OGH 1Ob9/12y

OGH1Ob9/12y1.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl F*****, vertreten durch Dr. Georg Gorton und DDr. Birgit Gorton, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagten Parteien 1. Erwin S*****, und 2. Elisabeth S*****, beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Kleinszig/Dr. Puswald - Partnerschaft in St. Veit an der Glan, wegen 27,50 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 26. Mai 2011, GZ 2 R 98/11f-38, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan vom 31. Oktober 2010, GZ 3 C 334/09f-30, teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 245,21 EUR (darin enthalten 40,87 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger betreibt eine Wasserversorgungsanlage, aus der die beiden Beklagten für ihre Liegenschaft Trink- und Nutzwasser beziehen. Das Wasserbezugsrecht wurde den Beklagten im mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag vom 25./26. 9. 2000 über die Liegenschaft eingeräumt. Nach Punkt 11.2. dieses Vertrags ist „für die bezogene Wassermenge ... der ortsübliche Wasserzins zu entrichten“. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen ist der verrechnete Wasserzins von 1,30 EUR pro Kubikmeter Wasserverbrauch für die Jahre 2009 und 2010 angemessen.

Zwischen den Parteien ist strittig, ob der ortsübliche Wasserzins 1,30 EUR (Kläger) oder 1,10 EUR (Beklagte) pro Kubikmeter Wasser beträgt.

Soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung begehrt der Kläger gegenüber den Beklagten als gemeinsame Eigentümer einer Liegenschaft die Feststellung, dass sie zur ungeteilten Hand verpflichtet seien, für den Bezug von Trink- und Nutzwasser in diesem Wohnhaus an ihn als Wasserversorger den ortsüblichen Wasserzins in der Höhe von 1,30 EUR pro Kubikmeter bezogenen Trink- und Nutzwasser(s) zu bezahlen. Dazu bringt er im Wesentlichen vor, das Feststellungsbegehren beziehe sich auf den Zeitraum nach September 2008 bis zur neuerlichen Anpassung. Da die Beklagten den angemessenen und örtlichen Wasserzins bestritten, sei er „genötigt“, diesen gerichtlich feststellen zu lassen. Es sei zu erwarten, dass weitere Umwelt- und Gesundheitsauflagen auch in Zukunft erhöhte Investitionen in die Versorgungsanlage nach sich ziehen, weshalb auch mit künftigen Anpassungen des Wasserzinses zu rechnen sei.

Die Beklagten wendeten im Wesentlichen ein, der geforderte Wasserzins sei nicht ortsüblich.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es bejahte das Feststellungsinteresse. Den Leistungsanspruch an Wasserzins für das Jahr 2010 könne der Kläger noch nicht geltend machen, weil die Abrechnung erst im September eines laufenden Jahres erfolge und der Anspruch aus dem Jahr 2010 noch nicht fällig gestellt werden habe können.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Beklagten wegen Nichtigkeit, gab ihr im Übrigen Folge und wies das Feststellungsbegehren mit Teilurteil ab. Im Umfang des Leistungsbegehrens (Restbetrag von 27,50 EUR sA für in der Abrechnungsperiode Oktober 2007 bis September 2008 bezogenes Wasser) hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache diesbezüglich zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Zum im Revisionsverfahren allein strittigen Feststellungsbegehren führte es aus, dass der Mangel des rechtlichen Interesses bei Feststellungsklagen von Amts wegen und auch noch im Rechtsmittelverfahren zu beachten sei. Das rechtliche Interesse an der Feststellung sei zu verneinen. Das Rechtsverhältnis der Parteien werde durch das vom Kläger begehrte Feststellungsurteil nicht ein für alle Mal geregelt, weil der vereinbarte „ortsübliche Wasserzins“ in Zukunft schwanken könne, sodass künftige Leistungsstreite nicht verhindert würden. Der Kläger bringe selbst vor, dass infolge Weigerung der Beklagten, einen ortsüblichen Zins zu zahlen, jeweils die Anpassung des Wasserzinses gegenüber den Beklagten geltend zu machen sein werde.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands „hinsichtlich des Feststellungsbegehrens“ 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision gegen das Teilurteil zulässig sei. Wenn sich der Kläger mit dem Feststellungsbegehren auf einen derzeit ortsüblichen Wasserzins von 1,30 EUR pro Kubikmeter „festlegen“ könne, wären für die Zukunft Rechtsstreitigkeiten über seine diesbezüglichen Ansprüche - bis zu einer allfälligen Änderung des derzeit ortsüblichen Wasserzinses - verhindert, sodass die Zulässigkeit der Feststellungsklage gegeben sein könnte.

Die von den Beklagten beantwortete Revision des Klägers ist entgegen dem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung der Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Rechtliche Beurteilung

1. Zunächst ist festzuhalten, dass grundsätzlich Feststellungs- und Leistungsbegehren aus einem einheitlichen (Liefer-)Vertrag wie hier der Vereinbarung über das Wasserbezugsrecht gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN - die Bestimmung ist auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgeblich (§ 55 Abs 4 JN) - zusammenzurechnen sind (Gitschthaler in Fasching² § 55 JN Rz 15 f mwN). Der Kläger machte einen Leistungsanspruch (27,50 EUR sA) und das Feststellungsbegehren gegen die beiden solidarisch haftenden Beklagten geltend. Der Wert des Streitgegenstands, über den das Berufungsgericht insgesamt entschied (§ 502 Abs 2 ZPO), übersteigt hier 5.000 EUR. Dies ergibt sich daraus, dass das Leistungsbegehren 27,50 EUR beträgt und das Feststellungsbegehren vom Berufungsgericht mit einem 5.000 EUR übersteigenden Betrag bewertet wurde. Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht, das hinsichtlich des Werts des Entscheidungsgegenstands nur auf das Feststellungsbegehren abstellte und nicht auch das im Berufungsverfahren entscheidungsgegenständliche Leistungsbegehren mitberücksichtigte, ist bei Zusammentreffen eines Teilurteils mit einem Aufhebungsbeschluss auf den Gesamtstreitwert abzustellen (RIS-Justiz RS0042408 [T1]; vgl auch 2 Ob 340/00i).

Dem Feststellungsbegehren liegt keine ziffernmäßig bestimmte Forderung - und damit kein geldgleicher Anspruch im Sinn des § 56 Abs 2 JN (vgl dazu RIS-Justiz RS0042439; RS0114182) - zu Grunde, begehrt doch der Kläger lediglich die Feststellung der Höhe des ortsüblichen Wasserzinses pro Kubikmeter bezogenen Trink- und Nutzwassers.

Die Bewertung des Feststellungsbegehrens durch den Kläger mit 730 EUR erfolgte in der Klage ausdrücklich nur nach § 14 (lit c) RATG, ohne den Wert des nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstands gemäß § 56 Abs 2 JN anzugeben. In einem solchen Fall gilt gemäß § 56 Abs 2 dritter Satz JN der Betrag von 5.000 EUR als Streitwert. Auch in der letztgenannten Bestimmung ist keine den Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz zwingend determinierende Bewertungsvorschrift zu sehen, wird sie doch in § 500 Abs 3 ZPO nicht erwähnt (1 Ob 204/06s mwN). Demzufolge bestand für die zweite Instanz kein Hindernis, in der Berufungsentscheidung - für den Obersten Gerichtshof mangels offenkundiger Überbewertung bindend (RIS-Justiz RS0042515; RS0043252 [T2]; RS0118748) - auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteige. Der Meinung der Beklagten, die Revision sei absolut unzulässig, ist daher nicht zu folgen.

2. Das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung im Sinn des § 228 ZPO richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, denen - vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0039177 [T1]; RS0037977 [T2]).

Eine solche Fehlbeurteilung liegt jedoch nicht vor: Grundsätzlich ist bei Dauerrechtsverhältnissen in Beziehung auf den Bestand und Inhalt dieser Rechte die Feststellungsklage zulässig, ohne Rücksicht darauf, ob eine Leistungsklage auf aus dem Rechtsverhältnis fällig gewordene Leistungen möglich ist oder nicht (RIS-Justiz RS0039110). Entscheidend ist aber, dass das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für alle Mal Klarheit zu schaffen und einen künftigen Rechtsstreit zu vermeiden (RIS-Justiz RS0038908). Das rechtliche Interesse fehlt bei Untauglichkeit der Feststellungsklage, das heißt wenn die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteils die Beseitigung der Unsicherheit für das Rechtsverhältnis nicht garantieren kann (Rechberger/Klicka in Rechberger³ § 228 Rz 11).

Der festgestellte ortsübliche Wasserzins bezieht sich auf die Jahre 2009 und 2010. Dass der Kläger für diesen Zeitraum mangels Fälligkeit nicht die Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage gehabt hätte, hat er nie behauptet. Insofern besteht kein rechtliches Interesse an einer Feststellungsklage. Die Ortsüblichkeit eines Wasserzinses für künftigen Wasserbezug ist erst in der (ungewissen) Zukunft zu beurteilen. Der ortsübliche Wasserzins unterliegt aber zukünftigen Preisschwankungen, sodass eine objektive Ungewissheit bestehen bleibt. Die Höhe des zukünftigen Wasserzinses könnte sich nicht nur zu Gunsten, sondern auch zu Ungunsten des Klägers ändern. Im erstgenannten Fall müsste der Kläger seinen Anspruch auf einen höheren (als den derzeit festgestellten) ortsüblichen Wasserzins in einem weiteren Rechtsstreit gegen die Beklagten durchsetzen. Im zweitgenannten Fall hätten die Beklagten nach dem Vertrag aber weniger als 1,30 EUR pro Kubikmeter Wasser an den Kläger zu zahlen. Diesfalls würde die Stattgebung der Feststellungsklage zu einer vom Kläger offenbar gar nicht angestrebten Änderung des Umfangs der vertraglichen Leistungspflicht der Beklagten führen, die nur verpflichtet sind, einen ortsüblichen Wasserzins zu zahlen, der aber niedriger als 1,30 EUR pro Kubikmeter sein kann. Angesichts dessen ist die Abweisung des Feststellungsbegehrens durch das Berufungsgericht nicht zu beanstanden.

3. Mangels einer zu klärenden erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 ZPO. Die Beklagten haben auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen, sodass ihnen der Kläger die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen hat. Im Zwischenstreit über die mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte Zulässigkeit der Rechtsmittel gegen ein Teilurteil findet ein Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO nicht statt (RIS-Justiz RS0123222).

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