Feststellungsrüge“ bezeichneten Ausführungen in Wahrheit ansprechen, wenn das Berufungsgericht zur Auslegung des Vergleichs nicht nur den festgestellten Inhalt, sondern auch jenen Vergleichswortlaut heranzog, den das Erstgericht nicht ausdrücklich zum Bestandteil seiner Feststellungen machte. Demgemäß begründet auch die Nichtanberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung durch das Berufungsgericht zur Erörterung dieser „Feststellungsmängel“ keine Nichtigkeit bewirkenden Verstoß gegen Art 6 EMRK (§ 480 Abs 1 ZPO idF BBG 2009 BGBl I 2009/52; RIS-Justiz RS0126298).

4. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stellt die Auslegung eines Vergleichs keine Rechtsfrage dar, deren Entscheidung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Auslegung eines Vergleichs im Einzelfall wäre nur revisibel, wenn dem Berufungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0113785 [T4]; vgl auch RS0042936). Eine solche sprechen die Beklagten mit ihrem Hinweis, es sei „offensichtlich“, dass das hier gegenständliche Holzbringungsrecht nicht zentraler Teil des Vergleichs vom 3. 8. 1989 gewesen sei, nicht an. Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

Die Kläger haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen und daher Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Revisionsbeantwortung (RIS-Justiz RS0035979).

Stichworte