OGH 10ObS73/11z

OGH10ObS73/11z8.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter KR Mag. Paul Kunsky (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Andrea Eisler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Dr. Herbert Hubinger, Rechtsanwalt in Micheldorf, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Wegfalls der Schwerarbeitspension, infolge Revisionen der klagenden und der beklagten Partei (Revisionsinteresse jeweils 1.213,84 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. April 2011, GZ 11 Rs 27/11m-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Jänner 2011, GZ 9 Cgs 245/10f-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I) zu Recht erkannt:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird mit der Maßgabe folgender Ergänzung bestätigt:

„Die Schwerarbeitspension fällt vom 2. 10. 2010 bis 31. 10. 2010 gemäß § 9 Abs 1 APG weg.“

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

II) den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 336,82 EUR (darin enthalten 56,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bis Ende März 2009 als Bauarbeiter berufstätig und unterlag der Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungskasse. Seit 1. 4. 2009 bezieht er eine Schwerarbeitspension gemäß § 4 Abs 3 APG. Im Antragsformular auf Schwerarbeitspension war der Kläger (nur) darauf hingewiesen worden, jede Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und die Höhe des Erwerbseinkommens sowie jede Änderung der Höhe des Erwerbseinkommens binnen sieben Tagen zu melden.

Am 20. 9. 2010 rechnete die Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungskasse die aus der Beschäftigungszeit vom 28. 4. 2008 bis 31. 3. 2009 stammenden Urlaubsansprüche in Höhe von 4.804,29 EUR brutto (= 3.600,07 EUR netto) ab und veranlasste die Überweisung an den Kläger. Davon informierte dieser die beklagte Partei nicht.

Mit Bescheid vom 19. 10. 2010 stellte die beklagte Partei fest, dass die Schwerarbeitspension ab 2. 10. 2010 wegfällt. Unter einem wurde der für den Zeitraum vom 2. 10. bis 31. 10. 2010 entstandene Überbezug an Pension in Höhe von 1.213,84 EUR zurückgefordert. Als Begründung wird im Bescheid angeführt, dass ab 2. 10. 2010 eine Erwerbstätigkeit vorliege, die den Wegfall der Pension bewirke.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage mit dem Begehren, es werde festgestellt, dass der ihm für den Zeitraum vom 2. 10. 2010 bis 31. 10. 2010 aberkannte Schwerarbeitspensionanspruch zu Recht bestehe und der geltend gemachte Rückforderungsanspruch der beklagten Partei nicht zu Recht bestehe. Er brachte vor, die Wegfallsbestimmung des § 9 Abs 1 APG stelle ausschließlich auf eine Erwerbstätigkeit bzw auf Zeiten des Bezugs einer Urlaubsersatzleistung ab, die nach dem Anfall der Schwerarbeitspension und vor Erreichung des Regelpensionsalters geleistet bzw aus einer in diesem Zeitraum geleisteten Erwerbstätigkeit resultiere. Ansprüche auf Rückforderung bestünden jedoch dann nicht, wenn Ansprüche auf Urlaubsentschädigung abgerechnet würden, die aus einer vor Anfall der Schwerarbeitspension geleisteten Erwerbstätigkeit resultieren. Eine Meldepflichtverletzung liege nicht vor, weil keine Aufklärung darüber stattgefunden habe, dass auch eine nachträglich ausbezahlte Urlaubsersatzleistung bekannt zu geben sei.

Die beklagte Partei wendete ein, es komme nicht darauf an, wann oder für welchen Zeitraum der Anspruch auf Urlaubsersatzleistung entstanden, sondern wann die Auszahlung erfolgt sei. Die Meldepflicht erfasse ua die Verpflichtung, jede Änderung der Verhältnisse, die auf die Pensionsleistung Bezug hätten, binnen sieben Tagen zu melden. Das Nichtmelden des Bezugs der Urlaubsersatzleistung stelle einen zumindest leicht fahrlässigen Verstoß gegen die Meldepflicht dar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren (ohne Bescheidwiederholung) zur Gänze ab und verpflichtete den Kläger zum Rückersatz des Überbezugs an Schwerarbeitspension für die Zeit vom 2. 10. bis 31. 10. 2010 im Umfang von 1.213,84 EUR. Rechtlich ging es davon aus, es komme nicht darauf an, in welchem Zeitraum der Anspruch auf Urlaub entstanden sei, sondern lediglich auf den Zeitpunkt der Auszahlung der Urlaubsersatzleistung. Im Hinblick darauf, dass der Kläger bereits in seinem Pensionsantrag darauf hingewiesen worden sei, dass er jede Änderung der Höhe des Erwerbseinkommens zu melden habe, liege eine Meldepflichtverletzung vor. Das Erfordernis einer ausdrücklichen Nennung der Urlaubsersatzleistung würde die Aufklärungspflicht der beklagten Partei überspannen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge. Es bestätigte das Ersturteil im Umfang der Abweisung des Feststellungsbegehrens, der Schwerarbeitspensionsanspruch bestehe für die Zeit vom 2. 10. 2010 bis 31. 10. 2010 zu Recht, änderte das Ersturteil jedoch dahin ab, dass der Kläger nicht verpflichtet sei, der beklagten Partei den für die Zeit von 2. 10. 2010 bis 31. 10. 2010 entstandenen Überbezug an Schwerarbeitspension in Höhe von 1.213,84 EUR zurückzuzahlen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehle, ob der Bezug einer Urlaubsersatzleistung aus einem vor Anfall der Schwerarbeitspension bestandenen Dienstverhältnis zum vorübergehenden Wegfall der Pension nach § 9 APG führe; weiters komme der Frage, ob von einer Meldepflichtverletzung auszugehen sei, eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Rechtlich ging das Berufungsgericht zusammengefasst davon aus, aufgrund des Strukturanpassungsgesetzes 1996 werde seit 1. 5. 1996 auch eine Urlaubsabfindung/Urlaubsentschädigung (nunmehr Urlaubsersatzleistung) als beitragspflichtiges Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinn behandelt und stelle Erwerbseinkommen dar. Nach dem aus § 9 APG ersichtlichen Willen des Gesetzgebers, eine Doppelversorgung zu vermeiden, solle die Schwerarbeitspension solange nicht gebühren, als der Versicherte vor Erreichen des Regelpensionsalters eine Erwerbstätigkeit ausübe, wobei als Zeiten einer Erwerbstätigkeit auch Zeiten eines Bezugs einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt anzusehen seien. Wenn der Versicherte also während laufenden Bezugs einer Schwerarbeitspension eine als Erwerbseinkommen anzusehende Urlaubsersatzleistung ausbezahlt erhalte, falle die Schwerarbeitspension für den Zeitraum des Bezugs der Urlaubsersatzleistung weg. Das Abstellen auf den Auszahlungszeitraum sei durchaus sachgerecht, weil - zum Unterschied zum Anspruch auf Urlaubsersatzleistung nach § 10 UrlG, nach dem der Anspruch auf Urlaubsersatzleistung im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehe und fällig werde -, der Anspruch gegen die Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) erst sechs Monate nach Beendigung des letzten BUAK-pflichtigen Arbeitsverhältnisses oder mit Zuerkennung einer Pension (§ 10 BUAG) entstehe. Dieser Anspruch sei zudem nicht dem letzten Arbeitsverhältnis zuzuordnen, sondern stelle eine Abfindung sämtlicher erworbener Anwartschaften dar, die auch während mehrerer aufeinanderfolgender Dienstverhältnisse erworben worden sein konnten. Eine Meldepflichtverletzung sei zu verneinen. Es sei darauf abzustellen, ob von einem juristischen Laien ohne besondere Belehrung erwartet werden dürfe, dass dieser in der Lage sei zu erkennen, dass ein bestimmter Sachverhalt unter die Meldepflicht falle. Da der Kläger nur darüber belehrt worden sei, er müsse die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit melden, könne nicht erwartet werden, dass er Kenntnis davon habe, dass auch die nachträgliche Auszahlung einer Urlaubsersatzleistung durch die Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungskasse dem Versicherungsträger bekannt zu geben sei. Es sei ihm daher auch keine leichte Fahrlässigkeit anzulasten.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen beider Parteien.

Der Kläger ficht das Berufungsurteil an, insoweit das Feststellungsbegehren abgewiesen wurde, dass der Schwerarbeitspensionsanspruch für die Zeit vom 2. 10. bis 31. 10. nicht zu Recht bestehe. Sein Rechtsmittelantrag ist auf die Abänderung des Berufungsurteils dahin gerichtet, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen begehrt.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die beklagte Partei ficht das Berufungsurteil im Umfang des klagestattgebenden Urteilszuspruchs an und beantragt die Entscheidung dahin abzuändern, dass das (gänzlich) klageabweisende Ersturteil wiederhergestellt werde. Hilfsweise wird die Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen beantragt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision der beklagten Partei keine Folge zu geben.

Die Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt. Die Revision der beklagten Partei ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

I. Zur Revision des Klägers:

Der Kläger begründet sein Rechtsschutzbedürfnis damit, dass das Berufungsgericht die Rückzahlungsverpflichtung lediglich infolge mangelhafter Aufklärung über die Meldevorschriften verneint, nicht jedoch den Anspruch auf Schwerarbeitspension als solchen als zu Recht bestehend erachtet habe. Sollte die Frage der Meldepflichtverletzung zu seinen Lasten gelöst werden, wäre er ohne Anfechtung des abweisenden Teils des Berufungsurteils rückzahlungspflichtig. Inhaltlich vertritt der Kläger auch in seiner Revision die Rechtsansicht, Urlaubsersatzleistungen, die auf Zeiträume zurückzuführen seien, die vor Pensionsantritt liegen, führten nicht zum Wegfall der Schwerarbeitspension und seien nicht rückforderbar. Derartige Bezüge hätten nach allgemeiner Verkehrsauffassung nichts mit einem Dopppelbezug und einem möglichen Missbrauch einer privilegierten Pensionsart zu tun. Bei teleologischer und verfassungskonformer Interpretation führten nur solche Erwerbszeiträume zum Wegfall, die nach dem Pensionsantritt liegen. Andernfalls würde dem Versicherten ohne adäquaten Ausgleich ein Verdienstanspruch entzogen, den er durch vor Pensionsantritt geleistete Mehrarbeit erworben habe; die beklagte Partei wäre in diesem Ausmaß bereichert. Ob die Zeiten des Wegfalls der Schwerarbeitspension bei Erreichen des Regelpensionsalters tatsächlich anrechenbar seien und zu einer höheren Pension führten, sei infolge einer möglicherweise erfolgenden Gesetzesänderung derzeit noch nicht absehbar.

Dazu ist auszuführen:

1. Formelle Beschwer liegt dann vor, wenn die - hier vom Berufungsgericht - gefällte Entscheidung von der vom Rechtsmittelwerber in der Berufung beantragten Entscheidung zu dessen Ungunsten abweicht (vgl RIS-Justiz RS0043917). Dies ist der Fall, weil der Kläger in seiner Berufung beantragte, seinem Feststellungsbegehren, der Schwerarbeitspensionsanspruch bestehe für die Zeit vom 2. 10. 2010 bis 31. 10. 2010 zu Recht, stattzugeben. Auch die materielle Beschwer ist gegeben, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts die Rechtsstellung des Klägers insofern beeinträchtigt, als dieser bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz Gefahr läuft, die erhaltene Pensionsleistung (doch) zurückzahlen zu müssen.

2. Nach § 4 Abs 3 APG in der hier maßgebenden Fassung (BGBl I 2007/31) kann bei Vorliegen von Schwerarbeitszeiten die Alterspension bereits nach Vollendung des 60. Lebensjahres beansprucht werden (Schwerarbeitspension), wenn die versicherte Person

1. mindestens 540 Versicherungsmonate nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat, von denen mindestens 120 Schwerarbeitsmonate (Abs 4) sind, die innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Stichtag (§ 223 Abs 2 ASVG) liegen,

und 2. am Stichtag (§ 223 Abs 2 ASVG) weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt,

2. § 4 Abs 6 APG definiert (wie auch schon bisher das ASVG) besondere Pflichtversicherungstatbestände, deren Vorliegen einem Anspruch auf Schwerarbeitspension nicht entgegenstehen (vgl Pinggera/Pöltner/Stefanits, Das neue Pensionsrecht Rz 144). Unter anderem hat eine Pflichtversicherung für die Zeit des Bezugs einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt nach § 11 Abs 2 zweiter Satz ASVG außer Betracht zu bleiben (Z 5).

3. Der Wegfall der Schwerarbeitspension ist in § 9 APG geregelt. Nach dieser Gesetzesstelle in der hier maßgebenden Fassung (BGBl I 2007/31) fällt die Schwerarbeitspension in dem Zeitraum weg, in dem die leistungsbeziehende Person vor dem Monatsersten nach Erreichung des Regelpensionsalters eine Erwerbstätigkeit ausübt, die eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründet oder aus der sie ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt. Als Zeiten einer Erwerbstätigkeit im Sinne des ersten Satzes gelten auch Zeiten des Bezugs einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (§ 9 Abs 1 vorletzter Satz APG).

3.1. Nach den Gesetzesmaterialien (RV 653 BlgNR 22. GP 11) fällt damit in Einklang mit den bisher geltenden Wegfallsbestimmungen des ASVG, ASVG/FSVG und BSVG bei Bezug einer Frühpension die Schwerarbeitspension weg, wenn die leistungsbeziehende Person vor Erreichung des Regelpensionsalters eine Erwerbstätigkeit ausübt, die eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründet oder aus der sie ein über der Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs 2 ASVG liegendes Entgelt bezieht. Zum Wegfall infolge von Zeiten des Bezugs einer - den Zeiten einer Erwerbstätigkeit gleichzuhaltenden - Urlaubsersatzleistung (siehe § 9 Abs 1 vorletzter Satz APG) nehmen die Gesetzesmaterialien nicht gesondert Stellung.

3.2. § 9 Abs 1 APG hat - gleich den meisten Ruhensbestimmungen - den Zweck, die Leistungspflicht des Versicherungsträgers zu sistieren, solange der Wegfallsgrund andauert. Der Sache nach ist der Wegfall ein von Gesetzes wegen eintretendes Ruhen der Pension; der Anspruch auf die Leistung als solcher wird gewahrt, es wird lediglich die Pensionsauszahlung gehemmt (RIS-Justiz RS0084273; 10 ObS 65/02k, SSV-NF 16/92 zum Wegfall nach § 253d Abs 2 ASVG bzw zu § 253b Abs 2 ASVG). Endet die vor dem Regelpensionsalter geleistete Erwerbstätigkeit, lebt die Leistungspflicht im früher gewährten Ausmaß mit dem dem Ende der Erwerbstätigkeit folgenden Tag wieder auf. Zum Monatsersten nach der Erreichung des Regelpensionsalters ist die Leistung von Amts wegen neu festzustellen und dabei für jeden Monat, in dem die Schwerarbeitspension weggefallen ist, um 0,312 % zu erhöhen (§ 9 Abs 2 APG).

4. Wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat, handelt es sich bei der Urlaubsentschädigung und der Urlaubsabfindung bzw nunmehr Urlaubsersatzleistung seit der durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 (BGBl 1996/201) mit Wirksamkeit ab 1. 5. 1996 geänderten Rechtslage um ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt iSd § 49 Abs 1 ASVG, dessen Bezug gemäß § 11 Abs 2 ASVG auch zu einer Verlängerung der Pflichtversicherung über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus führt (RIS-Justiz RS0110088; 10 ObS 161/98v, SSV-NF 12/74 mwN).

5. § 9 Abs 1 APG entspricht weitestgehend dem durch das BBG 2003, BGBl I 2003/71 aufgehobenen § 253b Abs 2 ASVG (Pinggera/Pöltner/Stefan, Das neue Pensionsrecht Rz 170). Zu dieser Regelung hat der Oberste Gerichtshof in der jüngst ergangenen Entscheidung 10 ObS 95/11k ausgesprochen, dass das Bestehen einer Pflichtversicherung für die Zeit des Bezugs einer Urlaubsersatzleistung (§ 11 Abs 2 ASVG) gemäß § 253b Abs 1 letzter Satz ASVG dem Anfall einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer zwar nicht grundsätzlich entgegenstehe. Gemäß der ausdrücklichen Regelung des Abs 2 und 3 dieser Gesetzesstelle falle die Pension für die Zeit des Bezugs dieser Leistungen aber (wiederum) weg. Dass sich der Anspruch auf Urlaubsersatzleistung auf offen gebliebenen Urlaub sowohl des aktuellen Urlaubsjahrs als auch der vorangegangenen Urlaubsjahre beziehe und bereits im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden sei (§ 10 UrlG), stehe dieser Auffassung nicht entgegen. Nach der durch den Gesetzgeber mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 (BGBl 1996/201) geschaffenen Rechtslage sei es nicht (mehr) möglich, einem Versicherten für den Zeitraum der Verlängerung des Pflichtversicherungsverhältnisses (durch den Bezug einer Urlaubsersatzleistung) nach § 11 Abs 2 ASVG auch eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer zu leisten. Da das grundsätzliche Ziel jeder Alterspension darin bestehe, Ersatz für verloren gegangenes Erwerbseinkommen zu verschaffen, nicht aber darin, einem Anspruchswerber ein weiteres (zusätzliches) Einkommen - etwa den Bezug einer Urlaubsersatzleistung - zu gewähren, sei diese Regelung auch nicht unsachlich.

6. Diese Ausführungen treffen auch auf den Wegfall einer Schwerarbeitspension nach § 9 APG zu. Das Bestehen einer Pflichtversicherung für die Zeit des Bezugs einer Urlaubsersatzleistung (§ 11 Abs 2 ASVG) steht gemäß § 4 Abs 6 Z 5 APG dem Anfall einer Schwerarbeitspension zwar nicht entgegen, die Pension fällt aber gemäß § 9 Abs 1 vorletzter Satz APG für die Zeiten des Bezugs dieser Leistungen (wiederum) weg. Der Wegfall erklärt sich auch bei der Schwerarbeitspension aus der vom Gesetzgeber verfolgten (unbedenklichen) Zielsetzung, entfallenes Erwerbseinkommen abzugelten, nicht aber dem Pensionisten eine zusätzliche Leistung zu verschaffen (RIS-Justiz RS0107493). Dass im vorliegenden Fall auf das Dienstverhältnis des Klägers nicht das UrlG, sondern das BUAG (insbesondere dessen § 10) zur Anwendung gelangt, führt im Hinblick darauf, dass in § 9 Abs 1 APG vorletzter Satz ganz allgemein „Zeiten des Bezuges einer Ersatzleistung für Urlaubsentgelt“ als Wegfallstatbestand genannt sind, zu keinem anderem Ergebnis.

Die Revision des Klägers bleibt demnach erfolglos.

Der durch die Klageerhebung außer Kraft getretene Ausspruch über den Wegfall der Schwerarbeitspension vom 2. 10. bis 31. 10. 2010 war im Urteilsspruch zu wiederholen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

II. Zur Revision der beklagten Partei:

Diese ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Nach § 107 ASVG hat der Sozialversicherungsträger zu Unrecht erbrachte Geldleistungen (hier die trotz Vorliegens eines Wegfallsgrundes ausbezahlte Schwerarbeitspension) zurückzufordern, wenn der Zahlungsempfänger den Bezug durch bewusst unwahre Angaben, bewusste Verschweigung maßgeblicher Tatsachen oder Verletzung der Meldevorschriften (§ 40 ASVG) herbeigeführt hat oder wenn der Zahlungsempfänger erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührt. Die Verletzung der Meldevorschriften bildet somit einen eigenen Rückforderungstatbestand, dessen Verwirklichung den Versicherungsträger zur Rückforderung berechtigt und verpflichtet und auf den die beklagte Partei ihr Rückforderungsbegehren auch gestützt hat. Es genügt schon die leicht fahrlässige Verletzung der Meldevorschrift (RIS-Justiz RS0083641). Zu fragen ist, wie sich der maßstabsgerechte Durchschnittsmensch oder eine sorgfältige Person in der konkreten Lage verhalten hätte (RIS-Justiz RS0083641 [T4]).

2. Die Prüfung der Frage, ob eine schuldhafte Meldepflichtverletzung vorliegt, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich (als Ermessensentscheidung) grundsätzlich einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0110837; RS0087606; RS0042773 [T1, T3]). Die Ansicht des Berufungsgerichts, von einem juristischen Laien könne ohne besondere Belehrung nicht die Erkenntnis erwartet werden, auch eine nachträglich ausbezahlte Urlaubsersatzleistung sei einer (Neu-)Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gleichzuhalten und führe bei Nichtbekanntgabe zu einer Meldepflichtverletzung, stellt jedenfalls keinen Verstoß gegen maßgebliche Abgrenzungskriterien der Verschuldenszumessung dar (RIS-Justiz RS0044088).

Die Revision der beklagten Partei ist deshalb mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb die Kosten seiner Revisionsbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich anzusehen sind (RIS-Justiz RS0035979 [T16]).

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